Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 144. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. Dezember 2015 Inhalt: Zur Geschäftsordnung Christine Lambrecht (SPD) 14105 B Dr. Petra Sitte (DIE LINKE) 14106 B Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU) 14107 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14108 C Zusatztagesordnungspunkt 5: – Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Drucksachen 18/6866, 18/6912 14110 B – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6913 14110 B Dr. Rolf Mützenich (SPD) 14110 B Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) 14112 C Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14113 D Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) 14115 C Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE) 14117 C Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14118 A Rainer Arnold (SPD) 14120 A Christine Buchholz (DIE LINKE) 14120 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14121 C Henning Otte (CDU/CSU) 14123 B Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) 14124 D Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) 14126 B Namentliche Abstimmungen 14127 C Ergebnisse 14131 D, 14134 B Tagesordnungspunkt 24: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: zur UN-Klimakonferenz in Paris 14128 A Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin BMUB 14128 B Katja Kipping (DIE LINKE) 14137 D Andreas Jung (CDU/CSU) 14139 A Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14140 D Dr. Matthias Miersch (SPD) 14142 A Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) 14143 C Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) 14145 A Frank Schwabe (SPD) 14146 A Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14147 B Matern von Marschall (CDU/CSU) 14148 B Dr. Bärbel Kofler (SPD) 14149 C Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU) 14150 D Dr. Nina Scheer (SPD) 14152 A Tagesordnungspunkt 26: a) Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Jan van Aken, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Für eine lebendige Demokratie – Fairer Handel statt TTIP und CETA Drucksache 18/6818 14153 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Keine Paralleljustiz für internationale Konzerne durch Freihandelsabkommen Drucksachen 18/5094, 18/6911 14153 B Klaus Ernst (DIE LINKE) 14153 B Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) 14154 D Klaus Ernst (DIE LINKE) 14156 B Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14157 C Dirk Wiese (SPD) 14158 D Dr. Matthias Heider (CDU/CSU) 14160 A Dr. Nina Scheer (SPD) 14161 D Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas Drucksache 18/6858 14162 D Manuela Schwesig, Bundesministerin BMFSFJ 14163 A Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE) 14164 A Markus Koob (CDU/CSU) 14165 B Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14166 D Dr. Silke Launert (CDU/CSU) 14167 B Stefan Schwartze (SPD) 14168 B Tagesordnungspunkt 28: Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes Drucksache 18/6700 14169 A Dr. Eva Högl (SPD) 14169 A Frank Tempel (DIE LINKE) 14170 B Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU) 14171 B Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 14173 B Uli Grötsch (SPD) 14174 C Michael Frieser (CDU/CSU) 14175 D Tagesordnungspunkt 29: Antrag der Abgeordneten Richard Pitterle, Dr. Gerhard Schick, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch, Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter, Jan van Aken, Luise Amtsberg und weiterer Abgeordneter: Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Drucksache 18/6839 14177 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14177 C Matthias Hauer (CDU/CSU) 14178 D Richard Pitterle (DIE LINKE) 14180 C Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) 14181 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14182 A Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU) 14183 B Dr. Jens Zimmermann (SPD) 14184 C Nächste Sitzung 14185 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 14187 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Noll und Alexander Radwan (beide CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14187 B Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Bärbel Bas, Uwe Beckmeier, Willi Brase, Martin Burkert, Petra Crone, Bernhard Daldrup, Elvira Drobinski-Weiß, Siegmund Ehrmann, Elke Ferner, Ulrich Freese, Dagmar Freitag, Martin Gerster, Iris Gleicke, Angelika Glöckner, Ulrike Gottschalck, Gabriele Groneberg, Michael Hartmann, Dirk Heidenblut, Hubertus Heil, Gabriela Heinrich, Markus Held, Gustav Herzog, Thomas Hitschler, Josip Juratovic, Oliver Kaczmarek, Gabriele Katzmarek, Ulrich Kelber, Arno Klare, Lars Klingbeil, Dr. Bärbel Kofler, Dr. Hans-Ulrich Krüger, Gabriele Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Helga Kühn-Mengel, Caren Marks, Katja Mast, Dr. Matthias Miersch, Klaus Mindrup, Susanne Mittag, Michelle Müntefering, Dietmar Nietan, Ulli Nissen, Detlev Pilger, Stefan Rebmann, Dr. Carola Reimann, Petra Rode-Bosse, Bernd Rützel, Annette Sawade, Axel Schäfer, Marianne Schieder, Dr. Dorothee Schlegel, Dagmar Schmidt, Elfi Scho-Antwerpes, Frank Schwabe, Stefan Schwartze, Carsten Träger, Ute Vogt, Bernd Westphal, Brigitte Zypries (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14187 D Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marco Bülow und Cansel Kiziltepe (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14189 C Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Hagl-Kehl und Hilde Mattheis (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14190 D Anlage 6 Erklärung nach § 31 Absatz 2 GO des Abgeordneten Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14191 C Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner und Cem Özdemir (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14191 C Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Dieter Janecek und Kerstin Anderae (alle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14193 A Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Sylivia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Peter Meiwald, Beate Müller-Gemmeke, Tabea Rößner und Corinna Rüffer (alle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14193 D Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul, Maria Klein-Schmeink und Irene Mihalic (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14194 B Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Tom Koenigs, Manuel Sarrazin, Kordula Schulz-Asche (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14196 A Anlage 12 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung: Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) 14197 B Heike Baehrens (SPD) 14197 B Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14198 D Dr. Matthias Bartke (SPD) 14199 D Sören Bartol (SPD) 14201 B Veronika Bellmann (CDU/CSU) 14202 D Karin Binder (DIE LINKE) 14203 B Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) 14204 A Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD) 14205 A Edelgard Bulmahn (SPD) 14205 D Dr. Daniela De Ridder (SPD) 14207 B Dr. Karamba Diaby (SPD) 14208 A Sabine Dittmar (SPD) 14209 C Martin Dörmann (SPD) 14210 D Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14212 C Siegmund Ehrmann (SPD) 14213 A Michaela Engelmeier (SPD) 14214 C Saskia Esken (SPD) 14216 A Karin Evers-Meyer (SPD) 14216 D Kerstin Griese (SPD) 14218 D Michael Groß (SPD) 14220 C Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14221 D Metin Hakverdi (SPD) 14222 C Ulrich Hampel (SPD) 14224 A Sebastian Hartmann (SPD) 14226 A Wolfgang Hellmich (SPD) 14226 D Dr. Eva Högl (SPD) 14228 B Angela Kermer (SPD) 14230 A Daniela Kolbe (SPD) 14232 A Sabine Leidig (DIE LINKE) 14233 C Steffen-Claudio Lemme (SPD) 14234 B Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU) 14234 C Andrea Lindholz (CDU/CSU) 14234 D Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14235 B Burkhard Lischka (SPD) 14235 D Hiltrud Lotze (SPD) 14237 A Aydan Özoğuz (SPD) 14238 C Markus Paschke (SPD) 14240 A Sabine Poschmann (SPD) 14241 C Dr. Simone Raatz (SPD) 14243 A Mechthild Rawert (SPD) 14243 B Dennis Rohde (SPD) 14244 D Dr. Martin Rosemann (SPD) 14246 A Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) 14247 B Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD) 14248 A Dr. Nina Scheer (SPD) 14248 D Udo Schiefner (SPD) 14249 D Tankred Schipanski (CDU/CSU) 14251 D Matthias Schmidt (Berlin) (SPD) 14252 B Ursula Schulte (SPD) 14252 C Swen Schulz (Spandau) (SPD) 14254 A Svenja Stadler (SPD) 14254 C Sonja Steffen (SPD) 14256 A Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 14256 B Kerstin Tack (SPD) 14256 D Michael Thews (SPD) 14258 A Dr. Karin Thissen (SPD) 14259 B Franz Thönnes (SPD) 14260 D Gabi Weber (SPD) 14263 A Harald Weinberg (DIE LINKE) 14264 C Dirk Wiese (SPD) 14264 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) 14266 B Gülistan Yüksel (SPD) 14266 D Stefan Zierke (SPD) 14268 A Brigitte Zypries (SPD) 14270 A Anlage 13 Amtliche Mitteilungen 14271 B 144. Sitzung Berlin, Freitag, den 4. Dezember 2015 Beginn: 9.00 Uhr Präsident Dr. Norbert Lammert: Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alle. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass wir vor Eintritt in unsere Tagesordnung noch einen Geschäftsordnungsantrag behandeln müssen. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS zu erweitern und heute Morgen als ersten Tagesordnungspunkt mit einer Debattenzeit von 77 Minuten zu beraten. Das Wort zur Geschäftsordnung hat die Kollegin Christine Lambrecht für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Christine Lambrecht (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident hat ausgeführt, worum es bei dieser Aufsetzungsbitte geht. Wir möchten, dass heute in zweiter und dritter Lesung über das Bundeswehrmandat zum Einsatz in Syrien beraten und dann auch darüber abgestimmt wird. Das ist kein ungewöhnlicher Vorgang. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!) Wenn zwischen den Fraktionen Einvernehmen besteht, dann geschieht das in der Regel bei solchen Ansinnen ohne Geschäftsordnungsdebatte. Heute haben wir dieses Einvernehmen nicht erzielt. Deswegen müssen wir diese Debatte führen und später darüber abstimmen. Aber warum haben wir diesen Antrag überhaupt eingebracht? Wir haben ihn eingebracht, weil wir die Entscheidung über dieses Thema für abstimmungsreif halten. Es gibt ein klar definiertes Mandat. Das ist bekannt, seit Frankreich die Bitte an uns gestellt hat, konkrete Unterstützung zu leisten. Es gab dann eine Sondersitzung des Kabinetts, in der dieses Mandat konkretisiert wurde, und es gab Zeit, in den Fraktionen und in den Ausschüssen darüber zu beraten. In der Befragung der Bundesregierung am Mittwoch standen der Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und die Bundesverteidigungsministerin Frau von der Leyen zur Verfügung. Es gab dann die Möglichkeit, bei der Einbringung des Antrags in der ersten Lesung Fragen zu stellen und alle Bedenken zu äußern. Deswegen glauben wir, dass alle notwendigen Informationen gegeben wurden. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!) Es mag sein, dass trotz dieser Informationen Kolleginnen und Kollegen diese Entscheidung heute nicht mittragen und den Antrag ablehnen werden. Die gibt es auch in den Reihen der SPD-Fraktion. Es sind aber grundsätzliche Erwägungen, die diese Entscheidung leiten, und sie werden sich auch nicht dadurch verändern, dass wir eine weitere Woche darüber diskutieren. Denn wenn man eine solche grundsätzliche Einstellung zu militärischen Einsätzen hat, dann wird einen auch weitere Beratungszeit nicht davon abbringen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Es gibt auch Kolleginnen und Kollegen, die die Rechtsgrundlage infrage stellen. Sie teilen diese Rechtsauffassung nicht. Auch das ist zu respektieren. Aber auch da würde eine weitere Beratung nicht helfen, weil dieses Mandat nicht verändert werden würde. (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch schon verändert! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Regierung ist Argumenten nicht zugänglich, heißt das!) Deswegen würde sich die Entscheidung auch in zwei Wochen nicht auf andere Rechtsgrundlagen stützen. Deswegen sind wir der Meinung, eine weitere Beratung würde die Entscheidung in all diesen Fragen nicht beeinflussen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den letzten Tagen war das Wort „Schweinsgalopp“ zu hören. Als Kritik wurde geäußert, das sei alles im Hauruckverfahren erfolgt und man müsse noch ausführlich darüber debattieren. Es ist kein ungewöhnlicher Vorgang, wie wir in dieser Woche verfahren haben. Er sollte nicht zur Regel werden, aber es ist wahrlich kein ungewöhnlicher Vorgang. Ich bin seit 1998 Mitglied des Deutschen Bundestages und habe schon die eine oder andere Frage mitentschieden, die noch in ganz anderen Zeitabläufen beraten wurde. Ich denke dabei insbesondere an meine Anfangszeit, als es mich auch sehr beeindruckt hat, in welcher Geschwindigkeit über manches abgestimmt wird. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist nicht lobenswert!) Ich kann mich noch an Mandate zum Einsatz im Kosovo, in Albanien, in Osttimor erinnern. Aber besonders in Erinnerung ist mir der Afghanistan-Einsatz 2001. Dafür gab es am 21. Dezember einen Kabinettsbeschluss. Er wurde am 21. Dezember dem Bundestag zugeleitet. Am 22. Dezember gab es die erste Lesung im Bundestag. Es gab die Ausschussberatung am 22. Dezember. Am 22. Dezember, also innerhalb von zwei Tagen, gab es dann auch die zweite und dritte Lesung. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Am besten wir reden gar nicht mehr!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist 2001, wie man unschwer erkennen kann, unter Rot-Grün geschehen. Das zeigt: Es gibt besondere Situationen, die solche Zeitabläufe notwendig machen. Bei Afghanistan war das so. Wir meinen, es ist auch heute so, um Solidarität zu zeigen mit Frankreich, mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit dem Ansinnen, das die französische Regierung an uns gerichtet hat. Die Fragen, die gestellt wurden, sind beantwortet. Ich glaube, es ist Zeit, dass wir heute in dieser Debatte die Hintergründe für die jeweilige Entscheidung austauschen – dafür ist Zeit; das sollten wir tun – und dann auch abstimmen, und zwar heute. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Die Kollegin Sitte hat nun das Wort für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Lambrecht, es ist kein normaler Vorgang; es ist ein ungewöhnliches Verfahren. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dass Sie ausgerechnet Afghanistan als Beispiel anführen! Das ist genau das Beispiel, das uns lehren sollte: Macht es anders! Lasst euch mehr Zeit! Überlegt mehr! (Beifall bei der LINKEN – Christine Lambrecht [SPD]: Das ändert nichts an der Grundlage! Das hat nichts mit dem Zeitablauf zu tun!) Wir wissen ja nach 14 Jahren Afghanistan, wie die Ergebnisse sind. Heute geht es um nichts Geringeres als einen Beschluss über den bislang größten Kampfeinsatz der Bundeswehr. Wir haben derzeit 3 040 Soldaten im Ausland im Kampfeinsatz, und heute sollen 1 200 dazukommen. Das alles soll das Parlament innerhalb von drei Tagen entscheiden. Das heißt, wir entscheiden hier innerhalb von drei Tagen, ob Deutschland wieder in den Krieg zieht oder nicht. Wir wollen uns als Opposition nicht im Tornado-Tempo in diese Debatte und in diesen Krieg hineinziehen lassen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir haben schon vor diesen Debatten im Bundestag, also in der letzten Woche, versucht, Einzelheiten über den Kampfeinsatz zu erfahren. Es gab verschiedene Informationen und von uns immer wieder Nachfragen: Wie sollen die Einzelheiten dieses Kampfeinsatzes aussehen? Da haben wir die Information bekommen: Nein; ist noch nicht bekannt; dazu können wir noch gar nichts sagen. – So weit, so gut; so weit, so unglaubwürdig, (Beifall bei der LINKEN) weil nämlich am letzten Sonntag in den überregionalen Medien genau diese Informationen gekommen sind. (Christine Lambrecht [SPD]: Na also!) Die Journalisten haben gesagt: Uns liegt die Vorlage vor, die an den Bundestag geht. – Das ist ein unglaublicher Vorgang, den Sie hier organisiert haben. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christine Lambrecht [SPD]: Das hat mit der Zeit, der dritten Lesung und der Abstimmung nichts zu tun!) Nicht genug damit, dass uns diese Informationen nicht schon am Sonntag oder Montag zugegangen sind – sie sind erst am Dienstag in die Fraktionen gekommen. Erst am Mittwochmorgen haben reguläre parlamentarische Beratungen begonnen. Im Zuge der Selbstbefassungsrechte der Ausschüsse ist in den normalen Ausschusssitzungen über dieses Mandat geredet worden. Erst am Nachmittag hat es die erste Lesung zu diesem Mandat im Plenum gegeben. (Henning Otte [CDU/CSU]: Ganz übliches Verfahren!) Das heißt, erst da hatten wir als Parlament eine Grundlage, um den gesamten parlamentarischen Verlauf zum Abschluss zu bringen. (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Sie brauchen doch gar keine Grundlage! Wir könnten ein halbes Jahr diskutieren – Sie wären dagegen!) Erst am Nachmittag haben Sie dann in Sondersitzungen Ihre mit Mehrheit gefassten Beschlüsse durchgebracht. Insgesamt haben die Ausschüsse im Schnitt zwei Stunden damit verbracht, über dieses heikle Mandat zu reden. Viele Fragen sind vollkommen unbeantwortet geblieben. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Rainer Arnold [SPD]: Welche?) Was ist in diesen Ausschusssitzungen strittig gewesen? Ich bringe mal eine kleine Auswahl, um auf Frau Lambrecht zu erwidern und zu zeigen, dass die Fragen nicht beantwortet worden sind. Es ist strittig, wie Ihre Strategie im Umgang mit Syrien aussieht. (Christine Lambrecht [SPD]: Das ist mehrfach von Frau von der Leyen und Herrn Steinmeier erklärt worden! Wer zugehört hat, konnte Informationen bekommen!) Demzufolge ist strittig, welches Ziel mit diesem Einsatz verfolgt werden soll. (Rainer Arnold [SPD]: Reden Sie zur Geschäftsordnung!) Es ist strittig, warum Deutschland einen Beitrag leisten soll, mit dem ein Beitrag verstärkt werden soll, den andere schon leisten und der bekanntermaßen nur mit mäßigem oder gar keinem Erfolg geleistet wird. (Beifall bei der LINKEN – Christine Lambrecht [SPD]: Die inhaltliche Debatte können wir doch gleich führen!) Es gibt also kein klares Ziel. Demzufolge gibt es auch keine klaren Kriterien für eine Exit-Strategie. Strittig ist weiter, warum es keines weiteren UN-Mandats bedarf. (Christine Lambrecht [SPD]: Darüber können wir doch jetzt in der Debatte sprechen!) Sie verweisen auf eine UN-Resolution und haben zugleich in den Beratungen am Mittwoch hier gesagt, dass in den vorausgegangenen UN-Resolutionen immer das Kapitel VII Grundlage gewesen sei. (Christine Lambrecht [SPD]: Was hat das mit der Aufsetzung zu tun? Das ist eine Geschäftsordnungsdebatte!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kollegin, Sie denken bitte daran, dass wir die Sachdebatte anschließend führen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Selbstverständlich. – Ausgerechnet in der UN-Resolution, auf die Sie sich beziehen, taucht das nicht auf. Also ist es strittig, ob wir eine saubere völkerrechtliche Grundlage für den Einsatz haben, den wir heute beschließen sollen. Meine Damen und Herren, schließlich ist strittig, wie das Verfahren zu dem Beistandsfall aussehen muss. Es gibt kein Beispiel dafür. Das ist das erste Mal in Europa. Bei NATO-Bündnisfällen muss ein Beschluss gefasst werden. (Christine Lambrecht [SPD]: Das ist kein Gegenstand der Geschäftsordnung! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Zur Geschäftsordnung!) Hier soll eine mündliche Einlassung des französischen Präsidenten reichen? (Christine Lambrecht [SPD]: Auch das ist kein Gegenstand der Geschäftsordnung!) Das ist ein unglaublicher Vorgang. Das müssen wir hier viel ausführlicher und sauber klären. (Beifall bei der LINKEN) Das ist nur eine Auswahl unbeantworteter Fragen. Für viel problematischer halte ich es, dass Sie sich dieser Diskussion und einer weiteren Debatte verweigern. (Beifall bei der LINKEN) Schließlich halte ich es für unverantwortlich, dass sich das Parlament in ein Abenteuer stürzt, nicht wissend, ob die Entscheidung, die es hier und heute fällt, tatsächlich eine falsche Entscheidung sein könnte. Ich halte es für unverantwortlich, dass Sie das nicht durch eine weitere und tiefer gehende Diskussion vorbereiten. Ich kann Ihnen nur sagen – und damit gebe ich die Worte eines Kollegen wieder –: Wer aus Solidarität das Falsche tut, tut dennoch das Falsche. (Beifall bei der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Michael Grosse-Brömer hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition will mit dieser Geschäftsordnungsdebatte die notwendige Mandatierung der Bundeswehr für einen Einsatz in Syrien für den Kampf gegen den IS verschieben. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Nicht aufsetzen!) – Nicht durchführen. Ich halte das für falsch und für wenig verantwortungsvoll. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich will Ihnen das auch gerne erklären. Frau Sitte, wir haben hier Ihre Ausführungen gehört, aber ich habe keinen nachvollziehbaren Grund von Ihnen gehört. (Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Nicht verstanden! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Genau!) Ein erster Grund ist rechtlicher Natur. Wir haben eine Geschäftsordnung, die unsere Abläufe regelt. Ich sage Ihnen: Weder haben Sie einen Grund genannt, noch gibt es einen solchen Grund. Wir haben alle Bestimmungen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes und der Geschäftsordnung eingehalten. Das ist zunächst einmal die Arbeitsgrundlage. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Ein zweiter Grund ist inhaltlicher Natur. Man kann in der Sache unterschiedlicher Auffassung sein. (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!) Es geht aber nicht nur um die inhaltliche Frage, sondern auch darum, wann man debattiert. (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ja!) Hier aber zu behaupten, Sie hätten gar keine Möglichkeit, das Mandat überzeugend zu bewerten, das grenzt ja nun wirklich an Heuchelei. (Beifall bei der CDU/CSU) Wir haben das zwei Mal im Ausschuss beraten. Es gab eine Regierungsbefragung dazu. Wir haben ausführlich darüber debattiert. Wir können ja auch in der nächsten oder übernächsten Woche abstimmen. Vielleicht kann sich jetzt einmal der Kollege von den Linken melden, der in der nächsten Woche eine völlig andere Auffassung zu diesem Mandat haben wird und der völlig anders abstimmen wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Einer!) Ich will noch etwas zu der Frage sagen, ob man den Inhalt überzeugend bewerten kann oder nicht überzeugend bewerten kann. (Zurufe von der LINKEN) Ich danke Frau Kollegin Göring-Eckardt, die in der ersten Debatte Folgendes gesagt hat – ich zitiere –: Während andere schon am Wochenende mit einem einfachen Nein – damit könnten Sie eventuell gemeint sein – (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Nein!) oder einem bedingungslosen Ja entschieden haben, haben wir – also die Grünen – das vorliegende Mandat sehr bewusst ausgiebig geprüft und debattiert. Ich kann nur sagen: Sie haben uns nicht überzeugt. Letzteres finde ich schade, aber Ersteres dokumentiert, dass Sie umfangreich informiert worden sind und umfangreich debattiert haben. Sie müssen heute nur noch entscheiden. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Deswegen will ich Ihnen eines sagen: Es sind weder rechtliche Gründe noch inhaltliche Gründe, es sind politische Gründe für die Opposition, heute diese GO-Debatte zu machen. Das kann ich Ihnen ganz einfach erklären: Sie sind entscheidungsfähig, aber Sie wollen nicht entscheiden. Sie wollen vertagen, verschieben, verschleppen, und wir als Koalition wollen unserer Verpflichtung, Deutschlands Rolle in der Welt gerecht werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Wir wollen den Soldaten zeigen: Wir sind entscheidungsfähig. Wir wollen Frankreich zeigen: Wir versprechen nicht nur Solidarität, wir sind auch in der Lage, sie umzusetzen. Letztlich wollen wir Deutschlands Rolle beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus auch vernünftig mandatieren, (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Sie wollen Völkerrecht brechen!) und zwar zügig, überzeugend, rechtlich einwandfrei. Und wenn Sie klug sind, machen Sie da noch mit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Präsident Dr. Norbert Lammert: Britta Haßelmann hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf den Besuchertribünen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inhaltliche Gründe, warum Sie diesen Tagesordnungspunkt heute aufsetzen wollen und warum Sie heute über das Mandat entscheiden wollen, haben weder Frau Lambrecht noch Herr Grosse-Brömer geliefert. Meine Damen und Herren, das muss man doch mal festhalten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Christine Lambrecht [SPD]: Das ist entscheidungsreif!) Ich meine, Ihre Erklärung, Frau Lambrecht, die wäre mir peinlich gewesen, abgrundtief peinlich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Ich sage nur etwas zum Beratungsverfahren. Meine Damen und Herren Zuhörende, es ist nicht üblich, dass man ein Bundeswehrmandat von einer solchen Tragweite innerhalb von einer Woche berät und durch das Parlament bringt. Deshalb müssen heute auch Union und SPD um Aufsetzung bitten; denn bisher war gar nicht vorgesehen, dass wir darüber diskutieren. Also: Kein normaler Vorgang, sondern eine besondere Situation, und die ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Christine Lambrecht [SPD]: Nach der Geschäftsordnung!) Denn wir haben noch weitere Sitzungen in diesem Jahr in der übernächsten Woche. (Thomas Oppermann [SPD]: Im nächsten Jahr haben wir auch noch ein paar!) Deshalb könnten in aller Sorgfalt und in aller Ausführlichkeit in den Fachausschüssen auch in der nächsten Sitzungswoche noch offene Fragen diskutiert und beraten werden. (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Alles geschehen! – Christine Lambrecht [SPD]: Alles geschehen!) – Alle, die dazwischenbrüllen, das sei geschehen, sind anscheinend ein bisschen aufgeregt ob der Tatsache, dass sich vielleicht noch mehr Widersprüche im Mandat entwickeln könnten, wenn die Beratungszeit sich verlängert. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht zur Sache reden – das machen gleich andere –, aber die Beratungen im Auswärtigen Ausschuss haben das doch gezeigt im Hinblick auf die Rolle der Türkei und die Frage „Liefert man Bilder, ja oder nein?“. Da ist das Mandat inzwischen verändert worden – innerhalb von drei Tagen, in denen es uns vorliegt. Zur Chronologie. Ich will Ihnen erklären, warum wir heute nicht dafür sind und warum wir finden, dass man mit mehr Sorgfalt und Ausführlichkeit beraten muss. Union und SPD befinden sich doch hier im Kosmos dieses Parlamentes. Außerhalb dieses Parlamentes haben wahnsinnig viele Leute Verständnis dafür, dass in Sorgfalt und Ruhe über einen so weitgehenden Einsatz beraten wird. Das findet hier statt. Die Selbstversicherung „Wir sind bereit, wir sind die Große Koalition“ ist der Sache nicht angemessen, meine Damen und Herren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Wir wurden am Donnerstag letzter Woche 30 Minuten lang vom Außenminister über Gespräche zwischen Frankreich und Deutschland informiert. Wir haben eine Regierungsbefragung zum Mandat durchgeführt. Die hat 30 Minuten gedauert. (Christine Lambrecht [SPD]: Haben wir doch so vereinbart!) Wir haben 77 Minuten im deutschen Parlament über diesen Einsatz diskutiert. Ich will nur mal auf die Briten verweisen. Die haben zehn Stunden im Parlament über das Für und Wider eines Syrien-Einsatzes debattiert (Niels Annen [SPD]: Und sofort entschieden!) und nicht 77 Minuten oder am Ende dieses Tages zweimal 77 Minuten, meine Damen und Herren. Völlig falsch! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Wir haben fünf Stunden Verteidigungsausschuss gehabt! – Christine Lambrecht [SPD]: Es kommt doch auf die Qualität und nicht auf die Quantität an!) Am Sonntag hat uns der Generalinspekteur der Bundeswehr schon mal via Bild am Sonntag die Details zum Mandat präsentiert. Wir als Parlamentarier kannten sie nicht. Am Montagmorgen berichteten Tagesschau, Der Spiegel, dpa ausführlich über das Mandat. Es lag allen drei Medien vor, im Gegensatz zum Parlament. Am Dienstag bekamen wir dann auch den Mandatstext geliefert. Am Mittwoch fand die erste und gleichzeitig auch abschließende Ausschussberatung statt. So viel zum Thema „Sorgfalt der Beratungen“. Heute debattieren wir in abschließender Lesung. Es kann doch nicht sein, dass man weder die Bundeswehr noch das Mandat noch das Parlament ernst nimmt, meine Damen und Herren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Es gibt dafür keinen sachlichen Grund. Es gibt ihn nicht. Sie beide haben ihn nicht geliefert. Ich glaube, dass der Grund der ist, dass die SPD Bundesparteitag hat und dass dann unbequeme Fragen gestellt werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Heute Morgen sagte Thomas Oppermann im Morgenmagazin: Parlamentsarmee heißt nicht, dass wir wochenlang diskutieren müssen. – Das verlangt auch niemand. (Christine Lambrecht [SPD]: Doch!) Aber es muss eine anständige und sorgfältige Diskussion geben und kein Schnellverfahren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die gibt es doch gleich!) Euch steht doch das Wasser bis zum Hals angesichts eures Parteitages. Das ist doch das Problem. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wird nichts mit Rot-Grün!) Meine Damen und Herren, es gibt viele offene Fragen. Es gibt keine Auskünfte zu den Einsatzregeln und beschränkungen. Lassen Sie mich am Ende noch eines sagen: Sie nehmen doch den einzelnen Abgeordneten nicht ernst, ob aus unserer Fraktion oder aus ihren Fraktionen. Deshalb überrascht es mich so, dass Sie alle das als Abgeordnete mitmachen. Wir sind doch selbstbewusste Abgeordnete. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Frau Kollegin. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir wollen doch sagen können: Wir haben das zu verantworten und deshalb sorgfältig geprüft. – Wo bleibt eigentlich Ihr Standing, verdammt noch mal? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Aufsetzungsantrag stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Aufsetzungsantrag angenommen. Ich rufe den soeben aufgesetzten Zusatzpunkt 5 auf: – Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen Drucksachen 18/6866, 18/6912 – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Drucksache 18/6913 Hierzu liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke vor. Über die Beschlussempfehlung sowie über einen Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke werden wir später namentlich abstimmen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 77 Minuten vorgesehen. – Das ist offenkundig einvernehmlich. Dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Kollegen Rolf Mützenich für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Dr. Rolf Mützenich (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anschläge von Paris werden sich ins europäische Gedächtnis einbrennen. Ebenso müssen wir an andere Gewaltorte erinnern – Sindschar, Aleppo, Beirut, Bagdad, Bamako und viele andere Orte –, in denen der IS so brutal und grenzenlos zugeschlagen hat. Meine Fraktion ist überzeugt: Es gibt keine isolierte militärische Lösung gegen diesen gewaltsamen Extremismus. Aber der „Islamische Staat“ muss eingedämmt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, anders als mancher glaubt, scheint es im Bundestag dazu eine gemeinsame Auffassung zu geben, zumindest gewinnt man den Eindruck, wenn man sich einige Einträge im Netz anschaut. Mit Erlaubnis des Präsidenten würde ich gerne zitieren: Ich fahre jetzt zur türkisch-syrischen Grenze. Solidarität mit den tapferen kurdischen Kämpferinnen! Halte Stand, Kobane. Annette Groth, Fraktion Die Linke, 5. Oktober 2014. (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!) Kobane befreit vom Joch der ISIS ... Es lebe der Widerstand in Kobane. Sevim Dağdelen, Fraktion Die Linke. ... eine wichtige Erfolgsmeldung: ... die Stadt ... (Sindschar) ... vom IS zu befreien. ... Möglich wurde die Befreiung ... durch eine breite Allianz kurdischer Gruppierungen, ... bis hin zu den Peschmerga der irakisch-kurdischen Regionalregierung. Ulla Jelpke, Die Linke, 19. November 2015. (Zuruf von der SPD: Hört! Hört!