Auswärtiges

Experten fordern eine syste­ma­ti­sche­re Frie­densbericht­er­stattung

„Weil es nicht knallt? Warum wir in den Medien so wenig über die friedliche Beilegung von Konflikten erfahren“ war das Thema einer öffentlichen Podiumsdiskussion, zu der der Unterausschuss für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln am Montag, 19. Juni 2017, unter Leitung von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) eingeladen hatte.

Bühne für Wanderausstellung „Frieden machen“

Die Podiumsdiskussion, moderiert von Dr. Sylke Tempel von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik bereitete der Ausstellung „Frieden machen“ die Bühne, die im Anschluss an die Veranstaltung von Bundestagsvizepräsidentin Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD) eröffnet wurde.

Rund drei Jahre habe man auf die Ausstellung hingearbeitet, so die Unterausschussvorsitzende Dr. Brantner. Diese soll auch durch die Schulen des Landes gehen und – wie die Podiumsdiskussion auch – den Besuchern die Fragestellung nahebringen: „Woran liegt es, dass die Informationen über die Friedensarbeit in den Medien nicht so starken Widerhall finden wie die Nachrichten über Konflikte und Kriege?“

Überproportionale Krisenmeldungen empirisch belegt

Dr. Arne Freya Zillich von der Universität Jena stellte zu Beginn anhand einer von ihr mitverfassten Studie fest, dass Nachrichten über Krisen in der Präventionsphase nahezu keine mediale Aufmerksamkeit genießen würden. Auch die Versöhnungs- oder Lösungsphase eines Konflikts würde in den Medien kaum stattfinden. Die Eskalationsphase finde immer noch die größte Beachtung. Die gefühlte überproportionale Berichterstattung über die Konfliktphasen sei mit ihrer Studie somit auch empirisch belegt.

Laut Andrea Böhm, Journalistin bei der Wochenzeitung „Die Zeit“, kann das von Kollegen ins Feld geführte Argument des mangelnden Leserinteresses an Friedensberichterstattung nicht als Begründung für diese Erkenntnisse herhalten. Es sei die Aufgabe des Journalisten, auch diese Themen interessant aufzuarbeiten.

Hypnotische Wirkung der bewaffneten Akteure

Gleichwohl gab auch sie zu, dass die bewaffneten Akteure sowohl auf Berichterstatter als auch auf Medienkonsumenten eine hypnotische Wirkung hätten. Dennoch müssten Korrespondenten Überlegungen anstellen, wie beispielsweise Berichte über Alltägliches oder Überlebensstrategien in Kriegsgebieten mehr Raum bekommen könnten. Derartige Berichterstattung könne nämlich bereits Teil von Präventionsarbeit sein.

Recherchen in Vorkriegsgebieten rückläufig

Markus Ackeret von der Neuen Zürcher Zeitung beklagte in diesem Zusammenhang, dass die Möglichkeiten der Recherche in Gebieten im Vorkriegszustand merklich zurückgehen würden. Die Ressourcen hierfür, insbesondere die dafür nötigen Korrespondentennetze, würde immer weniger.

Uli Jäger von der gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation Berghof Foundation bemerkte anerkennend, dass es zwar Berichterstattung über Friedensarbeit gebe. Diese sei jedoch leider singulär, es fehle an einer Systematik in der Berichterstattung. Er nahm Bezug auf das von Andrea Böhm aufgeworfene Bild der hypnotischen Wirkung der bewaffneten Akteure und forderte die Journalisten auf, diese hypnotische Wirkung auch für die Friedensstifter zu erzeugen. Hierbei müssten Reporter und Nichtregierungsorganisationen () stärker zusammen und an der von ihm geforderten Systematik bei der Berichterstattung arbeiten. (eb/20.06.2017)

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Andrea Böhm, Wochenzeitung „Die Zeit“
  • Markus Ackeret, Neue Zürcher Zeitung
  • Dr. Arne Freya Zillich, Universität Jena
  • Uli Jäger, Berghof Foundation



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