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Parlament

Vom Kripobeamten zum Sportpolitiker: Klaus Riegert

Klaus Riegert, CDU/CSU

(DBT/Neumann)

Als Nachrücker zog Klaus Riegert 1992 in den Bundestag ein. Hier hat sich der langjährige sportpolitische Sprecher der CDU/CDU-Fraktion nicht nur als Fürsprecher und Förderer des Behindertensports einen Namen gemacht, sondern auch als Kapitän und Torschützenkönig des „FC Bundestag“. Damit soll jedoch im Herbst Schluss sein. Bei der kommenden Bundestagswahl wird der frühere Kriminaloberkommissar aus dem schwäbischen Göppingen nicht mehr antreten.

Junger Abgeordneter in Bonn

Als Klaus Riegert das erste Mal den großen Fraktionssaal der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag betrat – damals noch in Bonn –, da hieß der Kanzler Helmut Kohl (CDU). Finanzminister war Theo Waigel (CSU), Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm (CDU). „Und mein Fraktionsvorsitzender war Schäuble“, erinnert sich Riegert. Er selbst: ein junger Abgeordneter von 33 Jahren, plötzlich nachgerückt für den verstorbenen Lutz-Georg Stavenhagen (CDU).

An seine Gefühle an diesem ersten Tag im Parlament kann sich der heute 52-Jährige noch gut erinnern: „Ich  war sehr neugierig und musste erst einmal verinnerlichen, dass dies – ob Schäuble, Blüm oder Rita Süssmuth – nun alle meine Kollegen sind.“ 20 Jahre ist das inzwischen her: Nur wenige der damaligen Fraktionsmitglieder sind heute noch im Parlament. Doch immerhin Riegerts früherer Fraktionsvorsitzender ist noch dabei: Er ist heute nicht nur Finanzminister, sondern auch der dienstälteste Parlamentarier mit seinen 40 Jahren Zugehörigkeit zum Bundestag.

„Neue Etappe im Berufsleben“

Auf eine so lange Parlamentserfahrung wird es Riegert wohl nicht bringen: Ende September unterlag er in der Nominierungsversammlung der CDU im Kreis Göppingen seinem Herausforderer Hermann Färber, der nun bei der Bundestagswahl als Kandidat ins Rennen gehen wird. Eine Enttäuschung sei dies für den Polit-Routinier Riegert gewesen, so berichteten später die Regionalzeitungen. Er habe einfach nicht  mit einem solchen Ergebnis gerechnet.

Darauf angesprochen, zeigt sich Riegert jedoch gelassen: „Es ist ein seltsames Gefühl, nicht mehr anzutreten. Aber ich spüre auch Erleichterung, künftig nicht mehr die Verantwortung tragen zu müssen. Ich werde, wenn die Legislaturperiode endet, 21 Jahre in der Politik sein. Dann beginnt eine neue Etappe in meinem Berufsleben.“

Ein Schwätzchen mit „Derrick“

Erfahrung mit einem Berufswechsel hat er. Bevor er in den Bundestag gewählt wurde, war Riegert 17 Jahre im Polizeidienst tätig. Nach der Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei studierte er in Villingen-Schwenningen an der Hochschule der Polizei. Vom Streifendienst wechselte er schließlich zur Kripo Göttingen, wo er zuletzt als Techniker bei der Spurensicherung tätig war.

Ob Mord oder Raubüberfall – Spuren zu dokumentieren und sicherzustellen war dort sein täglicher Job. Mit der Faszination, die die Arbeit der Kriminalpolizei auf viele Menschen ausübt, kann er jedoch wenig anfangen – auch wenn er es genossen habe, einmal mit Horst Tappert, dem legendären Oberinspektor „Derrick“, ein Schwätzchen zu halten, gesteht er.

„Demokratie ist ein mühsames Geschäft“

Doch: „Die Fälle, die man in den Krimis im Fernsehen sieht, unterscheiden sich sehr von dem manchmal doch recht grauen Alltag der Kriminalpolizei“, sagt er. „Oft sucht man jahrelang nach einem Täter und bekommt ihn nicht.“ Wie das ist, weiß er genau: Er und seine Kollegen ermittelten einmal vergeblich in einem Mordfall. Was man als Kriminalpolizist vor allem brauche, sei ein „langer Atem und Hartnäckigkeit“, so Riegert.