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben eines übersehen – offensichtlich haben Sie sich gescheut, es aufzuschreiben –: Es waren auch die Angriffe aus der Luft und die Unterstützung vonseiten Deutschlands bei der Ausbildung der Peschmerga, die genau dazu geführt haben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Die Kurden haben Sindschar befreit!) Ich werfe Ihnen das nicht vor – man kann das ja mal übersehen –, nur, ich bitte um Redlichkeit. Vielleicht stellen Sie sich auch mal hier in den Deutschen Bundestag und sagen: Ja, vielleicht bin ich auch zerrissen. Ich sage: Ich bin stolz, Mitglied einer sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zu sein, die diese Zerrissenheit und eine lange Debatte in der Fraktion zulässt; möglicherweise ringt der eine oder andere Kollege hier noch mit sich. Ich finde, das ist Parlamentarismus, und das müssen Sie zeigen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat stellt Deutschland militärische Technik und militärisches Gerät zur Verfügung, die andere Nationen so nicht bieten. Wir glauben, das ist angemessen und politisch vertretbar. Insbesondere ist festzuhalten: Es findet nicht alleine statt. Damit folgen wir der grundsätzlichen Festlegung, die wir hier im Deutschen Bundestag, in der Bundesregierung, aber auch in Europa getroffen haben. Wir agieren immer gemeinsam mit europäischen Partnern und bieten das an, was wir politisch verantworten können. Das ist, glaube ich, die Essenz der Diskussion hier im Deutschen Bundestag. Es gibt in der Mandatsbegründung überzeugende rechtliche Herleitungen. Die Resolutionen sind angesprochen worden. Insbesondere die UN-Sicherheitsratsresolution 2249 hat in den Beratungen eine wichtige Rolle gespielt. Ich möchte die Resolution 2249 zitieren, die mit allen Stimmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beschlossen worden ist. Da wird von „einer der schwersten Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ gesprochen; das ist der Bezug zur Charta der Vereinten Nationen. Die Staatengemeinschaft wird aufgefordert, die Bedrohung „mit allen Mitteln zu bekämpfen“. Es wird in der Sicherheitsratsresolution darauf hingewiesen, dass auch die irakische Regierung um den Einsatz gebeten hat, weil eine Bedrohung des irakischen Gebiets von außen, durch ISIS, stattfindet. – Ich finde, das sind drei Bemerkungen, drei Festlegungen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, die so deutlich sind, dass diese Aufforderung auch trägt. – Das ist die eine Sache. Die zweite Sache. Die Bundesregierung war genauso klug beraten, als sie sich entschied, den Lissabon-Vertrag in der Mandatsbegründung anzuführen, im Hinblick auf die Solidarität zu Frankreich, aber auch zu vielen anderen Nationen, die in den vergangenen Jahren von islamistischem Terror betroffen waren. Artikel 42 (7) EUV trägt als Grundlage einer europäischen Politik. Was wollen Sie eigentlich gegen eine solche europäische Politik einwenden? Da bekennt sich Deutschland letztlich doch zu dem, was diese Gemeinschaft wertvoll gemacht hat, nämlich europäische Solidarität zu üben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Der letzte Punkt – ihn hat der Justizminister eingebracht –: der Bezug des Mandats auf das System kollektiver Sicherheit, also auf das, was das Bundesverfassungsgericht von uns verlangt. In der Tat: Kapitel VII der UN-Charta ist in der Mandatsbegründung nicht ausdrücklich erwähnt. Aber das hat leider auch etwas mit der internationalen Situation zu tun, mit der Erfahrung aus Libyen – gar keine Frage –, aber auch damit, dass es keine Einigkeit über die Zukunft von Assad gibt. Genau deswegen führen wir doch die Gespräche in Wien: damit wir ein gemeinsames politisches Konzept für Syrien erreichen. In der Sicherheitsratsresolution 2249 wird ausdrücklich gewürdigt – das wollen Sie nicht wahrhaben –, dass sich dieses Mandat innerhalb des politischen Rahmens der Konferenz von Wien befindet, die die Bundesregierung und viele andere europäische Regierungen erst möglich gemacht haben. – Ich finde, das ist auch unter Berücksichtigung der rechtlichen Fragen, die gestellt sind, eine gute Herleitung. Meine Damen und Herren, ich finde, dass gerade das, was die Bundesregierung in den letzten Wochen im Rahmen der Debatte immer wieder gefordert hat, nämlich die Stärkung der Vereinten Nationen, eines der wichtigsten Argumente für die Solidarität ist, die Deutschland üben sollte. Der Einsatz findet in einem System kollektiver Sicherheit statt. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Welches System denn? Welches?) Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stand die Charta der Vereinten Nationen im Mittelpunkt; es war uns wichtig, die Instrumentarien, die die Vereinten Nationen vorhalten, zu nutzen. Es war der deutsche Außenminister, der de Mistura, den Beauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, endlich in Wien an den Tisch gebracht hat. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dort wurden der Zeitplan und letztlich auch die Ziele verabredet, die da lauten: lokale Waffenruhen, Übergangsregierung und Wahlen. Heute Morgen war zu lesen, dass Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen, gesagt hat, dass er hofft und mit der internationalen Staatengemeinschaft dafür arbeitet, dass es gelingt, zu dieser Waffenruhe zu kommen. Es wäre schon ein Fortschritt, lokale Waffenruhen zu vereinbaren. Wir Sozialdemokraten wollen gleichzeitig – auch das ist Bestandteil der Verabredungen von Wien – endlich das Finanzsystem austrocknen, (Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Endlich!) das dem IS diese Möglichkeiten erlaubt, und auch die Hintermänner dingfest machen. Genau das wird auch in der Resolution 2170 des Sicherheitsrates gefordert. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deswegen sagen wir sehr selbstbewusst, liebe Kolleginnen und Kollegen: Es lohnt sich, innerhalb des Systems der Vereinten Nationen an der Verwirklichung des Ziels – das wir alle im Deutschen Bundestag haben –, in Syrien, aber auch in anderen Gebieten so schnell wie möglich zum Frieden zu kommen, zu arbeiten. Das haben wir in den vergangenen Jahren im Rahmen einer politischen Neuordnung im Nahen und Mittleren Osten immer wieder versucht. Ich kann mich an die eine oder andere kritische Bemerkung von Ihnen erinnern. Sie haben gesagt: Eine Einigung mit dem Iran wird nie gelingen, Sie brauchen sich nicht auf den Pfad der Vereinten Nationen zu begeben. – Wir stimmen heute auch darüber ab, dass das ein gutes Mittel ist. Das Ziel Deutschlands bleibt es, Frieden für die Menschen in Syrien zu erreichen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dennoch will ich darauf hinweisen – auch wenn es eine entsprechende Verabredung im Rahmen der Vereinten Nationen in Wien gegeben hat –, dass für meine Fraktion feststeht: Die Vereinbarung von Wien darf nicht die Verfolgung schlimmster Verbrechen in Syrien verhindern. Deswegen bin ich der Bundesregierung dankbar, dass unter der deutschen Präsidentschaft im Menschenrechtsrat Dossiers über schwerste Menschenrechtsverletzungen erstellt wurden. Die internationale Strafjustiz muss in den nächsten Jahren über die dafür Verantwortlichen entscheiden. Genau dahin wird die Entwicklung gehen. Das ist auch ein Teil des Systems der Vereinten Nationen. Ich wäre dankbar, wenn Sie zumindest diese Möglichkeit weiterhin ins Auge fassen und uns bei dieser wichtigen Arbeit unterstützen würden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich will auf einen weiteren Punkt hinweisen. Meine Fraktion hätte heute gerne einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen vorgelegt. Ich finde es schade, Herr Kollege Kauder, dass es dazu nicht gekommen ist. (Beifall bei der SPD) Es gibt viele Erklärungen nach § 31 der Geschäftsordnung. Gerade weil es auch um den politischen Rahmen dieser Frage geht, hätte eine selbstbewusste Koalition hier und heute einen Entschließungsantrag vorlegen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Auch an die Bundesregierung habe ich eine Bitte. Ich weiß, wie wichtig der Partner Saudi-Arabien gerade im Zusammenhang mit der Zusammenführung von Oppositionsparteien ist, die wichtig sind, um die in Wien vereinbarte Lösung umzusetzen. Aber ich finde dennoch, dass öffentlich auch angesprochen werden muss: Die Staatsideologie Saudi-Arabiens ist ein Teil des Nährbodens für den „Islamischen Staat“; das gehört nach meinem Dafürhalten zu einer ehrlichen Debatte dazu. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich habe es eben angesprochen: Meine Fraktion hat sich wirklich Zeit genommen, um über das Mandat zu beraten. Einige meiner Kolleginnen und Kollegen haben die Befürchtung geäußert, das Mandat könnte das Risiko von Anschlägen in Deutschland erhöhen. Ich kann das persönlich nicht ausschließen. Aber ich will deutlich sagen: Deutschland ist längst im Fokus des internationalen Terrorismus. Es ist dem Zufall, dem Glück, aber auch der Aufklärungsarbeit zu verdanken, dass das eine oder andere verhindert wurde. Ich glaube, die Terroristen in Paris haben ganz bewusst das Fußballspiel Deutschland gegen Frankreich als Ziel gewählt; denn dann wären noch mehr deutsche Terroropfer unter den Verletzten oder Toten gewesen. Der entscheidende Punkt wird sein, ob auch die Gesellschaft in Deutschland es versteht, mit dieser Herausforderung umzugehen. Ich erinnere mich: Vor zweieinhalb, drei Jahren habe ich in einer Schule mit, glaube ich, 150 Schülerinnen und Schülern diskutiert. Dort musste ich eine Diskussion mit einem Jungen, der 17 oder 18 Jahre alt war, führen, der der Meinung war: Eigentlich ist das Kalifat besser als die Demokratie. Ich war entsetzt. Ich habe mich dieser Diskussion gestellt, aber ich war entsetzt, wie teilnahmslos Schülerinnen und Schüler und Lehrer dieser Debatte gefolgt sind. Ich habe mir schon damals gewünscht, dass eine Auseinandersetzung stattfinden würde. Sie ist dringend notwendig. Diese Auseinandersetzung müssen wir jetzt führen, weil es letztlich eine Angelegenheit der gesamten Gesellschaft ist, dagegen vorzugehen. Deswegen appelliere ich auch von dieser Stelle: Das ist eine Aufgabe des gesellschaftspolitischen Dialogs – in allen Institutionen, nicht nur in diesem Parlament, sondern in der gesamten Gesellschaft. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Deswegen: Wir müssen festhalten an sozialer Demokratie, an Freiheit und an Respekt; denn das sind die besten Mittel im Kampf gegen einen gewaltsamen Extremismus. Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Sahra Wagenknecht das Wort. (Beifall bei der LINKEN) Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundeskanzlerin! Bei der bewegenden Trauerfeier vor einer Woche in Paris zum Gedenken an die Opfer der Terroranschläge wurde das Lied Quand on n’a que l’amour des großen Chansonniers und Pazifisten Jacques Brel gesungen, das in krassem Kontrast zur Kriegsrhetorik des französischen Präsidenten stand. Quand on n’a que l’amour Pour parler aux canons ... Wenn man nur die Liebe hat, um zu den Kanonen zu sprechen. – Das ganze Lied ist eine Hommage an die Liebe und an den Frieden und eine klare Absage an Gewalt und Krieg. Die Zeremonie wurde auch hier in Deutschland übertragen. Ich wünschte, Sie alle, die heute zustimmen wollen, hätten dieses Lied gehört und seine Botschaft verstanden. (Beifall bei der LINKEN – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Die Franzosen haben es auch gehört und verstanden!) Vor genau drei Wochen sind in Paris 130 Menschen einem barbarischen Terrorakt zum Opfer gefallen. Die Täter waren nahezu ausschließlich französische und belgische Staatsbürger, aufgewachsen in den verwilderten Vorstädten von Brüssel und Paris. Und jetzt stellen Sie sich hin und sagen, dass wir den IS dadurch schwächen und bekämpfen, dass wir ebenso unschuldige Menschen, Frauen und Kinder in Rakka und anderen syrischen Städten, bombardieren und dadurch töten. Was ist denn das für ein Wahnsinn? Ich frage Sie: In welchem Jahrhundert leben wir eigentlich? (Beifall bei der LINKEN) Wenn Sie hier sagen, Sie haben sich das gar nicht leicht gemacht und darüber nachgedacht und wir, die wir Nein sagen, hätten keinen Plan, wie man das anders machen kann, dann sage ich: Doch, es gibt einen anderen Plan. Es gibt nur einen anderen Plan. Krieg macht alles nur noch schlimmer. Sie bekämpfen den IS dadurch nicht. Sie werden ihn stärken mit diesem Einsatz. (Beifall bei der LINKEN) Rakka ist eine Stadt mit 200 000 Einwohnern. Bei den letzten Bombardements wurden Krankenhäuser und Schulen getroffen. Es gibt keine offiziellen Zahlen über die Opfer, aber man kann fest davon ausgehen, dass allein der Bombenkrieg der letzten drei Wochen in Syrien mehr Zivilisten getötet hat als die barbarischen Anschläge in Paris. Und auch die Mütter von Rakka weinen um ihre Kinder. Auch Bombenkrieg ist Terror. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Wollen die kriegführenden Staaten wirklich in einen Wettstreit mit dem IS treten, wer sich aufs Morden besser versteht? Wer das tut, der hat doch schon verloren. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Eine unerhörte Argumentation! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Mord ist Mord!) Der französische Wirtschaftsminister Macron hat nach den Anschlägen gesagt, die französische Gesellschaft sei „für den Nährboden“ verantwortlich, auf dem der Terror gedeihen kann. (Marcus Held [SPD]: Jetzt geht es aber los!) Gegen das „Gleichheitsversprechen“ – alles Zitat Macron – der französischen Republik werde tagtäglich verstoßen. „Wir haben die sozialen Aufstiegsmöglichkeiten beendet“, sagte er. – Sie behaupten, Sie wollen mit Frankreich solidarisch sein. Ich frage Sie: Mit welchem Frankreich? Mit dem der politischen Klasse, das auch schon in der Vergangenheit schlimmste Kriege verantwortet hat – ich erinnere nur an den in Algerien –, oder mit der französischen Bevölkerung, die vor allem in Frieden und Sicherheit leben will? (Beifall bei der LINKEN – Zuruf der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Ich sage Ihnen: Wenn Sie echte Freundschaft und echte Solidarität mit Frankreich wollen, dann sollten Sie beispielsweise aufhören, diesem Land über Brüssel eine Austeritätspolitik aufzuzwingen, die immer mehr junge Menschen ihrer Zukunft beraubt. Das wäre echte Solidarität. Da könnten Sie mal einen Schritt vorangehen. (Beifall bei der LINKEN – Marcus Held [SPD]: Unglaublich!) Deshalb noch einmal: Es ist eine schlichte Lüge, dass dieser Kriegseinsatz den IS schwächen wird. Das ist auch der Unterschied zum Kampf der kurdischen Verbände vor Ort. (Beifall des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]) Vielleicht konnte man vor 14 Jahren noch glauben, dass sich das Problem des Terrorismus durch Bombenkriege lösen lässt, aber heute doch nicht mehr, nach all den Erfahrungen, die gemacht wurden. 2001 haben Sie entschieden, die Bundeswehr nach Afghanistan zu schicken. Seit 14 Jahren wird dort ein Krieg geführt, dem Tausende Zivilisten und auch über 50 Bundeswehrsoldaten zum Opfer gefallen sind. Und was ist das Ergebnis? Heute haben die Taliban in Afghanistan mehr Rückhalt in der Bevölkerung als je zuvor. Dieser ganze Krieg war ein einziger großer Fehlschlag. Sie könnten das ruhig selbst mal zugeben. (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: So ein Quatsch!) 2003 ist Bush mit seiner „Koalition der Willigen“ in den Irak einmarschiert. Saddam Hussein wurde gestürzt. Sechs Monate später gründete sich der „Islamische Staat“, und heute beherrscht er den halben Irak. 2011 wurde Libyen bombardiert. Gaddafi wurde gestürzt. Seither herrscht Chaos, und der „Islamische Staat“ hat sich auch in Libyen etabliert. Und das Gleiche in Syrien. Das Pentagon hat doch vor kurzem selbst zugegeben, dass diverse islamistische Terrorgruppen und anfänglich sogar der IS von den USA unterstützt wurden, um Assad zu schwächen. Das ist doch die traurige Wahrheit: Es war der Westen, und es waren vor allem die Vereinigten Staaten, die das Monster geschaffen haben, (Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh!) das uns alle heute in Angst und Schrecken versetzt. Das ist die Wahrheit; die wollen Sie nicht hören. Aber es ist das Produkt unserer Kriege, der westlichen Kriege in dieser Welt. (Beifall bei der LINKEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Janecek zu? Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE): Bitte schön. Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Kollegin Wagenknecht, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. – Auch ich werde wie Sie gegen diesen Einsatz stimmen. Aber ich frage mich doch sehr, ob Sie in Ihrer Argumentation nicht etwas einseitig agieren. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD) Sie beklagen zu Recht die zivilen Opfer bei den Luftschlägen in Rakka. Was ist aber mit den Luftschlägen der russischen Seite, zum Beispiel in der Region von Homs? Ich kenne einen syrischen Flüchtling, der genau in dieser Region seine Familie hat und darüber klagt, dass die russischen Bomber seit Mitte September hier massive Einsätze mit vielen Opfern fliegen. Dazu kommt kein Wort von Ihnen, (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD) kein Wort auch von Herrn Bartsch in der Debatte letzten Mittwoch. (Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Gerne! Gerne! Überhaupt kein Problem!) Sind Sie da auf einem Auge blind, dass Sie den Westen für alles verantwortlich machen, aber die verheerenden Einsätze der Russen nicht in diesen Kontext stellen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Wer lesen kann, ist im Vorteil!) Dr. Sahra Wagenknecht (DIE LINKE): Ich finde es ja wirklich beeindruckend, dass Sie alle klatschen, wenn jemand die zivilen Opfer der russischen Bomben anspricht. (Zurufe von der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Selbstverständlich sind diese Opfer genauso tragisch wie die Opfer der Bomben der Franzosen, wie die Opfer der Bomben der Amerikaner, wie die Opfer aller anderen Bomben. Dieser Bombenkrieg ist das falsche Mittel. Bomben schaffen keinen Frieden, egal ob sie von Russland, egal ob sie von den USA, egal ob sie von Frankreich abgeworfen werden. (Beifall bei der LINKEN) Das haben wir überall so gesagt. Ich habe gestern auf einer Demonstration hier vor dem Reichstag gesprochen, zu der wir mit eingeladen hatten. Ich habe dort genau das Gleiche gesagt. Es ist doch unehrlich: Sie klatschen und sagen, dass diese Opfer falsch sind – das ist auch in die Presse gekommen –, (Widerspruch bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) aber Sie stimmen heute einem Militäreinsatz zu, der ganz viele weitere Opfer mit sich bringen wird. (Beifall bei der LINKEN) Das ist doch einfach verlogen. Wenn Sie gegen Bomben sind und wenn Sie die russischen Bomben verurteilen, dann reichen Sie, bitte schön, nicht mit Ihren Tornados die Hand dafür, dass dort andere Bomben fallen und Zivilsten töten. Das wäre konsistent, das wäre konsequent. (Beifall bei der LINKEN) Dann hätte ich auch Respekt vor Ihnen. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir wollen keinen Respekt von Ihnen!) Natürlich: Ich weiß sehr gut, dass Assad ein Diktator ist, der sein Land brutal unterdrückt. Aber ich weiß genauso gut, dass es in Washington noch nie um Demokratie und Menschenrechte ging, wenn in selbstherrlicher Arroganz darüber entschieden wurde, welche Diktatoren dieser Welt gestützt und hochgerüstet und welche Diktatoren destabilisiert und gestürzt werden sollen. Es ging doch bei all diesen Kriegen nie um etwas anderes als um Gas, um Öl und um Einflusssphären. Für solche Ziele haben mittlerweile 1,3 Millionen Menschen mit ihrem Leben bezahlt. (Henning Otte [CDU/CSU]: Alles Klischees!) – Klischees? 1,3 Millionen Menschenleben, und Sie reden von Klischees? Dieser Zwischenruf kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein! Ich finde das wirklich ungeheuerlich. (Beifall bei der LINKEN – Matthias Ilgen [SPD]: Sie sind ungeheuerlich!) Es waren diese Kriege, die den Nahen und Mittleren Osten in einen Brandherd verwandelt haben, aus dem heute Millionen Menschen um ihres nackten Überlebens willen fliehen. Es ist ein großes Versagen der europäischen Politik, den USA bei ihren Kriegen viel zu lange die Hand gereicht und den Rücken freigehalten zu haben. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) 2001, als der sogenannte Krieg gegen den Terror begann, gab es weltweit einige 100 international gefährliche Terroristen. Heute, nach 14 Jahren des sogenannten Antiterrorkrieges, sind es Hunderttausende. Wollen Sie, dass es Millionen werden? Dann müssen Sie genau so weitermachen und die Spirale aus Krieg und Gewalt immer weiter antreiben. (Thomas Hitschler [SPD]: Wann kommt denn Ihr Plan? – Marcus Held [SPD]: Wo sind Ihre Vorschläge?) Im Jahr 2000 kamen weltweit 3 000 Menschen bei Terroranschlägen ums Leben. Im letzten Jahr waren es schon 30 000. Sie wissen ganz genau, dass Sie mit der heutigen Entscheidung natürlich auch die Anschlagsgefahr in Deutschland erhöhen. Nein, ich sage Ihnen: Wer den IS wirklich schwächen will, der muss ihn von Waffen, Finanzen und Nachschub an neuen Kämpfern abschneiden. (Beifall bei der LINKEN) Das heißt, er muss die Courage haben, den Terrorpaten unter Ihren vermeintlichen Verbündeten, also der Türkei und den Saudis, endlich das Handwerk zu legen. (Beifall bei der LINKEN) Es ist doch ungeheuerlich, dass der Ölschmuggel über die türkische Grenze bis heute nicht unterbunden ist und jede Nacht 100 neue Dschihadisten – zurzeit sind es noch mehr – diese Grenze überqueren, die den Nachschub des IS bilden. Ich finde, statt Syrien zu bombardieren, sollten Sie lieber mal Erdogan dazu bringen, endlich sein falsches Spiel zu beenden. Es ist übrigens auch dieser Erdogan, der die kurdischen Gruppen, die dort wirklich tapfer kämpfen, bombardiert, nicht zuletzt auch mit deutschen Waffen. Das ist doch der Skandal. Das ist die ganze Verlogenheit dieser Politik. (Beifall bei der LINKEN) Hören Sie auf, Waffen an Saudi-Arabien und Katar zu liefern! Wir legen heute einen Entschließungsantrag zum sofortigen Stopp der Waffenexporte an Saudi-Arabien, Katar, die Türkei und die Kriegsregion vor. Wer diesem Entschließungsantrag seine Stimme verweigert, der soll bitte nie wieder von sich behaupten, er wolle den islamistischen Terror schwächen. (Widerspruch bei der CDU/CSU und der SPD) Das ist dann nämlich wirklich pure Heuchelei. (Beifall bei der LINKEN) Wer heute zustimmt, der führt Deutschland in einen Krieg mit völlig unkalkulierbaren Eskalationsgefahren, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Es reicht jetzt! – Gegenruf der Abg. Katja Kipping [DIE LINKE]: Nein, es reicht noch lange nicht! – Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das müssen Sie sich schon anhören, Herr Kauder!) in einen Krieg, für den es kein Mandat der Vereinten Nationen gibt, der völkerrechtswidrig ist und klar dem Grundgesetz widerspricht; denn weder Frankreich noch Deutschland werden in Rakka und Aleppo verteidigt. Wer heute zustimmt, der schickt unsere Soldaten in einen Krieg, in dem bereits 14 andere Staaten kämpfen: nebeneinander, miteinander, gegeneinander. Es gibt keine gemeinsamen Ziele, und es gibt keine gemeinsame Strategie, noch nicht mal innerhalb der NATO-Staaten, geschweige denn darüber hinaus. Die Wiener Friedensgespräche – noch vor einer Woche hatten wir das Gefühl, dass Herr Steinmeier wirklich ehrlich an deren Erfolg arbeitet – (Matthias Ilgen [SPD]: Das tut er! – Ulli Nissen [SPD]: Was ist los? Was soll das denn heißen?) werden durch die Eskalation des Krieges natürlich noch viel mehr erschwert und nicht etwa erleichtert. Das ist doch alles verantwortungslos! (Matthias Ilgen [SPD]: Sie sind verantwortungslos!) Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, was die sogenannten Antiterrorkriege wirklich gebracht haben. Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt. (Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sind die zehn Minuten immer noch nicht um?) Ich sage Ihnen: Das ist so, als wollten Sie Papst Julius III. bestätigen, der schon im 16. Jahrhundert gesagt hat – – (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch schon länger als zehn Minuten!) – Ich bin gleich am Ende. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Bravo! – Na endlich!) – Sie wollen das nicht hören, aber Sie werden es noch öfter hören müssen, weil dieser Krieg leider lange dauern wird. – Es ist, wie gesagt, so, als wollten Sie Papst Julius III. bestätigen, der schon im 16. Jahrhundert gesagt hat: Wenn Ihr wüsstet, mit wie wenig Aufwand von Verstand die Welt regiert wird, so würdet Ihr Euch wundern. Aber eine hochgerüstete Welt mit Atomwaffen kann es sich nicht leisten, ohne Verstand regiert zu werden; denn das ist einfach zu gefährlich. Deshalb wird die Linke heute geschlossen gegen diesen Kriegseinsatz stimmen. (Beifall bei der LINKEN – Matthias Ilgen [SPD]: Sie haben es einfach nicht verstanden! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war eine Katastrophe! Wirklich beschämend!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Norbert Röttgen ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es verdient Respekt, wenn Mitglieder dieses Hauses am Ende gegen diesen Einsatz stimmen. Wer aber – wie Sie, Frau Wagenknecht, durchgehend in Ihrer Rede – die Verteidigung gegen den Terror auf eine Stufe mit dem Terror stellt, der offenbart nicht nur ein Maß an ideologischer Verwirrung, sondern auch an Infamie, das dem Ernst dieser Debatte nicht gerecht wird. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Jahrzehnten haben wir Europäer die Region des Mittleren Ostens praktisch allein den USA überlassen; seit Jahren haben wir diese Region sich selber überlassen. ISIS-Terror, Assad, Fassbomben auf die eigene Bevölkerung, jetzt auch eine russische Militärintervention und Hunderttausende von Toten sind die Folgen. Die Anschläge von Paris haben uns in Europa gezwungen, zu erkennen, dass die Region des Mittleren Ostens nicht im Süden von Amerika liegt, sondern unsere Nachbarregion ist und dass Terror und Krieg in dieser Region – in Syrien und im Irak – eine Frage von Sicherheit in Europa, in Deutschland und Frankreich ist. Das ist es, was wir erkennen müssen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Es wird zu Recht viel über das Verhältnis von Politik und Militär bei diesem Einsatz gesprochen. Meine Überzeugung ist, dass die weitreichendste politische Dimension des militärischen Einsatzes, über den wir heute abstimmen, genau darin liegt, dass wir Europäer endlich die politische Verantwortung für diese Region, auch im Namen und Interesse unserer eigenen nationalen Sicherheit, annehmen. Darum geht es, und das steht auf dem Spiel. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Nichthandeln und Zusehen hat es lange genug gegeben. Die Verantwortung liegt nun darin, zu handeln. Das Handeln wirft politische, militärische, rechtliche und auch menschliche Fragen auf, zu denen ich jeweils kurz etwas sagen möchte. Zu den politischen Fragen. Ich glaube, alle haben aus den schweren Fehlern gelernt, die gemacht worden sind. Alle haben gelernt: Ohne ein politisches Konzept sind militärische Mittel zum Scheitern verurteilt. Es fehlt uns nicht an den politischen Vorstellungen. Wir wissen, was zu tun ist: Wir wissen, dass wir auf den Irak einwirken müssen, dass es endlich zu einer wirklichen Beteiligung von Sunniten und Kurden an der Macht kommt, damit die Sunniten am Ende nicht doch ISIS mehr vertrauen als der Regierung in Bagdad; (Beifall bei Abgeordneten der SPD) wir wissen, dass wir mit der Türkei reden müssen, dass sie sich der Priorität, ISIS zu bekämpfen, anschließt und nicht an erster Stelle das Kurden-Problem sieht; wir wissen, dass wir mit Russland kooperieren müssen, weil Russland dort ein Machtfaktor ist, und so weiter. Wir wissen das alles. Worum es geht, ist, dass wir das endlich tun. Es geht darum, Konsequenzen zu ziehen; es geht um das Tun. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Es geht auch darum, zu beantworten: Wer ist „wir“? (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ja!) Ich möchte darauf eine Antwort geben und gleichzeitig auch eine Aufforderung an die Bundesregierung richten: Ich glaube nicht, dass „wir“ Deutschland ist oder dass „wir“ Frankreich ist. Meine Aufforderung an die Bundesregierung ist, dass wir, wie in anderen Fällen – den Nuklearverhandlungen, dem Normandie-Format oder dem Weimarer Dreieck –, auch gegenüber der Region des Mittleren Ostens ein europäisches Handlungsformat entwickeln. Das gibt es noch nicht. Das brauchen wir, und wir müssen es jetzt entwickeln. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die schwersten externen Herausforderungen für Europa kommen zu einer Zeit, in der Europa in der schlechtesten Verfassung seit seinem Bestehen ist. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das stimmt leider!) Dieses Zusammentreffen ist ein Teil der historischen Situation, in der wir uns befinden. Wir müssen in dieser Krise die Chance nutzen, zu zeigen, dass Europa etwas kann und dass Europa eine Notwendigkeit ist. Darum müssen wir Europa in dieser Situation einsetzen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich komme zum militärischen Aspekt. Noch einmal – da stimmen alle zu –: Ohne Politik macht Militär keinen Sinn. Ich stelle hier aber auch einen zweiten Satz in den Raum, nämlich dass wir die Umkehrung dieses Satzes als Teil der Realität im Mittleren Osten akzeptieren müssen: Ohne militärische Präsenz des Westens in Syrien, im Irak und im Mittleren Osten wird die Diplomatie keine Chance haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Es ist Realität: Wenn wir die Region ISIS, Assad und Putin überlassen, dann wird es keine diplomatischen Lösungen geben; denn für diese Machthaber, für den russischen Präsidenten ist Diplomatie nicht das Regulativ, sondern die Resultante von Macht, vor allen Dingen von militärischer Macht. Darum bedarf es auch der militärischen Präsenz des Westens in dieser Region. Ich komme zu den rechtlichen Fragestellungen. Manche empfinden die Rechtsfragen immer als eine Förmelei. Ich glaube, man kann und darf an dieser Stelle darauf hinweisen, dass spätestens seit der Schrift Immanuel Kants Zum ewigen Frieden (Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE]: Oh! Gelesen?) die Idee des Rechts als Instrument des Friedens Eingang nicht nur in die europäische Aufklärung, sondern auch in die Begründung und Entwicklung des internationalen Rechts, des Völkerrechts gefunden hat. Darum spiegelt sich im Recht die Legitimation zum Einsatz des äußersten Mittels, nämlich militärischer, staatlicher Gewalt. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Oh, oh, oh!) Hier stellen sich auch neue Herausforderungen. Das Recht, das Völkerrecht, das Verfassungsrecht sind auf Staatenhandeln, auf Kriege zwischen Staaten orientiert. Wir haben es aber nicht mit einem Staat zu tun, sondern wir haben es mit einem nichtstaatlichen, vielleicht quasistaatlichen Akteur zu tun, der von dem Territorium eines Staates seinen Terror auf uns richtet. Manche auch hier im Hause vertreten die Auffassung, dass genau deswegen, weil dieser Terror von einem anderen Staat ausgeht, aber nicht der Staat selber handelt, sondern die Terrortruppe, die staatliche Souveränität ausschließt, dass wir uns gegen diesen Terror wehren. Wenn wir uns dieser Auffassung anschließen würden, meine Damen und Herren, die das Völkerrecht als Schutz für Terror ansieht, dann würde sich das Völkerrecht von einer Schutzordnung gegen Gewalt zu einer Schutzmacht für die ungestörte Ausübung terroristischer Gewalt verwandeln. Diese Perversion von Recht dürfen wir nicht zulassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege Röttgen, darf Ihnen der Kollege Neu eine Zwischenfrage stellen? Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Nein, das möchte ich nicht. – Darum glaube ich, dass die völkerrechtliche Grundlage, das Selbstverteidigungsrecht, vorliegt. Es ist legitim und legal, sich gegen diese Angriffe zu wehren. Meine Auffassung ist, dass das auch der verfassungsrechtliche Gedanke ist, wie der Kollege Mützenich ausgeführt hat. IS erklärt: Auch ihr seid in unserem Fadenkreuz. IS erklärt sich zum Urheber des Terrors. Darum, glaube ich, handeln wir mit diesem Einsatz zur Verteidigung Deutschlands, wie es in Artikel 87 a des Grundgesetzes vorgesehen ist, meine Damen und Herren. (Zuruf der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE]) Die Bundesregierung hat sich nicht dazu durchgerungen, dieses Neuland zu betreten. Sie hat sich auf Artikel 24 des Grundgesetzes berufen. Es liegt in der Verantwortung der Bundesregierung, das zu entscheiden. Politisch ist für mich entscheidend, dass es eine verfassungsrechtliche Grundlage gibt. Auf dieser Grundlage ist die Zustimmung möglich. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Politisch: Ja, es gibt viel zu tun. Aber wir können und müssen anfangen, etwas zu tun. Das ist kein Gegenargument. Militärisch: Ja, es gibt einen Mangel an Bodentruppen. Durch die Anschläge hat sich die sicherheitspolitische und militärische Lage erst einmal nicht grundsätzlich geändert. Aber es gab auch bislang schon militärische Erfolge, und wir werden die militärische Ausstattung verbessern. Rechtlich: Ja, da müssen wir vielleicht Neuland betreten. Aber wir haben es eben auch mit neuartigen Bedrohungen unserer Sicherheit zu tun. Darauf muss auch das Recht eine Antwort finden. Wen das alles nicht überzeugt, dem möchte ich ein letztes Argument entgegenhalten – ich richte mich an diejenigen, die für Überzeugungsbildung offen sind –: Es geht darum – das macht es klar und eindeutig –, sich in die Opfer des Terrors hineinzuversetzen, sich als Mutter oder Vater oder Großeltern nur in ein Mädchen zu versetzen, das verkauft wird, damit der Terror finanziert werden kann, das verkauft wird und dann schrecklich behandelt und misshandelt wird. Es geht darum, sich das Gesicht nur eines Mädchens vorzustellen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass diese Brutalität und Menschenverachtung absoluter Alltag sind, dann kann ich denjenigen, die erwägen, heute mit Nein zu stimmen, eine Anmerkung nicht ersparen, und ich möchte sie Ihnen mitgeben: Ich finde, es braucht schon verdammt gute Argumente, wenn man angesichts dieser Menschenverachtung und Brutalität mit Nein stimmt, für eine Fortsetzung des Nichthandelns. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Gute Argumente für ein Nichthandeln gibt es nicht. Es ist Zeit, zu handeln, am allermeisten für die Opfer, die wir beschützen wollen. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD) Präsident Dr. Norbert Lammert: Für eine Kurzintervention erhält der Kollege Neu das Wort. Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Mützenich hat gerade davon gesprochen, dass ein Vorgehen nach Kapitel VII der UN-Resolution nicht möglich sei, da man sich im UN-Sicherheitsrat nicht darüber hat einigen können. Das ist richtig, weil es unterschiedliche politische Konzeptionen für Syrien gibt. Moskau hat dem wohl nicht zugestimmt, weil Sie auf einen Regimewechsel von außen setzen; das ist der Punkt. Weil man jetzt der Auffassung ist, dass eine gemeinsame Resolution des Sicherheitsrates nach Kapitel VII nicht erreicht wird, möchte man Lufttruppen entsenden und sich beteiligen, um vor Ort eine Lösung gegen Russland zu erzwingen. Das war im Übrigen auch der Tenor des Kollegen Röttgen. Mir wurde während seines Vortrags nicht klar, wer in seinen Augen der größere Gegner ist, die russische Regierung oder der IS. Das wurde nicht deutlich. Ich hatte eher den Eindruck, dass es die Russen sind. (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Ihnen fehlen die Voraussetzungen eines Vorgehens nach Kapitel VII. Das sind keine Peanuts. Ich meine, wir kennen das aus dem Kosovo; da war es genauso. Im Irakkrieg haben wir damals nicht so richtig mitgemacht. Aber letztlich gehen wir den Schritt weiter und machen ohne eine Kapitel-VII-Mandatierung mit. Zweitens. Sie trauen Ihrer Selbstverteidigungsklausel selber nicht. Ich habe mir den Antrag noch einmal genau angeschaut. Sie verweisen auf Paris, das ist okay. Dann aber verwenden Sie ein seltsames Hilfskonstrukt. Sie verweisen auf den Irak und sagen, der IS habe von Syrien aus den Irak angegriffen und der Irak müsse sich selbst verteidigen, auch kollektiv. Besser kann man die Geschichte kaum verdrehen. Der IS ist ein Produkt der Vorgänge im Irak und hat seine Übergriffe auf Syrien ausgeweitet, nicht umgekehrt. Sie erstellen ein interessantes Hilfskonstrukt und sagen: Weil der Irak und die syrische Regierung sich nicht selbst verteidigen können, gehen Sie dazu über, die amerikanische Doktrin von „unable and unwilling“ zu übernehmen, und zwar wortwörtlich in diesem Antrag. Sie versuchen, rechtliches Neuland zu betreten. Sie versuchen, eine neue Interventionsdoktrin von „unable and unwilling“ hier zu praktizieren und völkerrechtskonform zu machen. Das wird Ihnen nicht gelingen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. Dr. Alexander S. Neu (DIE LINKE): Wenn ein Land das Selbstverteidigungsrecht für sich in Anspruch nehmen kann, dann ist das die syrische Regierung, die immer noch legitim ist, ob einem das gefällt oder nicht. Es gibt ein Schreiben der syrischen Regierung an den UN-Sicherheitsrat vom 17. September, in dem die syrische Regierung den Westen via Sicherheitsrat auffordert, sich aus dem syrischen Territorium zurückzuziehen. Aber das interessiert Sie nicht. Wenn ein Land das Recht auf Selbstverteidigung hätte, dann wäre das die syrische Regierung, ungeachtet der Frage, ob die Regierung gut ist oder nicht gut ist. Präsident Dr. Norbert Lammert: Nächster Redner ist der Kollege Anton Hofreiter für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Wagenknecht, auch ich habe große Zweifel, ob dieser Einsatz sinnvoll ist. Aber Sie können doch nicht wirklich ernsthaft den Versuch des Kampfes gegen den IS gleichsetzen mit dem Einsatz Russlands auf der Seite der Truppen von Assad. Es ist Assad, der für 75 Prozent der Toten verantwortlich ist, Assad, der seine eigene Bevölkerung mit Fassbomben bewerfen lässt, Assad, der Tausende von Menschen in seinen Folterkellern hat ermorden lassen. Das kann und das darf man nicht gleichsetzen. Das ist einfach eine Frechheit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD) Herr Röttgen, Sie haben uns mit Ihrem sogenannten letzten Argument und dem Hinweis auf das Mädchen angesprochen. Herr Röttgen, auch uns nimmt das sehr mit, und wir denken sehr intensiv darüber nach, was zu tun ist, um das Morden in der Region zu stoppen. Aber ein Nein zu Ihrem Mandat bedeutet nicht, dass wir der Meinung sind, dass man nicht handeln soll. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Wir sind nur der Meinung, dass Sie mit diesem Mandat Ihr Ziel nicht erreichen; das ist der entscheidende Punkt. Das nehmen Sie bitte zur Kenntnis. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wie erreicht man das denn Ihrer Meinung nach?) Wir sollten nach den Anschlägen 2004 in Madrid, 2005 in London und nun in Paris mit kluger Analyse und kühlem Kopf vorgehen, wenn es um die Frage geht, wie wir damit am besten umgehen. Wenn ich mir Ihr Mandat anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass Sie etwas tun, um einfach etwas zu tun. Ich kann in diesem Mandat keine ausgereifte Strategie erkennen. Ich habe den Eindruck, dass Ihr Mandat nichts anderes als Aktionismus ist. Ihr ganzes Vorgehen ist davon geprägt, sowohl der zeitliche Ablauf der Beratungen als auch die inhaltliche Ausgestaltung des Mandats. Deshalb kann ich Ihrem Mandat leider nicht zustimmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr schade! – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Und was ist Ihre Alternative?) Ja, wir stehen an der Seite Frankreichs. Ja, wir sind solidarisch. Deswegen teilen wir auch Ihren Impuls, jetzt zu handeln. Aber Handeln darf doch kein Selbstzweck sein. Genauso wenig darf Solidarität bedeuten, dass wir einfach Ja sagen. Wir haben bei dieser Frage intensiv mit uns gerungen. Wir haben uns entschieden, nicht sofort Ja oder Nein zu sagen. Es ist sehr schwierig, einem engen Verbündeten wie Frankreich eine Bitte abzuschlagen. Dafür muss es gute Gründe geben. Ich möchte Ihnen einige aufzählen. Wir tragen die Verantwortung für unsere Soldatinnen und Soldaten, die wir als Parlamentsarmee in diesen Einsatz schicken. Wir können diese Verantwortung doch nur tragen, wenn wir einen guten Plan mit dieser Mission verbinden. Aber einen guten Plan gibt es leider nicht. Die Beratungen im Verteidigungsausschuss haben das eher deutlicher gemacht. (Henning Otte [CDU/CSU]: Sie waren doch gar nicht da!) Sie wollen hier ein militärisches Eingreifen beschließen, das laut Einschätzung der militärischen Führung unseres Landes zehn Jahre oder länger dauern kann. Sie können aber nicht darlegen, wie eine politische Lösung aussehen kann. Das ist doch kein verantwortliches Handeln. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Können Sie es denn? Wir können es, Sie nicht!) Dieses Mandat ist gefährlich vage, weil es so viele Fragen unbeantwortet lässt. Wer hat eigentlich den genauen Oberbefehl: die Franzosen oder die Amerikaner? (Volker Kauder [CDU/CSU]: Frau von der Leyen! – Rainer Arnold [SPD]: Das ist doch alles geklärt!) Wie gehen Sie denn mit Russland um, das de facto den syrischen Luftraum kontrolliert und auf der Seite Assads kämpft, der, wie bereits erwähnt, Fassbomben auf die eigene Bevölkerung werfen lässt? Schauen wir uns nur die Auslassungen von Frau von der Leyen an. Am Wochenende war von Frau von der Leyen noch zu hören, dass wir vielleicht auf der Seite der Truppen von Assad kämpfen könnten. Dann hat sie erklärt, dass das alles so nicht gemeint war, und ist zurückgerudert. Wie ist es nun gemeint? Wie gehen Sie denn mit Russland um? Wie gehen Sie denn mit Assad um? Ich kann da keine klare Strategie erkennen. Hatte Frau von der Leyen am Wochenende recht, oder hatte sie unter der Woche recht? Was wird sie morgen erzählen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Sie müssen auch einmal zuhören!) Welche Rolle spielt eigentlich die Türkei in der ganzen Angelegenheit, die mehr gegen die Kurden kämpft als gegen ISIS oder – besser ausgedrückt – Da'isch? Schauen Sie sich doch einmal die komplizierte Regelung für den Zugriff auf die Informationen an, die die Tornados liefern sollen. Sie haben eine ganz komplizierte Regelung schaffen müssen, damit die Türkei, angeblich ein enger Verbündeter und Partner und auf alle Fälle ein NATO-Mitglied, auf gar keinen Fall an diese Informationen herankommt, weil die reale Gefahr besteht, dass sie dann auf der Grundlage dieser Informationen die syrischen Kurden bekämpft. Die Kurden werden wiederum von den USA mit Waffen beliefert, weil sie real eine der wenigen Bodentruppen stellen, die tatsächlich gegen ISIS kämpfen und nicht ihr eigenes Spiel spielen. Allein dieser komplizierte Umgang mit dem NATO-Partner Türkei sagt uns doch, wie undurchdacht dieses Mandat insgesamt ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Wie wollen Sie mit den Sunniten umgehen? Haben Sie nicht die Sorge, dass der Einsatz zu einer Rekrutierungsmission für ISIS wird, weil sich die Sunniten insgesamt ausgeschlossen fühlen und das Ganze einen mobilisierenden Effekt hat? Wie wollen Sie die sunnitischen Oppositionellen einbinden? Wie soll Ihnen das gelingen? Auch darauf geben Sie keine ausreichenden Antworten, weder in dem Antrag auf das Mandat noch in Ihren Reden. Auch diese Fragen müssen deutlich beantwortet werden, bevor man Bomber schickt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ja, wir sind uns hier weitgehend einig, dass ISIS auch militärisch bekämpft werden muss. (Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Aha!) Aber Luftangriffe allein sind doch noch keine militärische Strategie. Die Strategie, so hat man den Eindruck, ist noch nicht einmal zur Hälfte fertig. Man kann nicht einen Einsatz einfach nach dem Motto gestalten: Ja, ich möchte mein Gewissen beruhigen. – Herr Röttgen, einfach zu sagen, man wolle irgendetwas tun, ist doch nicht wirklich eine Strategie. Es braucht eine klare abgestimmte Strategie. Man muss doch Klarheit darüber haben, wer die Verbündeten sind. Es muss doch klar sein, wer der Gegner ist. Es kann doch nicht unklar sein, ob Assad Verbündeter oder Gegner ist, wie man mit der Al-Nusra-Front umgeht, die von Saudi-Arabien unterstützt wird. Ist die Al-Nusra-Front jetzt Gegner oder Verbündeter? Das kann doch nicht angehen. Es können doch nicht das schlechte Gewissen und die Sorgen, die wir komplett teilen, die Strategie und das kluge Handeln ersetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir in den Antrag auf das Mandat schauen, dann beruhigt uns das keineswegs. Ich zitiere wörtlich: Der Einsatz deutscher Streitkräfte erfolgt vorrangig im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS in Syrien sowie auf dem Territorialgebiet von Staaten, von denen eine Genehmigung der jeweiligen Regierung vorliegt, sowie im Seegebiet östliches Mittelmeer, Persischer Golf, Rotes Meer und angrenzende Seegebiete. Man hat den Eindruck, wenn man das liest, dass Sie eigentlich gar nicht genau wissen, wo der Einsatz stattfinden soll. Das ist ein völlig entgrenztes Mandat. Einigen Sie sich doch erst einmal darauf, wie Sie den Einsatz genau gestalten wollen, bevor Sie uns so ein entgrenztes Mandat vorlegen. Wenn Sie uns ein Mandat vorlegen, dann formulieren Sie ein präzises Mandat, ein genau beschreibendes Mandat, aber nicht ein entgrenztes Mandat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der Kampf gegen ISIS muss im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Gewaltmonopol der Vereinten Nationen stehen. Ich glaube, man kann zumindest sagen, dass umstritten ist, ob der Einsatz völkerrechtskonform ist. Nicht umstritten wäre er, wenn es Ihnen gelungen wäre, ein VN-Mandat nach Kapitel VII vorzulegen. Jetzt kann man sagen – das ist schon erwähnt worden –: Das ist eine rein formalrechtliche Faktenhuberei. – Nein, das ist es in meinen Augen nicht. Dass Sie kein Mandat nach Kapitel VII vorlegen können, ist ein Hinweis darauf, dass es keine abgestimmte Strategie zwischen allen Beteiligten gibt, dass es eben keine Einigung zwischen Frankreich, Russland, Großbritannien, den USA und den europäischen Staaten gibt. Wenn es diese Einigung gäbe, dann wäre es möglich, ein solches VN-Mandat zu beschließen. Deshalb ist das Fehlen dieses Mandats Ausdruck dafür, dass es ebendiese Strategie leider nicht gibt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schauen wir uns an, wie Sie teilweise mit unseren angeblich engsten Verbündeten umgehen, schauen wir uns Saudi-Arabien an. (Thomas Oppermann [SPD]: Engster Verbündeter?) Saudi-Arabien ist einer der engsten Geschäftspartner, ein Land, in das regelmäßig Wirtschaftsdelegationen von uns reisen. Der BND hat gegen den Protest des Außenministeriums eine kluge Analyse durchgeführt. Ergebnis ist, dass Saudi-Arabien inzwischen eines der größten Risiken für die Stabilität der Region ist. Es ist nicht nur Saudi-Arabien ein Risiko; auch die Ideologie Saudi-Arabiens ist ein Risiko für viele Regionen. Sie ist genau genommen ein Risiko für den Weltfrieden. Auf die Ideologie Saudi-Arabiens greift Boko Haram in Nigeria zurück, greifen die Al-Schabab-Milizen in Somalia zurück, greifen der IS und andere Terrororganisationen in Libyen zurück. Deswegen ist es an der Zeit, dass die Bundesregierung und der Westen überhaupt ihren Umgang mit Saudi-Arabien überdenken. Wir sollten zu einem kritischen Umgang mit Saudi-Arabien kommen. Das heißt nicht, dass wir mit den Saudis nicht reden dürfen. Aber der bisherige Umgang, dass es an der dortigen Ideologie keine Kritik gibt, dass es konstant Waffenlieferungen an dieses Land gibt, steht doch für eine Politik, die die Probleme am Ende verstärkt und nicht bekämpft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen: Ändern Sie diese Politik endlich! Zusammengefasst: In unseren Augen ist Ihr Einsatz zu planlos und birgt die Gefahr – ich spreche nicht von Sicherheit –, dass er genau das Gegenteil dessen erreicht, was er bewirken soll. Wir haben doch seit 2001  14 Jahre Erfahrung im Kampf gegen den Terror. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Zeit. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese Erfahrungen sind keine positiven. Diese Erfahrungen sind bittere Erfahrungen. Deshalb: Gehen Sie noch einmal in sich! Überlegen Sie sich, ob dieser Einsatz wirklich das Gewünschte erreicht oder ob er nicht, wie der Libyen-Einsatz, wie der Irakeinsatz, am Ende kontraproduktiv ist. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Präsident Dr. Norbert Lammert: Das Wort erhält nun der Kollege Rainer Arnold für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Rainer Arnold (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist eine zügige Beratung diese Woche. Für mich hat das noch den kleinen Nebeneffekt, dass damit alle Zweifel unserer Verbündeten, der deutsche Parlamentsvorbehalt bringe in schwierigen Situationen möglicherweise eine zu große Langsamkeit, beseitigt sind. Ich würde mir wünschen, dass wir, statt darüber zu lamentieren, dass es zu schnell geht, gemeinsam reflektieren: Hat man nicht vielleicht viel zu lange gewartet, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) und ist vielleicht alles zu spät? Es gibt bereits 250 000 Tote; Millionen Menschen sind auf der Flucht. Getötet und vertrieben haben sowohl Assad als auch der IS. Es gibt eine neue Dimension des Terrors, nämlich den Versuch der Gründung eines „Staats“, in dem 8 Millionen Menschen leben und leiden müssen. Selbst wenn uns der IS in unserem Land nicht bedrohen würde, würde ich mich schon fragen: Geht uns das alles, was vor unserer Haustür passiert, nichts an? Haben wir keine Verpflichtung, einzugreifen? Was ist eigentlich mit der richtigen und guten Idee, das Völkerrecht im Sinne einer Schutzverpflichtung der Staaten, Responsibility to Protect, weiterzuentwickeln? Es ist doch offensichtlich, dass der irakische Staat und der syrische Staat die Bürger nicht mehr schützen können. Daraus ergibt sich eine Verantwortung für uns alle. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Konkret zum geplanten Einsatz. Wir tun ja manchmal so, als ob wir über einen neuen Einsatz redeten. Wir sind schon lange Teil dieser Allianz und leisten mit der Ausbildung der kurdischen Peschmerga-Kämpfer und der Ausstattung der Kurden, auch der syrischen Kurden, wichtige Beiträge im Kampf gegen den IS. An dieser Stelle darf man die Linken, Frau Wagenknecht, schon einmal erinnern: Die Kurden sind – – Präsident Dr. Norbert Lammert: Kollege Arnold, darf die Kollegin Buchholz dazu eine Zwischenfrage stellen? Rainer Arnold (SPD): Ja. Ich will nicht sagen, gerne. Aber selbstverständlich. Christine Buchholz (DIE LINKE): Vielen Dank, Kollege Arnold, dass Sie die Frage zulassen. – Sie reden hier darüber, dass endlich gehandelt werden muss. Wir beide sind ja Mitglieder des Verteidigungsausschusses. Von daher würde mich schon sehr interessieren, wie Sie dazu stehen, dass wir als Mitglieder des Ausschusses, aber auch als gesamtes Parlament wissen müssen, worüber wir hier genau abstimmen. Der Kollege Hitschler aus der SPD-Fraktion und ich haben nachgefragt: Wie sieht es eigentlich mit dem Operationsplan für diese Mission aus? Uns wurde gesagt: Na ja, die Operation läuft schon. Es gibt wohl so etwas wie einen Kampagnenplan. – Trotz weiterer Nachfragen war es nicht möglich, eine Auskunft darüber zu bekommen, ob wir da Einsicht nehmen können. Das ist eigentlich ein Recht, das uns als Abgeordneten zusteht. Wir haben es dabei nicht belassen, sondern beim Sekretariat, bei der Geheimschutzstelle noch einmal nachgefragt. Leider ist eine Einsicht nicht möglich. Glauben Sie nicht, dass es wichtig wäre, vor einer solch grundlegenden Entscheidung eine Informationsgrundlage zu haben, was die genauen Unterstellungsverhältnisse, die Fragen des humanitären Völkerrechts und die Einsatzregeln angeht? Wir finden das wichtig, und ich will Ihnen kurz sagen, warum: Deutschland war bereits an der Bombardierung von Staaten beteiligt, bei denen wir – und dabei schließe ich alle mit ein, die jetzt bomben – Erfahrungen gemacht haben: Das hat zivile Opfer zur Folge gehabt. Ich denke an die schmerzliche Erfahrung der Bombardierung von Kunduz, bei der es zivile Opfer gegeben hat. Wir trauern genauso mit den Müttern, Vätern und Verwandten der Opfer dieser Bombardierung wie mit denen, die um ihre Kinder weinen, die Opfer des Terrors durch den IS geworden sind. (Beifall bei der LINKEN) Genau deshalb möchten wir wissen: Was sind die Regeln? Wer entscheidet letztendlich? – Für uns sind diese Fragen nicht ausreichend beantwortet worden. (Beifall bei der LINKEN) Rainer Arnold (SPD): Liebe Kollegin, lassen Sie uns wenigstens akzeptieren, dass wir im Verteidigungsausschuss alle Zeit der Welt hatten, Fragen zu stellen. (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Aber die Antworten gab es nicht!) – Die Antworten wurden auch gegeben. (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Wurden sie nicht! – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das ist nicht wahr!) Die Antworten haben Ihnen nicht gefallen. Das ist aber etwas ganz anderes. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Die Frage der Führung des Einsatzes – Herr Hofreiter hat es angesprochen – ist eindeutig geklärt. Er wird von Tampa in Florida über die Headquarters in Kuweit geführt. Von dort aus werden die deutschen Aufklärungsflüge angefordert. Sie werden durchgeführt. Dorthin wird gemeldet und, und, und. Das ist alles geregelt. Sie haben nach der völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundlage gefragt. Das ist mittlerweile nichts anderes als eine Strategie bei Ihnen. Dieser Einsatz ist, wie viele Verfassungsjuristen und auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages festgestellt haben, eindeutig verfassungsrechtlich und völkerrechtlich abgesichert. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: Eindeutig? Wir sprechen uns noch!) Wenn Sie dies bezweifeln, dann rufen Sie doch bitte das Verfassungsgericht an. (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Ich habe nach den Operationsplänen gefragt!) Aber das ist natürlich viel unbequemer, als zu behaupten, ein Einsatz sei nicht legitimiert. Möglicherweise haben Sie, weil es Neuland ist, sich in Europa auf ein System der kollektiven Sicherheit zu berufen, Angst, dass das Verfassungsgericht Ihnen ins Stammbuch schreibt: Europa ist ein System kollektiver Sicherheit. (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das war nicht meine Frage!) Ich würde begrüßen, wenn Sie das klären lassen. Ich komme zum letzten Punkt: Operationsplan. Es war bei vielen, aber übrigens nicht bei allen Einsätzen so, dass Parlamentarier in der Geheimschutzstelle Teile der Operationspläne einsehen konnten. Wir dürfen nicht vergessen: Wir leisten mit sechs Aufklärungsfliegern und einem Tankflugzeug einen vergleichbar kleinen Beitrag. Wir werden auch nur Einblick in Operationspläne bekommen, die einen Bezug zu unserem Einsatz haben. Den Bezug würde ich als Parlamentarier sehr weitgehend auslegen wollen. Darin sind wir uns völlig einig. Aber in einem bin ich nicht mit Ihnen einig: Die grundsätzliche Frage, ob wir diesem Mandat zustimmen, ist für mich keine Frage militärischer Details. Es ist für mich in hohem Maß eine Frage von politischer Verantwortung und politischer Abwägung. Wir sind als Verteidigungspolitiker keine kleinen Feldherren, die darüber entscheiden sollen, ob der Einsatz XY an diesem Nachmittag sachgerecht ist. Das ist nicht unseres Amtes. Insofern ist das, glaube ich, für Sie nur ein Vorwand, den Einsatz abzulehnen. Es ist aber letztlich völlig wurscht, ob die Fragen aus Ihrer Sicht beantwortet sind. Sie haben noch nie einem Einsatz zugestimmt, und Sie werden auch keinem Einsatz zustimmen. (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!) Insofern ist es egal, inwieweit Sie sich informiert fühlen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Arnold, darf die Kollegin Keul noch eine Zusatzfrage stellen? Rainer Arnold (SPD): Ich bin zu allem bereit, Herr Präsident. Präsident Dr. Norbert Lammert: Aber ich weise darauf hin: Das ist dann zunächst die letzte; denn wir haben uns einen Zeitrahmen gesetzt, den wir bitte auch einhalten müssen. – Frau Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Herr Kollege Arnold, Sie haben gerade in etwa gesagt, wenn man das für verfassungswidrig und völkerrechtswidrig halte, dann solle man halt klagen, und wer nicht klagt, sei einfach nur feige. Ich selbst halte dieses Mandat für völkerrechtswidrig und verfassungswidrig. Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir angesichts der derzeitigen Lage keine Klagemöglichkeit beim Verfassungsgericht haben, weil eine Organklage an der Zulässigkeit scheitern würde, da wir als Fraktion nicht klagen können und eine abstrakte Normenkontrolle, die möglich wäre, an den notwendigen 25 Prozent scheitert? Nun haben wir Grüne die Klage der Linken vor dem Verfassungsgericht auf Absenkung dieses Quorums nicht mit eingereicht. Aber würden Sie, wenn Sie meinen, dass das wichtig ist, vielleicht doch überlegen, dieses Quorum abzusenken, (Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]) damit wir bei den jetzigen Mehrheitsverhältnissen als Opposition mit zwei Fraktionen diese Frage vor dem Verfassungsgericht klären lassen können? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Rainer Arnold (SPD): Frau Kollegin, Sie sind Juristin. Ich bin kein Jurist; (Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Aber Sie können dem Kampfeinsatz ja mal zustimmen!) aber ich weiß, dass das so ist. Sie wissen aber auch, dass Sie, wenn Sie einen Soldaten finden, der an Ihrer Stelle klagt, die Chance hätten, das verfassungsrechtlich prüfen zu lassen. Wir hatten in dieser Koalition schon Debatten über die 25 Prozent. Mit mir persönlich könnte man da sehr wohl reden, weil ich glaube, dass es bei einem Einsatz, der zum ersten Mal eine europäische Basis hat, hilfreich ist, wenn das Verfassungsgericht uns den Weg zeigt und es eine eindeutige Klärung gibt. Wenn wir uns die Urteile der Vergangenheit anschauen, stellen wir allerdings fest: Das Verfassungsgericht hat auf einer langen Linie der Regierung eigentlich immer einen relativ großen außenpolitischen Handlungsspielraum eingeräumt (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das würden wir gern klären lassen!) und gleichzeitig unser Recht als Parlament gestärkt. Deshalb sage ich noch einmal: Wir finden einen Weg, dass Sie klagen können, und wir sind ganz gelassen, wenn Sie es tun. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch Unsinn!) Ich sagte: Der Einsatz ist nicht neu. Wir unterstützen die Peschmerga. Ich möchte Frau Wagenknecht daran erinnern, dass exakt die Kurden sehr dankbar sind, dass es eine Kombination von Kampf am Boden und Luftunterstützung gibt. Finden Sie Luftunterstützung in dem Fall auch schlecht? Sollen sich die Peschmerga, die nur ganz einfache Kalaschnikows haben, Menschen widersetzen, die sie mit schweren Waffensystemen bedrängen, die ihr Gebiet ausgeweitet haben? Die Peschmerga konnten sie ohne massive Unterstützung nicht stoppen. Haben Sie dies einmal reflektiert, bevor Sie so pauschale Sätze in den Raum schleudern wie: „Mit Waffen schafft man keinen Frieden“? (Beifall bei der SPD) Dieser Einsatz, Herr Hofreiter, ist auch keine Symbolik. Er ist sorgfältig durchdacht. Das, was Deutschland liefert, dient exakt den militärischen Aufgaben, für die dieser Koalition die Mittel fehlen, nämlich Aufklärung aus Flugzeugen, von Satelliten, eine Aufklärung, die Drohnen nicht leisten können. Es geht darum, sehr schnell große Gebiete zu bestreifen. Dieser Einsatz hilft Frankreich auch wirklich beim Schutz des Flugzeugträgers, weil es ein großer Aufwand ist, solche Flugzeugträger mit Fregatten zu schützen. Alles ist also sinnvoll. Es ist im Übrigen auch verantwortbar. Wir schicken Soldaten doch nicht in ein unkalkulierbares Risiko. Die Tornados sind auf einem modernen Stand. Sie haben einen hervorragenden Eigenschutz. Zu Ihrem Vorwurf, es gäbe kein klares Einsatzgebiet. Herr Hofreiter, das erklärt sich wirklich ganz eindeutig. Ich glaube, Ihre Kollegin hat im Verteidigungsausschuss sogar nachgefragt. Wir reden über ein Einsatzgebiet für die Luftbetankung, und die findet nicht nur über Syrien statt – dort hoffentlich gar nicht –, sondern außerhalb des Bereichs über der offenen See. Dann reden wir über den Schutz eines Flugzeugträgers, der wahrscheinlich nicht vor Anker liegen wird. Deshalb ist der Raum so definiert, wie er definiert ist. Daran ist nichts Geheimnisvolles, nichts Trickreiches. Es ist alles erklärt worden. Dieser Einsatz ist auch leistbar. Die Bundeswehr kann sechs Tornados hinschicken, und die Luftwaffe hat die Fähigkeiten dazu. Dann noch zu den Bildern. Auch die Auswertung ist klar geregelt. Die Deutschen erhalten zunächst ihre Bilder. Dort wird noch einmal geprüft: Was ist rechtskonform? Dann gehen die Bilder zum Auftraggeber, nämlich an die Headquarters. Ihre Behauptung, die Bilder würden dann allen in dieser Koalition oder gar allen NATO-Mitgliedern einschließlich der Türkei zur Verfügung stehen, ist einfach abenteuerlich. Sie stehen denen zur Verfügung, die sie für den Einsatz, für den sie einen Auftrag bekommen haben, brauchen. Sonst stehen sie niemandem zur Verfügung. Das sind absolut übliche Verfahren in diesem Bereich. Keine Aufregung! Im Übrigen sind Aufklärungsflieger kein Beitrag zum achtlosen Bombenkrieg. Aufklärung ist eine Grundvoraussetzung dafür, möglichst präzise militärisch arbeiten zu können. Heute wurde bereits über Lehren aus vergangenen Einsätzen gesprochen. Ich glaube, eine Lehre ist wirklich wichtig. Der Irakkrieg, aber auch Afghanistan und Libyen haben gezeigt, dass es heute relativ einfach ist, mit moderner Militärtechnologie aus der Luft ein Regime zu vertreiben. Danach aber auch für Stabilität zu sorgen, ist ein langwieriger Prozess, und dies ist von außen mit militärischen Mitteln kommend nicht möglich. Deshalb ist der Vorwurf, hinter diesem Einsatz stehe keine politische Konzeption, völlig unbegründet; denn die entsprechenden Lehren daraus wurden gezogen. Der Wiener Prozess ist halt so mühsam, wie er ist, weil wir dabei mit Partnern umgehen müssen, die teilweise sehr schwierig sind. Wir müssen mit Partnern umgehen, die gemeinsame und gleichzeitig widerstrebende Interessen haben. Außerdem sollten wir uns ein bisschen in Selbstbescheidenheit üben. Es werden nicht alle darauf warten, bis wir Deutschen sagen, wo es langgeht. Es bleibt nur der Weg der mühsamen Diplomatie. Wir sind sehr froh, dass der Außenminister diesen Pfad seit Monaten mit unermüdlichem Engagement geht. (Beifall bei der SPD) Die Lehren aus den vergangenen Konflikten werden auch dort zu ziehen sein. Für die Zeit nach Assad wissen doch alle mittlerweile: Man darf nicht alle Sicherheitsstrukturen und nicht sämtliche Teile der Administration eines Landes in die Wüste schicken, sondern wir müssen einen Teil beim Aufbau der neuen Gesellschaft einbinden. Nur so kann es gelingen, ein Machtvakuum in diesen Ländern zu verhindern, das dann wiederum Terroristen nutzen könnten. Ich glaube, diese Lehren wurden von der Staatengemeinschaft gut verstanden. Zum Schluss: Wir können stundenlang darüber reden, dass ein Militäreinsatz Risiken birgt. Das ist doch völlig unstrittig. Es gibt politische Risiken. Der Wiener Prozess ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Wir können mithelfen, haben es aber nicht in der Hand. Ich will militärische Risiken nicht beschönigen, obwohl ich klar sage, dass wir die Soldaten in kein Abenteuer schicken. Wenn wir aber schon so lange über diese Risiken reden, müssen wir bitte aber auch über die Risiken reden, die es gibt, wenn wir nicht entscheiden. Dabei sehe ich zwei Risiken an vorderster Stelle. Europa ist nun einmal in keiner guten Verfassung. Wenn es die enge und besonders vertrauensvolle Zusammenarbeit – übrigens auch im Zusammenhang mit der Ablehnung des Irakkriegs – zwischen Deutschland und Frankreich nicht gegeben hätte, hätten wir das gar nicht so ohne weiteres hinbekommen. Wenn diese hervorragende Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich in die Brüche geht, weil wir nicht verstehen, unter welchem innen- und außenpolitischen Druck und unter welchem Sicherheitsdruck die französischen Freunde stehen, und wenn wir auf ihre Unterstützungsanfrage Nein sagen, dann haben wir eine Situation, die es noch schwerer machen wird, in Europa Solidarität in vielen Fragen einzufordern. Wenn dieses Europa scheitert, dann scheitert es an mangelnder Solidarität. Dabei sollten wir Deutschen nicht diejenigen sein, die ein schlechtes Beispiel geben. Wenn wir ernst genommen werden wollen – das wollen wir zusammen mit Frankreich –, dann müssen wir Solidarität zeigen. Darüber hinaus kann es sein, dass es unsere Sicherheitsorganisationen einmal nicht schaffen, einen Anschlag bei uns zu verhindern. Malen wir uns doch aus, was es bedeuten würde, welches Risiko wir hätten, wenn wir das jetzige französische Ansinnen abgelehnt hätten. Fragen wir uns einmal innenpolitisch, welche Fragen uns die Bürger stellen würden. Fragen wir uns das vor allen Dingen aber auch außenpolitisch, weil wir dann wirklich kapieren müssten, dass wir Partner beim Umgang mit Terror brauchen. Kein Land wird allein mit dieser Herausforderung fertig. Ich glaube, dann würden wir schnell merken, Solidarität ist halt keine Einbahnstraße. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege. Rainer Arnold (SPD): Deshalb ist dieser Einsatz richtig und notwendig. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich erteile das Wort dem Kollegen Hennig Otte für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Henning Otte (CDU/CSU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland steht vor einer wichtigen Entscheidung. Lassen wir den IS mit seinem furchtbaren Terror weiter gewähren, damit er Anschläge auch in Europa durchführt, weiterhin unschuldige Menschen tötet, Frauen verschleppt, verkauft, vergewaltigt? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen uns gegen den IS-Terror stellen und uns für die Solidarität an der Seite Frankreichs, für den Schutz der Menschen und auch für die Sicherheit unseres Landes entscheiden. Deswegen müssen wir heute diesem Mandat zustimmen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Wir sind als CDU/CSU-Bundestagsfraktion zusammen mit der SPD in einer Großen Koalition bereit, für Frieden und Freiheit und auch für unsere Grundordnung einzustehen und diese in letzter Konsequenz auch mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Meine Damen und Herren, wir bleiben bei diesem Einsatz unseren Grundlinien treu. Dieser militärische Einsatz ist eingebettet in ein politisches Gesamtkonzept, zusammen mit 64 Staaten einer Allianz auf einer klaren völkerrechtlichen Grundlage und mit einem Mandat des Deutschen Bundestages. Dieser militärische Beitrag Deutschlands ergänzt die Fähigkeiten unserer verbündeten Partner. Zusammen mit Frankreich, mit den USA, mit England, mit Kanada, mit Dänemark und beispielsweise mit Belgien leisten wir einen Beitrag und entsenden 1 200 Soldatinnen und Soldaten für Schutz, für Aufklärung und für Logistik. Ich möchte das einmal auf die einzelnen Bereiche herunterdeklinieren: circa 450 Soldaten für den Betrieb von sechs Aufklärungstornados und einem Satellitenradar zur Gewinnung von Informationsbildern, die wir ausschließlich für uns nutzen oder unseren Verbündeten zur Verfügung stellen; 300 Soldaten für den Betrieb einer Fregatte im Mittelmeer zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers; circa 200 Soldaten für den Betrieb eines Airbus-Flugzeuges zur Betankung und circa 50 Soldaten in Koordinierungsstellen und dazu noch ein flexibler Personalpuffer zur Ablösung dieser genannten Kontingentanteile. Dieser Einsatz wird auch ein gefährlicher Einsatz sein. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind gut vorbereitet und gut ausgestattet für diese Mission. Die beste Rückendeckung aber können wir den Soldaten und deren Familien geben, indem wir ihnen heute mit diesem Mandat als Deutscher Bundestag mit breiter Mehrheit das Vertrauen aussprechen. