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1. Untersuchungsausschuss

Steinmeier: Beziehung zu den USA nicht gefährden

Ausschussvorsitzender Patrick Sensburg, Zeuge Frank-Walter Steinmeier

Ausschussvorsitzender Patrick Sensburg, Zeuge Frank-Walter Steinmeier (DBT/Melde)

Die Bundesregierung hat nach den Worten von Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) auch in intensiven Gesprächen mit den USA „bisher keine abschließende Antwort“ auf die Frage erhalten, ob der US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein als Relaisstation im Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten dient. „Unsere Bemühungen, das aufzuklären, gehen weiter“, versicherte Steinmeier am Donnerstag, 17. März 2016, dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) unter Vorsitz von Prof. Dr. Patrick Sensburg. Er machte zugleich deutlich, dass er keinen Anlass sehe, den Angaben von US-Präsident Barack Obama zu misstrauen, von deutschem Boden aus würden Drohnen weder gestartet noch gesteuert. Im vergangenen Oktober hatte der ehemalige US-Drohnenpilot Brandon Bryant dem Aussschuss berichtet, dass allein die Relaisstation in Ramstein den Einsatz bewaffneter Flugkörper über Afrika wie über dem Mittleren Osten überhaupt erst ermögliche.

„Halte Entscheidung nach wie vor für richtig“

Abgesehen von der ungeklärten Rolle der Basis in Ramstein bezieht sich der Verdacht, Deutschland könnte in den Drohnenkrieg verwickelt sein, auf das in Stuttgart ansässige US-Zentralkommando für Afrika (Africom). Die Vermutung lautet, von dort aus würden Drohneneinsätze über Somalia befehligt. Die Ansiedlung von Africom in Stuttgart in den Jahren 2007 und 2008 fiel in Steinmeiers erste Amtszeit als Außenminister.

Dieser erklärte, er habe die damalige Entscheidung begrüßt und halte sie nach wie vor für richtig. Zum einen sei dadurch die US-Präsenz in Deutschland gestärkt worden. Zum anderen hätten die Amerikaner damit ihr fortdauerndes Interesse am afrikanischen Kontinent bekräftigt. Ohnehin wäre es, wie Steinmeier meinte, für die Bundesregierung nicht einfach gewesen, dem Nato-Partner USA den Wunsch nach Ansiedlung von Africom zu versagen. Es hätte dafür schon besonderer Gründe bedurft: „Ich sehe die hier nicht.“ 

„Nicht über die Amerikaner zu Gericht sitzen“

Es gehöre zwar für manche mittlerweile zum guten Ton, die Entscheidung für „vorwerfbar“ zu halten, indes: „Nur weil es etwas mit Militär zu tun hat, führt das doch nicht automatisch dazu, dass wir in Deutschland die Ansiedlung amerikanischer Einrichtungen abzulehnen haben.“ Deutschland, das selber an Militäreinsätzen beteiligt sei, habe keinen Anlass, „über die Amerikaner zu Gericht“ zu sitzen.

Steinmeier betonte, die Bundesregierung habe sich intensiv um Aufklärung der Frage bemüht, welche Rolle Deutschland möglicherweise im US-Drohnenkrieg spielt. Die Kanzlerin habe darüber mit Präsident Obama gesprochen, er selbst mit dem US-Verteidigungsminister, zuletzt im Frühjahr 2014. Auch der Politische Direktor und der Sicherheitsdirektor des Auswärtigen Amtes hätten Unterredungen in Washington geführt.

„Wir haben keinen Anlass zu zweifeln“

Obama selber habe dann die Erklärung abgegeben, von deutschem Boden aus würden Drohnen weder gestartet noch gesteuert. Damit müsse dann auch der Verdacht gegen Africom als ausgeräumt gelten: „Wenn sich in einer solchen Angelegenheit der amerikanische Präsident persönlich zu Wort meldet, dann haben wir keinen Anlass zu zweifeln.“ Gewiss könnte die Bundesregierung, wollte sie ganz sicher sein, „den Aufenthalt amerikanischer Truppen auf deutschem Staatsgebiet verbieten“. Er hielte das aber für „keinen vernünftigen und angemessenen Umgang“.

