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Parlament

Betsy aus Missouri hat ein Faible für Europa

IPS-Stipendiatin Betsy Crowder

IPS-Stipendiatin Betsy Crowder (DBT/Photothek/Köhler)

Immer wenn es Sommer wird, macht sich Betsy Crowder auf den Weg nach Thüringen. Im beschaulichen Bodenrode, einer kleinen Gemeinde im Eichsfeld, verbringt die 22-Jährige aus Saint Louis im US-Bundesstaat Missouri die warme Zeit im Jahr. „Ich wohne dann immer bei der Familie, die mir als 15-jährige Austauschschülerin 2007 ein Heim gegeben hat“, erzählt sie. Damals machten ihre Deutschkenntnisse auch ziemlich schnell einen großen Sprung nach vorn. „Meine Gasteltern sprachen kein Englisch, und so musste ich möglichst schnell gut Deutsch lernen“, erinnert sich Betsy Crowder. Inzwischen ist eine feste Freundschaft zwischen ihr und den Bodenrodern gewachsen. Dass die 22-Jährige den Sommer in ihrer Heimatstadt nicht übermäßig schätzt, hat aber auch mit den dortigen Temperaturen zu tun. „30 bis 40 Grad, verbunden mit einer extrem hohen Luftfeuchte sind die Regel“, sagt sie.

In diesem Jahr ist Betsy Crowder nun schon im Frühjahr nach Deutschland gekommen. Fünf Monate lang wird sie ein Praktikum im Rahmen des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) im Büro des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen) absolvieren. Ihre Erwartungen sind hoch. Schließlich ist „ihr“ Abgeordneter im Menschenrechtsausschuss aktiv.

Ein guter Freund aus Moldau

Und die Leidenschaft für die Menschenrechtspolitik teilt auch die Amerikanerin, die in ihrer Heimat einen Bachelor-Abschluss in Germanistik, Europawissenschaften und Politik gemacht hat. „Wenn ich wieder zuhause bin, möchte ich gerne noch ein Jurastudium machen und später in einer Organisation arbeiten, die sich für die Menschenrechte engagiert“, blickt sie nach vorne.

Doch von der Zeit in Berlin erwartet sie auch außerhalb des politischen Lebens viel. „Ich freue mich darauf, so viele junge Menschen aus den verschiedensten Ländern kennenzulernen und möchte von ihnen persönlich erfahren, wie es sich in ihrer Heimat lebt“, sagt sie. Und schon nach zwei Wochen IPS kann Betsy Crowder feststellen: „Ich hatte zuvor noch nie einen Menschen aus Moldau getroffen. Und jetzt habe ich dort schon einen guten Freund.“

Krisenprävention und Menschenrechte

Im Deutschen Bundestag erlebt die Amerikanerin nun ein Vierfraktionen-Parlament. In ihrer Heimat hingegen stehen sich im Kongress nur die Demokraten und die Republikaner gegenüber. Solange die Verfassung nicht verändert wird, werde das auch so bleiben, sagt Betsy Crowder. Bei dem in den USA praktizierten relativen Mehrheitswahlrecht wird derjenige gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat. Die anderen Stimmen verfallen. „Wenn man also für die grüne Partei, die es bei uns auch gibt, stimmt, statt für die Demokraten, unterstützt man im Grunde die Republikaner“, erläutert die Politologin.

Ihr Interesse für Europa erklärt die 22-Jährige unter anderem mit den Erfahrungen in ihrem Elternhaus. „Mein Vater arbeitet viel mit Europäern zusammen“, erzählt sie. Da sie sich für Europa und auch für die Themen Krisenprävention und Menschenrechte interessiert, ging sie 2011 für ein halbes Jahr nach Serbien. „Ich wollte schauen, wieso es dort zu einem so fürchterlichen Krieg kam, obwohl die Menschen jahrzehntelang friedlich beisammen gelebt haben.“

Bachelor-Arbeit über Bosnien und Kosovo

Erlebt hat sie dann, „wie sich Krieg, Nationalismus und Menschenrechtsverletzungen auf die Menschen auswirken“, sagt sie. Eine prägende Erfahrung. „Ich habe dann meine Bachelor-Arbeit über den Einfluss des möglichen EU-Beitritts auf die Entwicklung der Menschenrechte in der Post-Konflikt-Gesellschaft von Bosnien und dem Kosovo geschrieben“, erzählt sie.

Die Erkenntnisse über den Balkan-Konflikt lassen Betsy Crowder auch zu einer Einschätzung der aktuellen Krise in der Ukraine kommen. „Es muss etwas getan werden“, fordert sie. Als es auf dem Balkan „ernst geworden ist“, habe insbesondere die amerikanische Regierung gezögert, verweist sie auf die Historie. „Dadurch ist es schlimmer gekommen, als es eigentlich hätte sein müssen“, lautet ihre Einschätzung.

Keine Angst vor Serbien

Ein militärisches Eingreifen in den Russland-Ukraine-Konflikt hält sie bei den aktuellen Zuständen zwar für falsch, „aber wenn deutlich wird, dass die Annexion der Krim nur der Anfang eines Domino-Effekts gewesen ist, müsste man das noch einmal neu überdenken“. Es gebe gute Gründe, sich für die Einhaltung der von den Vereinten Nationen demokratisch beschlossenen internationalen Gesetzgebung einzusetzen, findet die Politologin aus den USA.

Die im Übrigen ihre Auslandsaufenthalte zu den aufregendsten und prägendsten Erlebnissen ihres Lebens zählt. „Ich habe da noch mehr gelernt, als bei den Kursen an der Universität“, sagt sie. Hatte sie denn keine Angst, als knapp 20-Jährige nach Serbien zu gehen? Nein, sagte sie und lacht: „Meine Mutter aber schon.“ Laut der Gewaltstatistiken jedoch zu Unrecht.

Sicherer als die USA

„Deutschland und auch Serbien sind statistisch gesehen viel sicherer als die USA“, sagt Betsy Crowder, die jedoch auch zuhause nicht das Gefühl hat, gefährdet zu sein. Stimmen die Statistiken etwa nicht? Doch, doch, sagt sie. Allerdings spiele sich die Gewalt in bestimmten Gebieten ab. Lebe man in einer anderen Gegend, bekomme man davon nicht viel mit.

Dass das Leben in Deutschland als sicherer gilt, hat aus ihrer Sicht auch mit dem – im Vergleich zu den USA – sehr strengen Waffenrecht zu tun. „Aber es hat auch mit dem Bildungssystem zu tun“, fügt sie hinzu. Während in Deutschland das Schulsystem so aufgebaut sei, dass jeder Schüler die Chance hat, sich gut auszubilden, sei das in ihrer Heimat in vielen Gegenden nicht so. „Das führt am Ende zu Karrieren im Drogenmilieu, Abhängigkeit und Obdachlosigkeit“, so ihre Einschätzung. (hau/24.03.2014)

 

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