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, die Bundeswehr hat in den vielfältigen Einsätzen bewiesen, dass sie verantwortungsvoll und erfolgreich ihre Aufträge erfüllen kann. Unvorstellbar, wie wohl die Welt wäre und wie sie aussehen würde, hätte nicht eine Allianz, auch zusammen mit der Bundeswehr, auf dem Balkan militärisch eingegriffen, um eine noch größere humanitäre Katastrophe zu verhindern. Unvorstellbar, wie wohl die Welt aussehen würde, hätte man in Afghanistan nicht gegen das Taliban-Regime eingegriffen und dort gezeigt, dass man eine stabilisierende Funktion erfüllen, mithin den Aufbau einer afghanischen Armee durchführen kann, durch die, auch wenn sie noch weiter beraten werden muss, das Gewaltmonopol wieder beim Staat Afghanistan ist. Manchmal muss man eben militärisch eingreifen, um noch Schlimmeres zu verhindern, auch um wieder die Basis für eine friedliche Entwicklung zu schaffen. Auch dazu ist dieses Mandat heute ein Beitrag. (Beifall bei der CDU/CSU) Vor allem war es richtig, dass wir im Norden Iraks die kurdischen Kämpfer nicht nur ausgestattet, sondern sie auch ausgebildet haben, damit sie erfolgreich gegen den IS-Terror kämpfen können. Dies soll zum einen verdeutlichen, dass Deutschland bereits einen Beitrag geleistet hat und dass wir nun lediglich einen weiteren Beitrag leisten. Vor allen Dingen aber soll es verdeutlichen, dass der furchtbare IS-Terror besiegbar ist. Ich kann mich nur wundern, Frau Wagenknecht, über Ihre Rede hier heute, dass Sie dieses Mandat in Bausch und Bogen ablehnen. Ich weiß gar nicht, wie Sie das angesichts des Leids dieser Menschen rechtfertigen können. Sprechen Sie doch mit den Frauen, mit den Kindern, mit den Männern, den kurdischen Kämpfern, und lassen Sie uns doch einmal offen darüber diskutieren, ob wir ihnen nicht helfen müssen! Wir als Union helfen. Wir können Ihre Kaltherzigkeit nicht verstehen. (Beifall bei der CDU/CSU – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Das ist unglaublich!) Wir müssen diesen erfolgreichen Weg der Unterstützung weitergehen. Wir wollen mit der Unterstützung von Luftangriffen zentrale Infrastrukturbereiche des IS, nämlich Kommandozentralen, Ausbildungszentralen, Infrastrukturzentralen, auch Ölförderanlagen als wichtige Einnahmequellen, zerstören. Dieses gemeinsame Vorgehen hat zum Ziel, dass der Staat Syrien nicht im Terror untergeht, sondern eines Tages mit Neuwahlen in eine neue und gute Zukunft gehen kann, auch damit die vielen Menschen, die vor diesem furchtbaren IS-Terror und vor dem furchtbaren, verbrecherischen Assad-Regime fliehen – auch nach Deutschland –, wieder in ihrem Heimatland Syrien eine Perspektive bekommen, damit sie zurückfinden können und in ihrer Heimat leben können. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, es zeigt sich deutlich, dass, wenn wir nicht bereit sind, die Menschen in den Krisengebieten zu unterstützen, dann die Krisen zu uns kommen. Wir müssen uns dem Terror dort entgegenstellen, wo er entsteht. Bei den jüngsten Umfragen wurde deutlich, dass beinahe 60 Prozent der deutschen Bevölkerung dafür sind, dass wir einen militärischen Beitrag leisten sollten. Von diesen 60 Prozent sind gar 51 Prozent Grüne-Anhänger, Herr Hofreiter. Ich weiß gar nicht, wie Sie diese Zerreißprobe in Ihrer Partei bestehen wollen. Die Mehrheit Ihrer Anhänger ist für einen militärischen Beitrag, und Sie entscheiden sich heute dagegen. Das wird Ihre Partei vor eine große Zerreißprobe stellen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das lassen Sie mal unsere Sorge sein!) Die Anschläge von Paris waren auch gegen Deutschland gerichtet. Es ist klar, dass wir uns an die Seite unserer französischen Partner stellen, auch um die Sicherheit unseres Landes zu stärken. Wir stehen ein für die freiheitlichen Demokratien, weil wir wissen, dass der IS überall dort die Gelegenheit nutzt, freiheitliche Strukturen zu zerstören. Egal, ob sich ein Land an einer Allianz beteiligt oder nicht: Der IS-Terror nimmt keine Rücksicht. Er tötet all diejenigen, die sich nicht ihrer radikalen Bewegung anschließen. Das bedeutet für uns im Umkehrschluss, dass uns Passivität nicht schützen wird. Außenpolitische Zurückhaltung wird uns nicht weniger zu einem Anschlagsziel machen, als wir es jetzt vielleicht schon sind. Ich möchte aber deutlich darauf hinweisen, dass ein militärischer Beitrag nur ein Baustein unserer Strategie im Kampf gegen den IS ist. Erst der gleichzeitige Einsatz verschiedener Instrumente – Diplomatie, zivilgesellschaftliches Engagement und militärisch temporärer Einsatz – unterstützt einen solchen Erfolg. Auch das ist die Lehre aus dem Afghanistan-Einsatz. Meine Damen und Herren, vor allem wichtig ist, dass der Wiener Prozess dieses Vorgehen begleitet. In der Vergangenheit ist der IS auch durch die Uneinigkeit der Staatengemeinschaft stark geworden. Durch den Wiener Prozess sitzen nun alle beteiligten Staaten dieser Region an einem Tisch, um eine Lösung zu erarbeiten. Es gibt einen gemeinsamen Nenner dieser Staaten. Dieser gemeinsame Nenner ist die Verantwortung, sich gegen diesen IS-Terror zu stellen. Deutschland nimmt diese Verantwortung wahr. Wir können uns nicht heraushalten, und wir wollen uns nicht heraushalten, auch zum Schutz unseres eigenen Landes. Es wird ein langer und es wird ein steiniger Weg, den es sich lohnt gemeinsam zu gehen. Meine Damen und Herren, die Sicherheit ist der Garant für die Freiheit; denn ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit. Wir müssen bereit sein, diese Freiheit zu verteidigen, auch dafür einzustehen: zum Schutz der leidgeprüften Menschen, für die Solidarität in Europa und für die Sicherheit unseres Landes. Lassen Sie uns gegen den IS-Terror entscheiden, damit Menschlichkeit wieder Raum greift. Deshalb sollten wir diesem Mandat heute zustimmen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU) Präsident Dr. Norbert Lammert: Nächster Redner ist der Kollege Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Roderich Kiesewetter (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Einsatzentscheidung ist ein Zeichen der Entschlossenheit, und sie ist wohlüberlegt. Heute vor drei Wochen, am 13. November, haben die fürchterlichen Anschläge in Paris stattgefunden. Sie haben auch uns gegolten, nicht nur unserer Nationalmannschaft, sondern unserer westlichen Lebensweise. Deshalb ist dieses Zeichen der Entschlossenheit auch dadurch geprägt, dass es Parlament und Regierung gelungen ist, innerhalb von drei Wochen ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen gegen den Terror, ein entschlossenes Zeichen im Kampf gegen den Terrorismus gegen unsere westliche Welt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Trotzdem – ich habe viel Verständnis für die Kollegen, die mit Demut auf die Entscheidungen schauen – müssen wir uns bewusst sein, dass wir es uns in der Vergangenheit nicht immer einfach gemacht haben, so auch heute. Zu diesem Zeichen der Entschlossenheit gehört eine kurzfristige militärische Aktion. Aber genauso gehört dazu, alle Anstrengungen darauf auszurichten, mittelfristig ein Mandat der Vereinten Nationen zu erzielen und auf weitere Sicht ein Mandat zu erzielen, das Bodentruppen aus der Region umfasst, die für eine Befriedung, für die Trennung der Konfliktparteien und für eine Stabilisierung des Wiederaufbaus sorgen. Um dies zu erreichen, ist die heutige Entscheidung die erste Voraussetzung. Sie ist notwendig, aber bei weitem noch nicht hinreichend. Ich möchte deshalb einen Blick auf die Instrumente werfen, die wir einsetzen. Lieber Herr Kollege Hofreiter, es ist nicht hilfreich, wenn Sie sagen, es sei ein entgrenztes Mandat. Gerade der Blick auf das Mandatsgebiet zeigt, wie ernst uns der politische Prozess ist: Es gehören Syrien und Irak dazu, es gehören das östliche Mittelmeer, das Rote Meer und der Persische Golf dazu. Wir müssen die Konfliktregionen insgesamt betrachten. Es geht hier nicht nur um Syrien. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Eine Entgrenzung des Krieges!) Ich möchte zuerst auf die diplomatischen Mittel eingehen. Bevor es zu diesem Einsatz kam, wurde in Wien die Voraussetzung dafür geschaffen, einen politischen Prozess anzustrengen. Das Einzigartige des Wiener Prozesses ist es doch – das sollten Sie anerkennen –, dass sowohl Russland als auch die USA am Tisch sind, dass Saudi-Arabien und Iran am Tisch sind, dass wir eine internationale Koalition schmieden, die mittelfristig dazu in der Lage ist, alle Vorbehalte, die von der einen oder anderen Seite gegen ein UN-Mandat angeführt werden, zu überwinden. Das ist die Arbeit unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel und unseres Außenministers Frank-Walter Steinmeier. Unterstützen wir sie mit dem Mandat dabei! Wir müssen mit der heutigen Abstimmung ein klares Zeichen setzen. (Beifall bei der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu dem politischen Prozess gehören auch Anstrengungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Gerade der Gipfel mit der Türkei hat gezeigt, dass wir etwas spät auf die Entwicklungen in der Region reagiert haben, aber nicht zu spät. Die Stabilisierungsmaßnahmen der Türkei, die mit der Aufnahme von Millionen von Flüchtlingen geleistet werden, helfen auch uns in Europa. Wir müssen das bei allen innenpolitischen Problemen, die die Türkei hat und auch uns bereitet, wertschätzen. Aber es kann nicht reichen, dass wir nur auf die Türkei schauen. Diejenigen von uns, die in den Flüchtlingslagern in der Türkei oder auch im Libanon oder – wie ich unlängst – in Jordanien waren, wissen, dass die Flüchtlinge dort gebannt darauf warten, dass die Europäische Union bereit ist, mehr zu tun und mitzuhelfen. Wir haben jetzt mit der Bereitstellung von erheblich mehr Mitteln für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Maßnahmen des Welternährungsprogramms in den Flüchtlingslagern die entscheidende Wende erreicht. Wichtig ist aber, auch darauf zu schauen, dass Staaten wie Libanon und Jordanien nicht überfordert werden. Ein Viertel der Bevölkerung dieser Länder besteht aus Flüchtlingen. Wir sollten uns klar vor Augen führen, dass wir hier gefordert sein werden, nicht nur im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, und dass dieses Mandat möglicherweise – das sage ich in aller Demut – einen Einstieg der Europäischen Union in einen weiteren Zusammenhang, in eine weitere Stabilisierung bedeuten muss. (Heike Hänsel [DIE LINKE]: „Eine weitere Stabilisierung“, was heißt das?) Wir müssen den Blick auch darauf richten, wie wir es schaffen, dass die Region selber Verantwortung übernimmt. Hier reichen entwicklungspolitische Maßnahmen nicht aus. Das führt mich zum dritten Punkt: zur Frage der Stabilisierung und Aussöhnung. In Kurdistan, im Irak beginnt gerade eine ganz vorsichtige Aussöhnung zwischen den zerstrittenen Parteien der Sunniten, Schiiten und Kurden. Das ist ein sehr langfristiger Prozess. Die Kurden übernehmen in einer bestimmten Region Verantwortung, auch dank deutscher Unterstützung und Beratung. Wir werden uns dort jahrelang engagieren müssen. Ein weiterer Blick, der aus meiner Sicht erforderlich ist, richtet sich darauf, dass sich ISIS zurzeit in Libyen festbeißt. Der Libyen-Einsatz 2011 zeigt, dass eine isolierte Betrachtung und ein ausschließlicher Einsatz militärischer Mittel nicht zielführend sind. Hier liegt es in der Verantwortung der Europäischen Union, aus den Fehlern von 2011 zu lernen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Wir müssen es schaffen, als Europäer gemeinsam ein Zeichen zu setzen. In der Europäischen Sicherheitsstrategie aus dem Jahr 2003 hieß es, dass Europa von einem Ring stabiler Staaten umgeben sein sollte. Diese Forderung haben wir nicht umsetzen können. Das wird die entscheidende Herausforderung der nächsten Jahre werden. Wir warten gespannt nicht nur auf das Weißbuch der Bundesregierung, sondern wir warten gespannt auch auf die europäische außen- und sicherheitspolitische Strategie, die im Sommer nächsten Jahres verabschiedet werden soll. Über unser europäisches Engagement und unsere deutsche Verantwortung nachzudenken und zu debattieren, wäre aller Anstrengungen in diesem Hohen Hause wert. Wir können nicht von Entgrenzung reden, Herr Kollege Hofreiter, schon gar nicht sollten wir von einer Unterstützung des Terrorismus durch Enthaltung, so wie Sie es machen, oder durch Ablehnung reden, sondern wir müssen uns stärker in der Region engagieren und uns darüber in diesem Hause unterhalten. (Beifall bei der CDU/CSU) Damit komme ich zur militärischen Komponente. Jeder Militäreinsatz ist ein sehr schwieriger Einsatz, weil er auch Gewissensfragen umfasst. Aber ausschließlich den Einsatz westlicher Armeen zu verdammen, kein Wort über die Verbrechen, die Russland in verschiedenen Bereichen durchführt, zu verlieren und immer den Westen anzugreifen, das spricht für eine Verblendung. Das ist ein falsches Bild, das unserer Öffentlichkeit hier aus dem Parlament übermittelt wird. Jeder Einsatz muss in ein politisches Konzept eingebettet sein. Das ist das, was deutsche Außenpolitik ausmacht. Das sind unsere Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz und aus dem Irakkrieg von 2003. Deshalb war es gerade so wichtig, dass die Bundesregierung, aber auch unser Parlament so stark darauf gedrungen haben, dass der politische Prozess in Wien nach Abschluss der Verhandlungen mit dem Iran vorangetrieben wird. Noch eines: Dieser Prozess bietet der Europäischen Union endlich die Chance, Bewegung in den Nahostkonflikt zu bringen. Mit einer Stabilisierung von Jordanien und dem Libanon leisten wir einen Beitrag zur Unterstützung Israels und damit auch einen Beitrag zur viel beschworenen Staatsräson, die wir erbringen müssen, um in der Region zu helfen und um Israel in einem stabilen Umfeld zu bewahren. Darüber haben wir überhaupt noch nicht nachgedacht. Deshalb appelliere ich an die Grünen: (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das hat keinen Sinn!) Geben Sie sich einen Ruck, und denken Sie nicht nur an die Bekämpfung des Terrors! Denken Sie auch an die Bekämpfung und Überwindung des Nahostkonflikts. Wir brauchen eine stabile Region, auch im Südosten Europas. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Präsident Dr. Norbert Lammert: Johann Wadephul ist der letzte Redner in dieser Debatte für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar, dass in dieser Debatte deutlich geworden ist, dass wir heute zwar einen militärischen Einsatz beschließen, dass aber das Militärische nicht die letzte, nicht die einzige Antwort auf den IS, den Terrorismus und die Barbarei ist, der wir uns gegenübersehen. Ich möchte zum Schluss der Debatte darauf aufmerksam machen, dass die deutsche Außenpolitik in einer großen Kontinuität steht. Sie stellt die Diplomatie, die Verständigung und das Herstellen von Gesprächskontakten in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Das ist bei Vorgängerregierungen so gewesen, und das ist bei den aktuellen Konflikten, die wir zu bewältigen hatten, auch so gewesen. Ich darf den Ukraine-Konflikt in Erinnerung rufen; der übrigens mitnichten beendet worden ist. Es gab schwere Völkerrechtsverletzungen seitens Russlands. Es war Deutschland, es war die deutsche Bundeskanzlerin, die dafür gesorgt hat, dass der Minsker Prozess eingeleitet wurde. Sie war es, die Frankreich eingebunden hat. Sie hat dafür gesorgt, dass Präsident Putin mit am Tisch saß. Es war die deutsche Bundeskanzlerin, es war Deutschland, das auf Diplomatie und auf Verständigung gesetzt hat. Es war Deutschland, das sich der Forderung, Waffen an die Ukraine zu liefern, widersetzt hat. Unsere Außenpolitik ist also nicht militärisch geprägt, aber wir wissen, dass es Situationen gibt, in denen wir bündnisfähig sein müssen. (Beifall bei der CDU/CSU) Es war der deutsche Bundesaußenminister, der viel Kraft und Energie auf die Nukleargespräche, die den Iran betrafen, verwandt hat. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir einen Erfolg erzielt haben. Es war der deutsche Bundesaußenminister, der mit unserer Unterstützung – Herr Gehrcke, ich glaube, sogar mit Ihrer, dafür ein herzliches Dankeschön – nach erfolgreichem Abschluss der Nukleargespräche eine bemerkenswerte Reise gemacht hat – erst in den Iran, nach Teheran, dann nach Saudi-Arabien, nach Riad – und damit wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass der Wiener Prozess beginnen konnte. Jeder in diesem Hohen Hause weiß doch – auch jeder, der heute zustimmen will –: Militärisch werden wir das nicht lösen. Wir werden das nur lösen, wenn der Wiener Prozess vorangeht, und das schaffen wir ohne Iran und ohne Saudi-Arabien nicht. – Ich möchte Frank-Walter Steinmeier ein ganz herzliches Dankeschön sagen, dass er sich dafür eingesetzt hat. Das hat viel geholfen. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Aber jetzt gibt es eine Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft zum Kampf gegen diese Barbarei. Es geht nicht – Frau Kollegin Wagenknecht, ich möchte Sie herzlich auffordern, diese Formulierung noch einmal zu überdenken und sie zurückzunehmen – um einen Wettstreit, wer der Bessere im „Morden“ ist, wie Sie, Frau Wagenknecht, heute Morgen hier gesagt haben. Ich halte das für eine schlimme Entgleisung. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Wir sind an der Seite der Weltgemeinschaft, die in einer UN-Resolution – unabhängig davon, was Sie völkerrechtlich aus dieser UN-Resolution herleiten – diese Barbarei des IS verurteilt hat. (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wir auch!) Wir sind, Herr Kollege Gehrcke, auf der Seite der Humanität. Wir sind auf der Seite des Rechts. Wir sind auf der Seite des Internationalismus. Das sage ich den Linken einmal: Hört ihr nicht die Signale? Sie sind Provinzialisten, wenn Sie sich in die linke Ecke des deutschen Hauses zurückziehen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], an die LINKE gewandt: Mal wieder die Signale nicht gehört? Hört doch mal hin!) Ich kann den Grünen in dieser Debatte folgenden Hinweis nicht ersparen: Sie haben nicht ohne Stolz – das muss man anerkennen – in vielen Debatten über Europa, zum Beispiel über die Griechenland- und die Portugal-Rettungspakete, immer wieder darauf hingewiesen – ich habe manche Rede des Kollegen Trittin hier in wirklich guter Erinnerung –, dass Sie für das europäische Projekt stehen. Herr Kollege Hofreiter, es wäre nicht trivial – das muss man bei all den Fragen, die es zur Zukunft in Syrien noch gibt, und bei all der Unfertigkeit dieses Projektes sagen –, wenn wir in dieser Lage Frankreich die Solidarität versagen würden. (Beifall bei der CDU/CSU) Die deutsch-französische Freundschaft ist nach wie vor – 2003 haben wir hier gemeinsam das Jubiläum begangen – eine Sache, für die wir tiefste Dankbarkeit empfinden müssen, auch in dieser Situation. Europa wird ohne eine funktionierende deutsch-französische Achse schlicht und ergreifend handlungsunfähig. (Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mali? Maastricht-Kriterien? Es gibt noch andere Möglichkeiten!) – Sie können zu Recht auf viele andere Projekte hinweisen – natürlich machen wir Mali –; das ist alles richtig. Aber in dieser Situation diese Bitte des französischen Präsidenten und des französischen Staates abzulehnen, würde die deutsch-französische Freundschaft auf das Schwerste schädigen. (Beifall bei der CDU/CSU) Wenn Sie sich zum Projekt Europa bekennen, dann müssen Sie sich an dieser Stelle auch zur Solidarität mit Frankreich bekennen. (Christine Buchholz [DIE LINKE]: Blinde Solidarität!) Dann muss man jetzt auch springen und darf sich nicht zurückziehen auf intellektuelle Spielchen, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Linken. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Meine Damen und Herren, die Christen in dieser Welt bereiten sich auf das Weihnachtsfest vor. Nach unserer schwierigen Entscheidung müssen sich auch deutsche Soldatinnen und Soldaten auf einen schwierigen, schweren und gefährlichen Einsatz vorbereiten. Wir wünschen ihnen alles Gute, Gottes Segen und dass sie nach Erfüllung ihres Auftrags wohlbehalten zu ihren Familien zurückkehren können. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Das ist ja ganz schlecht, was Sie erzählen!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS. Hierzu liegen mir zahlreiche persönliche Erklärungen zur Abstimmung vor, die wir, wie üblich, dem Protokoll beifügen.1 Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/6912, dem Antrag der Bundesregierung auf Drucksache 18/6866 zuzustimmen. Über diese Beschlussempfehlung stimmen wir nun auf Antrag der Koalitionsfraktionen namentlich ab. Ich weise aber schon jetzt darauf hin, dass es danach eine weitere namentliche und eine weitere nicht namentliche Abstimmung geben wird. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Plätze einzunehmen und mir zu signalisieren, wenn die Urnen jeweils doppelt besetzt sind. (Auf der Tribüne wird eine Fahne entrollt) – Ich darf Sie bitten, die Fahne dort oben friedlich wieder einzurollen. Darf ich noch einmal fragen, ob an allen Urnen jeweils zwei Schriftführerinnen und Schriftführer anwesend sind? – Das scheint der Fall zu sein. Dann eröffne ich den Abstimmungsvorgang. Vizepräsidentin Claudia Roth: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen, von meiner Seite, auch den Gästen auf der Tribüne! Darf ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit bitten: Gibt es Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht abgestimmt haben bei der ersten namentlichen Abstimmung? – Da niemand reagiert, gehe ich davon aus, dass Sie alle abgestimmt haben. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.2 Wir stimmen nun über die Entschließungsanträge der Fraktion Die Linke ab. Die Fraktion Die Linke hat zu dem Entschließungsantrag auf Drucksache 18/6918 namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte die Schriftführer und Schriftführerinnen, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Ich eröffne die zweite namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag – ich sage es noch einmal – auf Drucksache 18/6918. Gibt es Mitglieder des Hauses, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben? – Es wäre viel einfacher, das festzustellen, wenn Sie sich hinsetzen und die Gespräche einstellen würden, weil wir gleich noch eine Abstimmung haben. Also: Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Ich werde Ihnen die Ergebnisse der Abstimmung – wie immer –, sobald sie uns vorliegen, bekannt geben.3 Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/6917. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat Die Linke, abgelehnt hat der Rest des Hauses: CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Jetzt kommt ein sehr wichtiges Thema. Deswegen bitte ich – das ist unverhandelbar –, die Gespräche einzustellen und Platz zu nehmen; das gilt für alle. Wir kommen jetzt, wie gesagt, zu einem sehr wichtigen Thema, nämlich zu einer Regierungserklärung, und ich möchte, dass der Ministerin und den Kolleginnen und Kollegen zugehört wird. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf: Abgabe einer Regierungserklärung durch die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur UN-Klimakonferenz in Paris Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke sowie ein gemeinsamer Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen vor. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache im Anschluss an die Regierungserklärung 77 Minuten vorgesehen. – Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Das Wort zur Abgabe der Regierungserklärung hat jetzt Dr. Barbara Hendricks. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Barbara Hendricks, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Klimakonferenz in Paris, die Anfang dieser Woche begonnen hat, könnte – ja, sie muss – der Aufbruch in ein neues Zeitalter sein. Es geht tatsächlich um die Zukunft unseres Planeten. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat zur Eröffnung am Montag treffend beschrieben, die Konferenz sei ein politischer Moment, wie er vielleicht nicht wiederkommt. In den meisten Reden der Staats- und Regierungschefs ist die Bereitschaft zum Ausdruck gekommen, jetzt einen globalen Klimavertrag zu vereinbaren, und auch bei meinen ersten Gesprächen in Paris habe ich gespürt, dass wir alle uns unserer gemeinsamen Verantwortung bewusst sind. Die Erwartungen an diese Konferenz aus diesem Hohen Haus, aus Deutschland und aus Europa reihen sich ein in die Erwartungen von Milliarden Menschen auf der ganzen Welt – vor allem in den ärmsten und besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern. Ich möchte dem gesamten Bundestag für das Engagement gegen den Klimawandel danken. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Natürlich streiten wir auch hier gelegentlich über den richtigen Weg des Klimaschutzes im eigenen Land. Bei den internationalen Verhandlungen haben wir aber immer die Tradition des Schulterschlusses gehabt, und ich freue mich auf die vielen positiven Beiträge aus allen Fraktionen. Ich danke auch dafür, dass aus allen Fraktionen Kolleginnen und Kollegen mit nach Paris kommen werden. Wir werden Sie über den Gang der Dinge auch weiter gut informiert halten, sodass Sie Informationen zum Verhandlungsprozess aus erster Hand erhalten. Die Delegationen der 195 Staaten haben die Aufgabe, die vermutlich größte Herausforderung dieses Jahrhunderts anzugehen, nämlich den Klimawandel zu begrenzen. Von Paris soll das Signal ausgehen: Die Welt steht zusammen. Für unseren Teil kann ich sagen: Die Bundesregierung wird alles dafür tun, dass diese Konferenz ein Erfolg wird. Ich möchte Präsident Hollande und allen Französinnen und Franzosen meinen großen Dank dafür aussprechen, dass sie diese Großveranstaltung trotz der schwierigen Situation in so hervorragender Weise schultern. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Für uns alle ist in Paris die Trauer über die feigen und bestialischen Anschläge spürbar. Aber wir spüren auch das Ausrufezeichen: Jetzt erst recht! Wir lassen uns die Zukunftsgestaltung nicht von Mördern wegnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Weg nach Paris war mühsam und lang. Allerdings sind wir gerade auf den letzten Metern in diesem Jahr sehr gut vorangekommen. Dazu zähle ich unter anderem die Beschlüsse der G-7-Konferenz in Elmau, die Weltwirtschaft noch in diesem Jahrhundert zu dekarbonisieren. Ich bin der Bundeskanzlerin dankbar, dass sie dieses Ziel der Dekarbonisierung noch einmal ausdrücklich unterstrichen hat. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Das Bekenntnis, von Kohle, Öl und schließlich auch Gas vollständig Abstand zu nehmen, war eben keine Laune in Elmau, sondern eine gut bedachte und notwendige Richtungsentscheidung, ein Bekenntnis, dem sich Brasilien wenig später angeschlossen hat. Das war ein wichtiges Signal in Richtung der aufstrebenden Länder des Südens. Ein anderer wichtiger Zwischenschritt liegt bereits zwei Jahre zurück. Bei der Konferenz in Warschau 2013 wurde vereinbart, dass alle Staaten im Vorfeld der Pariser Konferenz ihre nationalen Beiträge einreichen sollten. Dieses Vorgehen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. 185 Vertragspartner haben das jetzt getan. Sie stehen für mehr als 95 Prozent des weltweiten Treibhausgasausstoßes. Der Verhandlungsprozess von Paris hat schon jetzt zu mehr Klimapolitik auf der Welt geführt, als wir je zuvor hatten. Mit diesen Beiträgen würden wir die weltweite Erwärmung auf circa 2,7 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen können. Wir erreichen also zwar noch nicht die 2-Grad-Obergrenze, aber das ist eine deutliche Abkehr vom bisherigen Trend, bei dem wir noch mit 4 oder sogar 5 Grad Erderwärmung hätten rechnen müssen. Aber nochmals: Nur die Zwei vor dem Komma reicht nicht aus. Wir müssen mehr machen, und wir können das auch. Die 2-Grad-Obergrenze muss völkerrechtlich verbindlich werden. Nicht zuletzt deswegen stehen wir jetzt, fast 20 Jahre nach Kioto, in den härtesten zwei Wochen des internationalen Klimaprozesses. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einmal darstellen, was die Leitlinien unserer Verhandlungen in Paris sind. Erstens. Wir brauchen vollständige Transparenz. Wir wollen klare Regeln, wie der Klimaschutz in den einzelnen Staaten gemessen und dokumentiert wird. Zweitens. Wir müssen in der Lage sein, nachzusteuern. Deswegen brauchen wir einen Mechanismus, der die Ambitionen Stück für Stück steigert. Ich möchte erreichen, dass wir Zyklen von fünf Jahren durchsetzen, wobei die Klimaschutzanstrengungen jeweils verstärkt werden müssen, sodass man keinesfalls dahinter zurückfallen kann. Drittens. Wir wollen weltweite Solidarität mit den Ländern, die unter den Auswirkungen des Klimawandels am stärksten leiden. Viertens. Wir brauchen das Bekenntnis zu einem langfristigen Ziel. Das Ziel muss sein: null CO2 aus fossilen Energieträgern im Laufe dieses Jahrhunderts. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, der internationale Klimaschutz wird weiterhin auf Dialog angelegt sein. Für diesen Dialog brauchen wir aber Leitplanken, die uns in Richtung des 2-Grad-Ziels führen. Dazu zählt, dass wir die Anstrengungen der Staaten regelmäßig überprüfen. Am liebsten wäre es mir, die nationalen Beiträge völkerrechtlich verbindlich festzuschreiben. Mindestens aber brauchen wir ein völkerrechtlich verbindliches System, mit dem gemessen wird. Je transparenter die Bemühungen der Staaten, desto unwahrscheinlicher, dass sich Länder still und heimlich von ihren Zielen und Zusagen verabschieden. Daher wollen wir alle fünf Jahre eine Überprüfung. Es lohnt sich, um die Vermeidung eines jeden Zehntelgrades Erderwärmung zu kämpfen. Darüber hinaus müssen wir in der Lage sein, nachzujustieren. Wir wollen einen Mechanismus vereinbaren, der es uns ermöglicht, die Anstrengungen Stück für Stück zu steigern, abhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen und von künftigen technologischen Möglichkeiten. Sie sehen: Paris wird nicht der Endpunkt der Klimadiplomatie sein. Vielmehr muss es der Ausgangspunkt einer neuen und erfolgreichen Phase weltweiter Klimaschutzpolitik sein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich anhand von zwei Begegnungen, die ich gerade vorgestern hatte, die Situation beschreiben. Ich habe am Mittwoch Sheila Watt-Cloutier, eine sehr engagierte Frau aus dem Norden Kanadas, kennengelernt. Sie gehört zum Volke der Inuit und erzählte mir von dem Nationalpark Auyuittuq am Rande der Arktis. Der Name heißt auf Deutsch: Land, das nie schmilzt. Tatsächlich stimmt der Name nicht mehr: Heute schmilzt das Land und damit alles, was die Lebensgrundlage des Volkes der Inuit ausmacht. Gemeinsam mit ihr habe ich den Außenminister der Marshall Islands, Tony de Brum, getroffen. Beide wurden gerade mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Ohne ein neues Klimaschutzabkommen wird seine Heimat im Meer versinken. Auf der einen Seite schmilzt ein Land, auf der anderen Seite droht ein anderes vom steigenden Meeresspiegel geschluckt zu werden. Natürlich ist das ursächlich miteinander verbunden, obwohl der Norden Kanadas und die Marshall-Inseln mehr als 10 000 Kilometer voneinander entfernt sind. Das sind nur zwei Beispiele. Von der Konferenz in Paris hängt die Existenz ganzer Völker ab. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN) Für viele Menschen ist der Klimawandel bereits heute eine unmittelbare Bedrohung: in Afrika südlich der Sahara, in Südasien und an vielen anderen Orten. Trinkwasser wird knapp, Böden vertrocknen, und Wüsten breiten sich aus. Immer mehr Menschen verlieren ihre Heimat. Ein fortschreitender Klimawandel würde viele Verteilungskonflikte verschärfen und neue Verteilungskonflikte hervorrufen: Konflikte um Land, um Wasser, um Böden, um Nahrungsmittel. Wenn die Erderwärmung um mehr als 2 Grad steigt, wird es gefährlich. In vielen Regionen setzt dies schon oberhalb von 1,5 Grad ein. Schaffen wir es nicht, den Temperaturanstieg zu begrenzen, werden wir den Kampf gegen Armut, Verzweiflung und Flucht verlieren. Wir alle haben die Pflicht, unseren Beitrag zu leisten, damit diesen Menschen eben nicht die Hoffnung genommen wird. Klimaschutzpolitik ist zugleich Entwicklungspolitik und Friedenspolitik. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gesagt, dass die Konferenz unter guten Vorzeichen steht. Dennoch dürfen wir nicht so tun, als wäre das Ergebnis schon erreicht. Wir haben insgesamt 196 Vertragsparteien, zwischen denen sich Dynamiken ergeben können, die wir noch nicht genau absehen. Der EU kommt hier eine wichtige Bedeutung zu, als Vermittlerin und als Antreiberin, damit es nicht nur Kompromisse auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner gibt. Gemeinsam mit meinen europäischen Kolleginnen und Kollegen wird das der Schwerpunkt meiner Arbeit in der kommenden Woche sein. Ich darf Ihnen sagen, dass Deutschland international als ein ehrlicher Makler wahrgenommen wird; eine Rolle, die wir nun auch gut ausfüllen wollen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Gerade die Länder des Südens werden unter den Folgen des Klimawandels leiden, selbst wenn wir den Temperaturanstieg auf 2 Grad begrenzen können. Gleichzeitig haben die allermeisten von ihnen historisch nur zu einem sehr geringen Teil zum Klimawandel beigetragen. Schon in Kopenhagen haben wir, die Industrieländer, uns dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an öffentlichen und privaten Investitionen für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel zu mobilisieren. Das ist – ich habe das in Paris bereits betont – eine absolut notwendige Voraussetzung, um die Zustimmung aller Staaten zu bekommen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ende 2014 standen wir bereits bei 62 Milliarden US-Dollar. Wir sind also auf einem guten Weg. Insgesamt muss die Klimafinanzierung eine der Säulen des neuen Abkommens sein. Wir wollen, dass sich der Geberkreis erweitert. Wir brauchen auch in dieser Hinsicht Fairness. Die Reicheren, Leistungsstärkeren müssen den Bedürftigeren helfen. Das ist die ganz einfache Formel, um die es geht. