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„Gemeinwesenarbeit zielt auf Aktivierung und Veränderung ab“

Zwei Personen errichten einen Krötenschutzzaun hinter einem Krötenwanderung-Verkehrsschild.

Beispielhafte Gemeinwesenarbeit: Ehrenamtliche Helfer errichten einen Krötenschutzzaun. (picture-alliance/ZB)

„Gemeinwesenarbeit fördert bürgerschaftliches Engagement bei Zielgruppen, die normalerweise nicht auf unserem Radar sind.“ Diese Einschätzung vertrat Prof. Dr. Wolfgang Hinte, Leiter des Instituts für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung an der Universität Duisburg-Essen, während der von Willi Brase (SPD) geleiteten Sitzung des Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement am Mittwoch, 30. November 2016. Das Prinzip der Gemeinwesenarbeit zielt darauf ab, die Menschen zu aktivieren, ihre Lebenswelt, ihre Wohnquartiere zu verändern.

„Was wollt ihr tun?“

„Als Gemeinwesenarbeiter fragen wir nicht, was braucht ihr, sondern, was wollt ihr tun?“, sagte Hinte. Die Frage „was braucht ihr“ impliziere Bedürftigkeit und wirke „von oben herab“, machte der Sozialwissenschaftler den Unterschied deutlich.

Die Frage, „was wollt ihr tun“, mache zudem deutlich, dass es auf das Engagement derjenigen ankommt, die sich an etwas stören und Veränderungen fordern. Wichtig ist aus seiner Sicht, die Gemeinwesenarbeit nicht als Troubleshooter zu begreifen, sondern als Grundausstattung in den Quartieren. „Man darf nicht damit warten, bis es brennt“, warnte er.

„Relevant ist, was die Leute beschäftigt“

Relevant für die Gemeinwesenarbeit sei, „was die Leute beschäftigt“, sagte Hinte. „Das ist es, was für unsere Arbeit wichtig ist, und nicht der Anteil von Ausländern oder alleinerziehenden Müttern in einem Stadtteil.“ Es gehe nicht um Zielgruppen-, sondern um Quartiersprogramme. Gute Gemeinwesenarbeit laufe zudem im Hintergrund ab. Ergebe sich daraus eine Initiative, die öffentlich wahrgenommen wird, stünden diejenigen im Mittelpunkt, die die Initiative tragen und nicht jene, die dazu motiviert haben.

„Gute Gemeinwesenarbeit taucht auch bei Erfolgen nicht auf“, so der Experte. Genau das sei aber auch ein Problem. Die Politik in Deutschland finanziere in aller Regel eher Leuchtturmprojekte, kritisierte er.

„Es braucht eine aufgeklärte Lokalpolitik“

Daher, so Hinte, brauche es aufgeklärte Politiker, „vor allem eine aufgeklärte Lokalpolitik“. Es müsse eine parteiübergreifende Einigkeit darüber geben, dass Gemeinwesenarbeit in einer Stadt etabliert werden soll. Dabei müsse den Politikern bewusst sein, dass sie möglicherweise „ihre eigene Opposition finanzieren“.

Wenn sich durch Gemeinwesenarbeit entstandene Initiativen gegen politische Entscheidungen richten, gebe es manchmal ein böses Erwachen, sagte der Sozialwissenschaftler, der als Vater des Konzepts Sozialraumorientierung gilt.

„Stadtteilbezogene Sozial- und Kulturarbeit“

Über Erfahrungen mit der Gemeinwesenarbeit in der Stadt Magdeburg sprach Dr. Ingo Gottschalk, Leiter der Stabsstelle Jugendhilfe-, Sozial- und Gesundheitsplanung Magdeburg. Gemeinwesenarbeit sei als stadtteilbezogene Sozial- und Kulturarbeit zu begreifen, sagte er. Sie ziele darauf ab, Hilfe zum selbstorganisierten Handeln anzubieten.

Der Magdeburger Stadtrat, so Gottschalk, stelle seit dem Jahr 2000 jährlich einen Initiativfonds Gemeinwesenarbeit in Höhe von 50.000 Euro zur Verfügung. Anträge auf Förderung von Stadtteilprojekten könnten in einer der 22 Arbeitsgruppen in der Stadt gestellt werden. Dabei gehe es immer nur um eine Teilfinanzierung zur Aktivierung des Social-Sponsoring, betonte er.

„Man kann es hinkriegen“

Nach 20-jähriger Erfahrung ist laut Gottschalk festzustellen: „Der gewählte Ansatz zur Aktivierung bürgerschaftlichen Engagements ist nachhaltig etabliert.“ Er bleibe unabhängig von den derzeit handelnden Personen in der Magdeburger Stadtpolitik enthalten.

Für den Leiter der Stabsstelle Jugendhilfe-, Sozial- und Gesundheitsplanung Magdeburg ist der Erfolg auch ein Beleg dafür, dass die Verschränkung repräsentativer Demokratie mit Formen direkter demokratischer Beteiligung unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen umsetzbar ist. „Man kann es hinkriegen“, sagte Gottschalk vor den Abgeordneten. (hau/30.11.2016) 

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Prof. Dr. Wolfgang Hinte, Universität Duisburg-Essen, Leiter des Instituts für Stadtteilentwicklung, Sozialraumorientierte Arbeit und Beratung
  • Dr. Ingo Gottschalk, Leiter der Stabsstelle für Jugendhilfe-, Sozial- und Gesundheitsplanung Magdeburg
  • Herbert Pieper, Vorsitzender des BürgerBus Isernhagener Land e.V.

 

 

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