+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung

„Nachhaltigkeitprüfung benötigt Transparenz“

Die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsprüfung unterliegt einer ständigen Veränderung und Aufwertung, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, Andreas Jung (CDU/CSU), zu Beginn einer öffentlichen Anhörung zum Thema „Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsprüfung“ am Mittwoch, 25. Februar 2015. Das Gremium hatte sechs Experten eingeladen, um sich die unterschiedlichen Methodikansätze und Vorschläge zur besseren Nachhaltigkeitsprüfung erläutern zu lassen und zu diskutieren.

Nachhaltigkeitskompass zur visuellen Prüfung

Professor Volker Wittberg von der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) stellte den nationalen Nachhaltigkeitskompass vor, der in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium erforscht und entwickelt wurde. Dabei geht es darum, wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung wirkungsvoller weiterentwickelt werden kann. Wittberg stellte die seit 2004 bestehende Nachhaltigkeitsbeurteilung von Gesetzen, Projekten und Maßnahmen der Schweizer Regierung als Vorreitermodell vor.

Ziel sei es, mithilfe des Kompasses eine klare Methodik zu entwickeln und den Prozess der Nachhaltigkeitsentwicklung zu forcieren. Der nationale Nachhaltigkeitskompass verkörpere ein Modell zur systematischen Schätzung der Nachhaltigkeitswirkungen von Gesetzen und Regelungen. In den vier Sektoren des Kreises würden Einzelergebnisse der vier Indikatorenbereiche der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie - „Generationengerechtigkeit“, „Lebensqualität“, „sozialer Zusammenhalt“ und „internationale Verantwortung“ - eingetragen und einzeln betrachtet. Sie könnten im Einzelfall auch als Ganzes aggregiert werden.

„Bewertungen und Annahmen transparent machen“

Die Methodik muss nach Dr. Klaus Jacob vom Forschungszentrum für Umweltpolitik der Freien Universität Berlin aus einer mehrstufigen Prüfung der Nachhaltigkeitsfolgen bestehen. Einerseits gehe es darum, die zu betrachtenden Systemgrenzen und deren Wirkungsbeziehungen festzulegen, die von einem Gesetz ausgehen. Andererseits beinhalte es den Vergleich und die Bewertung von Optionen und die langfristige Prognose der Wirkungen. Auch die frühzeitige Einbindung von externem Sachverstand könne für die Prüfung sinnvoll sein. Jacob empfiehlt die Prüfung aller Gesetzentwürfe. „Die Annahmen und Bewertungen müssen transparent gemacht werden“, betonte Jacob.

Henrik Riedel von der Bertelsmann Stiftung betonte, die Nachhaltigkeitsprüfung müsse weitreichend in die Gesetzesfolgenabschätzung integriert werden. Dies verhindere Doppelarbeit. Nachhaltigkeit müsse im Sinne der Management-Regeln der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von Anfang an mitgedacht werden. 

„Nachhaltigkeit zieht öfters den Kürzeren“

Alois Vedder, Leiter Policy bei WWF Deutschland, stellte zwei Studien vor, die zu dem Ergebnis kamen, dass „Nachhaltigkeit, wenn es hart auf hart kommt, doch öfters den Kürzeren zieht“. Dies sei insofern bemerkenswert, so Vedder, als Deutschland mit seinen Strukturen der Nachhaltigkeitstrategie, den Ausschüssen und dem Parlamentarischen Beirat „fast alle Instrumente in der Hand hat, um das wirkungsvoll zu tun.“ Die Studie habe im Bundeskanzleramt zur positiven Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie geführt. 

Schwierig sei, von vornherein die Gesamtheit der Nachhaltigkeit zu messen, erklärte Norman Laws von der Leuphana Universität Lüneburg. Viele Faktoren aus unterschiedlichen Dimensionen, soziologischen, ökonomischen und ökologischen, sollten und müssten mit einbezogen werden. Dies gelte auch für die Nachhaltigkeitswirkung von Gesetzen, betonte Laws. Es sei wichtig, eine qualitative, inhaltliche und beschreibende Analyse vorzunehmen und die Auswirkungen auf die jeweilige spezifische Konfiguration der drei Nachhaltigkeitsdimensionen darzustellen. Laws sieht es als verpflichtend an, dass die Prüfung und Darstellung anhand der Einbeziehung von Kriterien stattfinden muss, die sich an Nachhaltigkeitsindikatoren orientieren und die in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie gegeben sind. Das heiße, so Laws, dass es aus diesen Nachhaltigkeitsindikatoren verbindliche Kriterien geben müsse. „Das erhöht die Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit.“