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Das bedeutet auch, dass wir uns von Einteilungen der Welt in Arm und Reich, wie sie etwa noch Anfang der 90er-Jahre bestanden hat, verabschieden müssen. Heute haben einige prosperierende Länder des Südens ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als mancher EU-Mitgliedstaat. Diese müssen wir in die Solidarität einbinden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, effektiver Klimaschutz ist nur möglich, wenn möglichst viele Finanzströme in Richtung Klimaschutz und Klimaanpassung umgelenkt werden, und das hat bereits begonnen: Von der Rockefeller-Stiftung bis zum norwegischen Staatsfonds ziehen immer mehr Investoren ihr Geld aus fossilen Industrien ab und legen es stattdessen in erneuerbare Energien und nachhaltige Investitionen an. In der vergangenen Woche – Sie haben es alle wahrgenommen – hat die Allianz Versicherung eine entsprechende Ankündigung gemacht. Es ist wichtig, diese Entwicklung zu unterstützen. Deshalb ist das Langfristziel so wichtig; denn damit geben wir der wirtschaftlichen Entwicklung eine Richtung und Investoren ein Signal. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gestern habt ihr noch dagegengestimmt!) Das ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass viele auch etwas im Kampf gegen den Klimawandel tun können. Wenn die Allianz ihre Anlagestrategie ändert, dann können das andere Anleger auch: (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur die Bundesregierung nicht!) Stiftungen, Kirchen, Privatanleger oder Kommunen, wie es zum Beispiel die Stadt Münster gerade getan hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Großteil der bekannten Reserven an Kohle, Öl und Gas muss in der Erde bleiben, wenn der Klimawandel nicht aus dem Ruder laufen soll. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch in der Lausitz!) Die Zeit ist reif für eine weltweite Energiewende. Es ist nicht zuletzt einer der Erfolge des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes, dass Strom aus erneuerbaren Energien marktfähig geworden ist. Wir haben gut daran getan, voranzugehen. Wir können heute günstigen Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen. Das langfristige Ziel einer grünen Null, netto null Gramm Treibhausgasausstoß aus unseren Wirtschaftsprozessen, gibt die Richtung vor. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie aber gestern niedergestimmt!) Damit bin ich bei unseren Aufgaben in Deutschland. Der Klimawandel wird auch uns direkt betreffen. Seit 1880 hat sich die durchschnittliche Jahrestemperatur um 1,4 Grad erhöht. Die Zahl der heißen Tage mit über 30 Grad hat sich verdreifacht, mit vielen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit, die Landwirtschaft und die Tier- und Pflanzenwelt. Wir haben es immer häufiger mit Stürmen, Starkregenereignissen und Überflutungen zu tun. Die Reparaturkosten, die ein ungebremster Klimawandel mit sich bringen würde, sind nachweislich höher als entschlossener Klimaschutz; weltweit betrachtet, aber auch in unserem eigenen Land. (Ulli Nissen [SPD]: Und deshalb handeln wir!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute ist für alle ein guter Anlass, sich selbst einmal gründlich zu hinterfragen. Ich treffe immer wieder Skeptiker, die das, was wir tun, für übertriebene Hysterie halten. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Übertrieben nicht!) Dieser Haltung begegnet man zwar nicht gerade im Umfeld großer Klimakonferenzen, wohl aber im politischen Alltag, wenn es darum geht, Klimaschutz aktiv umzusetzen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sigmar bremst so richtig!) Ich will am heutigen Tag eines sagen: Der Kampf gegen den Klimawandel ist eben keine Spaßveranstaltung. Er ist auch kein Hobby und kein sinnloses Zeug, sondern er ist ausgesprochen ernst. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Präsident Obama hat recht mit seiner Aussage, dass es absolut zynisch ist, zu sagen, man könne nichts gegen den globalen Klimawandel tun. Mit einem neuen Abkommen wollen wir denjenigen die Hand entgegenstrecken, deren Angst vor der Transformation größer ist als die Sorgen vor den Folgen des Klimawandels. (Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gabriel!) Ihnen allen möchte ich heute zurufen: Kommen Sie mit, machen Sie mit! (Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sigi!) Wir stoppen gemeinsam den Klimawandel und geben so Millionen von Menschen die Chance auf ein besseres Leben. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Es gibt keinen Anlass, den Kopf in den Sand zu stecken. Die Bundesregierung ist die Erste, die klar sagt, wie wir unsere Klimaziele erreichen können. Mit dem Aktionsprogramm „Klimaschutz“ haben wir über 100 zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Wir haben Transparenz hergestellt, indem wir jedes Jahr einen Klimaschutzbericht vorlegen. Gerade gestern wurde erstmals über einen solchen Bericht debattiert. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Ihre Forderung ist von der Großen Koalition abgelehnt worden! Was sagen Sie dazu?) Wir haben zudem die Zivilgesellschaft, die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger mit an den Tisch geholt. Im kommenden Jahr werde ich Ihnen den Klimaschutzplan 2050 vorstellen. Er wird Strategien aufzeigen, wie wir unser langfristiges Ziel erreichen können, bis zum Jahr 2050 bis zu 95 Prozent weniger CO2 auszustoßen; dazu haben wir uns verpflichtet. Das ist aller Anstrengungen wert. Wenn ich sage, dass wir in unserem Land klare Signale geben müssen, wohin wir mit unserer Politik wollen, dann gilt das besonders für die Wirtschaft. Deutschland ist ein Vorreiter im Klimaschutz. Wir erleben gerade, wie uns immer mehr Länder folgen. Das ist auch eine direkte Folge der klugen Förderpolitik in unserem Land. 1,5 Millionen Menschen verdienen ihr Geld heute in dieser Branche. Der Weltmarktanteil nachhaltiger Produkte, Verfahren und Dienstleistungen made in Germany liegt bei fast 14 Prozent. Das sollte uns ermutigen, diesen Weg weiterzugehen. Klimaschutz schadet nicht der Wirtschaft. Klimaschutz schafft vielmehr Wohlstand und Arbeitsplätze. In Deutschland ist das Bruttoinlandsprodukt zwischen 1990 und 2014 um 39 Prozent gestiegen, während im selben Zeitraum die Emissionen um 27 Prozent gesunken sind. Wir haben also das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch entkoppelt. Das ist echte Nachhaltigkeit. Richtig ist, dass sich unsere Wirtschaftsstruktur weiter verändern wird, übrigens auch die Mobilität. Diese Prozesse müssen wir klug organisieren. Die Zeit der fossilen Energieträger, auch der Braunkohle, geht zu Ende. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn?) Das müssen wir den Menschen offen sagen, weil wir die Verantwortung für einen gut gesteuerten Strukturwandel tragen, im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der betroffenen Regionen. Das Gleiche gilt für die Landwirtschaft. Es reicht nicht mehr, nur auf Masse zu produzieren. Dazu sind die Umwelt- und Klimafolgen der Landwirtschaft zu groß. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Auch hier ist ein Strukturwandel notwendig, hin zu mehr Umwelt- und Naturschutz und weniger Emissionen. Das überkommene System der Agrarsubventionen setzt hier bisher die völlig falschen Anreize. Es ist wirklich an der Zeit, das grundsätzlich zu ändern. (Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht doch!) In dem Zug nach Paris am letzten Samstag habe ich zwei Schüler getroffen: die 16-jährige Amelie und den 15-jährigen Jonah. Gemeinsam mit vielen anderen Schülern haben die beiden eine Aktion gestartet. Sie haben Postkarten verteilt, auf denen man seine Wünsche für die Pariser Konferenz aufschreiben konnte. Über 3 000 Postkarten junger Menschen wurden mir überreicht. Der ganz überwiegende Teil hat sich von uns gewünscht, dass wir im Klimaschutz vorankommen. Die Frage, wie wir heute unsere Verantwortung wahrnehmen, stellt die Weichen für die Zukunft. Ich möchte, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit der Postkartenaktion, aber auch die Schülerinnen und Schüler in Kanada oder die auf einer pazifischen Insel einmal an unsere Generation erinnern als eine, die den Mut hatte, umzusteuern, die den Mut hatte, die Ausbeutung unserer Lebensgrundlagen zu beenden, und die einen Weg gefunden hat, in Wohlstand und einer intakten Umwelt leben zu können. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Dr. Hendricks. – Ich glaube, wir alle wünschen Ihnen Kraft, Durchsetzungsvermögen und Erfolg für die Konferenz in Paris. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich darf Ihnen, bevor wir mit der Debatte beginnen, die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt geben. Erste namentliche Abstimmung – Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS –: abgegebene Stimmen 598. Mit Ja haben gestimmt 445, mit Nein haben gestimmt 146, und es gab 7 Enthaltungen. Die Beschlussempfehlung ist angenommen. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 597; davon ja: 445 nein: 145 enthalten: 7 Ja CDU/CSU Stephan Albani Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Andre Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Helge Braun Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Stefan Heck Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Dr. Heribert Hirte Christian Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dortmund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Gisela Manderla Matern von Marschall Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. h.c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller (Braunschweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Ronja Schmitt Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Frhr. von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier-Becker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Uwe Beckmeyer Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Petra Ernstberger Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Bettina Hagedorn Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Josip Juratovic Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Angela Kermer Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Daniela Kolbe Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Caren Marks Katja Mast Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Detlef Müller (Chemnitz) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Thomas Oppermann Mahmut Özdemir (Duisburg) Aydan Özoğuz Markus Paschke Christian Petry Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post (Minden) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Martin Rabanus Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Susann Rüthrich Bernd Rützel Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Elfi Scho-Antwerpes Ursula Schulte Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Peer Steinbrück Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Bernd Westphal Dirk Wiese Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Tom Koenigs Manuel Sarrazin Kordula Schulz-Asche Nein CDU/CSU Hans-Georg von der Marwitz Martin Patzelt SPD Ulrike Bahr Klaus Barthel Lothar Binding (Heidelberg) Marco Bülow Dr. Ute Finckh-Krämer Rita Hagl-Kehl Gabriele Hiller-Ohm Petra Hinz (Essen) Frank Junge Thomas Jurk Ralf Kapschack Cansel Kiziltepe Steffen-Claudio Lemme Dr. Birgit Malecha-Nissen Hilde Mattheis Bettina Müller Jeannine Pflugradt Andreas Rimkus René Röspel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Dr. Nina Scheer Matthias Schmidt (Berlin) Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Sonja Steffen Rüdiger Veit Waltraud Wolff (Wolmirstedt) DIE LINKE Jan van Aken Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Dr. Andre Hahn Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Volker Beck (Köln) Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Dr. Thomas Gambke Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Dieter Janecek Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Renate Künast Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Doris Wagner Beate Walter-Rosenheimer Enthalten CDU/CSU Dr. Andreas Lenz SPD Dr. Simone Raatz Mechthild Rawert Sönke Rix BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck (Bremen) Dr. Franziska Brantner Cem Özdemir Zweite namentliche Abstimmung – Entschließungsantrag der Linken –: abgegebene Stimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 62 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein haben gestimmt 475, Enthaltungen 55. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 594; davon ja: 62 nein: 477 enthalten: 55 Ja DIE LINKE Jan van Aken Dr. Dietmar Bartsch Herbert Behrens Karin Binder Matthias W. Birkwald Heidrun Bluhm Christine Buchholz Eva Bulling-Schröter Roland Claus Sevim Dağdelen Dr. Diether Dehm Klaus Ernst Wolfgang Gehrcke Nicole Gohlke Annette Groth Dr. Gregor Gysi Dr. Andre Hahn Heike Hänsel Dr. Rosemarie Hein Inge Höger Andrej Hunko Sigrid Hupach Ulla Jelpke Kerstin Kassner Katja Kipping Jan Korte Katrin Kunert Caren Lay Sabine Leidig Ralph Lenkert Michael Leutert Stefan Liebich Dr. Gesine Lötzsch Thomas Lutze Birgit Menz Cornelia Möhring Niema Movassat Norbert Müller (Potsdam) Dr. Alexander S. Neu Thomas Nord Petra Pau Harald Petzold (Havelland) Richard Pitterle Martina Renner Michael Schlecht Dr. Petra Sitte Kersten Steinke Dr. Kirsten Tackmann Azize Tank Frank Tempel Dr. Axel Troost Alexander Ulrich Kathrin Vogler Dr. Sahra Wagenknecht Halina Wawzyniak Harald Weinberg Katrin Werner Birgit Wöllert Jörn Wunderlich Hubertus Zdebel Pia Zimmermann Sabine Zimmermann (Zwickau) Nein CDU/CSU Stephan Albani Peter Altmaier Artur Auernhammer Dorothee Bär Thomas Bareiß Günter Baumann Maik Beermann Manfred Behrens (Börde) Veronika Bellmann Sybille Benning Dr. Andre Berghegger Dr. Christoph Bergner Ute Bertram Peter Beyer Steffen Bilger Clemens Binninger Peter Bleser Dr. Maria Böhmer Wolfgang Bosbach Norbert Brackmann Klaus Brähmig Michael Brand Dr. Reinhard Brandl Helmut Brandt Dr. Ralf Brauksiepe Ralph Brinkhaus Cajus Caesar Gitta Connemann Alexandra Dinges-Dierig Alexander Dobrindt Michael Donth Thomas Dörflinger Marie-Luise Dött Hansjörg Durz Iris Eberl Jutta Eckenbach Dr. Bernd Fabritius Hermann Färber Uwe Feiler Enak Ferlemann Ingrid Fischbach Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Maria Flachsbarth Klaus-Peter Flosbach Thorsten Frei Dr. Astrid Freudenstein Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) Michael Frieser Hans-Joachim Fuchtel Alexander Funk Ingo Gädechens Dr. Thomas Gebhart Alois Gerig Eberhard Gienger Cemile Giousouf Josef Göppel Ursula Groden-Kranich Hermann Gröhe Klaus-Dieter Gröhler Michael Grosse-Brömer Astrid Grotelüschen Markus Grübel Manfred Grund Oliver Grundmann Monika Grütters Dr. Herlind Gundelach Fritz Güntzler Olav Gutting Christian Haase Florian Hahn Dr. Stephan Harbarth Jürgen Hardt Gerda Hasselfeldt Matthias Hauer Mark Hauptmann Dr. Matthias Heider Helmut Heiderich Mechthild Heil Frank Heinrich (Chemnitz) Mark Helfrich Uda Heller Jörg Hellmuth Rudolf Henke Michael Hennrich Ansgar Heveling Peter Hintze Dr. Heribert Hirte Christian Hirte Robert Hochbaum Alexander Hoffmann Thorsten Hoffmann (Dortmund) Karl Holmeier Franz-Josef Holzenkamp Dr. Hendrik Hoppenstedt Margaret Horb Bettina Hornhues Charles M. Huber Anette Hübinger Hubert Hüppe Erich Irlstorfer Thomas Jarzombek Sylvia Jörrißen Dr. Franz Josef Jung Andreas Jung Xaver Jung Dr. Egon Jüttner Bartholomäus Kalb Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Steffen Kanitz Alois Karl Anja Karliczek Bernhard Kaster Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Roderich Kiesewetter Dr. Georg Kippels Volkmar Klein Jürgen Klimke Axel Knoerig Jens Koeppen Markus Koob Carsten Körber Kordula Kovac Michael Kretschmer Gunther Krichbaum Dr. Günter Krings Rüdiger Kruse Bettina Kudla Dr. Roy Kühne Günter Lach Andreas G. Lämmel Dr. Norbert Lammert Katharina Landgraf Ulrich Lange Barbara Lanzinger Dr. Silke Launert Paul Lehrieder Dr. Katja Leikert Dr. Philipp Lengsfeld Dr. Andreas Lenz Philipp Graf Lerchenfeld Dr. Ursula von der Leyen Antje Lezius Ingbert Liebing Matthias Lietz Andrea Lindholz Dr. Carsten Linnemann Patricia Lips Wilfried Lorenz Dr. Claudia Lücking-Michel Dr. Jan-Marco Luczak Daniela Ludwig Karin Maag Yvonne Magwas Thomas Mahlberg Gisela Manderla Matern von Marschall Hans-Georg von der Marwitz Andreas Mattfeldt Stephan Mayer (Altötting) Reiner Meier Dr. Michael Meister Dr. Angela Merkel Jan Metzler Maria Michalk Dr. h.c. Hans Michelbach Dr. Mathias Middelberg Dietrich Monstadt Karsten Möring Volker Mosblech Elisabeth Motschmann Dr. Gerd Müller Carsten Müller (Braunschweig) Stefan Müller (Erlangen) Dr. Philipp Murmann Dr. Andreas Nick Michaela Noll Helmut Nowak Dr. Georg Nüßlein Julia Obermeier Wilfried Oellers Florian Oßner Dr. Tim Ostermann Henning Otte Ingrid Pahlmann Sylvia Pantel Martin Patzelt Dr. Martin Pätzold Ulrich Petzold Dr. Joachim Pfeiffer Sibylle Pfeiffer Eckhard Pols Thomas Rachel Kerstin Radomski Alexander Radwan Alois Rainer Eckhardt Rehberg Lothar Riebsamen Josef Rief Dr. Heinz Riesenhuber Johannes Röring Dr. Norbert Röttgen Erwin Rüddel Albert Rupprecht Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Wolfgang Schäuble Andreas Scheuer Karl Schiewerling Jana Schimke Norbert Schindler Tankred Schipanski Heiko Schmelzle Christian Schmidt (Fürth) Gabriele Schmidt (Ühlingen) Ronja Schmitt Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Ole Schröder Dr. Kristina Schröder (Wiesbaden) Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Klaus-Peter Schulze Uwe Schummer Armin Schuster (Weil am Rhein) Christina Schwarzer Detlef Seif Johannes Selle Reinhold Sendker Dr. Patrick Sensburg Bernd Siebert Thomas Silberhorn Johannes Singhammer Tino Sorge Jens Spahn Carola Stauche Dr. Frank Steffel Dr. Wolfgang Stefinger Albert Stegemann Peter Stein Sebastian Steineke Johannes Steiniger Christian Frhr. von Stetten Dieter Stier Rita Stockhofe Gero Storjohann Stephan Stracke Max Straubinger Matthäus Strebl Karin Strenz Thomas Stritzl Thomas Strobl (Heilbronn) Lena Strothmann Michael Stübgen Dr. Sabine Sütterlin-Waack Dr. Peter Tauber Antje Tillmann Astrid Timmermann-Fechter Dr. Volker Ullrich Arnold Vaatz Oswin Veith Thomas Viesehon Michael Vietz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sven Volmering Christel Voßbeck-Kayser Kees de Vries Dr. Johann Wadephul Marco Wanderwitz Nina Warken Kai Wegner Albert Weiler Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Anja Weisgerber Peter Weiß (Emmendingen) Sabine Weiss (Wesel I) Ingo Wellenreuther Karl-Georg Wellmann Marian Wendt Waldemar Westermayer Kai Whittaker Peter Wichtel Annette Widmann-Mauz Heinz Wiese (Ehingen) Klaus-Peter Willsch Elisabeth Winkelmeier-Becker Oliver Wittke Dagmar G. Wöhrl Barbara Woltmann Tobias Zech Heinrich Zertik Emmi Zeulner Dr. Matthias Zimmer Gudrun Zollner SPD Niels Annen Ingrid Arndt-Brauer Rainer Arnold Heike Baehrens Ulrike Bahr Heinz-Joachim Barchmann Dr. Katarina Barley Doris Barnett Klaus Barthel Dr. Matthias Bartke Sören Bartol Bärbel Bas Uwe Beckmeyer Lothar Binding (Heidelberg) Burkhard Blienert Willi Brase Dr. Karl-Heinz Brunner Edelgard Bulmahn Marco Bülow Martin Burkert Dr. Lars Castellucci Petra Crone Bernhard Daldrup Dr. Daniela De Ridder Dr. Karamba Diaby Sabine Dittmar Martin Dörmann Elvira Drobinski-Weiß Siegmund Ehrmann Michaela Engelmeier Petra Ernstberger Saskia Esken Karin Evers-Meyer Dr. Johannes Fechner Dr. Fritz Felgentreu Elke Ferner Dr. Ute Finckh-Krämer Gabriele Fograscher Dr. Edgar Franke Ulrich Freese Dagmar Freitag Sigmar Gabriel Michael Gerdes Martin Gerster Iris Gleicke Angelika Glöckner Ulrike Gottschalck Kerstin Griese Gabriele Groneberg Michael Groß Uli Grötsch Bettina Hagedorn Rita Hagl-Kehl Metin Hakverdi Ulrich Hampel Sebastian Hartmann Michael Hartmann (Wackernheim) Dirk Heidenblut Hubertus Heil (Peine) Gabriela Heinrich Marcus Held Wolfgang Hellmich Dr. Barbara Hendricks Heidtrud Henn Gustav Herzog Gabriele Hiller-Ohm Thomas Hitschler Dr. Eva Högl Matthias Ilgen Frank Junge Josip Juratovic Thomas Jurk Oliver Kaczmarek Johannes Kahrs Ralf Kapschack Gabriele Katzmarek Ulrich Kelber Angela Kermer Cansel Kiziltepe Arno Klare Lars Klingbeil Dr. Bärbel Kofler Anette Kramme Dr. Hans-Ulrich Krüger Helga Kühn-Mengel Christine Lambrecht Christian Lange (Backnang) Dr. Karl Lauterbach Burkhard Lischka Gabriele Lösekrug-Möller Hiltrud Lotze Kirsten Lühmann Dr. Birgit Malecha-Nissen Caren Marks Katja Mast Hilde Mattheis Dr. Matthias Miersch Klaus Mindrup Susanne Mittag Bettina Müller Detlef Müller (Chemnitz) Michelle Müntefering Dr. Rolf Mützenich Dietmar Nietan Ulli Nissen Mahmut Özdemir (Duisburg) Aydan Özoğuz Markus Paschke Jeannine Pflugradt Detlev Pilger Sabine Poschmann Joachim Poß Florian Post Achim Post (Minden) Dr. Wilhelm Priesmeier Florian Pronold Dr. Sascha Raabe Dr. Simone Raatz Martin Rabanus Mechthild Rawert Stefan Rebmann Gerold Reichenbach Dr. Carola Reimann Andreas Rimkus Sönke Rix Petra Rode-Bosse Dennis Rohde Dr. Martin Rosemann René Röspel Dr. Ernst Dieter Rossmann Michael Roth (Heringen) Susann Rüthrich Bernd Rützel Sarah Ryglewski Johann Saathoff Annette Sawade Dr. Hans-Joachim Schabedoth Axel Schäfer (Bochum) Dr. Nina Scheer Marianne Schieder Udo Schiefner Dr. Dorothee Schlegel Ulla Schmidt (Aachen) Dagmar Schmidt (Wetzlar) Carsten Schneider (Erfurt) Elfi Scho-Antwerpes Ursula Schulte Swen Schulz (Spandau) Ewald Schurer Frank Schwabe Stefan Schwartze Andreas Schwarz Rita Schwarzelühr-Sutter Rainer Spiering Svenja Stadler Martina Stamm-Fibich Sonja Steffen Peer Steinbrück Christoph Strässer Kerstin Tack Claudia Tausend Michael Thews Dr. Karin Thissen Franz Thönnes Carsten Träger Rüdiger Veit Ute Vogt Dirk Vöpel Gabi Weber Bernd Westphal Dirk Wiese Waltraud Wolff (Wolmirstedt) Gülistan Yüksel Dagmar Ziegler Stefan Zierke Dr. Jens Zimmermann Manfred Zöllmer Brigitte Zypries BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Marieluise Beck (Bremen) Dr. Franziska Brantner Dr. Thomas Gambke Dieter Janecek Renate Künast Cem Özdemir Doris Wagner Enthalten SPD Petra Hinz (Essen) Steffen-Claudio Lemme Matthias Schmidt (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Luise Amtsberg Kerstin Andreae Annalena Baerbock Volker Beck (Köln) Agnieszka Brugger Ekin Deligöz Katja Dörner Katharina Dröge Harald Ebner Matthias Gastel Kai Gehring Katrin Göring-Eckardt Anja Hajduk Britta Haßelmann Dr. Anton Hofreiter Uwe Kekeritz Katja Keul Maria Klein-Schmeink Tom Koenigs Sylvia Kotting-Uhl Oliver Krischer Stephan Kühn (Dresden) Christian Kühn (Tübingen) Markus Kurth Monika Lazar Steffi Lemke Dr. Tobias Lindner Nicole Maisch Peter Meiwald Irene Mihalic Beate Müller-Gemmeke Özcan Mutlu Dr. Konstantin von Notz Friedrich Ostendorff Lisa Paus Brigitte Pothmer Tabea Rößner Claudia Roth (Augsburg) Corinna Rüffer Manuel Sarrazin Elisabeth Scharfenberg Ulle Schauws Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Kordula Schulz-Asche Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn Hans-Christian Ströbele Dr. Harald Terpe Markus Tressel Jürgen Trittin Dr. Julia Verlinden Beate Walter-Rosenheimer Wir beginnen jetzt die Debatte. Die erste Rednerin ist Katja Kipping für die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Katja Kipping (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Klimawandel ist schon längst nicht mehr nur eine abstrakte Bedrohung irgendwann in der Zukunft, sondern bittere Realität – auch hierzulande. Die Unwetter nehmen zu, und Hochwasser, die einst als Jahrhunderthochwasser galten, treten jetzt im Zehnjahresrhythmus auf. Der Klimawandel führt uns also in aller Brutalität vor Augen: Wir alle, die wir hier auf diesem Planeten leben, bilden eine Schicksalsgemeinschaft. Das Gebot der Stunde muss deswegen lauten: Klimaschutz und Klimagerechtigkeit. Rein unverbindliche Zielvorgaben bringen uns da nicht weiter. (Beifall bei der LINKEN) Zu den großen globalen Ungerechtigkeiten auf dieser Welt gehört, dass die ärmeren Länder in besonderer Härte von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen sind. In Afrika beispielsweise leiden Millionen Menschen an Wassermangel. Dem Bericht des UN-Klimarats zufolge werden in Zukunft bis zu 250 Millionen Menschen an Wassermangel leiden. Das muss man sich einmal vergegenwärtigen. Millionen Männern, Frauen und Kindern fehlt es an dem elementarsten aller Lebensmittel, an Wasser. Vor diesem Hintergrund steht doch fest: Die konsequente Reduktion des CO2-Ausstoßes ist eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Dazu müssen wir so schnell wie möglich aus der Kohle aussteigen. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Die Folgen der globalen Erwärmung wie Dürre und Überschwemmung treiben weltweit Menschen in die Flucht. Mich persönlich hat besonders die Geschichte eines Flüchtlings aus Kamerun berührt, dessen Familie einst eine Kakaoplantage betrieb. Er schilderte, er könne sich noch daran erinnern, dass man in seiner Kindheit die Regenzeit auf den Tag genau bestimmen konnte. In seiner Jugend hingegen gab es schon Jahre, in denen der Regen komplett ausfiel. Die Sonne verbrannte die Setzlinge, und die Setzlinge, die überlebt hatten, wurden dann weggeschwemmt, als der Regen kam, weil er mit einer solchen Wucht kam, dass nichts mehr zu retten war. Wenn wir also so weitermachen wie bisher, wird die Zahl der Klimaflüchtlinge explodieren. Das hat der Teilnehmer einer Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung sehr treffend auf den Punkt gebracht, als er alle fragte: Ja, was denkt ihr denn? Wenn unsere Heimat ein Backofen wird, erwartet ihr, dass wir in diesem Backofen sitzen bleiben, bis wir verdorrt und verdurstet sind? – Der Klimawandel und die Klimakatastrophen werden wahrscheinlich die Fluchtursachen der Zukunft sein. Frau Hendricks, Sie haben hier treffende Worte dazu gefunden. Ich erwarte aber auch, dass der Rest der Regierung in diesem Sinne handelt und wirklich konsequent etwas zur Reduktion der CO2-Emissionen unternimmt. (Beifall bei der LINKEN) Dazu gehört auch, die Wirtschaft entsprechend in die Pflicht zu nehmen. Doch anstatt den großen Konzernen die ökologischen Folgekosten ihrer Emissionen aufzuerlegen, reagieren die Regierenden anders. Bei Verhandlungen über Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA werden Klimaschutz und Umweltschutz zum Investitionshemmnis degradiert. So wird Klimaschutz behindert. Deswegen sagen wir als Linke ganz klar: Abkommen wie TTIP und CETA sind Klimakiller. Sie gehören umgehend entsorgt, und zwar in die Schadstofftonne. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Totaler Unsinn!) Es gibt ganz viele konkrete Schritte, die wir gehen müssen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Dazu wird meine Kollegin Eva Bulling-Schröter gleich noch sprechen. Ich möchte mit einer grundsätzlichen Bemerkung schließen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen eins deutlich: Es ist bisher in keiner Weise gelungen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Lediglich infolge eines Systemzusammenbruchs oder infolge großer Wirtschaftskrisen ist das gelungen. Ganz im Gegenteil: Noch im Jahr 2013 haben die CO2-Emissionen mit 35 Milliarden Tonnen ein historisches Ausmaß gehabt. Das hat eine Ursache. Das kapitalistische „Höher, schneller, weiter“ kennt eben nur ein Erfolgskriterium, und das ist der Profit. Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass auch der grüne Traum von einem grünen Kapitalismus, in dem allein ressourcensparende Technologien alle unsere Probleme lösen, ausgeträumt ist. Denn selbst die Einsparungen würden doch sofort durch mehr Konsum, durch mehr Wirtschaftswachstum zunichtegemacht. Insofern, finde ich, hat es die kanadische Globalisierungskritikerin Naomi Klein auf den Punkt gebracht, als sie sagte: Klima oder Kapitalismus – wir müssen uns entscheiden. (Beifall bei der LINKEN – Lachen des Abg. Ulrich Petzold [CDU/CSU] – Zurufe von der CDU/CSU) – Mir ist schon bewusst, dass Ihnen solche Wahrheiten nicht gefallen. Aber wenn man sich dem Problem Klimakollaps in aller Dringlichkeit stellen will, muss man an die Wurzeln des Problems heran. Vor die Entscheidung „Klimaschutz oder Kapitalismus?“ gestellt, weiß ich, wofür ich mich entscheide: Im Interesse der zukünftigen Generationen, im Interesse der Kinder und Enkel und im Interesse der vielen Menschen, die bereits heute an Wassermangel leiden, setzen wir auf Klimaschutz. (Christian Haase [CDU/CSU]: China ist das leuchtende Beispiel!) Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN – Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie?) Vizepräsidentin Claudia Roth: Danke, Kollegin Kipping. – Das Wort hat jetzt der Vorsitzende des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, Andreas Jung, für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Andreas Jung (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Vormittag in diesem Haus über die Bedrohung durch den Terrorismus gesprochen. Jetzt geht es um Klimawandel. Das sind zwar zwei völlig unterschiedliche Themen, aber auch die Bedrohung durch den Klimawandel ist konkret und hat sich schon ganz konkret realisiert. Es gibt Menschen, die wegen des Klimawandels gestorben sind. Ich denke dabei an Überflutungen, zum Beispiel in Bangladesch. Es gibt ganze Länder, die bedroht sind. Denken wir an die Inselstaaten, deren Überleben durch das Ansteigen des Meeresspiegels infrage gestellt wird. Es gibt Millionen von Menschen, die auf der Flucht sind – auch wegen der Klimaveränderung. Angesichts der mit dem Klimawandel verbundenen Herausforderungen haben wir allen Grund, die Konferenz in Paris so ernst zu nehmen. Es war gut, dass die Bundeskanzlerin bei der Eröffnung gewesen ist. Sie hat dort gesagt: Beim Klimaschutz geht es um Menschlichkeit und letztlich um das Überleben der Menschheit. So waren ihre Worte. (Katja Kipping [DIE LINKE]: Worte! Nur Worte!) Ich denke, genau darum geht es. Deshalb wünschen wir dieser Konferenz in Paris von Herzen viel Erfolg. Wir wünschen der Kanzlerin, der Umweltministerin, der Bundesregierung viel Erfolg bei dem, was Sie, Frau Hendricks, dargestellt haben: bei dem Ringen um ein wirksames, verbindliches Klimaschutzabkommen unter Einbeziehung aller Emittenten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Frau Kipping, weil Sie gerade „Worte!“ dazwischengerufen haben, will ich sagen: Ich teile die Einschätzung, dass wir, die Industriestaaten, also auch Deutschland, in besonderer Weise in der Pflicht stehen, dass wir eine besondere Verantwortung haben. Ja, wir haben seit der Industrialisierung unseren Wohlstand auch auf dem Ausstoß von CO2 aufgebaut. Unser Wirtschaftswunder in der Nachkriegszeit hatte drei starke Säulen: Das waren die Zigarre von Ludwig Erhard, die D-Mark in der Tasche, aber eben auch die Kohle im Revier. Davon haben wir profitiert; davon profitieren wir in Teilen bis heute. Aber das bringt die Verantwortung mit sich, jetzt genauso engagiert als Vorreiter im Klimaschutz voranzugehen. Schließlich wissen wir – Sie haben es soeben beschrieben –, dass gerade die Ärmsten der Armen als Erste und am meisten vom Klimawandel betroffen sein werden. Ja, wir Deutsche haben eine besondere Pflicht. Wir gehören immer noch zu den zehn größten Emittenten. Was unseren Pro-Kopf-Ausstoß angeht, sind wir trotz aller Anstrengungen und Erfolge, die wir in Deutschland und der Europäischen Union im Übrigen haben – darin sind wir anderer Meinung als Sie –, noch in der Pflicht und in der Verantwortung; da haben wir noch viel zu tun. Ich sage aber genauso deutlich dazu: Dieser Verantwortung werden wir gerecht. Und wenn ich „wir“ sage, dann denke ich nicht zuvörderst an die jetzige Koalition, sondern an das, was in Deutschland über die unterschiedlichsten Bundesregierungen mit den Umweltministern Klaus Töpfer, Angela Merkel, Jürgen Trittin, Sigmar Gabriel, Norbert Röttgen, Peter Altmaier und zurzeit Barbara Hendricks hinweg gemacht wurde. Bei allen Unterschieden im Detail, die auch hier zutage treten, gibt es eine große Kontinuität in der deutschen Klimapolitik in dem Ringen um einen wirksamen internationalen Klimaschutz. Daran sollten wir festhalten. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in Paris einen Abschluss hinbekommen und dass Paris nach den schrecklichen Tagen und schrecklichen Bildern zu einem Sinnbild und Symbol für Leben und Überleben und für den gemeinsamen Willen der Menschheit wird, dafür einzutreten. