Geschichte

Vor 75 Jahren: Aus dem Berliner Königsplatz wird der „Platz der Republik“

Platz der Republik mit Reichstagsgebäude 1948

Platz der Republik mit Reichstagsgebäude im Jahre 1948 (picture-alliance/akg-images)

Vor 75 Jahren, am 17. Juni 1948, bekam der Platz vor dem Reichstagsgebäude in Berlin wieder den Namen Platz der Republik.

„Platz der Republik 1“ so lautet die Adresse des Reichstagsgebäudes, dem Sitz des Deutschen Bundestages und Symbol deutscher Parlamentsgeschichte. Das war nicht immer so. Bei der Eröffnung des Reichstagsgebäudes am 6. Dezember 1894 hieß der Platz noch „Königsplatz“. Erst 1926, in der Zeit der Weimarer Republik, erhielt der Platz vor dem Reichstagsgebäude seinen heutigen Namen. 

Am 4. Februar 1926 hatte das Stadtparlament nach einer stürmischen Debatte für die Umbenennung des damaligen Königsplatzes in „Platz der Republik“ gestimmt. Doch bereits sieben Jahre später, am 25. März 1933, folgte die erneute Umbenennung  des Platzes durch die Nationalsozialisten zurück in „Königsplatz“. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt der Platz im Berliner Stadtteil Tiergarten wieder seinen Namen aus der Weimarer Zeit, nachdem am 31. März 1948 die Bezirksverordnetenversammlung von Tiergarten für die Rückbenennung gestimmt hatte. Seit 75 Jahren heißt der Platz im Herzen des heutigen Berliner Parlaments- und Regierungsviertels Platz der Republik.

Exerzierplatz für preußische Soldaten

Heute ist der vier Hektar große Platz vor dem Reichstagsgebäude zwischen der Paul-Löbe-Alle, der Scheidemannstraße und der Heinrich-von Gagern-Straße überwiegend mit Rasen bewachsen und seitlich von querstehenden kleinen Hecken begrenzt. Bäume gliedern den Platz, vor dem Reichstagsgebäude weht die Fahne der Deutschen Einheit.

Seit seiner Entstehung um 1730 hat der Platz am Rande des Großen Tiergartens nicht nur seinen Namen, sondern auch sein Aussehen ständig verändert. Bei seiner Entstehung diente der Platz als Exerzierplatz für preußische Soldaten. Später, um 1860, wurde er als Stadtplatz umgestaltet und erhielt am 18. Dezember 1864 den Namen Königsplatz. Von 1865 bis 1873 wurde in der Mitte des Platzes die Siegessäule errichtet, von 1884 bis 1894 anstelle des zuvor abgerissenen Palais Raczyński das Reichstagsgebäude. 

Siegessäule, Roon- und Moltke-Denkmal

1901 wurde vor dem Reichstagsgebäude das Bismarck-Nationaldenkmal enthüllt und der Königsplatz erhielt ein Mosaikpflaster und ein Rasenrondell um die Siegessäule. 1904 kamen am Nordrand des Platzes ein Denkmal für den Kriegsminister Albrecht von Roon und 1906 ein weiteres am Westrand des Platzes, vor dem 1871 errichteten Generalstabsgebäude, für den Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke hinzu. Mit der Umsetzung der Siegessäule auf den sogenannten Großen Stern 1938 und 1939 wurden alle drei Denkmäler an den nördlichen Rand des Großen Sterns versetzt.

Am 9. November 1918 trafen sich am damaligen Königsplatz die verschiedenen Demonstrationszüge gegen die kaiserliche Regierung. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann rief von einem Fenster am Westbalkon des Reichstagsgebäudes die Republik aus. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges dienten die Flächen um die Ruine des Reichstages der Versorgung der hungernden Bevölkerung. 

Ort politischer Kundgebungen

Nicht nur während der Weimarer Republik diente der Platz als Ort politischer Kundgebungen. Auch nach Kriegsende blieb der Platz ein beliebter Ort für politische Demonstrationen wie der am 9. September 1948 gegen die Blockade Berlins, mit den wohl bekanntesten Worten des damaligen Berliner Oberbürgermeisters Ernst Reuter „Völker der Welt! Schaut auf diese Stadt!“.

In der Zeit der deutschen Teilung befand sich der Platz in der Nähe der Mauer in ruhiger Lage. Die große Wiese war, wie der Tiergarten, an Wochenenden Naherholungsgebiet der Berliner. Hier fanden die alljährlichen beliebten „Mit-Rias-in-die-Ferien“-Feiern und Rockkonzerte statt. Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 trafen sich hier die Berliner aus Ost und West. In der Nacht vom 2. zum 3. Oktober 1990 fand hier der Festakt zur deutschen Einheit statt und um Mitternacht wurde die Fahne der Einheit gehisst.

Reichstagsverhüllung und Fußball-WM 2006

Im Juni und Juli 1995 bewunderten von hier aus die angereisten Besuchermassen die Reichstagsverhüllung durch Christo und Jeanne-Claude. 1995/96 wurde im Vorfeld des geplanten Parlaments- und Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin die Neugestaltung der Freiflächen im Parlaments- und Regierungsviertel ausgeschrieben. Den landschaftsplanerischen Wettbewerb für das Forum zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Paul-Löbe-Haus sowie dem Platz der Republik konnte das Berliner Landschaftsarchitekturbüro Lützow 7 für sich entscheiden.

Noch einmal umgestaltet wurde der Platz der Republik zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006. 5.000 Heckenpflanzen und 52 Bäume, die erst im Jahr 2002 gepflanzt worden waren, wurden entfernt. Auch der Rasen verschwand. Dafür war auf 3.800 Tonnen Asphalt mit der Adidas-Arena ein kleinerer Nachbau des Olympiastadions mit 8.000 Sitzplätzen entstanden. Dort wurden Spiele der WM gezeigt und auf sechs Kleinfeldern wurde Fußball gespielt. Nach der WM versetzte man den Platz der Republik wieder in seinen Ursprungszustand zurück. Heute erholen sich hier die Besucher des Parlaments- und Regierungsviertels. (klz/13.06.2023)

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