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Parlament

Rechtsgrundlage für Staatstrojaner umstritten

Koalition und Opposition bewerten die Frage nach einer Rechtsgrundlage für den Einsatz sogenannter Staatstrojaner unterschiedlich. Das wurde während der Sitzung der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ unter Vorsitz von Axel E. Fischer (CDU/CSU) am Montag, 14. Januar 2013, deutlich. Vertreter der Opposition kritisierten die im Zwischenbericht der Projektgruppe „Zugang, Struktur und Sicherheit im Netz“ enthaltene Formulierung, dass die Quellen-Telekommunikationsüberwachung durch Paragraf 100a der Strafprozessordnung gedeckt sei.

Linke lehnt Einsatz ab

Ohne eine zusätzliche Rechtsgrundlage sei der Einsatz der Staatstrojaner zur Überwachung des Datenverkehrs nicht möglich, urteilte der von der SPD-Fraktion in die Enquete-Kommission berufene Sachverständige Alvar Freude.

Die Linksfraktion lehne den Einsatz grundsätzlich ab, da es „unmöglich ist, die dazu vom Bundesverfassungsgericht gemachten Vorgaben zu erfüllen“, sagte Dr. Petra Sitte (Die Linke).

„Eigene Rechtsgrundlage wünschenswert“

Das Gegenteil sei der Fall, befand der CSU-Abgeordnete Stephan Mayer. In der Mehrzahl der Fälle sei der besagte Paragraf 100a als ausreichend anerkannt worden. Gleichwohl wäre es „wünschenswert“, eine eigene Rechtsgrundlage zu schaffen.

Der Text der Koalition zu diesem Thema sei „unausgewogen“, sagte Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen). Er verzichte auf die Kritik am jahrelangen „fragwürdigen Einsatz kommerziell hergestellter Trojaner-Software“. Zudem fehle der kritische Hinweis, ob eine verfassungsgemäße Regelung zum Einsatz der Trojaner überhaupt hinzubekommen sei.

Know-how der Zivilgesellschaft nutzen“

Aus Sicht von Jimmy Schulz (FDP) ist die Textpassage keineswegs unausgewogen, da auf die unsichere Rechtslage hingewiesen werde. Bei der anschließenden Abstimmung plädierte die Mehrheit der Kommissionsmitglieder für die Beibehaltung des Textes in dem Zwischenbericht. Ein Alternativtext der Oppositionsfraktionen wurde als Sondervotum in den Bericht aufgenommen.

Ebenfalls umstritten waren die Textpassagen zur Sicherheit im Netz und zum Stand des Breitbandausbaus. In Fragen der Sicherheit auf die Selbstvorsorge durch Unternehmen zu setzten sei falsch, urteilte Gerold Reichenbach (SPD). Zu oft habe man schon erleben müssen, „dass Unternehmen Sicherheitslücken nicht gemeldet und auch nicht behoben haben“, sagte Reichenbach. Seiner Ansicht nach müssen die Strukturen gestärkt werden, um das Know-how der Zivilgesellschaft zu nutzen.

„Hohe Bandbreiten nur in Funkmasten-Nähe“

Was den Breitbandausbau betrifft, so nannte Jimmy Schulz (FDP) die LTE-Technologie einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung, wenn es darum gehe, unterversorgte Gebiete mit schnellen Internetleitungen zu versorgen. Dem entgegen sprach der Sachverständige Alvar Freude von eine „Brückentechnologie“, die den Ausbau mit Glasfaserkabeln nicht ersetzen könne.

Die hohen Bandbreiten von LTE, so Freude, seien nur in direkter Nähe zu den Funkmasten erreichbar, kritisierte er. Auch lägen die Pink-Zeiten „deutlich unter dem, was DSL kann“. Alternativtexte der Opposition, die bei der Frage der Breitbandversorgung unterschiedlich Sichtweisen vertrat, wurden abgelehnt.

„LTE vollwertige Technologie“

Aus Sicht des von der CDU/CSU-Fraktion benannten Sachverständigen Bernhard Rohleder zu Recht, denn: „Der Text zeigt Probleme auf, wo es keine gibt.“ So sei das Problem der Latenzzeit bei vorherigen Funktechnologien nicht mehr existent. Die LTE-Verbindung sei unterbrechungsfrei. Rohleder sprach sich dafür aus, LTE als vollwertige Technologie anzuerkennen.

Was den Umstieg auf das Internetprotokoll in der Version Sechs (IPv6) angeht, so teilt die Opposition die positive Sichtweise der Koalition nicht vollständig. Im Textvorschlag von Union und FDP wird darauf verwiesen, dass durch die Neuerung „Verkehrsmittel, Haushaltsgeräte, Stromzähler und Maschinen intelligent werden und über das Internet eigenständig Informationen austauschen, Aktionen auslösen und sich wechselseitig steuern können“.