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Dafür, denke ich, gibt es die Unterstützung des ganzen Hauses. Wenn Sie sagen, das seien nur Worte, will ich entgegenhalten, dass wir ganz konkret etwas tun. Das will ich an drei größeren Beispielen belegen. Erstens. Politisch hat die Bundesregierung eine drängende Rolle in diesem Prozess für den Klimaschutz. Diese hat sie in den letzten Monaten bzw. im letzten Jahr zunächst einmal durch klare Festlegungen in Europa wahrgenommen. Auch und gerade in der Klimapolitik gilt: Wir als Deutsche und wir als Nationalstaaten können alleine nichts bewegen. Wir brauchen die größere Einheit der Europäischen Union, um wahrgenommen zu werden und politisches Gewicht zu haben. Die Europäische Union war über viele Konferenzen hinweg auch und gerade im Vergleich mit anderen Regionen der Welt jeweils die Staatengruppe, die nicht in nationale Egoismen zerfallen ist. Trotz aller schwierigen Diskussionen, die wir auch haben, zum Beispiel mit Polen, ist die Europäische Union nicht in nationale Egoismen zerfallen, sondern sie hat das große Ganze gesehen. Sie hat sich mit der Reduktion des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent bis 2030 zu einem ambitionierten Ziel bekannt, und sie hat es auf das ausdrückliche Engagement der Bundesregierung hin mit einem „mindestens“ versehen: Es sollen mindestens 40 Prozent erreicht werden. Das zeigt, dass wir auch bereit sind, darüber hinauszugehen, und dass wir Europäer wissen: Wenn es zu einem Abkommen kommt, dann müssen wir noch mehr für den Klimaschutz tun. Dann müssen wir noch eine Schippe drauflegen. – Das ist die Dynamik, die wir in Paris und in Zukunft brauchen. Dafür steht Deutschland, und dafür haben wir uns in der EU eingesetzt und das auch durchgesetzt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Diese Verantwortung wird durch viele Klimapartnerschaften mit Entwicklungsländern und konkret durch vielfältige Programme und Unterstützung vor Ort deutlich. Und sie ist – Sie haben die Industriestaaten angesprochen – gerade beim G-7-Gipfel in Elmau deutlich geworden. In Elmau ist es der Bundeskanzlerin gelungen – was nicht selbstverständlich war; es war alles andere als selbstverständlich –, ihre sechs Kollegen für die gemeinsame Erklärung zu gewinnen: Wir wollen bis zum Ende dieses Jahrhunderts die Dekarbonisierung schaffen. – Das ist nichts anderes als ein Bekenntnis zur globalen Energiewende. (Beifall des Abg. Ulli Nissen [SPD]) Das sollten all diejenigen nachlesen, die hier allenthalben sagen: Nur wir in Deutschland machen die Energiewende; nur wir denken an Klimaschutz. – Das Gegenteil ist richtig. Es gibt einen unaufhaltsamen Trend zu Energiespartechnologien, zur Dekarbonisierung und zu einer globalen Energiewende. In der Erklärung von Elmau steht das schwarz auf weiß. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der, dem Sie das sagen müssen, ist wieder nicht da!) In der Presse wurde vom Hammer von Elmau und einer Sensation geschrieben. Das war eine wichtige Vorbereitung für den Klimagipfel. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Vielleicht wird wieder gesagt: Das sind erst einmal Erklärungen; sie sind noch nicht verbindlich. Das ist richtig. Sie sollen die verbindliche Erklärung vorbereiten. Aber wir bezahlen auch in harter Währung, mit Euro und Dollar. Zweitens. Wir wissen, dass die Finanzierung des Klimaschutzes eine wichtige Säule dieser Verhandlungen ist, weil es auf konkrete Hilfe für die Klimaanpassung in den betroffenen Ländern, für Technologien, Walderhalt und vieles mehr ankommt. Dafür wird dringend jeder Euro und jeder Dollar gebraucht. Deshalb haben die Industrieländer auf dem Klimagipfel in Kopenhagen versprochen: Wir werden 100 Milliarden US-Dollar jährlich ab 2020 für die Finanzierung des Klimaschutzes zur Verfügung stellen. Wenn wir jetzt feststellen können, dass nach etwas mehr als der Hälfte dieser Zeit diese Zusage zu zwei Dritteln eingelöst ist, dann hat das viel mit dem deutschen Engagement zu tun. Gerade in diesem Jahr hat die Bundesregierung zugesagt: Wir werden unser finanzielles Engagement noch einmal verdoppeln, auf 4 bis 4,5 Milliarden US-Dollar. – Das ist der richtige Weg und ein ganz klares Signal: Wir reden nicht nur, wir handeln, und wir bezahlen dort, wo es nötig ist, ganz konkrete Hilfen. Drittens: Reduktion. Ja, daran lassen wir uns messen. Deutschland hat gesagt: Wir machen auch mehr als die EU, die bis 2030 minus 40 Prozent schaffen will. Wir werden diese Reduktion mit unserem 40-Prozent-Ziel schon im Jahr 2020 übertreffen. Daran halten wir fest. Wir wissen: Da gibt es noch einiges zu tun. Deshalb sind die Programme auf dem Weg. Deshalb brauchen wir ein ehrgeiziges Vorgehen bei Kohle und Braunkohle. Wir müssen in der Tat in Etappen einen immer geringeren Kohleeinsatz und CO2-Ausstoß erreichen. Wir müssen hierfür die Weichen stellen. Das brauchen wir im Bereich der Energieeffizienz, bei den Gebäuden, beim Verkehr und – es ist gesagt worden – in der Landwirtschaft. Alle Sektoren müssen das liefern, was sie liefern können. Das ist das Vorhaben dieser Bundesregierung, und wir werden darauf achten, dass das genau so umgesetzt wird. Glaubwürdigkeit erwächst durch das Ringen im internationalen Prozess, durch die Verstärkung bzw. Einhaltung unserer finanziellen Zusagen. Wenn Sie sagen: „Kapitalismus oder Klimaschutz?“, dann möchte ich Ihnen entgegnen: Am Ende werden wir es dann schaffen, wenn es uns mit unserer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft gelingt, Klimaschutz umzusetzen, aber auch Wohlstand zu behalten und dadurch den sozialen Frieden in Deutschland sicherzustellen. Das müssen wir zusammenbringen. Deshalb ist Ihre Alternative nicht die richtige. In unserem System von Nachhaltigkeit – Wirtschaft, Soziales und Ökologie – müssen wir das hinbekommen. So müssen wir unsere Klimaschutzziele ambitioniert umsetzen und dadurch unseren Beitrag zum Gelingen in Paris und zu dem sicher notwendigen Prozess danach leisten. Dafür hat die Bundesregierung unsere Unterstützung. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Andreas Jung. – Der nächste Redner in der Debatte: Dr. Toni Hofreiter für Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manche Menschen glauben immer noch, die Klimakrise sei etwas, was uns in ferner Zukunft ereilen könnte. Bei vielen Menschen ist die Klimakrise aber längst angekommen. Es mussten bereits Menschen ihre Heimat verlassen, weil der Meeresspiegel über die letzten Jahrzehnte um 20 Zentimeter angestiegen ist und ihre Inseln – ihr Lebensraum – deshalb zerstört oder versalzen worden sind. Diese Menschen können und dürfen erwarten, dass die Reden, die geschwungen werden – die Reden von vielen Staats- und Regierungschefs, aber auch die Reden, die wir gerade gehört haben –, irgendwann einmal auch zum Handeln führen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Schwabe [SPD]) Frau Merkel hat auf der Klimakonferenz vor wenigen Tagen thematisiert: „Wir wissen: Wir müssen heute handeln.“ Da frage ich mich: Wen meint Frau Merkel eigentlich mit diesem „wir“? Ihre eigene Regierung meint sie offensichtlich nicht mit diesem „wir“. Ihre eigene Regierung handelt nämlich gegenteilig: 1,6 Milliarden Euro neue Subventionen für Kohlekraftwerke, Zerstören des Photovoltaikmarktes, Absturz des Ausbaus der Photovoltaik, bei KWK neue Subventionen für Kohle. Im Verkehrsbereich hat sich die letzten zwei Jahre gar nichts im positiven Sinne getan. Wir haben einen seltsamen Minister, dessen Haupthobby die Ausländermaut ist. Aber beim VW-Skandal – Millionen von Autos, die in Deutschland herumfahren, halten die CO2-Grenzwerte nicht ein – ist der Minister nicht einmal in der Lage, die Namen der Mitglieder seiner Untersuchungskommission zu nennen, geschweige denn in der Lage, aufzuklären, geschweige denn, etwas dagegen zu unternehmen. Und denken wir an Herrn Gabriel: Herr Gabriel hat das gesamte EEG verkorkst, sodass die Ausbauraten zusammengebrochen sind. Was ist das eigentlich für eine Bundesregierung? Frau Hendricks, Sie haben ja recht in vielem, was Sie hier gesagt haben. Herr Jung, auch Sie haben recht in vielem, was Sie hier gesagt haben. Im Grunde genommen müssten Sie das aber einmal den zuständigen Ministern sagen. Sie müssten das Herrn Dobrindt sagen. Sie müssten das Herrn Gabriel sagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE]) Sie müssten das auch Herrn Landwirtschaftsminister Schmidt sagen; denn auch die Landwirtschaft trägt zu einem erheblichen Teil zum Klimawandel bei. Warum erzählen Sie uns hier in schönen, wohlabgewogenen Worten, wie der Klimaschutz theoretisch auf internationaler Ebene stattfinden soll, wenn Ihre eigene Regierung vor Ort anders handelt? (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!) Klimaschutzkonferenzen sind wichtig und bedeutsam. Am Ende muss Klimaschutz aber vor Ort umgesetzt und kann nicht nur auf theoretischen Konferenzen verhandelt werden. Dies vor Ort umzusetzen, bedeutet ganz konkret: raus aus der Kohle, raus aus dem Verbrennungsmotor, hin zu mehr erneuerbaren Energien und hin zu einer anderen Landwirtschaftspolitik. (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Stellen Sie doch mal einen ganz konkreten Plan auf! Ich möchte einmal einen ganz konkreten Plan sehen!) Das sehen wir bei dieser Regierung aber nicht. Handeln Sie also bitte konkret! Dann sind Ihre Reden auch glaubwürdig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Konkreter Plan! Wann wird welches Kraftwerk abgeschaltet?) Häufig bekommt man zu hören, Deutschland sei gar nicht so entscheidend; denn in China – das Thema hatten wir gerade gestern bei der Energiedebatte – gehe jede Woche ein neues Kohlekraftwerk ans Netz. Wer das sagt, hat die aktuelle Entwicklung in China nicht mitbekommen. Dort hat man inzwischen festgestellt, dass Kohlekraftwerke nicht nur das Klima zerstören, sondern insbesondere auch einen gigantischen Smog verursachen. Deshalb ist die Entwicklung in China inzwischen auch eine andere. Aber man darf dabei doch eins nicht vergessen: Deutschland ist die viertgrößte Industrienation auf diesem Planeten. Angesichts dessen und angesichts des Vorsprungs, den wir beim Ausbau der erneuerbaren Energien hatten und den wir beim Klimaschutz hatten, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir als wohlhabendes industrialisiertes Land zeigen, dass es funktioniert: Man kann gleichzeitig für Klimaschutz sorgen und seinen Wohlstand erhalten. Insofern genügt es nicht, auf den Klimakonferenzen voranzugehen, sondern man muss das entsprechend vor Ort konkret umsetzen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Angesichts Ihres gigantischen Umsetzungsdefizits ist es nicht erstaunlich, dass Ihnen Ihre eigenen Regierungsberater sagen, dass Sie Ihre Bemühungen beim Klimaschutz verdreifachen müssen, um das 40-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Das sagen nicht wir, sondern das sagen Ihnen Ihre eigenen Regierungsberater. Glauben Sie denen doch, und handeln Sie entsprechend! Es reicht nicht, wenn Sie gebetsmühlenartig immer wiederholen: Ja, wir werden das 40-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 erreichen. – Das werden Sie nicht dadurch erreichen, dass Sie hier warme Worte produzieren, die in vielen Fällen sogar stimmen, sondern das wird dadurch erreicht, dass Ihre Regierungskoalition handelt, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) indem Sie diesem Pfeiffer, diesem Fuchs, diesem Bareiß endlich einmal Beine machen und dafür sorgen, dass sie nicht weiterhin alles blockieren, was Frau Hendricks an teilweise sogar Sinnvollem vorgeschlagen hat. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schauen wir uns zum Beispiel einmal den Verkehrsbereich an. Was stellen Ihre eigenen Regierungsberater da fest? Der CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich hat sogar noch zugenommen. Und was ist die Konsequenz daraus? Die Konsequenz ist, dass wir einen Minister haben, der, nachdem er die Ausländermaut nicht durchgesetzt hat, von nichts anderem redet, als möglichst viele Straßen bauen zu wollen, statt dass er endlich dafür sorgt, dass die Autoindustrie – schon aus eigenem Interesse – auf die Idee kommt, aus dem Verbrennungsmotor auszusteigen. Oder wie wäre es damit, die Bahn auf Vordermann zu bringen? Das ist immerhin ein 100-prozentiges Bundesunternehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Sie könnten sich auch einmal dafür engagieren, dass das funktioniert; denn Bahnverkehr ist bekanntermaßen CO2-ärmer. Ich wünsche mir von ganzem Herzen – da sind wir uns wieder einig –, dass Frau Hendricks dazu beitragen kann, dass die Klimakonferenz in Paris zu einem guten Vertrag führt, der den Anforderungen entspricht. Außerdem wünsche ich mir von ganzem Herzen, dass uns Paris 2015 nicht allein durch die Terroranschläge in Erinnerung bleibt, sondern uns in Erinnerung bleibt als der Ort, an dem es uns gelungen ist, gemeinsam das Fundament für eine lebenswerte Zukunft zu legen; denn das ist das, was wir wirklich brauchen. Vielen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Toni Hofreiter. – Nächster Redner: Dr. Matthias Miersch für die SPD. (Beifall bei der SPD) Dr. Matthias Miersch (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Toni Hofreiter, es ist natürlich klar und auch richtig, dass die Opposition angreift. Wenn wir aber hier vor einer Klimakonferenz miteinander streiten, dann gehört es meines Erachtens auch zur Wahrheit, dass wir als Delegation, die die Bundesumweltministerin bei den Verhandlungen in Paris unterstützen wird, heute Abend durchaus sehr stolz nach Paris fahren können, weil die Energiewende in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Kontext beispiellos ist und Deutschland nach wie vor eine Vorreiterrolle einnimmt. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre ja schön, wenn es stimmen würde!) Dass vieles von dem, was Sie gesagt haben, diskutabel ist, ist keine Frage. Aber dass diese Bundesregierung das erste Mal überhaupt ein Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 vorlegt und auch die Diskussion darüber zulässt – denn die Expertenkommission ist nur möglich, weil es klare Ziele und das vereinbarte Monitoring gibt –, ist ein wirklicher Erfolg. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Ziele, Matthias, gab es schon vorher!) Das kann auch nur ein Erfolg sein, wenn das auf internationaler Ebene vereinbart wird. Insofern: Das ist ein ganz wichtiger Fortschritt dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich will nicht darüber philosophieren. Wenn wir uns aber beispielsweise den Zubau bei der Windenergie anschauen, dann stimmt es einfach nicht, was Sie sagen: dass die Erneuerbaren an dieser Stelle abgewürgt werden. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit Bioenergie? Was ist mit Photovoltaik?) Ich will auch darauf hinweisen, liebe Frau Kipping, weil Sie hier Kapitalismuskritik geübt haben: Da sind wir an der einen oder anderen Stelle möglicherweise sogar einer Meinung. (Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Sehr gut!) Aber wenn ich mir die Vertreter der Staaten auf den internationalen Konferenzen anschaue, die sich als Sozialisten bezeichnen, und dann die Umweltpolitik dieser Staaten betrachte, dann muss ich sagen, dass Sie mit dieser Behauptung absolut auf dem Holzweg sind. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Im Übrigen wissen Sie doch auch – das erleben Sie, wo Sie Verantwortung tragen; das gilt auch für die Grünen in Nordrhein-Westfalen, in Brandenburg –, dass das Thema Kohle nicht einfach ist. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das behauptet auch keiner!) Deswegen sage ich: Es ist ein Fortschritt, dass die Bundesumweltministerin im Zusammenhang mit dem Klimaschutzplan 2050 angemahnt hat, dass wir einen Kohleausstiegspfad verlässlich – auch unter sozialen Gesichtspunkten – abbilden. Das ist eine Herkulesaufgabe, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 20 bis 25 Jahre!) und da unterstützen wir sie nach allen Kräften. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Matthias, du lässt den entscheidenden Punkt weg!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie immer, wenn man sich die Presse anschaut, werden vor einem Gipfel Worte gebraucht wie: „Das ist die letzte Chance“ und: „Danach geht nichts mehr“ oder euphorisch: „Wir müssen die Welt jetzt retten“. Das alles birgt eine große Gefahr: dass es letztlich zu einer Übereinkunft kommt, aber es kein Regulativ gibt, das die Überprüfung dieser Ziele sicherstellt. (Ulrich Petzold [CDU/CSU]: Das ist der Punkt!) Deswegen ist der eigentliche Erfolg dieser Pariser Konferenz, wenn es nicht nur dazu kommt, dass die Staaten dieser Welt aufgefordert werden, zu liefern – das haben viele gemacht –, sondern gleichzeitig auch ein Monitoring, ein Überprüfungsmechanismus, wie wir es jetzt hier in Deutschland haben, eingeführt wird, damit die, die dann nach fünf Jahren sagen: „Wir konnten nicht liefern“, öffentlich am Pranger stehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das ist wahrscheinlich der einzige und wichtige Erfolg von Paris. Die Arbeit beginnt erst nach Paris, und da, glaube ich, müssen wir generell überlegen, wie wir Politik organisieren – auch in der Bundesrepublik Deutschland. Ich habe die große Befürchtung, wenn ich die Debatten um den Klimaschutzplan 2050 sehe, dass es dann doch wieder nur bestimmte Ressorts sind, die liefern, (Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist heute schon so!) und andere blockieren. Wir haben eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe in unserer Fraktion eingerichtet, (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Matthias, jetzt den Mut, zu sagen: „Mehr!“!) in der alle Fachdisziplinen miteinander arbeiten, um parlamentarisch dieses Verfahren zu begleiten. Herr Krischer, ich nenne Ihnen ein Beispiel: Ich meine, dass der Verkehrssektor einen elementaren Beitrag leisten muss. Davon sind wir aber meilenweit entfernt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wenn ich einige Wirtschaftspolitiker meines Koalitionspartners höre, die sagen: „Wir dürfen die Wirtschaft nicht überfordern“, (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das sagen Ihre auch!) dann sage ich: Wir sollten uns als Erstes darauf verständigen, dass wir diesen Planeten nicht überfordern dürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE]) Können wir uns darauf verständigen, dass die Bundesumweltministerin recht hat, wenn sie sagt: „Gute Umweltpolitik ist Friedenspolitik, ist Gerechtigkeitspolitik“? (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Aber es ist auch eine gute Wirtschaftspolitik, weil wir wissen, dass in Zukunft die Maschinen gefragt sind, die wenig Energie brauchen. Deswegen: Wer auf die Wirtschaft setzt, muss eine gute Umweltpolitik machen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon hat Sigmar Gabriel auch noch nichts gehört!) Wir werden in diesem Jahr, wenn es dazu kommt, zwei internationale Vereinbarungen erreicht haben, nämlich die SDGs, die Nachhaltigkeitsziele, die vor wenigen Monaten verabschiedet worden sind, und hoffentlich ein verbindliches Klimaabkommen. Diese beiden Abkommen müssen die Grundlage unseres Handelns hier sein. Sie dürfen nicht nur Papier sein. Das Abkommen von Montreal hat gezeigt, dass internationale Vereinbarungen – es ging um das Ozonloch – Wirkung entfalten können, wenn alle Staaten mitmachen. Ich habe das Vertrauen, dass wir Parlamentarier und diese Bundesregierung einen großen Schritt tun können, wenn wir es ernst meinen. Ich bitte und lade alle dazu ein, mit uns darüber zu streiten, wie wir diese Ziele miteinander erreichen. Ich glaube, dass die internationale Politik in den nächsten Tagen eine gute Vorlage bieten wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Kollege Matthias Miersch. – Nächste Rednerin: Dr. Anja Weisgerber für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, Angela Merkel hat bei der Klimakonferenz gesagt: Wir wissen, wir müssen heute handeln. Das muss der Anspruch dieser Konferenz sein. Besser und treffender kann man die Situation nicht beschreiben. Werte Kollegen von den Grünen, Deutschland und Europa handeln. Erstens. Wir haben uns ambitionierte Ziele gegeben, und wir setzen diese auch konsequent um: durch das Klima-Aktionsprogramm, durch den Klimaschutzplan. Zweitens. Wir nehmen auch unsere Verantwortung bei der Klimafinanzierung wahr. Gerade Deutschland hat sich bei diesem Thema an die Spitze gesetzt. Auch Europa hat sich als eine der ersten Vertragsparteien mit einem Reduktionsbeitrag von mindestens 40 Prozent bis zum Jahr 2030 ein ambitioniertes Ziel gesetzt. Wenn man die aktuellen Beiträge vergleicht, dann sieht man, dass das EU-Ziel zu den ambitioniertesten zählt. Deutschland geht noch weiter. Wir wollen die Treibhausgasemissionen bereits bis 2020, also zehn Jahre früher als die EU, um 40 Prozent reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir ein Klimaschutz-Aktionsprogramm mit 100 Einzelmaßnahmen aufgelegt, die alle Sektoren umfassen. Wir haben KfW-Mittel in Höhe von 177 Milliarden Euro in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen investiert. Auch hier setzen wir ein Zeichen. In der Debatte wird auch oft vergessen, dass sich Deutschland ein Zwischenziel gegeben hat. Mit dem Zwischenziel von 55 Prozent bis 2030 befinden wir uns auf dem 2-Grad-Pfad. Und: Wir haben auch ein Langfristziel. Bis 2050 wollen wir es schaffen, unsere Emissionen um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren. Dazu erarbeitet die Bundesregierung gerade mit allen beteiligten Gruppen, Gesellschaft und Wirtschaft, einen Klimaschutzplan. (Beifall bei der CDU/CSU) Werter Herr Kollege Hofreiter, das Schlechteste, was wir während der Verhandlungen in Paris machen können, ist, dass wir unsere eigenen Ziele schlechtreden. (Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Wenn die Deutschen dies tun würden, dann könnten die anderen denken, dass sie sich nicht mehr anzustrengen brauchen. Das wäre fatal, vor allem, weil unsere Ziele ambitioniert sind, weil wir selbstbewusst sein können. Wenn wir nach Paris fahren und unsere eigene Maßnahmen schlechtreden, dann werden sich die anderen eher zurücklehnen und nicht anstrengen. Das ist genau das falsche Signal Ihrer Rede in dieser Debatte. (Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was macht denn Ihr Verkehrsminister Dobrindt?) Deswegen haben wir in unserem Antrag auch positiv beschrieben, was wir machen. Wir wissen auch: Alleine werden wir es nicht schaffen. Wir brauchen auch die anderen Staaten der Welt. Diese Staaten brauchen unsere Unterstützung. Deshalb ist die Klimafinanzierung ein wichtiger Punkt, ich möchte fast sagen, mit der wichtigste Punkt neben dem Thema Überprüfungsmechanismus. An dieser Stelle will ich einmal sagen, was unsere Minister machen, was Deutschland macht. Ich möchte dazu das Entwicklungshilferessort herausgreifen. Entwicklungshilfeminister Gerd Müller setzt in den Bereichen der Klimafinanzierung und der Klimaanpassung ganz gezielt Gelder aus seinem Haushalt ein. Aus seinem aktuellen Etat werden über 2 Milliarden Euro in Minderungsmaßnahmen investiert, zum Beispiel in das Waldschutzprogramm zum Erhalt der tropischen Regenwälder und zur Verhinderung der Rodung oder in den Aufbau der Versorgung mit erneuerbaren Energien in den ärmeren Ländern dieser Welt. Vor kurzem hat man mit Indien eine Solarpartnerschaft abgeschlossen. In Marokko wird Anfang kommenden Jahres das größte Solarkraftwerk in Betrieb genommen. Das BMZ baut auch die Klimarisikoversicherung auf. Also: Wir handeln. Das sollte man auch einmal benennen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD]) Ein wichtiges Instrument ist auch der internationale Grüne Klimafonds. Vor circa einem Jahr konnte dieser mit 10 Milliarden US-Dollar gefüllt werden. 10 Prozent davon, nämlich 1 Milliarde US-Dollar, stellt allein Deutschland zur Verfügung. Auch hier war Deutschland, waren wir an vorderster Front dabei. Jetzt ist daraus eine Dynamik entstanden: Mit Stand vom 1. Dezember sind die Zusagen auf 24 Milliarden US-Dollar angewachsen. Frankreich hat seinen Beitrag ebenso wie die USA und andere Staaten beziffert. Also ist auch hier etwas in Bewegung. In Paris zeichnet sich beim Punkt Klimafinanzierung eine positive Dynamik ab. Auch mit unserem Beitrag haben wir diesen Stein ins Rollen gebracht, meine Damen und Herren. Nicht nur wegen der Finanzierung, sondern auch ganz generell bin ich guter Dinge, dass Paris zu einem Erfolg wird. Ich möchte Ihnen drei Gründe nennen, warum ich der Meinung bin, dass dies der Fall ist: Der erste Grund. Viele Staaten der Welt sind dabei. Große wie kleine, reiche wie arme Länder haben ihre nationalen Beiträge vorgelegt. Inzwischen sind es 184 Staaten, darunter erstmals Staaten wie die USA, Russland, Südafrika oder Brasilien, aber auch Inselstaaten und viele arme afrikanische Länder. Diese Staaten stehen für 95 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Bei Kioto II waren es am Ende gerade einmal 37 Staaten, die noch dabei waren und sich Ziele gesetzt haben. Diese 37 Staaten machten nur 12 bis 14 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen aus. Wir sind jetzt also auf einem guten Weg. Die nationalen Beiträge wurden auch durch die jeweiligen Parlamente untermauert. Sie wurden in einem breit angelegten Prozess in der Gesellschaft entwickelt. Zum Beispiel hat man in Brasilien ein Referendum durchgeführt. Insofern glaube ich, dass diese Ziele wirklich in der Mitte der Gesellschaft entstanden sind und dass diese Klimakonferenz dem Willen der Bevölkerung entspricht. Schon allein deshalb ist Paris meiner Meinung nach erfolgversprechender als Kopenhagen, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Der zweite Grund. Die vorgelegten Beiträge sind bei vielen Staaten wirklich nur als Ausgangspunkt zu sehen. Es ist anzunehmen, dass einige der Staaten am Ende noch mehr leisten werden. Dazu zwei Beispiele: China will den Höchststand der Emissionen bis spätestens 2030 erreichen. Also kann es gut sein, dass China den Wendepunkt, den Peak, vorher erreicht. Außerdem wird China 2017 einen landesweiten Emissionshandel einführen; er wird in der ganzen Volksrepublik China eingeführt. Neu ist auch das Ziel Chinas, die CO2-Intensität der chinesischen Wirtschaft bis 2030 um 60 bis 65 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Ähnlich Positives vernehmen wir von Kanada. Die neue kanadische Umweltministerin McKenna sagte vor kurzem, dass Kanadas Beitrag für die Zeit nach 2020 nur ein Startpunkt ist und keinesfalls der Endpunkt der kanadischen Bemühungen. – Das sind Beispiele für Länder, bei denen man davon ausgehen kann, dass sie vielleicht sogar noch über ihre zugesagten Beiträge hinausgehen. Der dritte Grund, warum ich glaube, dass Paris ein Erfolg wird, ist: Die Bedingungen sind anders als in Kopenhagen. Die Verhandler haben sich am Vorabend des Gipfelbeginns auf einen konkreten Ablaufplan verständigt. Der vorliegende Text ist kein politischer Text, sondern ein Text in Rechtssprache. Die Ausgangsbedingungen sind also gut. „Wir haben zum ersten Mal die Chance, unser Ziel eines Abkommens zu erreichen“ – so hat es unsere Bundeskanzlerin formuliert –, eines Abkommens, das verbindlich ist und das den Weg aufzeigt, wie die 2-Grad-Obergrenze glaubhaft erreicht werden kann. Wir brauchen einen Überprüfungsmechanismus, der völkerrechtlich verbindlich festgelegt wird. Dieser Überprüfungsmechanismus soll dazu führen, dass alle fünf Jahre geschaut wird: Haben die Vertragsstaaten ihre nationalen Beiträge erreicht? Und: Wie weit sind wir von der 2-Grad-Obergrenze entfernt? Meine Damen und Herren, es ist fünf vor zwölf, aber es ist noch nicht zu spät. Die Chancen stehen nicht schlecht. Ergreifen wir also diese Chancen. Zum Abschluss möchte ich US-Präsident Obama zitieren. Er hat gesagt: Wir sind die erste Generation, die den Klimawandel spürt, und die letzte, die es in der Hand hat, etwas dagegen zu tun. Packen wir es an! Ich bin optimistisch, dass uns in Paris etwas Positives gelingen wird. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Anja Weisgerber. – Nächste Rednerin für die Linke: Eva Bulling-Schröter. (Beifall bei der LINKEN) Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Bundestag heute über die Klimakonferenz in Paris debattiert, geht es nicht nur um CO2-Minderung, INDCs, also nationale Klimabeiträge, und UN-Mechanismen. Bevor ich auf unsere Anträge eingehe, will ich am Beispiel meines Wahlkreises Ingolstadt ganz konkret machen, was Klimawandel heißt. Bei mir in Bayern droht bis Ende des Jahrhunderts ein Temperaturanstieg um bis zu viereinhalb Grad Celsius. Im Sommer wird es mehr als 30 Hitzetage über 30 Grad geben, heute sind es im Durchschnitt 5. Ab 2060 gibt es bis zu 60 Schneetage weniger im Jahr – da nutzen auch die Eiskanonen nichts mehr – und kaum noch Eistage, also Tage, an denen die Temperatur konstant unter null Grad liegt. Was das für Landwirtschaft, Tourismus und Gesundheit heißt, können wir uns alle vorstellen. Das ist ja auch nicht neu. Aber wir alle hier werden das Ende des Jahrhunderts nicht mehr erleben. Im globalen Süden ist der Klimawandel schon jetzt Alltag. Bei einer Erwärmung um 1,5 Grad sterben die Korallenriffe, ganze Inselbevölkerungen verlieren ihre Heimat, Dürren machen die Armutsbekämpfung zunichte, und der Syrien-Krieg, heißt es, sei durch den Klimawandel verschärft worden. Auch diese Folgen kennen wir. Natürlich spielt auch in Deutschland das Wetter verrückt, schon heute. 2015 wird wohl das wärmste Jahr überhaupt. Die Deutsche Bahn hat erstmals wieder Verluste eingefahren, insbesondere wegen Mehrkosten durch Unwetterschäden. Dass der Klimawandel in unserem Land angekommen ist, das bezweifelt niemand mehr; vielleicht noch einige Hinterbänkler der CDU/CSU, die trotz Physikstudium die Naturwissenschaften weiter in Zweifel ziehen. (Beifall bei der LINKEN) Da kann ich nur sagen: Hören Sie Ihrer Regierung gut zu, liebe Kollegen der Union. Die Gegner der Energiewende sitzen in Ihren Reihen. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses schimpft mit Blick auf den Klimaschutz über eine „grüne Ideologie“ und „exzessive Milliardenkosten“. Ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender sieht eine Bedrohung für unseren „guten Lebensstandard“ und einen „tödlichen Irrweg“. Ja, wo sind wir denn? Sie müssen sich davon distanzieren. (Beifall bei der LINKEN) Lieber Herr Ramsauer, lieber Herr Vaatz – beide sind natürlich nicht anwesend –, auch Sie müssen den Schuss hören. Sie müssen sich die Rede der Kanzlerin in Paris anhören, damit Sie wenigstens ein bisschen verstehen. Nicht zu viel Klimaschutz ist Ressourcenverschwendung, wie Sie behaupten: Zu wenig Klimaschutz ist Ressourcenverschwendung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der LINKEN) Die Linke hat heute zwei Entschließungsanträge eingebracht. Auf internationaler Ebene brauchen wir echte Verbindlichkeit, aber die wird es in Paris leider nicht geben. Darum brauchen wir hier in Deutschland ein Klimaschutzgesetz, das die Klimaschutzziele verbindlich festlegt. Dann ist endlich Schluss mit den KfW-Krediten für neue Kohlekraftwerke im Ausland. Die müssen endlich gestoppt werden! (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Und dann kann der Klimaschutz auch nicht mehr durch TTIP und CETA ausgehebelt werden; das steht in der EU-Resolution. Auch der Fahrplan für einen weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien wird auf der Konferenz von Paris nicht geliefert werden. Darum müssen wir ein Kohleausstiegsgesetz auf den Weg bringen. (Beifall bei der LINKEN) Spätestens 2040, am besten schon 2035, muss Schicht im Kohleschlot sein. Da sind wir ganz auf der Linie von Frau Umweltministerin Hendricks. – Vielen Dank für diesen Vorstoß. (Beifall bei der LINKEN) Dann wäre auch Schluss mit neuen Umweltsauereien wie denen, die jetzt wieder auf der Agenda stehen wie CCS oder wie die geplante Umstellung der Betriebsfeuerung aller Asphaltmischanlagen in Deutschland auf Braunkohle. Auch das lehnen wir natürlich ab. Worum geht es jetzt in Paris? Wir sehen das Ringen zwischen den Bevölkerungen: Bevölkerungen im Süden, die sich aus der Armut befreien wollen, und Bevölkerungen im Norden, die nicht ärmer werden wollen. Deshalb brauchen wir Klimagerechtigkeit, Climate Justice. Die halten wir für dringend notwendig. Deshalb muss die EU etwas tun. Deshalb brauchen wir ambitionierte EU-Klimaziele, und wir brauchen eine verbindliche Klimafinanzierung. Zum Schluss: Papst Franziskus sagt – ich zitiere –: Dieses System tötet. – Deshalb brauchen wir soziale Gerechtigkeit und Umverteilung. Diese Umverteilung wird es im Kapitalismus aber nie geben; denn sie ist in seinem System nicht vorgesehen. Danke. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Claudia Roth: Danke, Eva Bulling-Schröter. – Nächster Redner für die SPD-Fraktion: Frank Schwabe. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Frank Schwabe (SPD): Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Dinge sind so, wie sie sind. (Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut, dass das mal einer sagt!) Der Klimawandel findet statt, und er ist menschengemacht. Wir leben in einer Zeit, in der wir Schwellen überschreiten und Extreme erleben. Wir verzeichnen gegenüber der vorindustriellen Zeit eine Erhöhung der Temperatur um mehr als 1 Grad. Wir haben mittlerweile einen Wert von 400 ppm erreicht; dieser technische Wert ist ein Maß dafür, wie hoch die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist. Außerdem ist dieses Jahr das wärmste seit der Temperaturaufzeichnung. Da uns der liebe Gott die Möglichkeit gegeben hat, zu denken, und wir verantwortliche Politik betreiben wollen, müssen wir die Dinge ändern: wie wir leben, wie wir Produkte erzeugen, wie wir Energie erzeugen, wie wir uns fortbewegen, was wir essen, wie wir das, was wir essen, produzieren bzw. aufziehen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt komm mal von der Überflugebene ein bisschen runter!) Ist das hart, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ja, es ist hart, die Dinge zu verändern, sich umzustellen. Aber was könnte härter sein, als das, was 35 Millionen Menschen in Bangladesch erleben, die weniger als 1 Meter oberhalb des Meeresspiegels leben und alles zu verlieren drohen? Was könnte härter sein als das, was die Menschen auf der Pazifikinsel Kiribati erleben, die auf andere Inseln umgesiedelt werden sollen? All das findet heute statt. Deswegen ist dies keine theoretische Debatte darüber, ob wir eine Erhöhung der Temperatur um 1 Grad, 1,5 Grad oder 2 Grad haben. Ich weiß, dass 2 Grad das realistische Ziel ist, um das es in Paris geht; aber ich bin sehr bei den Entwicklungsländern, die das 1,5-Grad-Ziel fordern. (Beifall bei der SPD) Die Wahrheit ist: Der Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl findet längst statt. Wir streiten uns nur noch darüber, ob er in 20, 25 oder 30 Jahren vollzogen sein soll. Der Ausstieg ist besiegelt. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wie. Das interessiert uns Sozialdemokraten natürlich besonders. Es geht darum, wie wir den Umbau organisieren, damit die Menschen, wie wir im Ruhrgebiet sagen, nicht ins Bergfreie fallen. Der Umstieg findet längst statt – und nicht erst seit Beginn der Klimakonferenz in Paris. Aber der Plan des Umstiegs wird mehr und mehr festgetreten, und dazu dient auch Paris. Wichtig ist: Wenn wir aus Paris zurückkommen, muss die Arbeit hier, in der Europäischen Union und in Deutschland, intensiviert werden. Dann müssen die Ziele, die wir uns gesetzt haben, umgesetzt werden, an der einen oder anderen Stelle auch verschärft werden. Niemand soll die Hoffnung haben, dass es in Paris keinen rechtsverbindlichen Klimavertrag geben wird. Den wird es geben. Damit, finde ich, entfällt jedes Argument, dass wir kein Level Playing Field auf internationaler Ebene haben. Damit entfällt jedes Argument, dass wir keine ambitionierte europäische und deutsche Klimaschutzpolitik betreiben. Damit ist das Programm für 2016 eigentlich schon vorgegeben. Meine Hoffnung und meine Bitte sind, dass alle konstruktiv daran mitwirken. Ich bin mir nicht so sicher, ob das so sein wird. Ich habe mir gerade ein Papier des BDI angesehen – ich hoffe, dass das ein Ausrutscher ist –, in dem davon gesprochen wird, dass das Klimaziel für 2020 zu hoch sei und Investoren verschrecke. In dem Papier wird davon gesprochen, dass der Klimaschutzplan für 2050 zu verwerfen sei, weil er in die klimapolitische Kleinstaaterei führe. Ich finde, das ist keine konstruktive Debatte. (Beifall bei der SPD) Wer jetzt propagiert, Klimaschutzziele aufzugeben oder keine neuen zu fassen, der hat die Zeichen der Zeit wirklich verkannt. (Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD]) Es ist am Ende eine Politik der Realitäts- und Zukunftsverweigerung, die schon RWE und Eon – das ist bitter genug – an den Rand des unternehmerischen Abgrunds geführt hat. Ich glaube, es geht nach Paris um Dreierlei. Wenn Paris erfolgreich sein soll, werden wir drei zentrale Aufgaben zu bewältigen haben. Erstens. Wir müssen das EU-Ziel anschärfen; das ist mehrfach betont worden. Wir haben ein Ziel, das mindestens 40 Prozent Reduktion vorsieht. Im Lichte von Paris muss das angeschärft werden. Wir dürfen nicht hinter China, die USA und andere Teile der Welt zurückfallen, die sich längst auf den Weg gemacht haben, die zum Sprint angesetzt haben und an manchen Stellen – so viel gehört auch zur Wahrheit – klimapolitisch durchaus schon weiter sind als wir zurzeit in der Europäischen Union. Zweitens. Wir müssen die Ziele für 2030, 2040 und 2050 so festzurren – wenn es nach mir persönlich geht, weiterhin gesetzlich –, dass sich die Akteure in der Wirtschaft nicht mehr um das Ob streiten müssen, sondern nur noch um das Wie. Das ist die konstruktivere Debatte. Das schafft für die heimische Wirtschaft einen verlässlichen Rahmen für Innovationen und Investitionen. Drittens. Wir müssen die Ziele von 40 Prozent bis 2020 und bis zu 95 Prozent bis 2050 weiterhin so mit Maßnahmen unterlegen und die Maßnahmen, die wir schon haben, so konsequent umsetzen, dass die Ziele in der Tat erreicht werden. Paris wird das Signal aussenden, mehr zu tun und nicht weniger. Klimaschutz ist Wirtschaftsförderung für die Zukunft. Ein Land, das umweltfreundlich Energie erzeugen kann, ein Land, das energieeffizient produzieren kann, das aber nicht tut, würde sich versündigen an der Zukunft, an den nächsten Generationen und würde, wie ich finde, gleichzeitig auch seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit schaden. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das tut die Bundesregierung!) Das sollten wir nicht zulassen. Wir sollten gemeinsam handeln für ein erfolgreiches Abkommen in Paris, für eine Anschärfung der Ziele in der Europäischen Union und für die konsequente Umsetzung. Ich freue mich, dass die Grünen hinsichtlich der konsequenten Umsetzung der Maßnahmen in Deutschland an der Seite der Umweltministerin stehen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schade nur, dass ihr gestern gegen sie gestimmt habt!) Glück auf, Herr Krischer! (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Kollege Frank Schwabe. – Nächste Rednerin in der Debatte: Annalena Baerbock für Bündnis 90/Die Grünen. Annalena Baerbock (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Frau Umweltministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Weisgerber, es geht ja nicht darum, dass wir jetzt auch einmal anerkennen, dass die Bundesregierung etwas tut. Natürlich wissen wir, Herr Kollege Miersch, dass es nicht schön ist, mit Saudi-Arabien, einem Dauerblockierer, auf der Klimakonferenz zu verhandeln. Aber als ich gestern Abend meine Sachen für unsere Delegationsreise packte, habe ich auch die kleinen Babysachen von meiner gerade geborenen Tochter mit eingepackt; denn sie muss nächste Woche mit nach Paris. Dann habe ich mir überlegt: Sie wird im Jahr 2050 – über dieses Jahr reden wir gerade – genauso alt sein wie ich jetzt. Wenn sie dann selbst eine kleine Tochter hat, wird sie mich fragen: Habt ihr damals in 2015 eigentlich alles dafür getan, diesen Klimakollaps zu verhindern? Ich glaube, das ist die entscheidende Frage, die Sie sich und die wir als Grüne uns stellen müssen: Tun wir wirklich alles dafür, dass wir diese größte Katastrophe, wie Ban Ki-moon es nannte, wirklich verhindern? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE]) Deswegen ist es für uns entscheidend, dass wir uns in Paris nicht mit Ländern wie Saudi-Arabien oder Indien messen. Vielmehr müssen wir uns daran messen, was die Vorreiter tun. Wir müssen auch dafür sorgen, dass Deutschland wieder zu einem Vorreiter wird. Lieber Frank Schwabe, auch du weißt: Es macht einen großen Unterschied, ob wir den Kohleausstieg früher oder später machen. Denn CO2 summiert sich in der Luft. Das ist das Entscheidende. Wenn wir es jetzt mit Karacho rausblasen, dann ist es da oben, dann können wir es nicht mehr zurückholen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es macht einen großen Unterschied, ob wir bei 2 Grad, 2,1 Grad oder 3,5 Grad landen. Denn die Inseln, die angesprochen wurden, gehen in dem einen Fall unter und in dem anderen Fall werden sie gerade noch gerettet. Daher ist auch für uns als Opposition nicht nur wichtig, dass die Verhandlerinnen und Verhandler aus dem BMUB, die in Paris sicher alles geben werden, um jedes Wort und um jedes Komma in diesem Klimavertrag kämpfen, sondern auch, dass Sie als Bundesregierung hier vor Ort, also zu Hause, um jede eingesparte Tonne CO2 kämpfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Es macht auch einen großen Unterschied, liebe Frau Hendricks, wann der Kohleausstieg kommt. Am Dienstag säuseln Sie im Hintergrund davon, der Kohleausstieg könne in 20 bis 25 Jahren gelingen, und am Sonntag im Deutschlandfunk sagen Sie plötzlich: Na ja, oder vielleicht auch erst 2050. – Es macht einen Riesenunterschied, ob er zehn Jahre früher oder zehn Jahre später kommt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Daran wollen wir Sie messen, und daran messen wir Sie auch bei Ihrem Handeln im Ausland. Es ist natürlich sehr gut, wenn Sie sagen: Wir investieren jetzt 3 Milliarden Euro in erneuerbare Energien in Afrika. – Klammer auf: Diese Gelder waren schon in den Haushalt eingestellt; man fokussiert sie nun noch. – Nur, was hilft es uns, wenn wir die Erneuerbaren auf der einen Seite ausbauen und sie auf der anderen Seite mit dem Allerwertesten einreißen? Denn einerseits stecken wir 3 Milliarden Euro in Erneuerbare. Andererseits steht gleichzeitig eine Anfrage bezüglich einer Hermesbürgschaft aus Südafrika bei Ihnen auf dem Tableau, bei der es um eine neue Kohlefinanzierung geht. Wenn wir dieser Hermesbürgschaft zustimmen, dann heißt das, dass wir den fossilen Pfad für 30, 40 Jahre manifestieren. Das macht all das zunichte, was Sie unter anderem in Form von Solarparks in Marokko aufbauen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Es gibt einen Grund, warum wir so sehr auf den Hermesbürgschaften und den KfW-Krediten herumreiten. Als sie gestern angesprochen wurden, hieß es: Meine Güte, es geht um 3,3 Milliarden Euro. Das macht doch gar nichts aus. Dem stehen 177 Milliarden Euro für den Klimaschutz gegenüber. – Doch, es macht etwas aus, und es macht gerade in diesen Zeiten etwas aus. Sie haben es angesprochen: Wenn Sie die Rockefeller-Stiftung, den norwegischen Pensionsfonds und die Allianz loben, die sagen: „Wir investieren nicht mehr in diesen Bereich“, dann ist es doch ein dramatischer Unterschied, ob ein Land wie Deutschland sagt: „Aber wir stellen nach wie vor Hermesbürgschaften zur Verfügung, damit in Südafrika Kohlekraftwerke gebaut werden können“, oder nicht. Wenn Sie diese Akteure loben, dann müssen Sie ihrem Beispiel folgen und aus der Kohleauslandsfinanzierung aussteigen, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Ein letzter Punkt: zum Ambitionsmechanismus. Sie haben gesagt: Wir wollen ihn völkerrechtlich verankern; leider klappt das nicht. – Das stimmt. Deutschland kann sich auf den Kopf stellen; das wird nicht klappen. Was Sie aber tun können, ist, einen Ambitionsmechanismus auf nationaler Ebene zu verankern. Deswegen fordern wir ein nationales Klimagesetz, und deswegen fordern wir Sie auf, das europäische INDC-Ziel nachzuschärfen. Das Europäische Parlament ist vorangegangen, hat einen Beschluss gefasst und gesagt: Nach Paris muss das EU-Ziel nachgeschärft werden. – Wir haben Ihnen angeboten, die EP-Resolution zur Klimakonferenz gemeinsam im Deutschen Bundestag hier und heute zu beschließen. Von Ihrer Seite kam aber leider: Das geht nicht; im Koalitionsvertrag haben wir etwas anderes vereinbart. (Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben unseren eigenen Antrag! Einen sehr guten!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann doch nicht sein, dass sich die Welt weiterdreht und hier in Deutschland ewig der Koalitionsvertrag gilt. So werden wir die Zukunft unserer Kinder nicht retten können. Herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Annalena Baerbock. – Nächster Redner in der Debatte: Matern von Marschall für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Matern von Marschall (CDU/CSU): Verehrte Frau Präsidentin, herzlichen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Glückwunsch beginnen. Frau Ministerin, Sie haben heute Namenstag. Ich wünsche Ihnen, dass am heutigen Barbara-Tag jemand einen Zweig für Sie schneiden und dieser Zweig am Heiligen Abend erblühen möge, (Beifall bei Abegeordneten im ganzen Hause) und zwar in dem Sinne, dass Sie sich am Ausgang der dann hoffentlich erfolgreich beendeten Klimakonferenz erfreuen können. In diesem Sinne herzlichen Dank für Ihre unermüdliche Arbeit! Dieser Dank gilt auch Ihrem Verhandlungsteam, das schon im letzten Jahr in Lima – unsere Delegation hat sich davon überzeugen können – unermüdlich gearbeitet hat. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]) Die Klimakonferenz, über die wir sprechen, trägt das Kürzel „Cop 21“. Diese Conference of the Parties – das bedeutet „Cop“ – hat ihre Wurzeln in Rio im Jahre 1992. In diesem Jahr wurde die Klimarahmenkonvention unterzeichnet. Jetzt kommt etwas Bedeutendes: Die erste COP, die COP 1, fand vor genau 20 Jahren in Berlin statt. Gastgeberin und diejenige, die diese erste COP zum Erfolg geführt hat, war niemand Geringere als die junge Bundesumweltministerin Angela Merkel. Angela Merkel hat diese Politik mit ihrer Beharrlichkeit und Hartnäckigkeit über all diese Jahre vorangebracht. Sie hat immer wieder – gerade auch in den letzten Tagen; das hat mich beeindruckt – an den Film Der Marsch aus dem Jahr 1990 erinnert, der eine Flüchtlingskrise beschreibt, die durch den Klimawandel verursacht wurde. Insoweit kann man sagen, dass die Bundeskanzlerin die globalen Zusammenhänge der nationalen, der europäischen und der globalen Politiken – sie haben Auswirkungen in die einzelnen Länder hinein – schon sehr früh erkannt und eine entsprechende Politik sehr lange, beharrlich und nachhaltig bis zum heutigen Tag verfolgt hat. Dafür danken wir ihr sehr herzlich. Die Erwartungen an diese COP 21 sind schon verschiedentlich skizziert worden. Ich glaube, wir dürfen sie nicht zu hoch einschätzen, aber wir sollten sie auch nicht zu gering einschätzen. Ich bin der sehr festen Überzeugung, dass wir die Vorreiterrolle, die Deutschland damals, bei der COP 1 hier in Berlin, eingenommen hat – wir haben ambitionierte Reduktionsziele vorgelegt und andere dadurch ermuntert –, auch weiterhin spielen müssen und dass auch die Europäische Union als führende Gemeinschaft von Staaten solch eine führende Rolle im Klimaschutz weiterhin einnehmen muss. Deswegen bin ich auch ganz froh, dass der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes vor wenigen Tagen einen Ambitionsmechanismus vereinbart hat. Es geht darum, in kurzen Abständen zu überprüfen: Sind bestimmte Ziele erreicht worden? Sind sie ausreichend, oder müssen wir im globalen Kontext noch größere Ambitionen haben? – Das finde ich eine gute Initiative. (Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie gleich zu, ja?) Eine gleichermaßen gute Initiative – hier möchte ich einmal nach vorne schauen – ist für mich die Reform des Zertifikatehandels. Dieser Zertifikatehandel – das sagen uns nicht ganz unbedeutende Wissenschaftler wie Edenhofer – muss nicht nur eine breitere Basis bekommen, sondern auch den notwendigen Rahmen setzen, damit eine tatsächliche Lenkungswirkung in Richtung „Saubere Technologien“ und „Sauberes Wirtschaften“ entfaltet werden kann. Ich glaube, er kann das, und zwar durch eine bessere Wahrung der Subsidiarität in den Einzelstaaten, die dann darin frei sind, die für sie kosteneffizientesten und wirtschaftlich sinnvollsten Maßnahmen zu ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen. Es ist schon angesprochen worden: Die ursprünglichen Zielsetzungen sind schon 1995 formuliert worden. Man wollte den Graben zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern überbrücken und hat gesagt: Wir haben eine gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung. – Einzelne Schwellenländer brachten die unterschiedliche Verantwortung damals noch dadurch zum Ausdruck, dass sie sagten, sie hätten gar keine. Diese Haltung hat sich geändert. Indien ist noch nicht angesprochen worden, China aber sehr wohl. Länder, die erst noch große wirtschaftliche Prozesse durchlaufen wollen, können natürlich nicht die gleichen Ambitionen bei den Minderungszielen haben wie wir; das ist richtig. Wir bekommen durch diesen Vertrag nun aber auch diese sehr großen Länder mit ins Boot. Ich glaube, das ist neben der Klimafinanzierung, die besonders die schwachen Länder brauchen, und neben einer Politik der Nachhaltigkeit, die vor allen Dingen unser BMZ vorantreibt – im September sind Nachhaltigkeitsziele formuliert worden, wonach soziale, wirtschaftliche und eben auch ökologische Ziele in Einklang gebracht werden müssen –, von außerordentlicher Bedeutung. Zum Abschluss möchte ich noch ein etwas düsteres Thema berühren. Wenn wir jetzt in Paris sein werden, dann werden wir uns besonders intensiv an die schrecklichen Terroranschläge erinnern. In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, woher dieser Extremismus kommt. Dabei muss ich an die arabischen Länder mit ihren Ölfeldern denken, die gewissermaßen die Basis eines religiösen Extremismus sind. Das dürfen wir nicht übersehen. Dieser Extremismus ist in die meisten der Industrieländer hinausgetragen worden und entfaltet dort bis heute seine Wirkung. Diese Bemühungen, diesen Extremismus in viele Länder der Erde zu tragen, sind maßgeblich mit Petrodollars finanziert. Ich glaube, Paris kann eine Konferenz des Friedens sein, wenn wir die Überzeugung haben, dass eine geringere Abhängigkeit von Erdöl nicht nur zum Klimaschutz beiträgt, sondern eben auch zu einer friedlicheren Entwicklung auf der Erde insgesamt. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]) Herr Hofreiter, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Die Mobilität ist in diesem Zusammenhang natürlich ein fundamental wichtiges Thema. Ich will allerdings sagen, dass hier nicht so sehr der Staat zum Handeln aufgefordert ist, sondern dass die deutsche Automobilindustrie, die einen Umsatz von 350 Milliarden Dollar macht und die zu den Herstellern der führenden Marken auf dieser Erde zählt, eine Verantwortung hat, uns, den Konsumenten, Autos, die CO2-frei fahren, zu einem räsonablen Preis in kurzer Zeit zur Verfügung zu stellen. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber der Staat muss den Rahmen dafür setzen!) – „Den Rahmen dafür setzen“ – wenn ich das noch ergänzen darf –, heißt natürlich, eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen, also etwa Ladestationen für Elektroautos. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das tun Sie nicht!) Das bedeutet selbstverständlich auch, eine Infrastruktur mit Blick auf Wasserstofftankstellen bereitzustellen. Diesen Weg müssen wir gehen. Dann kommen wir auch im Klimaschutz erheblich weiter. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Rednerin: Dr. Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Bärbel Kofler (SPD): Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Klimakonferenz in Paris reiht sich ein in eine Folge wichtiger internationaler Konferenzen im Jahr 2015. Im September haben wir die UN-Konferenz zu den Nachhaltigkeitszielen abgeschlossen, und zwar, wie ich denke, sehr erfolgreich abgeschlossen. Es gab bereits vorher eine wichtige Initiative, nämlich die UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba. Ich erwähne das an dieser Stelle, weil Entwicklungsfinanzierung mit Klimafinanzierung eng verbunden ist und beide zusammen betrachtet werden müssen. Frau Ministerin, Sie haben es zu Recht ausgeführt: „Klimaschutzpolitik ist zugleich Entwicklungspolitik und Friedenspolitik.“ Ich möchte diesen Satz unterstreichen und bin dankbar dafür, dass dieser Gedanke von der Bundesregierung und von Ihnen persönlich in Paris vertreten wird. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/CSU]) Es ist an dieser Stelle viel über die nationalen Klimaziele und pläne gesagt worden. Ich möchte auf zwei Aspekte besonders eingehen, einmal auf die Frage der Minderung des CO2-Ausstoßes und einmal auf die internationalen Zusammenhänge insbesondere in der Frage der Anpassung. Minderungsziele im eigenen Land sind richtig und wichtig. Wir wissen, dass inzwischen 184 Staaten – das wurde schon angesprochen – nationale Klimapläne aufgelegt haben. Wir wissen aber leider auch, dass das, was vorgelegt worden ist, noch nicht reichen wird, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, sondern dass wir uns dann auf einen Temperaturanstieg zwischen 2,6 und 2,8 Grad zubewegen. Wir wissen auch, dass sich die ärmsten und verwundbarsten Länder vor einigen Monaten in Lima zu einer Initiative, V20, zusammengeschlossen haben. Dabei geht es darum, zumindest das Ziel zu erreichen, das ihnen helfen würde, nämlich die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Wir werden also, was die Minderung des CO2-Ausstoßes anbelangt, ein Mehr an Anstrengungen auch nach dieser Konferenz zu leisten haben. Dazu können wir hier in Deutschland einen Beitrag leisten; das ist von allen Vorrednern angesprochen worden. Aber ich möchte den Blick auch auf internationale Zusammenhänge und die Beiträge lenken, die man leisten kann. Ich möchte ein Beispiel nennen. IRENA, die Internationale Agentur für erneuerbare Energien, hat einmal ausgerechnet, was allein auf dem afrikanischen Kontinent möglich wäre, wenn auf erneuerbare Energien umgestiegen würde. Die Agentur hat auch den nötigen Zuwachs an Energie errechnet, den diese Länder dringend brauchen, um ihre Entwicklungsmöglichkeiten zu stärken und Armutsbekämpfung voranzubringen. IRENA prognostiziert für den gesamten afrikanischen Kontinent bis zum Jahr 2030, das Wirtschaftswachstum eingerechnet, immerhin einen Anteil erneuerbarer Energien von insgesamt 22 Prozent, und auf den Strombereich entfallend 50 Prozent. Ich finde, das sind beachtliche Zahlen. Sie sprechen von einem CO2-Ausstoß von 310 Megatonnen, den man an dieser Stelle einsparen könnte und die es lohnen, dass wir als internationale Gemeinschaft mehr tun, um in den Ländern Kapazitäten und Strukturen aufzubauen, damit dieser Umstieg auf erneuerbare Energien oder dieser Einstieg in erneuerbare Energien auch im Süden möglich ist. (Beifall bei der SPD) Ähnliches gilt selbstverständlich für den Bereich der Anpassungsmaßnahmen. Es wäre mir als Entwicklungspolitikerin eigentlich lieber, wir würden es schaffen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, um viele Anpassungsmaßnahmen vielleicht nicht nötig werden zu lassen. Trotzdem weiß ich: Es ist bereits heute Tatsache, dass Menschen fliehen. Menschen verlassen ihre angestammten Regionen, Menschen können nicht mehr so produzieren, wie sie es getan haben, weil Böden versalzen und weil Wasser fehlt. Das ist von allen Vorrednern angesprochen worden. Das heißt, wir müssen in dem Bereich der Anpassung mehr tun. Wir müssen auch das Thema der Klimafinanzierung verstärkt für diesen Bereich nutzen, denn es ist klar: Minderungsziele haben auch sehr viel mit Industrie, mit Industrie in Schwellenländern und in Industrieländern, zu tun. Das ist alles richtig und wichtig, aber die Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren, ist leider eine etwas unattraktivere Geschichte in diesem gesamten Konzert. Deshalb glaube ich, wir müssen Finanzierungen für Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Es ist gut, dass Sie das ansprechen!) Neben dem Green Climate Fund, der angesprochen worden ist und bei dem man sicher noch genau hinsehen muss, wie die Frage der Anpassung in diesem Fonds gelingen wird, leistet auch der UN-Anpassungsfonds, den es bereits gibt, einen Beitrag. Im Oktober dieses Jahres wurden dort 32 Projektanträge behandelt. Das zeigt, dass es hier ein steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser Maßnahmen gibt. Dieser Fonds kriegt auch gute Noten, weil es darum geht, Kapazitäten in den Ländern des Südens aufzubauen und so den am meisten vom Klimawandel betroffenen Menschen und Gemeinden wirklich zu helfen. Ich wünsche mir sehr, dass gerade dieser multilaterale Fonds, der wirklich einiges leistet, vorangehen kann, finanziell besser ausgestattet wird und für die Zukunft auf eine sichere Finanzbasis gestellt wird. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Als Entwicklungspolitikerin sage ich noch einen letzten Satz generell zur Finanzierung. Ich habe am Anfang gesagt: Klima, Entwicklung und Frieden sind untrennbar miteinander verbunden. Das gilt sicher auch für Finanzierungsfragen. Einen Gedanken aber bitte ich, bei allem immer mit zu berücksichtigen: Es gibt klimarelevante Armutsfolgen, es gibt Verschränkungen der beiden Themenfelder, aber es gibt auch klassische Felder der Armutsbekämpfung und klassische Felder des Staatsaufbaus, für die die Entwicklungszusammenarbeit Gelder benötigt. Ich bitte daher darum, Klimafinanzierung mit Extramitteln auszustatten und nicht eins zu eins mit Entwicklungsgeldern zu verrechnen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Bärbel Kofler. – Nächster Redner: Dr. Thomas Gebhart für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. Thomas Gebhart (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Tagen erreichen uns ständig neue Nachrichten darüber, dass der Klimawandel voranschreitet. Im südlichen Afrika gibt es extreme Wetterereignisse, es gibt einen steigenden Meeresspiegel und vieles mehr. Wir nehmen wahr: Die Lebensbedingungen auf unserer Erde verändern sich, und die Wissenschaftler mahnen uns: Wir müssen das Klima schützen. Wir müssen alles daransetzen, diese globale Erderwärmung auf maximal 2 Grad zu begrenzen; denn wenn uns dies nicht gelingt, dann besteht die große Gefahr, dass dieser Klimawandel durch den Menschen nicht mehr beherrschbar ist. Das Klima schützen, das ist unsere Verantwortung vor allem für die nachfolgenden Generationen. Warum aber ist es so schwierig, diese Erkenntnis in Taten umzusetzen? Zunächst einmal müssen wir wahrnehmen: Das ist ein globales Problem. Wir allein können das Klima nicht schützen, sondern die Staaten dieser Welt müssen miteinander kooperieren. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung, wir brauchen ein weltweites Abkommen. Warum haben wir dies bislang noch nicht erreicht? Warum verhandelt die Welt seit 20 Jahren über den Klimaschutz, während die weltweiten Treibhausgasemissionen Jahr für Jahr immer weiter in die Höhe gegangen sind? Dies hängt vor allem damit zusammen, dass am Verhandlungstisch 195 Länder sitzen, die teilweise sehr unterschiedliche Interessen haben. Da gibt es Länder an der Spitze – dazu zählen auch wir –, die für einen ambitionierten Klimaschutz streiten. Da gibt es Länder, die vor allem eine Anpassung an die Folgen des Klimawandels wollen. Es gibt aber auch Länder, die sagen, dass sie sich nicht einschränken möchten, weil sie zunächst einmal ein gewisses Maß an Wachstum und Wohlstand erreichen wollen, was sicherlich auch verständlich ist. Unterschiedliche Interessen prallen also aufeinander. Hinzu kommt, dass bei den Klimakonferenzen das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Das heißt, Entscheidungen können immer nur dann getroffen werden, wenn am Ende alle 195 Länder Ja sagen. Was bedeutet das nun für Paris? Die Grundschwierigkeit, die ich eben beschrieben habe, löst sich nicht in Luft auf, sondern bleibt bestehen. Wir sollten eine ehrliche und realistische Erwartungshaltung haben. Dazu gehört, dass wir uns bewusst machen: Es gibt in den nächsten Tagen noch erhebliche Stolpersteine auf dem Weg hin zu einem weltweiten Abkommen. Wir sollten uns außerdem bewusst machen, dass es selbst dann, wenn die Minderungsziele, die die einzelnen Länder gemeldet haben, vollständig erreicht werden, in der Summe nicht ausreicht, das 2-Grad-Ziel zu erreichen. Wir müssen uns auch bewusst machen, dass ein weiterer Punkt hinzukommen muss, wenn ein solch notwendiges Abkommen geschlossen werden soll. Es muss uns gelingen, den Grundkonflikt der unterschiedlichen Interessen zu überwinden und die unterschiedlichen Ziele wie Klimaschutz auf der einen Seite und Wohlstand und Wachstum auf der anderen Seite in Einklang zu bringen. Das geht nur mithilfe von Innovationen und neuen Technologien. Deutschland geht bei den erneuerbaren Energien voran. Das wird international aufmerksam beobachtet. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Zu einer ehrlichen und realistischen Sichtweise gehört aber auch, dass es Anlass zu begründetem Optimismus gibt, und zwar in so starkem Maße wie noch nie vor einer Weltklimakonferenz. Warum? Mehr als 180 Staaten haben freiwillig Minderungszusagen gemacht. Alle größeren Verursacher des Klimawandels bekennen sich zum Klimaschutz. Teil eines Abkommens soll – darauf drängen wir ganz besonders – ein regelmäßiger Überprüfungsmechanismus sein. Das heißt, Paris ist nicht der Endpunkt – das wurde schon angesprochen –, sondern ein Zwischenschritt. Für einige Länder ist Paris sogar der Start in die Klimaschutzpolitik. Das angestrebte Abkommen ist so nah wie nie zuvor. Ich hoffe und erwarte, dass es in einer Woche in Paris eine Einigung geben wird. Ein solches Abkommen wäre ein riesiger Fortschritt, weil die Richtung klargemacht würde. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn es uns gelingt, ein solches Abkommen zu schließen, dann werden weitere Schritte folgen. Unter dem Strich gibt es keine vernünftige Alternative. Wir haben keine zweite Erde, auf die wir ausweichen können. Deswegen müssen wir alles daransetzen, am nächsten Freitag ein ambitioniertes, verbindliches und weltweit gültiges Abkommen unter Dach und Fach zu bekommen. Inwiefern tragen wir in Deutschland dazu bei? Wir leisten einen sehr großen Beitrag. Ich will nur zwei Punkte nennen. Der erste Punkt ist: Wir haben ein sehr ambitioniertes Klimaschutzziel und wollen bis 2020 eine 40-prozentige Reduzierung im Vergleich zu 1990 erreichen. Das ist ein sehr glaubwürdiges Ziel, weil wir den größten Teil bereits geschafft haben. Die Lücke, die noch besteht, werden wir schließen mit einem Bündel aus Maßnahmen. Der zweite Punkt ist: Deutschland wird die Haushaltsmittel für die Klimafinanzierung auf künftig 4 Milliarden Euro verdoppeln. Wir helfen damit vor allem den ärmeren Ländern, dass sie sich an die Folgen des Klimawandels anpassen können, dass sie Waldschutz betreiben können, dass sie insgesamt Klimaschutz betreiben können. Wir erleben jetzt in diesen ersten Tagen der Konferenz in Paris, dass eine Dynamik in das Thema der Klimafinanzierung gekommen ist. Das sind erfreuliche und positive Zeichen. (Beifall bei der CDU/CSU) Ich war wie viele andere auch bei diesen letzten Klimakonferenzen in den vergangenen Jahren dabei. Wir hatten Gelegenheit, mit vielen Vertretern anderer Länder zu sprechen, mit Regierungsvertretern, aber auch mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen. Es zieht sich wie ein roter Faden durch alle Gespräche, dass Deutschland ein unglaublich hohes Ansehen im Bereich der internationalen Klimaschutzpolitik hat. Wir werden als Vorreiter gesehen, wir werden als glaubwürdig betrachtet. Das ist vor allem auch ein Verdienst der deutschen Bundeskanzlerin. (Beifall bei der CDU/CSU) Angela Merkel hält seit 20 Jahren den internationalen Klimaschutz hoch, sie treibt an, sie geht voraus. Ich sage ausdrücklich: Ohne die deutsche Bundeskanzlerin wären die Chancen auf ein weltweites Klimaabkommen heute nicht so hoch, wie sie tatsächlich sind. (Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So schlecht geht es ihr doch gar nicht!) Ich danke auch der Bundesumweltministerin, auch ihren Vorgängern, die sich alle sehr glaubwürdig und sehr engagiert für das Ziel des weltweiten Klimaschutzes eingesetzt haben und nach wie vor einsetzen. (Beifall des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD]) Ich hoffe, wir kommen Freitagnacht in Paris zu einem Ergebnis und können sagen: Ja, die Staaten handeln, sie kooperieren. Ich hoffe, dass es so sein wird, dass sich die Weltgemeinschaft Freitagnacht auch einmal selbst applaudieren kann. Wir haben eine historische Chance, und die sollten wir jetzt endlich nutzen. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Dr. Gebhart. – Letzte Rednerin in dieser Debatte: Dr. Nina Scheer für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Nina Scheer (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die jeweiligen UN-Klimakonferenzen sind für uns auch immer ein Spiegelbild. Sie haben natürlich den Zweck, dass wir uns darauf verständigen, was wir tun müssen, aber sie sind, gerade mit den vorbereitenden Berichten des Weltklimarats, des IPCC – auch der jetzige Bericht bildet wieder eine Grundlage –, immer auch ein Warnsignal. Man muss zunehmend die Klimaberichte des Weltklimarates im Detail studieren, um zu erkennen und ehrlich zu bekennen, welche Aufgaben vor uns liegen. Frau Hendricks hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Transparenz das oberste Gebot ist. Ich möchte hier die Gelegenheit der freien Aussprache über die Klimaverhandlungen nutzen – als solche kann man den heutigen Vormittag zu der Thematik verstehen –, das Augenmerk auf einige Inhalte zu richten. Mit großer Sorge – das muss ich sagen – betrachte ich, wie sich inzwischen aus der Befürchtung heraus, die Klimaziele nicht zu erreichen, ein Verrechnungsmodell etabliert. Es kommt zu der Bildung eines Emissionsbudgets, wobei wir alle wissen, dass das Emissionsbudget, das uns dann noch verbleibt und das sich an dem 2-Grad-Ziel orientiert, möglicherweise schon 2030 aufgebraucht sein wird. Das allein für sich genommen ist ein brauchbares Warnsignal an uns, das wir insofern berücksichtigen sollten, als es eine Handlungsaufforderung ist. Was allerdings nicht passieren darf – leider gibt es Anzeichen dafür, dass es passiert –, ist, dass die Nichteinhaltung der Zeitachse für dieses Emissionsbudget – ein früheres Aufbrauchen des Emissionsbudgets – dazu verleitet, Auswege zu suchen. Das heißt, man möchte negative Emissionen einpreisen. Es gehört zur Transparenz, zu erkennen, dass von den 400 dem Sachstandsbericht des Weltklimarats zugrundegelegten Szenarien bereits bei 344 Szenarien mögliche Klimaschulden enthalten sind, die zu einem späteren als dem für das Emissionsbudget errechneten Zeitpunkt wieder abzubauen sein werden. Das heißt, wenn wir die Ziele in Anbetracht dieser 344 zugrundegelegten Szenarien erreichen wollen, dann müssen wir genau wissen, was auf dem Weg dahin eingehalten werden muss. Damit geht leider einher, dass wir einen Verschmutzungskredit aufgenommen haben, den man in der Folgezeit abzubauen hat. Dabei wird es dann auch wirtschaftspolitisch interessant, zu sehen, welche Maßnahmen greifen und in welche Richtung sich die Technologieentwicklung bewegt. Wenn wir diese Wege beschreiten, was, wie ich finde, nicht passieren darf, dann könnte das auch bedeuten, dass besonders stark in die Technologien zur Abscheidung von CO2 investiert wird, und zwar auch in CO2-Abscheidung im Bereich der Bioenergieerzeugung und in unterirdische Verpressung, um den angesprochenen Kredit zurückzahlen zu können. Wenn in diese Bereiche große Investitionen getätigt werden, können die gleichen Gelder anderswo nicht mehr investiert werden. Außerdem haben wir keine richtig transparente Klarheit mehr darüber, wo wir wirklich stehen. Der Wert der Weltklimakonferenzen, die bisher stattgefunden haben, geht dann vielleicht ein Stück weit verloren, weil uns nicht mehr ganz ehrlich das offenbart wird, was tatsächlich zu tun ist. Ebensolches – Bärbel Kofler hat es angesprochen – gilt für die Anpassungsstrategien. So wichtig es ist, Anpassungsstrategien zu verfolgen, gerade mit Blick auf die ärmsten Länder, die vom Klimawandel als Erste betroffen sein werden, müssen wir aufpassen, dass wir keine zu enge Vermischung mit den Bemühungen vornehmen, den Klimawandel einzugrenzen. Denn es kann der Eindruck entstehen: Wir tun doch schon viel; wir leisten doch schon viel. – Es muss ganz klar sein: Das eine ist, den Klimawandel zu verhindern, das andere ist: Wir müssen uns auch darum kümmern, dem nicht mehr aufzuhaltenden Klimawandel und dessen Auswirkungen in Form von Anpassungsstrategien zu begegnen. Eine weitere Gefahr sehe ich darin, dass zunehmend NGOs in den Entscheidungsprozess eingebunden sind und damit nicht mehr zur kritischen Masse gehören. Ich sage das insbesondere mit Blick darauf, dass die Atomenergie heutzutage als klimafreundliche Energie gilt. Auch darauf müssen wir unsere Aufmerksamkeit richten. Ich hätte noch ein paar weitere Dinge zu sagen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Nein. Dr. Nina Scheer (SPD): Ich weiß, meine Redezeit ist zu Ende. