Besuch

Karl Otto Götz

„Jonction III“, 1991, Mischtechnik auf Leinwand (zweiteilig), Leihgabe der K.O. Götz und Rissa-Stiftung, Dank an Prof. Karin Götz (Rissa) und Joachim Lissmann
„Jonction III“, 1991, Mischtechnik auf Leinwand (zweiteilig), Leihgabe der K.O. Götz und Rissa-Stiftung, Dank an Prof. Karin Götz (Rissa) und Joachim Lissmann
„Jonction III“ in der Neuen Nationalgalerie aus Anlass des 100. Geburtstages von K.O. Götz

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„Jonction III“, 1991, Mischtechnik auf Leinwand (zweiteilig), Leihgabe der K.O. Götz und Rissa-Stiftung, Dank an Prof. Karin Götz (Rissa) und Joachim Lissmann (DBT/ Stephan Erfurt/ Marc Volk)

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„Jonction III“, 1991, Mischtechnik auf Leinwand (zweiteilig), Leihgabe der K.O. Götz und Rissa-Stiftung, Dank an Prof. Karin Götz (Rissa) und Joachim Lissmann (DBT/ Stephan Erfurt/ Marc Volk)

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„Jonction III“ in der Neuen Nationalgalerie aus Anlass des 100. Geburtstages von K.O. Götz (DBT/Andreas Kaernbach)

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(DBT/J.F. Müller)

Karl Otto Götz, geboren am 22. Februar 1914 in Aachen, gestorben am 19. August 2017 in Wolfenacker im Westerwald, war einer der bedeutendsten Maler des Informel, einer expressiv abstrakten Kunstrichtung, die in der 1950er-Jahren als Gegenbewegung zur figurativen Kunst entstand und in den ersten Nachkriegsjahrzehnten die Kunstszene in Deutschland wesentlich bestimmte.

Im Deutschen Bundestag, in der Halle von Haus I des Jakob-Kaiser-Hauses, ist K.O. Götz mit einem Höhepunkt seines Spätwerkes vertreten, dem Diptychon „Jonction III“. Es gehört zu einer Folge großformatiger Arbeiten mit den Werktiteln „Jonction – 3.10.90“ und den 1991 entstanden Variationen „Jonction II“ und „Jonction III“. Das Ungewöhnliche an dieser Reihe ist die Spiegelung eines historischen Ereignisses in einem abstrakten Bild: Karl Otto Götz hatte „Jonction - 3.10.90“ unmittelbar unter dem Eindruck der Feiern zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 in seinem Atelier gemalt - als spontanen Akt freudiger Emotion und Erinnerung.

So ist mit der „Jonction“-Reihe eine einzigartige Werkgruppe entstanden, die eine Balance zwischen metaphorischem Historienbild und abstraktem Farbereignis hält: Der dynamische Farbstrom von links, der Wirbel beim Aufprall auf die kompakte herabstürzende Form und das sich dahinter in Farbschlieren aufhellende, wenngleich nicht ungetrübte Feld lassen an den Fall der Mauer und seine Folgen sowie an die ihn herbeiführende Kraft der Bürgerbewegung denken. K.O. Götz bezeichnete die drei Gemälde mit dem aus dem Französischen kommenden Wort Jonction (Wiederanknüpfung), das stärker als der Begriff „Wiedervereinigung“ die Annäherung beider Teile Deutschlands als einen länger währenden Prozess charakterisiert.

Die Gemäldefolge lässt auf einer abstrakteren Ebene die geistige und emotionale Erregung angesichts dieser Stürme der Geschichte nachempfinden. Und zugleich ist die Bildreihe Ausdruck einer rein malerischen Vitalität und Dynamik, die keiner weiteren Begründung bedarf und nichts weiter darstellt „als ein Mehr oder Weniger an aufgetragener, weggekratzter und weggeschleuderter, in den Grund gekratzter oder gestauter Farbe.“ (K.O. Götz, in: „Positiv – Negativ“, 1959)

Jonction III“ wurde am 8. November 2009, am Vorabend des 20. Jahrestages der Öffnung der Mauer, im Paul-Löbe-Haus von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und des Malers der Öffentlichkeit vorgestellt. Als Leihgabe des Künstlers hat das Gemälde einen prominenten Platz unweit des ehemaligen Verlaufs der Mauer in der repräsentativen Halle des Jakob-Kaiser-Hauses gefunden.

Text: Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages

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