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Umwelt

Töpfer: Wetterextreme bringen Krisen mit sich

Der Einfluss von Klimaveränderungen und Umweltschutz auf Krisen und die zivile Krisenprävention beschäftigte den Unterausschuss „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ in einem öffentlichen Expertengespräch am Montag, 2. November 2015. Das Gremium, das unter dem Vorsitz von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) tagte, hatte den ehemaligen Bundesumweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer zu einem öffentlichen Expertengespräch geladen.

Brantner bezeichnete Töpfer in ihrer Eingangsbegrüßung als Vorreiter und Vordenker in Sachen Klimapolitik und ihren Einfluss auf Krisen und Konflikte. Töpfer hat von 1998 bis 2006 das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) geleitet und war danach bis September 2015 Exekutivdirektor des Institute for Advanced Sustainability (ASS) in Potsdam.

Klimawandel keine Glaubensfrage

Der Christdemokrat Töpfer stellte gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar, dass Glaubensfragen im Hinblick auf die Existenz des Klimawandels für ihn sekundär seien. Auch die Frage nach der Verantwortlichkeit sei für ihn nicht die drängendste. Es gehe vielmehr darum, Antworten auf die Frage zu finden, wie auf die offensichtlichen Veränderungen des globalen Klimas zu reagieren sei. Diese seien vor allem im sogenannten Sonnengürtel der Erde – der Region zwischen dem 40. nördlichen (Südspanien) und dem 40. südlichen Breitengrad (Südafrika) – zu spüren. Jedoch gebe es auch hierzulande spürbare Veränderungen, wie Töpfer am Beispiel der veränderten klimatischen Weinanbaubedingungen in Rheinland-Pfalz, seiner früheren Wirkungsstätte als Landesumweltminister, erläuterte.

Repräsentativ für den Einfluss von Klimaveränderungen auf Krisen sollte dieses Beispiel sicher nicht sein, gleichwohl betonte Töpfer, dass Wetterextreme Krisen mit sich brächten. So seien beispielsweise regionale Konflikte um Ressourcen wie Wasser oder fruchtbare Böden denkbar oder teilweise schon sichtbar. Auch politische und wirtschaftliche Instabilität nach Naturkatastrophen seien unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Hier könnten schon Sensibilitätsanalysen für baulich klimatische Veränderungen helfen, indem die Widerstandsfähigkeit von Bauvorhaben gegen starke klimatisch Einflüsse wie Niederschläge oder Erdrutsche bereits bei der Planung mitgedacht würde.

Forderung nach globalen Frühwarnsystemen

Eine wiederholt vorgetragene Forderung des ehemaligen UNEP-Chefs war die Einrichtung eines Frühwarnsystems für klimatische Veränderungen und deren Auswirkungen beispielsweise auf Flüchtlingsströme. Ein solches würde zumindest die Möglichkeit schaffen, frühzeitig geeignete Maßnahmen für die Ursachenbekämpfung zu ergreifen.

Für weniger geeignet hält Töpfer in diesem Zusammenhang den von ihm geprägten Begriff der ökologischen Aggression. Hiermit ist das Unterbinden eines wohlstandsgerichteten (in den Industrieländern üblichen) Lebenswandels in Entwicklungsländern gemeint, dessen wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie etwa Produktionsmethoden klimaschädlich sind. Hier sei der bessere Weg, den technologischen Fortschritt schneller und effizienter in die Entwicklungsländer zu transferieren, um dort den Wohlstand „sauberer“ erreichen und sichern zu können. Beispielhaft nannte Töpfer die Etablierung neuer Energiequellen jenseits von Kernkraft und Kohle, die für ihn ein zentraler Punkt der Krisenverhinderungspolitik sei.

Fokus auf Mitigation

Im Hinblick auf den klimapolitischen Dreiklang „Mitigation, Adaption, Engineering“ sprach sich Töpfer für die Fokussierung auf Mitigation, also auf die Verminderung klimaschädlicher Einflüsse, aus. Das auch unter dem Stichwort Geo- oder Climate Engineering bekannt gewordene Eingreifen in geochemische oder biogeochemische Kreisläufe der Erde bezeichnete Töpfer jedoch als brandgefährlich.

Es sei unsicher, wie so etwas ausgehe und welche ungewollten Folgen daraus resultieren. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Folgen wieder die treffen, die schon den Klimawandel nicht verursacht haben.

Wichtiges Thema vier Wochen vor Paris

Die ebenfalls in der Sitzung anwesende Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD) bedankte sich beim Unterausschuss, dass er das Thema Klimawandel und zivile Krisen vier Wochen vor der UN-Klimakonferenz in Paris auf die Tagesordnung gesetzt habe. Bei allen Anstrengungen, die zur Eindämmung des Klimawandels unternommen würden, werde in Paris wohl auch das Thema „Loss and Damage“ auf der Tagesordnung stehen, erklärte Schwarzelühr-Sutter auf eine entsprechende Frage der Abgeordneten.

Unter dem Punkt „Loss and Damage“ werden Schäden und Verluste durch den Klimawandel, durch extremere Wetterereignisse, den Meeresspiegelanstieg oder die Häufung von Dürren und deren Entschädigung diskutiert. Nach Auskunft der Parlamentarischen Staatssekretärin sei man diesem Thema gegenüber aufgeschlossen, jedoch müssten im Vorfeld Fragen nach den heranzuziehenden Kriterien und deren Quantifizierbarkeit geklärt werden.

„Grenzüberschreitende Wasserkörper“ gefährdet

Im weiteren Verlauf des Expertengesprächs interessierte die Abgeordneten insbesondere, welche Regionen im Hinblick auf klimawandelbedingte Krisen besonders gefährdet seien und welche weiteren Maßnahmen die Politik ergreifen könne.

Zu den gefährdeten Regionen zählten der bereits angesprochene Sonnengürtel, aber auch alle Regionen „mit grenzüberschreitendem Wasserkörper“ wie beispielsweise der Tschadsee, so Töpfer. Hier würden sich durch Wasserknappheit in anderen Regionen immer mehr Menschen ansiedeln, was gerade in Grenzregionen zu Problemen führen könne.

Grünhelme statt Blauhelme

Zu weiteren Maßnahmen der Politik führte Töpfer aus, er habe früher mal in Anlehnung an die Blauhelme der Vereinten Nationen für die Einrichtung einer Grünhelmtruppe plädiert, die Umweltkrisen in den betroffenen Ländern aufarbeiten und den nötigen Sachverstand vor Ort einbringen.

Im Prinzip halte er das immer noch für eine gute Idee. Darüber hinaus sei auch ein Treuhandmodell für sogenannte failed states denkbar. In jedem Fall solle aber Klimapolitik von allen Beteiligten nicht als Belastungspolitik, sondern als Chancenpolitik verstanden werden, so Töpfer weiter.(eb/03.11.2015)

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