Landwirtschaft

Fraktionen haben hohe Erwartungen an neue Agrarministerin

Die neue Agrarministern Julia Klöckner (CDU) hat bei ihrer Regierungserklärung zur Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik der neuen Großen Koalition am Freitag, 23. März 2018, die hohe Bedeutung der Landwirtschaft und ihrer Beschäftigten betont. Die von den Landwirten erzeugten Lebensmittel seien „Mittel zum Leben und daher systemrelevant“. Insofern können man das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auch als das „Lebensministerium“ ansehen, sagte Klöckner. 

Klöckner kündigt staatliches Tierwohllabel an

Sie sei stolz auf alle „grünen Berufe“ im Land, sagte die Ministerin und sicherte den Beschäftigten zu: „Für Sie will ich mich einsetzen.“ Einsetzen wolle sie sich außerdem für den Tierschutz. Es gebe hier Lücken, die geschlossen werden müssten, sagte Klöckner und kündigte die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels an. Damit könnten die Verbraucher entscheiden, was ihnen Tierwohl wert ist.

Ein zentrales Thema ihrer Politik werde auch die Ernährungsbildung sein, die „in die Schulen und in die Kita gehört“, sagte die Ministerin. Klöckner betonte außerdem, sie wolle weg von den ideologischen Grabenkämpfen. Naturschutz und Landwirtschaft seien keine Gegensätze, sondern gehörten zusammen. Was das Problem des Bienensterbens angeht, so stellte die CDU-Politikerin klar, wenn die Wissenschaft eindeutig feststelle, das Insektizide zum Bienensterben führen, müssten die „weg vom Markt, sonst sind alle anderen weg vom Markt“.

AfD erwartet Signal gegen das Höfesterben

Die Landwirte in Deutschland warteten auf ein Signal gegen das Höfesterben, sagte Peter Felser (AfD). Auch am Ende dieses Jahres, so seine Prognose, werden wieder vier- bis fünftausend Höfe abgeschlossen. Von der Ministerin sei dazu aber nichts zu hören gewesen, kritisierte er. Felser machte die EU-Landwirtschaftspolitik mitverantwortlich für die schlechte Situation der Landwirte. Immer offener würden die Gelder für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in Frage gestellt. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger habe Kürzungen im EU-Agrarhaushalt im Bereich von fünf bis zehn Prozent angekündigt. 

Der Gegenvorschlag der AfD laute nun: Wenn Brüssel weniger für die Bauern bezahlen möchte, müsse die Kommission im Bereich Landwirtschaft deutlich verkleinert werden. Die Gesetzgebungs- und Regelungskompetenz der EU müsse in diesem Fall drastisch beschnitten werden, forderte Felser.

SPD: Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln reduzieren

Ursula Schulte (SPD) zeigte sich erfreut darüber, dass die Nationale Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Fett im Koalitionsvertrag enthalten sei. Nun müsse die Strategie zügig ausgearbeitet werden. Positiv bewertete Schulte auch, dass die neue Agrarministerin vorhabe, die Ernährungsbildung zu stärken. „Es wäre doch gelacht, wenn wir da nichts hinbekommen würden“, sagte Schulte. Nicht ignorieren dürfe man jedoch auch den Zusammenhang zwischen Armut und ungesunder Ernährung. „Wer wenig Geld hat, ist eben auf billige Produkte angewiesen“, sagte die SPD-Abgeordnete. Daher müsse die Armutsbekämpfung „ganz oben auf die Agenda gesetzt werden“.

Schulte regte an, eine Kampagne zum Verzehr von Gemüse zu initiieren. Verbote und Vorschriften seien hingegen nicht der richtige Weg. Zugleich sprach sich Schulte für die Lebensmittelampel aus, „damit die Verbraucher gesunde Produkte auf einen Blick erkennen können“.

FDP: Bürokratie nimmt Landwirten Luft zum Atmen

Mehr Wertschätzung für die Landwirtschaft forderte Dr. Gero Hocker (FDP) ein. Landwirten gehe es derzeit nicht gut. Das habe auch damit zu tun, dass die Politik ihnen „mit Auflagen die Luft zum Atmen nimmt“. Beim Grundwasserschutz, bei der Luftreinhaltung und bei der Bekämpfung von Multiresistenzen bekämen die Landwirte häufig genug die Probleme in die Schuhe geschoben, „die wir eigentlich gesamtgesellschaftlich angehen müssten“. 

Wenn Kinder von Landwirten in den Schulen wegen der Berufe ihrer Eltern gehänselt würden, Verbraucher andere Standards forderten, aber nicht bereit seien, dafür einen höheren Preis zu bezahlen oder sogenannte Aktivisten in Tierställe einbrechen würden und Teile der Gesellschaft und auch der Politik das tolerieren, seien das „massive gesellschaftliche Veränderungen“. Die FDP werde die Ministerin daran messen, ob sie glaube, diese Probleme weglächeln zu können oder ob sie sich mit Rückgrat gegen die systematische Stigmatisierung der Landwirtschaft zur Wehr setzt, kündigte Hocker an.

Linke: Freiwillige Tierschutzlabel reichen nicht aus

Nach Einschätzung von Amira Mohamed Ali (Die Linke) hält die Bundesregierung an der verfehlten Agrarpolitik fest. Nach wie vor würden große Betriebe bei den Subventionen bevorzugt, woran kleine bäuerliche Betriebe kaputtgehen würden, beklagte die Linken-Abgeordnete. 

Außerdem sorge die staatliche geförderte Fleisch- und Milchüberproduktion der EU für eine Überflutung der Märkte der sogenannten Dritten Welt und zerstöre dort die heimische Produktion. Dann würden – erneut mit Steuergeldern – Entwicklungshilfeprojekte auf den Weg gebracht. Ein absurder Kreislauf sei das, befand Ali. Sie zeigte sich im Übrigen überzeugt davon, dass bei besseren Kennzeichnungspflichten über die Art der Haltung der Tiere sich das Kaufverhalten radikal ändern würde. Freiwillige Tierschutzlabel reichten dazu aber nicht aus.

Grüne fordern Verbot der Neonicotinoide

Wenig Konkretes habe sie von der Ministerin vernommen, beklagte Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen). Was das freiwillige Tierwohllabel angeht, so sei der Handel gerade dabei, so etwas auf den Weg zu bringen. Klöckner können da höchsten noch hinten aufspringen. Als falsch bezeichnete es Künast, den digitalisierten Stall als Ziel vorzugeben. „Eigentlich müsste das Motto lauten: Die Sau muss raus“, sagte sie.

Kein Verständnis zeigte die Grünen-Abgeordnete für die Haltung Klöckners in Sachen Bienensterben. Warme Worte reichten nicht, zumal wenn diese dann mit Fördertatbeständen konterkariert würden. Es gebe von der Wissenschaft klare Aussagen, dass Neonicotinoide, ein Insektizid, schädlich sind. „Sagen Sie Ja zum Verbot der Neonicotinoide“, forderte Künast die Ministerin auf.

CDU/CSU: Arbeit der Landwirte anerkennen

Ebenso wie der FDP-Abgeordnete Hocker beklagte auch Albert Stegemann (CDU/CSU) die fehlende Anerkennung für die geleistete Arbeit der Landwirte. Es müssten neue Brücken gebaut werden, forderte er. 

Zwar habe es Verfehlungen einzelner Landwirtschaftsbetriebe tatsächlich gegeben, gegen die man auch einschreiten müsse. Die oftmals sehr kritische Berichterstattung bilde allerdings die Realität in den allermeisten Fällen nicht ab. (hau/23.03.2018)

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