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Ernährung

Bundestag lehnt schärfere Regeln für Glyphosat ab

Die Koalition lehnt Forderungen der Opposition nach schärferen Anwendungsvorschriften oder ein Verbot des Einsatzes von Glyphosat zur Unkrautbekämpfung ab. Der Bundestag hat am Freitag, 19. Juni 2015, gegen einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/1873) gestimmt, ein weiterer Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/5101) wurde zur Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen. Glyphosat ist nach Darstellung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Unkrautbekämpfungsmitteln, die zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau oder zur Beschleunigung des Reifeprozesses bei Getreide (Sikkation) verwendet werden. Deutsche Landwirte setzen pro Jahr rund 5.900 Tonnen Glyphosat bei der Feldbewirtschaftung ein, etwa 40 Tonnen werden im Haus- und Kleingartenbereich ausgebracht. Weltweit sei mit rund 650.000 Tonnen pro Jahr ein steigender Verbrauch zu erkennen.

Grüne: IARC-Einstufung muss Konsequenzen haben

„Die Hersteller von Pestiziden feiern Rekordumsätze“, sagte Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen). Darunter erlange der Wirkstoff Glyphosat traurige Berühmtheit, denn noch nie sei der Einsatz so fragwürdig wie heute gewesen. Das Zellgift verursache Erbgutschäden und könne krebserregend sein. Die Grünen forderten ein umfassendes Anwendungsverbot des Wirkstoffes zum vorsorglichen Schutz der Bevölkerung vor einer möglichen Krebsgefahr.

Aus diesem Grund muss nach Ansicht der Fraktion auch das anstehende EU-Neuzulassungsverfahren gestoppt und ein Moratorium für die nationale Zulassung von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat ausgesprochen werden. Eine Neuzulassung soll nur noch erfolgen, wenn auf EU-Ebene eine entsprechende Bewertung durch die Arbeitsgruppe der Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Entscheidung einfließt. „Das IARC hat Ende März Glyphoast als wahrscheinlich krebserregend eingestuft“, unterstrich Ebner die Forderung. „Das muss Konsequenzen haben.“

CDU/CSU: Ein Grund zur weiteren Überprüfung

Die IARC-Einstufung relativierte Hermann Färber (CDU/CSU) in seinem Redebeitrag, denn zum Beispiel Mate-Tee oder die Arbeit in Friseursalons seien in dieselbe Kategorie eingestuft worden. „Doch die Opposition hat dafür keine Verbotsmaßnahmen gefordert“, wandte der Unionsabgeordnete ein.

Bestätigt sah sich Färber zudem durch Stellungnahmen anderer WHO-Gremien oder der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa), die die Vermutung als nicht bewiesen ansehen würden. „Richtig ist aber, dass die Einstufung Grund zur weiteren Überprüfung ist.“ Sobald die vollständigen Unterlagen der IARC-Bewertung Mitte Juli 2015 veröffentlicht sind, soll eine Neubewertung vorgenommen werden.

Linke: Es liegen keine adäquaten Studien vor

„Die wissenschaftliche Kompetenz der IARC in Frage zu stellen, ist inakzeptabel“, kritisierte Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) die Haltung der Union. Eine nicht repräsentative BUND-Studie habe gezeigt, dass Urin-Proben von Menschen in ganz Europa durch Glyphosat belastet seien: „Ich finde das bedenklich.“ Es sei fahrlässig, dass immer noch keine adäquaten Studien dazu vorliegen würden. „Über das konkrete Ausmaß ökologischer Schäden wissen wir fast nichts“, sagte Tackmann.

In ihrem Antrag dringt die Linke auf eine zurückhaltende Anwendung von Glyphosat in der Landwirtschaft. Durch eine Änderung des Pflanzenschutzgesetzes soll die Zulassung des Wirkstoffes eingeschränkt und der Gebrauch im privaten sowie öffentlichen Haus- und Gartenbereich gänzlich verboten werden. Ein Anwendungsverbot in der Landwirtschaft fordert die Fraktion nur bei der Sikkation. Die Linke begründet die Forderungen mit Bedenken hinsichtlich gesundheits- und umweltgefährdender Wirkungen von Glyphosat in Kombination mit sogenannten Beistoffen in Unkrautbekämpfungsmitteln, zum Beispiel den Netzmitteln POE-Tallowamine.

SPD setzt auf Forschung und Alternativen 

Die Sozialdemokraten wollen indes vorerst abwarten. Rita Hagl-Kehl (SPD) stellte fest, dass das Unkrautbekämpfungsmittel in den letzten Jahren immer mehr zum Einsatz komme. Insgesamt 83 glyphosathaltige Mittel seien in Deutschland zugelassen. „Aber nur von Landwirten wird ein Sachkundenachweis verlangt“, kritisierte sie.

Bevor aber ein umfassendes Verbot diskutiert wird, sollen alle neuesten Informationen und Studien abgewartet werden. „Es bedarf mehr Forschung, um Alternativen zu entwickeln, die die landwirtschaftliche Produktion nicht hemmen und keine anderen Nebenwirkungen haben“, sagte Hagl-Kehl. Ein Totalverbot dürfe in der Konsequenz nicht zu Importen zum Beispiel von Getreide führen, das letzten Endes woanders mit dem Mittel in Kontakt gekommen ist.

Fachgespräch im Agrarausschuss vor einem Jahr

Fast ein Jahr zuvor hatten sich Sachverständige am 2. Juli 2014 in einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft für den Einsatz von Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln ausgesprochen. Experten mehrerer Behörden hatten keine grundsätzliche Ablehnung der Anwendung des Wirkstoffes in der Landwirtschaft bekundet.

Nach derzeit gültigen Anwendungsbestimmungen dürfen in der Bundesrepublik rund drei Kilogramm Glyphosat pro Hektar und Jahr ausgebracht werden. Zwar sei Glyphosat unter den Totalherbiziden (Unkrautbekämpfungsmittel) das Mittel, das am umfänglichsten eingesetzt werde, doch im Vergleich zu den zur Verfügung stehenden Mitteln sei es nach Einschätzung der Sachverständigen in seinen Umweltauswirkungen akzeptabel. (eis/19.06.2015)

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