+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Parlament

Barnett: OSZE deeskaliert im Ukraine-Konflikt

Porträtbild Doris Barnett

Doris Barnett (SPD) leitet die Bundestagsdelegation zur Parlamentarischen Versammlung der OSZE. (DBT/Trutschel/Photothek)

Als erfolgreich wertet Doris Barnett das Bemühen der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), im russisch-ukrainischen Konflikt „mit allen Seiten im Gespräch zu bleiben“ und auf diese Weise „den Dialog zu fördern und deeskalierend zu wirken“. So sei es etwa gelungen, die Parlamentspräsidenten der beteiligten Länder in einer Kontaktgruppe an einen Tisch zu bringen. Die SPD-Abgeordnete im Interview: „Die OSZE-Abgeordneten sind anerkannte und geachtete Gesprächspartner.“ Barnett leitet die Bundestagsdelegation bei der Herbsttagung vom 3. bis 5. Oktober 2014 in Genf, die sich mit der Rolle der Parlamente in der Sicherheitspolitik befasst. Das Interview im Wortlaut:


Frau Barnett, die OSZE hat es geschafft, für den Südosten der Ukraine einen Waffenstillstand zu vereinbaren, der zwar brüchig ist, aber einen Fortschritt markiert. Wieso ist der OSZE gelungen, was der EU, dem Europarat oder auch dem deutschen und französischen Außenminister nicht möglich war?

Die OSZE hat von Beginn des Konflikts an bis heute kontinuierlich und mit moderatem Ton an einer diplomatischen Lösung der Krise gearbeitet. Wir haben beständig mit allen Konfliktparteien gesprochen und niemanden ausgeschlossen. Das war sicher nicht einfach, führte jedoch dazu, dass alle Seiten großes Vertrauen in die OSZE haben. Der Waffenstillstand ist die Rendite dieses Vertrauens.

Auch die OSZE-Abgeordneten mischen bei der Suche nach einer Lösung der Krise mit. So hat etwa Präsident Ilkka Kanerva Gespräche mit dem Moskauer Außenminister sowie mit den Präsidenten des ukrainischen und russischen Parlaments geführt. Zahlt es sich aus, dass die OSZE-Abgeordneten anders als das Europaratsparlament gegen Russland keine Sanktionen verhängt haben?

Uns war es wichtig, mit allen Seiten im Gespräch zu bleiben, wofür wir zum Teil auch kritisiert wurden. Dies ermöglicht es uns heute, zusammen mit den Konfliktparteien nach einer diplomatischen Lösung zu suchen und dabei gleichzeitig Probleme offen anzusprechen. Ich unterstütze Kanerva bei der Etablierung der sogenannten Liaison-Gruppe zur Ukraine, die die Parlamentspräsidenten der beteiligten Länder an einen Tisch bringt. Das ist ein sinnvoller Versuch, den Dialog zu fördern und deeskalierend zu wirken. Die Einsetzung einer solchen Gruppe wurde in Aserbaidschan beim Jahrestreffen unserer Parlamentarischen Versammlung auf Vorschlag von Sergej Naryschkin beschlossen, des Präsidenten des russischen Parlaments. Dies belegt, dass die OSZE-Abgeordneten anerkannte und geachtete Gesprächspartner sind.

Was kann das OSZE-Parlament konkret zur Krisenbewältigung beitragen?

Wir können durch Dialog und persönliche Kontakte Argumente austauschen, Verständnis erzeugen, Vertrauen aufbauen und am Ende Lösungen finden. Ich selbst habe im April in Wien die ukrainische und die russische Delegation in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE an einem Tisch versammelt. Wir haben dabei erreicht, dass ukrainische Staatsbürger auf der Krim an den ukrainischen Präsidentschaftswahlen teilnehmen konnten. Das war ein großer Erfolg. Es hängt also von jedem Einzelnen ab, den Frieden mitzugestalten.

Thema in Genf ist die Rolle der Parlamente in der Sicherheitspolitik. Ist dies aber nicht Sache der Regierungen? Abgeordnete können keine internationalen Verträge aushandeln, sondern sind nur für deren Ratifizierung zuständig.

Abgeordnete können aufeinander zugehen und frei von diplomatischen Zwängen, denen die Regierungen unterliegen, miteinander sprechen. Allerdings müssen den guten Worten am Ende auch Taten folgen. Parlamente und Regierungen sind zwei Bausteine, die sich beim Bemühen ergänzen, den Frieden in Europa wieder herzustellen und dauerhaft zu sichern.

Wird die Sicherheitspolitik nicht verkompliziert, wenn neben Regierungen und internationalen Organisationen auch noch Parlamente mitmischen? Oder bieten sich Abgeordneten spezielle Chancen, die bisher nicht genutzt wurden?

Parlamente verkomplizieren die Sicherheitspolitik keineswegs. Wir Abgeordnete sind durch die Bürger demokratisch legitimiert. Wir kontrollieren die Regierung und stoßen Debatten an. In der EU haben wir mit dem Vertrag von Lissabon nicht umsonst die Rolle der Parlamente gestärkt, auch in der Sicherheitspolitik. Dies kommt etwa in der Interparlamentarischen Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik zum Ausdruck. Auch die Parlamentarischen Versammlungen der Nato und der OSZE sind nicht mehr wegzudenkende parlamentarische Foren der Sicherheitspolitik.

Kiew hat dem Südosten der Ukraine Autonomie angeboten. Müssten sich die OSZE und ihr Parlament nicht vermehrt für den Schutz von Minderheiten einsetzen, um präventiv Konflikte wie die ukrainisch-russische Krise zu verhindern?

In der Charta von Paris hat die OSZE den Schutz von Minderheiten deutlich bekräftigt. Seit 1992 gibt es das Amt des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten. Er soll Spannungen, die sich aus ethnischen Konflikten entwickeln und den Frieden, die Stabilität sowie die Beziehungen zwischen den OSZE-Staaten gefährden könnten, erkennen und abbauen. Dieses Mandat erlaubt ein frühes Eingreifen, also Präventivdiplomatie.

(kos/29.09.2014)

Marginalspalte