Steinmeier nannte es ein „Ärgernis“, dass US-Geheimdienste offenbar auch deutsche Politiker bespitzelt haben. Dies dürfe die Beziehungen zu den USA aber in keiner Weise trüben: „Wir haben ein herausragendes Interesse, mit den Amerikanern gemeinsam Politik zu machen für die Beruhigung von Konflikten, die uns im Augenblick vor Augen liegen, und die keinen Aufschub dulden.“ Dies sei wichtiger als alle Irritationen.

„Trotz wachsender Bedrohung Hysterie vermieden“

Steinmeier verteidigte energisch die Geheimdienstkooperation mit den Vereinigten Staaten und die Politik der rot-grünen Bundesregierung nach den Terrorattacken des 11. September 2001.  „Wir haben darauf geachtet, dass die Grenzen des Rechtsstaates nicht überschritten werden. Trotz wachsender Bedrohung haben wir Hysterie vermieden und die Zivilität der Gesellschaft gewahrt“, sagte er zu Beginn seiner Vernehmung.

Steinmeier war von 1998 bis 2005 Staatssekretär im Kanzleramt, seit 1999 auch Kanzleramtschef und in diesen Funktionen zuständig für die Geheimdienste. Unter seiner Verantwortung leiteten Bundesnachrichtendienst (BND) und National Security Agency (NSA) 2001 ihre Zusammenarbeit beim Betrieb der Abhöranlage in Bad Aibling ein. In den Folgejahren verstärkte sich die deutsch-amerikanische Kooperation im „Kampf gegen den Terror“.

„Enge internationale Kooperation der Geheimdienste“

In einer einleitenden Erklärung erinnerte Steinmeier an die politische Situation nach den Anschlägen im Herbst 2001. Er zitierte die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Müller, die am Tag nach den Attacken auf New York und Washington im Bundestag gefordert habe: „Wir brauchen eine enge internationale Kooperation der Geheimdienste.“

Zwei Monate später habe Bundeskanzler Dr. Gerhard Schröder (SPD) im Parlament erklärt, die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden der USA habe sich verbessert: „Damals war das im Verständnis der deutschen Öffentlichkeit eine Erfolgsmeldung“, sagte Steinmeier. Heute hingegen habe er den Eindruck, dass „jegliche Kooperation mit den USA als geradezu anstößig oder unanständig“ betrachtet werde: „Ich kann das nicht teilen.“

„Beziehung zu den USA darf nicht gefährdet werden“

Steinmeier räumte ein, dass die Enthüllungen über Schnüffelaktivitäten der NSA auch gegen befreundete Regierungen im Sommer 2013 „nachdenklich gemacht und Vertrauen infrage gestellt“ hätten. Er warnte indes davor, deswegen über die Vereinigten Staaten „zu Gericht“ zu sitzen. Auch dort gebe es eine ernsthafte Debatte über das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit.

Anliegen deutscher Politik müsse sein, sich in diese Diskussion jenseits des Atlantik „einzuklinken“: „Wer sich zurückzieht auf eine bequeme Position des prinzipiellen Misstrauens und des Generalverdachts, gibt Einflussmöglichkeiten auf.“ Beide Länder hätten einander in wesentlichen Fragen der internationalen Politik niemals nähergestanden als jetzt. Deutschland sei auf diese Beziehung angewiesen, um außenpolitisch erfolgreich zu sein. Sie dürfe nicht gefährdet werden.

„Volle Kontrolle durch den BND“

In den Verhandlungen der Jahre 2001/02 über die Kooperation zwischen BND und NSA habe er als Kanzleramtschef darauf bestanden, dass die „Grundpfeiler des Rechtsstaates nicht angetastet werden“, betonte Steinmeier. Seine Bedingungen seien gewesen, dass der BND die „volle Kontrolle“ ausüben, zwischen den Partnern absolute Transparenz bestehen und die Beachtung deutschen Rechts gewährleistet sein müsse. „Es gibt keinen Souveränitätsrabatt für die USA“, habe die Maxime gelautet.

Auf dieser Grundlage sei 2002 die Kooperationsvereinbarung, das sogenannte „Memorandum of Agreement“, zwischen den beiden Geheimdiensten zustande gekommen. Es sei „kein Freifahrschein für die NSA“ gewesen, „Daten über Deutsche zu erfassen“. Auch die Ausspähung europäischer Verbündeter und Partner habe nicht zum Auftragsprofil gehört. Sollte es dennoch dazu gekommen sei, so wäre dies ein klarer Verstoß gegen die Vereinbarung gewesen, sagte Steinmeier. (wid/18.03.2016) 

Geladener Zeuge
  • Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen

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