Eigenschaften, die man ebenso als Abgeordneter gut gebrauchen kann: „Auch die hohe Frustrationsschwelle, die man als Polizist braucht, hilft einem in der Politik. Man erzielt selten schnelle Erfolge. Demokratie ist meist ein mühsames Geschäft.“

Dopingopfer-Entschädigung: Zeichen aus dem Parlament

Umso schöner, wenn sich etwas bewegen lässt. Ein solcher Erfolg war für den Sportpolitiker Riegert  insbesondere das 2002 verabschiedete Dopingopfergesetz, das er aus der Opposition heraus initiiert hatte: „Das hat einen ganz interessanten Weg genommen.

In allen Ausschüssen wurde der Entwurf zunächst abgelehnt. Dann aber hat der Haushaltsausschuss zwei Millionen Euro für einen Dopingopferfonds bereitgestellt.“

Einsatz für den Behindertensport

Viele frühere DDR-Athleten, die  ohne ihr Wissen mit leistungssteigernden Mitteln gedopt wurden und bis heute unter den Folgen leiden, konnten so entschädigt werden. „Und ohne dass der Bund dazu verpflichtet war“, betont Riegert. „Das war ein Zeichen aus dem Parlament heraus.“

Neben der Entbürokratisierung und Stärkung des Ehrenamtes, für das er sich als ehrenamtpolitischer Sprecher bemühte, liegt Riegert insbesondere der Behindertensport am Herzen. „Als Bund fördern wird den Spitzensport. Mir ging es aber vor allem darum, dass die Paralympics den gleichen Stellenwert in der öffentlichen Wahrnehmung bekommen wie die Olympischen Spiele. Deshalb bin ich seit 1998 nur noch zu den Paralympics gefahren – einfach, um die gesamte Breite des Spitzensports aufzuzeigen.“

„Stiller Star“ des FC Bundestag

Privat schätzt Riegert vor allem den Fußball. Schon als Kind kickte er leidenschaftlich gern. Bis heute hat die Faszination nicht nachgelassen. „Eine Woche ohne Fußball – das ist eine verlorene Woche“, bekennt er. Klar, dass er, kaum im Bundestag angekommen, auch Mitglied des FC Bundestag wurde.

Seit 1997 ist Riegert unumstrittener Kapitän der Fußballmannschaft, ihr Trainer und mit aktuell 298 Toren ihr Torschützenkönig. Er sei einer der „stillen Stars“ im deutschen Fußball, schrieb einmal ein Journalist über Riegert. Doch der Abgeordnete winkt ab: „Unter den Blinden ist der Einäugige König. Ich spiele ganz ordentlich.“

Kritik von Journalisten

Zuletzt bekam Riegert aber mehr Kritik als Lob von Journalisten. Denen gefiel vor allem nicht, dass sich der CDU/CSU-Obmann durchgesetzt und dafür gesorgt hatte, dass der Sportausschuss nach sechs Jahren öffentlicher Sitzungen seit Oktober 2011 wieder hinter geschlossenen Türen tagt.

Vorausgegangen waren Berichte, die sich unter anderem über an iPads „daddelnde“ Politiker mokiert  und deren Arbeitsmoral in Frage gestellt hatten.  Riegert setzte sich daraufhin gegen diese Vorwürfe in der „Zeit“ zur Wehr: „Ein iPad kann auch ein wichtiges Informationsmedium sein.“ Außerdem könnten „manche Menschen zuhören und eine Mail verschicken“. Kritik an Politik solle sich zudem auf die Sache beschränken, forderte er in dem Interview.

„Gemeinsames Kicken hilft“

Vielleicht sollten sich Sportpolitiker und Journalisten einmal zum Fußballspielen treffen. Denn dass das gemeinsame Kicken hilft, dem Gegner respektvoll zu begegnen, davon ist Riegert überzeugt: „Wenn man nach einem Spiel gemeinsam unter der Dusche war, dann geht man anders miteinander um. Das heißt nicht, dass man nicht diskutiert. Aber das gegenseitige Misstrauen ist weg.“

Wenn Klaus Riegert im Herbst nicht mehr in den Bundestag zurückkehrt, wird er sicher Kollegen, Freunde und Mitarbeiter vermissen. Eines jedoch wird ihm am meisten fehlen: „Der Fußball.“ (sas/15.01.2013)

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