Parlament

Kroll-Oper

Adolf Hitler bei der Begründung des Ermächtigungsgesetzes im neuen Reichstag in der Kroll-Oper am Königsplatz in Berlin
Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Staatsoper am Platz der Republik (Krolloper) Westberlin. Aufnahme 1945.
Tag von Potsdam, 21. März 1933. Nach dem Staatsakt in der Potsdamer Garnisonskirche wird um 17 Uhr die erste Reichstagssitzung in der Krolloper eröffnet. Reichstagspräsident Hermann Göring leitet die Sitzung.
Blick in die Berliner Kroll-Oper während der Sitzung des Reichstags am 30. Januar 1939
6. Oktober 1939. In seiner Rede in der Kroll-Oper zog Adolf Hitler eine Bilanz des Polenfeldzugs.
Kroll'sches Etablissement (Krolloper). (1844 erbaut, Neubau 1852, Umbau 1895-98 zum Operntheater). - Krolls Etablissement. - Bildpostkarte, um 1900.
Berlin. Ehemalige Krolloper. - Fotopostkarte, 1932/33.

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Adolf Hitler bei der Begründung des Ermächtigungsgesetzes im neuen Reichstag in der Kroll-Oper am Königsplatz in Berlin (Bundesarchiv)

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Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Staatsoper am Platz der Republik (Krolloper) Westberlin. Aufnahme 1945. (Bundesarchiv)

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Blick in die Berliner Kroll-Oper während der Sitzung des Reichstags am 30. Januar 1939 (dpa - Bildarchiv)

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Kroll'sches Etablissement (Krolloper). (1844 erbaut, Neubau 1852, Umbau 1895-98 zum Operntheater). - „Krolls Etablissement“. - Bildpostkarte, um 1900. (picture-alliance / akg-images)

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Nach der Zerstörung des Plenarsaals durch den Reichstagsbrand am Abend des 27. Februar 1933 wurde die nur einige Hundert Meter vom Reichstagsgebäude entfernte und seit 1931 geschlossene Kroll-Oper von den Nationalsozialisten als neue provisorische Tagungsstätte für das Parlament ausgewählt. Namensgeber für das Gebäude war Joseph Kroll, der mit Förderung von Preußens König Friedrich Wilhelm IV. sein Krollsches Etablissement 1843/44 als Vergnügungsstätte vor den Toren Berlins in der Nähe des Brandenburger Tores errichtet hatte. Das ursprüngliche Gebäude wurde von Ludwig Persius, Carl Ferdinand Langhans und Eduard Knoblauch im Stil der märkischen Biedermeier-Renaissance geschaffen. Das Gebäudeensemble wurde später auch als Opernhaus benutzt. Zuletzt war das Gebäude von Herbst 1927 bis Juli 1931 unter Leitung von Otto Klemperer Spielstätte für die „Staatsoper am Platz der Republik.“

Der Umbau der Kroll-Oper zum provisorischen Parlament

Zu Beginn der zweiten Märzwoche 1933 begannen unter Leitung der Preußischen Bau- und Finanzdirektion die behelfsmäßigen Umbauarbeiten an der Kroll-Oper, deren Großer Theatersaal ursprünglich über rund 1100 Sitze verfügte und nun zum Sitzungssaal umfunktioniert wurde. Die Decke wurde tiefer gezogen und mit Stoff überspannt, so dass die Deckengemälde verschwanden. Bühne und Orchestergraben erhielten Aufbauten für das Präsidium, die Schriftführer, die Regierungsbänke und die Stenographen. Dabei wurde auch die aus dem zerstörten Plenarsaal des Reichstagsgebäudes stammende, noch intakte Regierungsbank in die neuen Aufbauten der Kroll-Oper integriert. Den Abgeordneten stand als Wandelhalle der Theaterumgang in der Höhe des Parketts zur Verfügung. Die Sitzungssäle der Fraktionen, die Bibliothek wie auch Teile der Parlamentsverwaltungen verblieben im Reichstagsgebäude. Hinter dem Gestühl des Reichstagspräsidiums wurde an der Stirnwand der Oper eine große Hakenkreuzfahne aufgespannt. Rechts und links davon hing, als taktisches Zugeständnis der Nationalsozialisten an ihre Koalitionspartner von der DNVP, anfänglich noch eine schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreiches. In den beiden Rängen der Kroll-Oper standen jeweils mehrere Hundert Sitzplätze für Presse und Besucher zur Verfügung.

Die erste Sitzung des Reichstages in der Kroll-Oper fand nach den nur noch bedingt als demokratisch zu charakterisierenden Reichstagswahlen vom 5. März 1933 am späten Nachmittag des 21. März 1933 statt. Einziger Tagesordnungspunkt der konstituierenden Sitzung des ersten nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten gewählten Reichstages war die Wahl des Präsidiums. Entgegen der bisherigen Geschäftsordnung wurde es nicht durch geheime Wahl, sondern durch Zuruf bestimmt. Am Ende der Sitzung sangen die uniformierten Mitglieder der Reichstagfraktion der NSDAP mit erhobenem Arm die erste Strophe des Horst-Wessel-Liedes.

