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Reaktorsicherheit

Geowissenschaftliche Kriterien im Fokus

Die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlagerkommission) haben sich bei ihren Sitzungen am Montag, 23. Mai, und Dienstag, 24. Mai 2016,  unter Vorsitz von Michael Müller und Ursula Heinen-Esser erstmalig intensiv mit den geowissenschaftlichen Kriterien der Endlager-Suche auseinandergesetzt. Gegenstand der Diskussion war ein von der zuständigen Arbeitsgruppe ausgearbeiteter Kapitelentwurf (Kommissionsdrucksache 209b) für den Abschlussbericht der Kommission, der bis Ende Juni erstellt werden muss. 

Diskussionen über Gebirgsbereiche

Über den Großteil der Kriterien herrschte in der Kommission - wie auch in der Arbeitsgruppe - Einvernehmen. Intensiv diskutiert wurden allerdings die Vorgaben zur Mächtigkeit des sogenannten „einschlusswirksamen Gebirgsbereiches“ sowie die Rolle eines möglichen Deckgebirges über dem „einschlusswirksamen Gebirgsbereich“ und die Frage, wie dazu Kriterien formuliert werden können.

Dissens zeigte sich ebenfalls in Hinblick auf Temperaturgrenzen bei der Einlagerung von Atommüll in Salz. Mitglieder der zuständigen Arbeitsgruppen sollen zur nächsten Sitzung am 2. Juni jeweils Lösungsvorschläge vorlegen.

Geowissenschaftliche Kriterien

Die geowissenschaftlichen Kriterien gliedern sich nach dem Entwurf in Ausschluss-, Mindest- und Abwägungskriterien. Ausschluss- und Mindestkriterien spielen demnach insbesondere in der ersten Phase der Endlagersuche eine wichtige Rolle. Auf ihrer Grundlage werden Regionen ausgewählt, die für eine weitere Erkundung vorgesehen sind.

Ausgeschlossenen werden sollen zum Beispiel Gebiete, in denen etwa von zu hohen seismischen und vulkanischen Aktivitäten ausgegangen werden kann. Als Mindestanforderungen sind zum Beispiel wirtsgesteinsspezifische Flächenbedarfe genannt. Auch eine minimale Tiefe des „einschlusswirksamen Gebirgsbereiches“ ist vorgesehen.

Rolle kristalliner Gesteinsformationen

Diskussionen gab es zu der Mindestanforderung, dass der „einschlusswirksame Gebirgsbereich“ mindestens 100 Meter mächtig sein soll. Für Salz und Ton ist dies unproblematisch. Insbesondere Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) wies aber darauf hin, dass durch diese Vorgabe möglicherweise kristalline Gesteinsformationen, insbesondere Granit, von vornherein aus dem Verfahren fielen, obwohl laut Standortauswahlgesetz alle Wirtsgesteine in Betracht gezogen werden sollen.

Weitere Mitglieder der Kommission wiesen ebenfalls darauf hin, dass es sehr unwahrscheinlich sei, eine solche Formation zu finden. Bei kristallinen Gesteinsformationen müsse die Möglichkeit bestehen, auch kleinteiliger mit der Mächtigkeit umzugehen. Dies sieht der Kapitelentwurf allerdings in seiner Erläuterung auch vor.

Kriterium „Gute Temperaturverträglichkeit“

Die Abwägungskriterien dienen - in Zusammenwirken mit separaten Sicherheitsuntersuchungen - dazu, Standortregionen und Standorte im späteren Verlauf des Suchverfahrens zu vergleichen. Unter ihnen sind Kriteriengruppen eingeordnet, die sich etwa auf die Güte des Isolationsvermögens und dessen Absicherung beziehen. Im Hinblick auf das Kriterium „Gute Temperaturverträglichkeit“ diskutierten die Mitglieder der Endlagerkommission, ob auch für Salz eine Temperaturgrenze von 100 Grad eingeführt werden sollte.

Bei Kristallin und Ton ist das Konsens. Wenzel sprach sich für eine solche Lösung aus, da es für die Sicherheit auf jeden Fall besser wäre. Zudem würden bei 200 Grad gegebenenfalls Probleme bei der Rückholung der Abfälle auftreten, wenn diese nötig wäre. Atomindustrie-Vertreter Dr. h.c. Bernhard Fischer wiederum betonte, dass eine höhere Temperatur auch Vorteile böte. So würde Salz dann schneller „kriechen“. Wissenschaftsvertreter Prof. Dr.-Ing. Wolfram Kudla verwies zudem darauf, dass aus höheren Temperaturen auch eine kleinere Endlagerfläche resultierte. Die Temperaturhöhe solle seiner Ansicht nach innerhalb verschiedener Endlagerkonzepte abgewogen werden. Eine Festlegung auf 100 Grad sei nicht geboten, sagte Kudla.

Klaus Brunsmeier vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) mahnte mit Blick auf die Vergangenheit an, alles gut zu hinterfragen, was Aussagen zum Thema Salz betrifft. 100 Grad seien ein guter Ansatz, um „loszumarschieren“, das Kriterium sei aber für weitere Forschung offenzuhalten, wie es auch Wissenschaftsvertreter Dr. Ulrich Kleemann gefordert hatte. Zur nächsten Sitzung sollen nun Vorschläge zur Entscheidung vorgelegt werden.

Uneinigkeit bei der Rolle des Deckgebirges

Uneinigkeit besteht auch im Hinblick auf die Rolle des Deckgebirges. Innerhalb der Arbeitsgruppe gelang es bisher nicht, einen Kompromiss darüber herzustellen, ob deckgebirgsspezifische Kriterien in der Abwägung eine Rolle spielen sollten. Dagegen sprach sich etwa Atomindustrie-Vertreter Fischer aus. Es sei nicht gelungen, ein solches Kriterium für alle Endlagersysteme zu formulieren. Das Kriterium sei auch nicht notwendig, da in anderer Form, etwa im Rahmen der Sicherheitsuntersuchung, die Rolle des Deckgebirges auch behandelt werden könne.

Ähnlich äußerte sich Steffen Kanitz (CDU/CSU). Ein Abwägungskriterium, das sich nur auf die Schutzfunktion von Deckgebirgen für Salz beziehe, sei gegenüber den anderen Typen eine Ungleichbehandlung. Mit der Festlegung einer Mindesttiefe sei das dahinterstehende Problem aufgegriffen worden. Wissenschaftsvertreter Dr. Detlef Appel hatte in dem Kapitelentwurf hingegen einen Ansatz formuliert, der eine „orientierende Beurteilung“ von Deckgebirgen im Hinblick auf den Schutz des „einschlusswirksamen Gebirgsbereiches“ erlauben soll, bis ausdifferenziertere Kriterien vorliegen.

Niedersachsens Umweltminister Wenzel wiederum hatte vorgeschlagen, bei Salzformationen ein „günstiges Deckgebirge“ für einen Zeitraum von 15.000 Jahren als „Mindestanforderung“ aufzunehmen. Kanitz und Appel sollen nun zur nächsten Sitzung einen Kompromissvorschlag vorlegen. (scr/24.05.2016)

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