Kompetenzzentrum der Nachhaltigkeitsprüfung

Bisher prüfe das federführende Ressort die Vorhaben, sagte Laws. Dies ist damit verbunden, dass es einen Blick aus einer bestimmten Perspektive gibt, was jedoch Vor- und Nachteile habe. Es wäre ein innovativer Ansatz, so Laws, stattdessen die gegenseitige und gemeinsame Perspektive von Ministerien durch eine verwaltungsinterne Peer-Review zu stärken, welche die mehrdimensionale Perspektive aufzeige, beispielsweise in Form eines Kompetenzzentrums der Nachhaltigkeitsprüfung innerhalb der Bundesregierung.

Dr. Albert Statz von der Geschäftsstelle des Beirates für nachhaltige Entwicklung des Landes Brandenburg erklärte, dass es in Brandenburg zu Beginn der letzten Wahlperiode keine Nachhaltigkeitsstrategie gegeben habe. Bisher sei der Beirat in der neuen Legislaturperiode noch nicht konstituiert. Statz stellte dar, dass es damals innerhalb der Verwaltung kein Verständnis dafür gegeben habe, was Nachhaltigkeit für das praktische Verwaltungshandeln bedeutet. Der Mehrwert und Nutzen der Nachhaltigkeit habe also innerhalb des politischen Verwaltungsprozesses besprochen und festgesetzt werden müssen. 

Die Nachhaltigkeitsprüfung sollte nach Meinung Statz' in dieser frühen Phase auf Vorschlag des Beirats ausprobiert und es sollte ein Schema dafür entwickelt werden. Das Ziel sei, jenseits der schwierigen formellen Regelungen einen inhaltlichen Zugang zum Thema Nachhaltigkeit zu gewinnen. Die Erfahrung habe gezeigt, so Statz, „dass es große Widerstände in der Politik und Verwaltung gab, und ich frage: Warum gibt es diese Widerstände?“ Der Mehrwert des Konzepts ist den Handelnden häufig nicht klar. Stülpe man die Nachhaltigkeitsprüfung nun über diese Verwaltung, sei die Gefahr der Blockade oder des Desinteresses sehr groß. Die politische Herausforderung sei, dass es„ein querschnitts- und übergreifendes Rahmenkonzept ist“, betonte Statz.

,,Wachhund-Funktion„

Die seit Beginn der vergangenen Wahlperiode verpflichtende Nachhaltigkeitsprüfung trägt nach Angaben des Beirats dazu bei, politische Entscheidungen in Deutschland aus der strukturellen Gegenwartsbezogenheit herauszulösen. Sie sei ein Weg zu mehr Generationengerechtigkeit und zu einer zukunftsfähigen Politik. Mit der Nachhaltigkeitsprüfung werde keine politische Entscheidung getroffen. Sie sorge aber dafür, die Langfristwirkung von Gesetzentwürfen und Verordnungen transparenter darzustellen und damit Prioritätenabwägungen zu ermöglichen. 

Seit mehr als zehn Jahren hat der Beirat einen festen Platz im Deutschen Bundestag und übernimmt dort eine ,,Wachhund-Funktion“. Der Beirat achtet bei Gesetzesvorhaben auf eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Politik, die Verantwortung für die heute lebenden Menschen genauso wie für künftige Generationen übernimmt. (abb/26.02.2015)

Liste der geladenen Sachverständigen
  • Dr. Klaus Jacob, Forschungszentrum für Umweltpolitik, Freie Universität Berlin
  • Norman Laws, Leuphana Universität Lüneburg
  • Henrik Riedel, Bertelsmann Stiftung
  • Dr. Albert Statz, Geschäftsstelle des Beirates für Nachhaltige Entwicklung des Landes Brandenburg
  • Alois Vedder, WWF Deutschland, Leiter Policy
  • Prof. Volker Wittberg, Fachhochschule des Mittelstands Bielefeld (FHM) 

Marginalspalte