Tag von Potsdam in der Garnisonskirche

Aus Anlass der Konstituierung des Reichstages hatte Reichspropagandaminister Joseph Goebels am Morgen des 21. März 1933 einen „feierlichen Staatsakt“ in der Garnisonskirche von Potsdam inszeniert. An der Veranstaltung nahmen neben Reichskanzler Hitler Reichspräsident Paul von Hindenburg in seiner Uniform eines kaiserlichen Generalfeldmarschalls, die Abgeordneten des Reichstages ohne Sozialdemokaten und Kommunisten, Vertreter von Reichswehr und SA, Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Verwaltung sowie ehemalige Repräsentanten des kaiserlichen Deutschland teil. Mit dem „Tag von Potsdam“, dessen öffentliches Erscheinungsbild durch die kaiserlichen schwarzweißroten Farben geprägt war, täuschten die Nationalsozialisten der Öffentlichkeit eine symbolische und politische Verbindung von kaiserlich-monarchischem Deutschland und nationalsozialistischer Bewegung vor.

Das Ende des Parlamentarismus

Schon zwei Tage später, am 23. März 1933, entmachtete sich das neue gewählte Parlament unter massivem Druck in seiner zweiten Sitzung in der Kroll-Oper mit der Verabschiedung des von den Nationalsozialisten und der DNVP initiierten „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“, dem so genannten Ermächtigungsgesetz, selbst. Es übertrug gegen die Stimmen der SPD die parlamentarische Legislativbefugnis auf die Reichsregierung und hob die Gewaltenteilung auf. Alle 81 Abgeordnete der KPD und 26 SPD-Abgeordnete konnten an der Abstimmung nicht teilnehmen: Sie befanden sich in „Schutzhaft“ oder waren vor drohender Verfolgung geflohen. Die gesamte Szenerie der Sitzung wurde von den Farben und Symbolen der Nationalsozialisten dominiert. Die Absperrung vor der Kroll-Oper hatte die SS übernommen. Im Innern des provisorischen Parlamentsgebäudes sorgten bewaffnete Angehörige der SA für den „Saalschutz“. Im Zuge der Etablierung und Festigung der nationalsozialistischen Diktatur fand am 17. Mai 1933 die dritte und letzte Sitzung des Reichstages als Mehrparteienparlament statt. Kurze Zeit später wurde der Reichstag aufgelöst.

Der Reichstag in der Kroll-Oper als Scheinparlament

Nach dem Verbot und der Selbstauflösung der demokratischen Parteien im Frühsommer 1933, dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien, der Reichstagsauflösung vom 14. Oktober 1933 und den Reichstagswahlen im November 1933 war der Reichstag nur noch ein aus Nationalsozialisten bestehendes gleichgeschaltetes Scheinparlament. Formal blieb der Reichstag im nationalsozialistischen Einparteienstaat als Verfassungsorgan und Gesetzgeber bis zum Ende der Diktatur bestehen. Er kam allerdings bis 1942 in unregelmäßigen Abständen nur noch zu insgesamt 18 Sitzungen zusammen, die Hitler insbesondere als Forum für Regierungserklärungen benutzte. Die letzte Zusammenkunft des nationalsozialistischen Reichstages fand am 26. April 1942 statt.

Zerstörung und Abriss der Kroll-Oper

Von Herbst 1941 bis November 1943 wurde die Kroll-Oper auch als Ausweichspielstätte für die bei einem der ersten Luftangriffe alliierter Bomber auf Berlin am 10. April 1941 stark zerstörte Lindenoper benutzt. Allerdings wurde die Kroll-Oper selbst bei einem nächtlichen Luftangriff am 22. November 1943 schwer getroffen, so dass eine Weiterführung des Opernbetriebes auch hier nicht mehr möglich war. Weitere Beschädigungen erfolgten im Rahmen der Kampfhandlungen in der „Schlacht um Berlin“ im April 1945.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges entschied man sich hauptsächlich aus finanziellen Erwägungen gegen den Wiederaufbau des Gebäudes. Noch bis in die 1950er Jahre hinein wurde aber in den Sommermonaten in den wenigen noch vorhandenen Gebäudeteilen der Kroll-Oper ein Gartenrestaurant betrieben. Große Teile des Hauptgebäudes wurden im März 1951 gesprengt und abgetragen. Im Herbst 1957 waren sämtliche Ruinen- und Trümmerreste der Kroll-Oper endgültig beseitigt. Heute erinnert ein Gedenkstein an das Gebäude, in dem 1933 die parlamentarische Demokratie in Deutschland ihr Ende fand.

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