Sondervotum der Opposition

Aus Sicht der Opposition ist IPv6 schlicht eine „technische Notwendigkeit zur Überwindung des Engpasses bei IPv4-Adressen“. Entwickler von Soft- und Hardware würden davon profitieren, dass der Aufwand für die Implementation von Kommunikation zwischen beliebigen Geräten sinke.

Häufig diskutierte Beispiele wie Heimautomation und Heizungssteuerung seien aber auch heute möglich, erfordern jedoch einen etwas höheren Aufwand bei der Implementierung der Kommunikationsprotokolle, heißt es im Alternativtext der Opposition, der ebenfalls als Sondervotum in den Bericht einging.

Projektgruppe „Interoperabilität, Standards, Freie Software

Einigkeit herrschte unter den Kommissionsmitgliedern darin, dass das Internet von heute ohne freie Software und offene Standards nicht denkbar wäre.

Bei der Verabschiedung des Zwischenberichts der Projektgruppe „Interoperabilität, Standards, Freie Software“ nannte der Sachverständige Alvar Freude offene Standards das „Lebenselixier des Internets“. Sie seien die Voraussetzung für Interoperabilität. Nur so sei Partizipation und Kommunikation möglich, machte Freude deutlich.

Vergaberecht und Vergabepraxis

Jimmy Schulz, Vorsitzender der Projektgruppe, lobte die konzentrierte und auf Konsens ausgerichtete Arbeit der Gruppenmitglieder. Für zwei Schwerpunktthemen habe sich die Gruppe besonders interessiert, so Schulz. So habe man sich im Kapitel Interoperabilität und Standards vor allem dem Thema De-facto-Standards durch die private Wirtschaft beziehungsweise durch die öffentlichen, von Gremien geschaffenen Standards gewidmet.

Im zweiten Hauptkapitel zur Freien Software habe der Schwerpunkt auf dem Vergaberecht beziehungsweise der Vergabepraxis gelegen. Dabei habe man die Problematiken bei öffentlichen Ausschreibungen für die Softwareerstellung besprochen, sagte Schulz.

„Behörden sollten freie Software ausschreiben“

Auf die „Hürden im Vergaberecht“ ging auch der von den Grünen in die Kommission berufene Experte Markus Beckedahl ein. Seiner Ansicht nach sollten Behörden „explizit freie Software ausschreiben“, um von deren Weiterentwicklung innerhalb der Community zu profitieren und die Software individuell anpassen zu können.

Er sei froh, dass man sich innerhalb der Projektgruppe auf die Empfehlung habe einigen können, dass jeder Mensch mit seinem gekauften Computer „machen kann, was er will, ohne dass dies durch einzelne Anbieter verhindert werden kann“.

„Plattformneutralität wahren“

In den letzten Wochen seien viele konsensual gefundene Formulierungen durch „Änderungsvorschläge der SPD“ aufgebrochen worden, sagte Herbert Behrens (Die Linke). Auch wenn seine Fraktion mit der Mehrzahl der Vorschläge einverstanden sei, sei dadurch manchmal ein Dissens geschaffen worden, „wo es nicht hätte sein müssen“, befand Behrens.

Bei den Handlungsempfehlungen stimmten die Abgeordneten schließlich den von der Projektgruppe vorgelegten 14 Punkten zu. Dazu zählt unter anderem die Empfehlung an Bund und Länder, neue Software möglichst plattformunabhängig zu erstellen. Bei der Software zur Interaktion mit den Bürgern sollte nach Ansicht der Projektgruppe eine Plattformneutralität gewahrt bleiben, um eine möglichst hohe Teilhabemöglichkeit zu gewährleisten.

„Unabhängigkeit gegenüber einzelnen Systemen erhalten“

Einig sind sich die Mitglieder der Projektgruppe, dass in der öffentlichen Verwaltung durch einen konsequenten Einsatz offener Standards die Unabhängigkeit gegenüber einzelnen Systemen erhalten werden kann. Es sollten daher offene Standards definiert und entsprechende Empfehlungen für den Einsatz ausgesprochen werden. Außerdem setzt sich die Projektgruppe dafür ein, den Zugang zur Softwareentwicklung insbesondere für Kinder und Jugendliche stärker zu öffnen.

Die von der SPD-Fraktion und ihren Sachverständigen sowie den Sachverständigen Markus Beckedahl und padeluun (von der FDP benannt) vorgelegten Ergänzungen, wozu auch die Forderung gehört, beim Einsatz Freier Software durch öffentliche Stellen zu prüfen, inwieweit Teile eingesparter Lizenzkosten in die Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit der verwendeten Software investiert werden können, fanden keine Mehrheit und gingen als Sondervotum in den Bericht ein. (hau/15.01.2013)

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