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Nina Scheer. – Ich schließe die wirklich nachdenklich machende, an das Verantwortungsbewusstsein appellierende Aussprache. Es wäre für manche Kolleginnen und Kollegen vielleicht nicht schlecht gewesen, ihr zu folgen. Es wäre wünschenswert gewesen, dass noch mehr Kollegen an dieser wirklich sehr intensiven Debatte teilnehmen. (Beifall der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]) Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen vom Umweltausschuss, die heute nach Paris reisen, viele intensive Gespräche und Begegnungen, um so von parlamentarischer Seite Druck auszuüben und Dampf zu machen. Kommen Sie also gut an, und kommen Sie gut und erfolgreich zurück. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Entschließungsanträge. Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/6881. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die Linke. Dagegengestimmt haben CDU/CSU und SPD. Enthalten hat sich Bündnis 90/Die Grünen. Wir kommen jetzt zum Entschließungsantrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/6882. Wer stimmt für diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt haben Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Dagegengestimmt haben CDU/CSU und SPD. Ich übergebe die Sitzungsleitung an meine Kollegin Petra Pau und wünsche Ihnen noch einmal erfolgreiche Tage. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 a und 26 b auf: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Klaus Ernst, Jan van Aken, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Für eine lebendige Demokratie – Fairer Handel statt TTIP und CETA Drucksache 18/6818 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Energie (f) Finanzausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Keine Paralleljustiz für internationale Konzerne durch Freihandelsabkommen Drucksachen 18/5094, 18/6911 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Klaus Ernst für die Fraktion Die Linke. Klaus Ernst (DIE LINKE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sozusagen als Einstimmung auf die besinnliche Zeit haben Sie noch einmal Gelegenheit, mit uns über die Handelsabkommen zu diskutieren. Ich denke, Sie machen das mit großer Freude. Wir haben zwei Anträge vorgelegt, die Sie sicherlich alle gelesen haben. Mit dem einen Antrag geht es uns darum, die mit den zusätzlichen Schiedsgerichten geplante Paralleljustiz zu verhindern. Übrigens gilt unabhängig davon, ob es sich um private Schiedsgerichte oder einen Handelsgerichtshof handelt: Das ist eine Paralleljustiz. In dem anderen Antrag plädieren wir für fairen Handel. Ich gehe davon aus, dass Sie unsere Anträge wie immer ablehnen werden. Aber unabhängig davon können Sie die Adventszeit nutzen, um darüber nachzudenken. Vielleicht kommen Sie dann zu der einen oder anderen neuen Erkenntnis. Große Teile der Zivilgesellschaft lehnen die Handelsabkommen ab, weil sie bereits nachgedacht haben. Ich nenne ein Beispiel. Ich habe gestern den Bundesverband der Milchbauern besucht. Insbesondere kleine Bauern kämpfen ums Überleben, und zwar nicht nur wegen der niedrigen Milchpreise, sondern auch wegen der Preise und Produktionsverhältnisse bei anderen landwirtschaftlichen Produkten. Und was macht die Europäische Union, liebe Kolleginnen und Kollegen? Ich habe mir fast die Augen gerieben: In den Verhandlungen der Europäischen Union mit den Amerikanern wird tatsächlich darüber gestritten, ob man es den Amerikanern erlauben bzw. erleichtern soll, rohe Eier in Europa zu verkaufen. Das war Gegenstand der letzten Verhandlungen. Das ist kein Witz. Offensichtlich sollen rohe Eier über den Ozean geschippert werden, weil das US-Ei billiger ist als das Ei europäischer Hennen. Warum ist das so? Weil die US-Henne billigeres Futter frisst und der Tierschutz offensichtlich lascher ist. Aber allein die Tatsache, dass sich die EU-Kommission damit befasst, ob rohe Eier über den Ozean geschippert werden sollen, zeigt, wie absurd das ist. Das ist doch nicht mehr normal, meine Damen und Herren. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Wir hatten gerade eine Umweltdebatte. In Paris wird darüber diskutiert, wie wir den Schadstoffausstoß reduzieren, um die Klimaerwärmung zu begrenzen. Der Generalsekretär des International Transport Forum, José Viegas, hat am 1. Dezember im Tagesspiegel geschrieben, dass nahezu ein Drittel aller weltweiten Verkehrsemissionen aus dem internationalen Frachtverkehr stammen. Der Welthandel wird sich bis 2050 vervierfachen. Damit wird auch der CO2-Ausstoß entsprechend zunehmen. Und die EU diskutiert über die Eier auf dem Meer. Dümmer geht’s nimmer, meine Damen und Herren. Würde TTIP Realität werden, dann würden im Übrigen die Bauern in Europa noch mehr unter Druck geraten. Beenden wir diesen Unfug! Die Ablehnung wird immer breiter. Das wissen Sie. Ich möchte Ihnen einige zentrale Forderungen der Zivilgesellschaft vortragen. Ich zitiere: „Ein Abkommen, das den Bürgerinnen und Bürgern nutzen soll, darf nicht verhandelt werden, als müssten die Ergebnisse vor der Öffentlichkeit verborgen werden.“ Realität ist: Nach wie vor haben nicht einmal Abgeordnete Kenntnis von den konsolidierten Verhandlungstexten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Herrn Lammert ausdrücklich für sein Engagement dafür danken, dass die Abgeordneten des Parlaments endlich erfahren, was eigentlich gespielt wird. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ich würde erwarten, dass er mehr Unterstützung aus der CDU/CSU bekommt. Unser Präsident gehört schließlich zu Ihrer Fraktion. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da klatschen die noch nicht einmal!) – Da klatschen die nicht einmal. Ja, so sind sie. Marx sagte: Wie sie sich geben, so sind sie. Eine weitere Forderung, meine Damen und Herren – Zitat –: Eine Sondergerichtsbarkeit für Investoren ist nicht zu akzeptieren und darüber hinaus zwischen Demokratien wie der EU und den USA schlicht unnötig. Nach wie vor aber sind in CETA Sondergerichte enthalten. Trotz aller Reformen bleibt es bei Sondergerichten. Noch ein Zitat: Eine Rekommunalisierung einst privatisierter öffentlicher Dienstleistungen darf nicht durch Standstill- oder Ratchet-Klauseln im Freihandelsabkommen unmöglich gemacht werden. (Beifall der Abg. Karin Binder [DIE LINKE]) In CETA sind solche Klauseln enthalten. Ausnahmen sind lückenhaft. Eine letzte Forderung, die ich Ihnen vortragen möchte – Zitat –: Verbindliche Regelungen zu den ILO-Kernarbeitsnormen sind ... unabdingbare Voraussetzung ... Sie wissen, meine Damen und Herren: Im Wirtschaftsausschuss hat der Verhandlungsführer der Amerikaner erklärt, für ihn komme eine Ratifizierung der ILO-Abkommen nicht infrage. Das ist die Realität. (Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Gestalten Sie mal das deutsche Arbeitsrecht, nicht das amerikanische!) – Ihr regiert. Dann macht das mal vernünftig. Aber das kriegt ihr nicht hin. Meine Damen und Herren, von wem waren nun die Zitate? Das waren allesamt Zitate aus Anträgen von Landesverbänden der SPD zum SPD-Parteitag am 10. Dezember. Alles Zitate von der Basis oder von Landesverbänden der SPD! Ich kann nur sagen: Die SPD-Basis orientiert sich offenbar mehr am Gemeinwohl, als es gegenwärtig die Bundesregierung tut. Von der Bundesregierung hat man den Eindruck, dass sie die Dinge durchpeitschen will. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Kritik kommt übrigens immer mehr auch von Wählern der Union. (Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Bleiben sie mal bei Ihren Wählern! Das ist besser für Sie!) Jetzt ist mein Freund Ramsauer nicht da. Er hat in Kanada – Sie waren dabei – bei jeder Veranstaltung erzählt, dass es in seiner Region Traunstein – ein wunderbarer bayerischer Wahlkreis mit absoluten Mehrheiten für die CSU – zu einer Demonstration von 500 Leuten gekommen sei und dass es keine Linken gewesen seien, sondern seine Wähler. – So geht es euch. Übrigens kann ich auch die Milchbauern nennen. Das sind auch nicht gerade Wähler der Linken, sondern eher Wähler von euch. Ich kann Ihnen allen nur empfehlen: Hören Sie auf Ihre Basis! Ich möchte zum Schluss noch sagen, was die Landesorganisation Bremen im Antrag T 20 zum SPD-Parteitag festgestellt hat: ... erfüllt nicht die Anforderungen an Handelsabkommen, wie sie im Beschluss des Parteikonvents der SPD vom September 2014 gestellt wurden, und auch nicht die im Europaparlament Anfang Juli 2015 gestellten Anforderungen an das Handelsabkommen ... Das stellt die SPD Bremen fest. Meine Damen und Herren, ich würde mich freuen, wenn Sie auf Ihrem Parteitag – das kann ich Ihnen nur ans Herz legen – klare Kante zeigen, und zwar nicht für die Großindustrie, sondern im Interesse der Bürger und im Interesse der Mitglieder der SPD. Wenn Sie das tun, dann hat die SPD bei Umfragen vielleicht auch wieder steigende Werte. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Da kommt ja gar nichts mehr inhaltlich!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Andreas Lämmel für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man könnte sagen: It’s TTIP-time. – Es ist Freitagmittag. Die Linken beantragen ihre Debatte. Es ist immer das Gleiche. Wenn man sich die Anträge anschaut, stellt man fest, Herr Kollege Ernst: Der erste Antrag, den Sie benannt haben, hat letzte Woche seinen ersten Geburtstag gefeiert. Plenum, Ausschuss, Plenum: Man nennt das, was Sie da betreiben, Beschäftigungstherapie. (Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Die therapieren sich selbst!) Es kommt kein neuer Gesichtspunkt in die Diskussion. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie nichts lernen!) Es ist höchste Zeit, dass Sie nach einem Jahr die Positionen, die Sie damals aufgeschrieben haben, überdenken. (Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oder Sie! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Danke gleichfalls!) Bei dem zweiten Antrag, meine Damen und Herren, haben Sie eine interessante Überschrift gewählt: „Für eine lebendige Demokratie – Fairer Handel statt TTIP und CETA“. Das ist schon interessant. Die lebendige Demokratie wird, glaube ich, hier in Deutschland tagtäglich bewiesen, gerade bei der öffentlichen Diskussion über Handelsabkommen, über alle politischen Themen. Wir brauchen doch keinen Antrag der Linken, um die lebendige Demokratie in Deutschland zu befördern. Ich weiß nicht, ob Sie noch in der Zeit von vor 25 Jahren, vor 1990, denken. Da war natürlich nichts mit lebendiger Demokratie. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wo ich herkomme, schon! Wir hatten die schon! Sie müssen noch lernen!) – Wir haben mehr gelernt als Sie. (Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie noch eine andere Platte?) Aber dass Sie das heute in einen Titel schreiben, verwundert uns schon sehr. Der zweite Teil der Überschrift, nämlich „Fairer Handel statt TTIP und CETA“, (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist notwendig!) ist auch ganz interessant. Die Frage ist: Was meinen Sie denn eigentlich? Sie meinen: Der Handelsaustausch, der im Moment zwischen Europa und den USA, zwischen Europa und Kanada stattfindet, ist kein fairer Handel. – So muss man das ja lesen. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil Sie sich nicht mit dem Antrag auseinandersetzen!) Handelsabkommen sind für Sie also nicht der Türöffner für fairen Handel, sondern Sie meinen, Handelsabkommen seien ein Handelshemmnis. Ich kann die Denkweise nicht nachvollziehen, die hinter dieser ganze Sache steht. Meine Damen und Herren, wenn man sich einmal Ihren Antrag anschaut, dann findet man darin interessante Dinge. In der Begründung schreiben Sie, wegen der angestrebten transatlantischen Angleichung von Normen und Standards würden Standards gesenkt und Normen verändert. Das ist ja interessant. Wie kommen Sie denn auf diese Annahmen? Wenn man mit einem Partner vereinbart, dass die jeweils höheren Standards zur Anwendung kommen, wie soll man denn dann auf die Idee kommen, dass die Standards gesenkt werden? Das ist doch vollkommen unlogisch. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die Denkweise, die dahintersteckt, ist doch völliger Unfug. Das Bestreben dieser Handelsabkommen ist es doch gerade, gemeinsam die höchsten Standards festzulegen, damit sich weltweit niemand mehr unterhalb dieser Standards bewegen kann. (Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist heute Märchenstunde?) Das ist doch der Sinn. Sonst muss man doch gar nicht über Standards verhandeln. Es ist also völliger Unfug, was Sie den Leuten suggerieren. Über den Zugang zu den Unterlagen haben wir hier im Plenum schon öfter diskutiert. Sie haben das Bemühen von Herrn Lammert angesprochen. Dazu hat sich auch schon unser Ausschussvorsitzender Peter Ramsauer geäußert. Ich hoffe, dass wir damit einen großen Fortschritt erzielt haben. Ich bin gespannt, wie oft ich Sie im Leseraum antreffen werde. (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wahrscheinlich nie!) Dann werden wir einmal sehen, wie oft Sie dann wirklich über den 1 000 Seiten Unterlagen sitzen und diese lesen werden. Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, den wir erreichen konnten, weil wir an dem Prozess beteiligt sind. Sie lehnen das jedoch ab und sagen: Stopp CETA! Stopp TTIP! – Wir hingegen sagen, dass wir verhandeln müssen. Deshalb ist dieser Verhandlungsfortschritt ein großer Fortschritt. Meine Damen und Herren, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass eine bevorzugte Behandlung von Unternehmen bei öffentlichen Beschaffungen möglich sein müsse. Weiter schreiben Sie vom Kampf gegen die Korruption und die Verschwendung von Steuermitteln. Meine Damen und Herren, genau das ist der Sinn der Sache. Wir wollen, dass die öffentliche Vergabe transparent erfolgt. Wir wollen, dass die Ungleichheiten auf den Beschaffungsmärkten in den Vereinigten Staaten und Kanada einerseits und Europa andererseits abgebaut werden. Wir wollen, dass deutsche Unternehmen einen gleichberechtigten Zugang zu den Beschaffungsmärkten in den USA und in Kanada haben. Transparenz ist das beste Mittel gegen Korruption und Verschwendung. Auch in diesem Fall kann man die hinter dieser Sache stehende Logik überhaupt nicht erkennen, die Sie uns heute versuchen in den Nikolausstiefel zu schieben. Meine Damen und Herren, Sie ändern Ihre Strategie bei den Investitionsschutzabkommen. Früher waren es halt die bösen Konzerne und die Banken, die die Staaten ausnehmen könnten. Nun haben Kolleginnen und Kollegen aus diesem Hause Vorschläge für einen internationalen Handelsgerichtshof eingebracht. Auch Herr Gabriel hat Vorschläge dazu gemacht. Jetzt, da es an die Umsetzung geht, sagen Sie, das sei Mist und das brauche man nicht. Da muss sich doch jeder normale Mensch fragen: Was soll das? Erst kämpfen wir für etwas, und wenn es erreicht wird, dann ist das alles plötzlich Unfug. – Das ist eine völlig unlogische Argumentation. Herr Ernst, derzeit werden weltweit rund 20 Abkommen verhandelt. Stellen Sie doch einmal zu jedem dieser Abkommen einen Antrag, zum Beispiel „Stopp Vietnam“. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Lämmel, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Ernst? Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Wenn es der Aufklärung des Sachverhaltes dient, dann gerne. (Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das dauert eher noch länger! – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege Ernst, das muss nicht sein! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Gebrabbel wird noch länger! – Zuruf von der CDU/CSU: Das dient eher der Profilneurose!) Klaus Ernst (DIE LINKE): Herr Kollege Lämmel, danke, dass Sie die Frage zulassen. – Erstens. Sie haben auf diesen internationalen Handelsgerichtshof abgestellt. Außerdem haben Sie gesagt, wir hätten unsere Strategie geändert. Das ist überhaupt nicht der Fall. Ist es nicht so, dass es nach wie vor ein eigener Gerichtshof sein wird, bei dem keine einheimischen Unternehmen, sondern nur ausländische Unternehmen klagen können? Sind Sie mit mir der Auffassung, die laut Medienberichten auch von der Wissenschaft vertreten wird, dass das eine weitere Bevorzugung der ausländischen Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen wäre, und zwar unabhängig davon, ob dies eine private oder öffentliche Gerichtsbarkeit darstellt? Zweitens. Sie haben vorhin dargestellt, dass jetzt die große Transparenz ausgebrochen sei. Ich lese im Tagesspiegel von gestern, (Dirk Wiese [SPD]: Das ist doch schon dementiert!) dass Bundestagsabgeordnete in Berlin Zugang erhalten sollen. Dann heißt es aber, dass die amerikanische Handelsbehörde von dem nichts weiß. Da würde ich Sie bitten, das einmal aufzuklären. Drittens. Sind Sie mit mir der Auffassung, dass der Präsident des Deutschen Bundestages in hervorragender Weise dieses Thema angesprochen hat und es eigentlich auch Aufgabe der Koalitionsfraktionen gewesen wäre, in dieser Deutlichkeit, und zwar auch möglicherweise durch einen von ihnen eingebrachten Antrag in dieser Sache, darauf hinzuwirken, dass dieser unhaltbare Zustand, dass Abgeordnete den Text nicht einsehen können, abgestellt wird? Viertens. Herr Lämmel, warum – haben Sie eine Erklärung dafür? – hat die Europäische Kommission zugestimmt, dass der amerikanische Abgeordnete schon längst die Möglichkeit hat, die Unterlagen einzusehen, während der europäische Abgeordnete, der Abgeordnete der Nationalparlamente nach wie vor keine Chance hat, diese einzusehen? (Beifall bei der LINKEN) Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): Erstens. Herr Ernst, wenn Sie Ihr Wissen, Ihre Argumentation aus der Zeitung beziehen, kann ich Ihnen auch nicht helfen. Das tut mir leid. In der Zeitung ist heute leider auch nicht mehr alles richtig dargestellt. (Thomas Lutze [DIE LINKE]: Wie früher!) Zweitens. Zu den internationalen Gerichtshöfen. Sie haben es ja immer so dargestellt, als ob diese Schiedsgerichte sozusagen eine ganz große Besonderheit des Handelsabkommens zwischen den Amerikanern und den Europäern wären. Aber in vielen Debatten ist Ihnen doch immer wieder erklärt worden, dass Schiedsgerichte überhaupt keine neue Erfindung im Zusammenhang mit Handelsabkommen sind. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist nicht meine Frage!) Schiedsgerichte gibt es überall in der Welt, von der Welthandelsorganisation bis zum Friedensrichter im Nachbarschaftsstreit. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das ist nicht meine Frage!) Dann haben Sie als Linke immer gesagt: Diese Schiedsgerichte sind uns zu intransparent. Wir wissen überhaupt nicht, was dort der Klagegegenstand ist. Wir wissen überhaupt nicht, wer dort die Richter, die Schiedsrichter sind. – Genau diese Argumente hatten auch wir in unserer Diskussion immer aufgegriffen. Natürlich brauchen wir, wenn wir ein modernes Handelsabkommen schließen wollen, auch beim Schiedsverfahren Fortschritte. Jetzt haben wir sie erreicht. Jetzt werden internationale Richter berufen, die vorher nicht mit dem Sachverhalt betraut gewesen sein dürfen. Wir haben das jetzt im ersten Handelsabkommen mit Vietnam vereinbart. Das ist Ihnen nun auch wieder nicht recht. Sie müssen sich wirklich einmal eine Strategie überlegen, damit Sie Ihre Argumente auch durchhalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Insofern: Sie schreiben über Anträge immer nur: „Stopp, Stopp, Stopp“. Zu Herrn Präsident Lammert. Ich habe Ihnen doch vorhin gesagt, dass Herr Dr. Ramsauer als Ausschussvorsitzender in unserem gemeinsamen Auftrag an Frau Malmström geschrieben hat. Schon Ernst Hinsken als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses hat in der letzten Legislaturperiode an den damaligen EU-Kommissar geschrieben, um genau diese Möglichkeit der Einsicht in die Unterlagen zu erreichen. Wir freuen uns nun gemeinsam, dass das funktioniert hat. Das ist doch ein großer Fortschritt. Da sollten wir doch mal zufrieden sein. Da sollten Sie mal sagen: Mensch, jetzt haben wir doch was geschafft in der lebendigen Demokratie. Meine Damen und Herren, noch mal zurück zum Investitionsschutzabkommen mit Vietnam, das jetzt beschlossen und in dem ja dieser Handelsgerichtshof – stellen Sie mal einen Antrag „Stopp Vietnam“ – vereinbart wurde. Wir werden gelegentlich darüber diskutieren müssen, welche Vorstellungen die Kommission genau hat, wie man diesen konstruiert und vor allen Dingen, wie schnell der auf die Füße kommt. Dauerthema „öffentliche Daseinsvorsorge“. Da kann ich Ihnen nur sagen: Frau Malmström war gestern in Berlin und hat eine Pressekonferenz dazu gegeben. Ich lese Ihnen bloß einen ihrer Sätze daraus vor: „Güter wie Wasser, Bildung oder Gesundheit sollen nicht aus der öffentlichen Hand gegeben werden dürfen.“ „Punkt“, kann man da nur sagen. Ihre Befürchtungen nach dem Motto „Jetzt kommen die bösen Amerikanerheuschrecken und schnappen euch eure Wasserwerke weg“, die Sie den Leuten ständig einreden, sind doch so ein Humbug. (Beifall bei der CDU/CSU) Dass in Deutschland eine solche Stimmung entstanden ist, kosten Sie doch jetzt genüsslich aus. Die Verhandlungen über diese Handelsabkommen sind ein sehr komplexer Vorgang, gar keine Frage. Die Inhalte sind auch sehr verwoben. Das schreiben Sie ja in Ihrem Antrag. Aber statt Aufklärung zu betreiben und zu sagen: „Leute, wir haben jetzt zehn Punkte, und fünf davon müssen wir noch weiter kritisch begleiten und diskutieren“, machen Sie es genau andersherum. Sie jagen erst das Chlorhuhn durch die Fernsehzimmer, und dann kommen die ganzen anderen Beispiele. Zurzeit sprechen Sie ja über die rohen Eier, die über das Meer transportiert werden. Ich bin gespannt, was Sie in der nächsten Debatte anbringen. Wenn das Thema Eier beendet ist, dann sind es vielleicht die Kaninchen, die durch die Welt getrieben werden. (Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genmais!) So kann man doch keine verantwortliche Politik machen. So macht man eine Angstpolitik. Genau das brauchen wir in einer lebendigen Demokratie nicht, Herr Ernst. Deswegen sind Ihre Anträge ein böser Nikolausscherz, mehr sind sie nicht. Danke. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Katharina Dröge für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Lämmel, in einem Punkt muss ich Ihnen heute recht geben. Ich glaube, es passiert nicht oft, dass ich Ihnen recht gebe. Wir diskutieren tatsächlich nicht zum ersten Mal über TTIP und CETA im Deutschen Bundestag. (Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE]) Doch ich muss ganz ehrlich sagen: Genützt hat es in der Sache noch gar nichts. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Wenn ich mir die Politik anschaue, die Sie als Große Koalition im Umgang mit TTIP und CETA betreiben, dann muss ich ganz ehrlich sagen, dass sie mich ein bisschen an einen gestrandeten Pottwal erinnert: Allein kommen Sie nicht vom Fleck – und das, obwohl es dringend notwendig wäre. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Man braucht viele Menschen, man muss ziemlich ziehen und zerren, um einen gestrandeten Pottwal zu bewegen. Um das konkret auf Ihre Politik im Deutschen Bundestag zu übertragen: Wir haben zwei Jahre lang über TTIP und CETA im Bundestag gestritten. Es brauchte eine Demonstration mit 250 000 Teilnehmern, damit Sie sich nur einen Zentimeter in der Sache bewegt haben, dass Sie sich vielleicht – hoffentlich! – dafür einsetzen, dass wir Abgeordnete Leserechte für die Dokumente, über die wir am Ende beschließen sollen, bekommen. Das Winzigste, was wir erreichen konnten, ist, dass diejenigen, die darüber beraten, einmal in die Dokumente schauen dürfen, mehr ist das ja nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Wir können keinen Zettel, keinen Stift mit in die Leseräume nehmen. Das heißt, wir können dort gar nicht richtig arbeiten. Noch schlimmer: Wir können den Bürgerinnen und Bürgern gar nicht erzählen, was wir gelesen haben; denn das Ganze ist geheim. Viel haben wir also noch nicht erreicht. Das Einzige, was wir erreicht haben (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vielleicht!) – vielleicht; das wissen wir noch nicht –, ist, dass wir in die Dokumente sehen können. Dafür feiern Sie sich heute. Von den Veränderungen in der Sache ganz zu schweigen: ob es um die Schiedsgerichte, ob um die Umweltregulierung oder um die Liberalisierung im Bereich der Kommunen geht. Herr Lämmel hat so getan, als wäre in den letzten Monaten in der Debatte irgendetwas in Bewegung gekommen. (Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das war auch Andreas’ Märchenstunde!) Aber man darf Rhetorik, man darf Ankündigungen nicht mit realer Politik verwechseln. Diesen Fehler macht Herr Wiese in der Debatte auch ganz oft. Herr Gabriel, Sie versprechen ein neues Konzept im Bereich des Investitionsschutzes. Frau Malmström stellt ein neues Konzept vor. Aber wenn man fragt: „Stimmen wir im Bundestag ab?“, dann kommt von Ihnen immer: „Ach, nee, abstimmen wollen wir lieber nicht, wir könnten uns ja festlegen müssen.“ Jeden einzelnen Antrag von uns haben Sie bislang versenkt. Einen eigenen Antrag haben Sie nie gestellt. Wenn man mit den Verhandlern der USA oder Kanadas redet, dann sagen sie immer: „Schöne Vorschläge, die Herr Gabriel gemacht hat. Schöne Vorschläge, die Frau Malmström gemacht hat.“ Aber in der Sache ist das im Falle von Kanada leider durch. Oder: „Wir können uns wirklich nicht vorstellen, dass wir uns auf Sie zubewegen.“ In der Sache haben Sie nichts erreicht. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Sie haben immer noch nicht verstanden, das Thema Vorsorgeprinzip, unsere zentrale Regulierungsphilosophie, die wir in Europa haben, in TTIP oder CETA zu verankern. Das hätte man in CETA machen können. Das wäre eine große Chance gewesen. In CETA gibt es nicht nur die Schiedsgerichte, sondern auch die State-to-State-Gerichte. Da werden wir vor dem WTO-Handelsgericht verklagt, und dann geht es um die Frage, wie man die Maßnahme bewertet: nach dem amerikanischen wissenschaftsbasierten Ansatz oder nach dem europäischen Vorsorgeprinzip. (Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Die Welt dreht sich nicht um Deutschland!) Die Rechtsprechung der WTO war bislang so, dass sie sich auf den amerikanischen wissenschaftsbasierten Ansatz gestützt hat und damit die europäische Umweltregulierung in einigen Streitfällen unter Druck geraten ist. – Auch dazu von Ihnen in dieser Debatte bislang kein Wort. Das dritte Thema – auch darüber hätte man bei CETA noch einmal miteinander reden können –: der Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge. Wir haben wiederholt den Vorschlag gemacht, Positivlisten anstatt Negativlisten festzulegen, um eine Sicherheit zu haben, dass am Ende nicht irgendetwas vergessen wird und es dadurch zu einer ungewollten Liberalisierungsverpflichtung kommt, dass wir nicht erst am Ende, nachdem wir den völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet haben, merken: Verdammt, da war etwas drin, was wir gar nicht so regeln wollten; aber jetzt können wir den Vertrag nicht mehr ändern. – Auch dazu von Ihnen kein Wort! Ein weiteres Thema, über das man reden könnte, ist der in CETA vorgesehene Hauptausschuss, der am Ende die Kompetenz besitzen soll, die Annexe, die Protokolle, die Verträge zu ändern. Es ist nicht sicher, ob das Europaparlament am Ende an der Entscheidung beteiligt werden muss, ob etwa die Protokolle verändert werden sollen. In den Protokollen stehen aber relevante Dinge wie Pestizidgrenzwerte oder eben die Liberalisierungsverpflichtungen im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge. – Auch dazu von Ihnen kein Wort! Da frage ich mich ganz ehrlich: Was tun Sie eigentlich hier im Deutschen Bundestag, außer Reden zu halten? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Man könnte einen Beschluss fassen! – Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Wir hören nur Ihre Rede! – Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Leider müssen wir Ihnen zuhören!) – Ja, genau, leider müssen Sie mir zuhören. (Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Es ist kein Genuss!) Ich verspreche Ihnen: Sie werden mir noch das ein oder andere Mal hier zuhören müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Jetzt komme ich auf das Bild mit dem gestrandeten Pottwal zurück. Sie wissen ja: Wir Grünen haben ein Herz für Tierschutz. Deshalb werden wir bei TTIP und CETA weiter ziehen und zerren, bis der Pottwal Große Koalition endlich im Wasser angekommen ist. Ich verspreche Ihnen: So wie der Wal merkt, dass man im Wasser besser schwimmt, so werden Sie auch merken, dass ein Neustart dieser verkorksten Handelspolitik auch Ihnen mehr Freiheit und ein besseres Gefühl verschaffen wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Dirk Wiese für SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD) Dirk Wiese (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lebenswert, offen, engagiert, vielleicht das höflichste Land der Welt, von Wissenschaftlern als friedliche Mittelmacht bezeichnet, laut einer Empfehlung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ein besonders willkommener und geschätzter Partner – die Rede ist von Kanada. Unter Partnern – das sage ich hier ganz offen – kann man reden, auch über ein Freihandelsabkommen, aber bitte sachlich. Vertreter der Fraktion Die Linke sprechen in Interviews im Hinblick auf CETA mittlerweile von einem Anschlag auf Demokratie, Sozialstaat und Umwelt. Ganz ehrlich: Solche Formulierungen sind zwischen Partnern, die lange freundschaftliche Beziehungen haben, nicht angemessen und werfen ein schlechtes Licht darauf, wie unsachlich Sie die Debatte führen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesrepublik Deutschland und Kanada pflegen seit Jahrzehnten enge freundschaftliche Beziehungen. Wir teilen gemeinsame Werte und Grundüberzeugungen. Über 3,2 Millionen Kanadier haben deutsche Wurzeln. Uns verbindet eine aktive Mitarbeit in internationalen Gremien, vor allem in Fragen der Sicherheit und Abrüstung, der Menschenrechte, bei humanitären Aktionen und bei friedenserhaltenden Maßnahmen. Das angedachte Freihandelsabkommen soll nun ein Baustein sein, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern zu vertiefen. Aktuell gehört Deutschland zwar schon zu den zehn wichtigsten Handelspartnern Kanadas; Studien zeigen aber auch auf, dass in den deutsch-kanadischen Wirtschaftsbeziehungen für beide Volkswirtschaften noch mehr Potenzial liegt. Hauptexportprodukte Deutschlands sind Fahrzeuge, Fahrzeugteile, Maschinen, mechanische und elektrische Geräte. Hinzu kommt: Abkommen und Verständigungen auf bilateraler Ebene zwischen unseren beiden Ländern sind nicht neu. Kanada und Deutschland haben 2002 ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, das das Abkommen von 1981 ablöste, mit der EU besteht seit 1976 ein Rahmenabkommen über handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit, seit 1995 ein Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit, seit 2003 ein Wein- und Spirituosenabkommen und seit 2009 ein Luftfahrtübereinkommen. Im Freihandelsabkommen mit Kanada, das jetzt im Entwurf vorliegt, ist im Industriesektor – um ein Beispiel zu nennen – ein Abbau von 99,7 Prozent der Zolllinien vereinbart, im Warenhandel von 98,4 Prozent der Zolllinien. Infolge der Marktöffnung wird es einen verbesserten Zugang für europäische Unternehmen, für Dienstleistungsanbieter geben. Zudem kommt es zu Verbesserungen bei der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen. Auch die Absicherung in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, ist gewährleistet. Positiv ist zudem die Ermöglichung des Zugangs heimischer Unternehmen zu Ausschreibungen in Kanada. Das gilt auch für Ausschreibungen auf regionaler und kommunaler Ebene. Man geht dabei von einem Beschaffungsvolumen von etwa 100 Milliarden kanadischen Dollar aus. Hier haben unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen überhaupt keine Möglichkeit, sich in Kanada dem Wettbewerb zu stellen. Für kanadische Unternehmen ist das hingegen schon heute in Deutschland möglich. Folglich gibt es faktisch keine zusätzliche Marktöffnung hier bei uns. Wichtig ist: Trotz der geplanten Regelung können weiterhin Ausschreibungsbedingungen von Ausschreibungsstellen festgelegt werden; die Möglichkeit, Regelungen zur Tariftreue oder Umweltbedingungen in die Ausschreibung aufzunehmen, werden nicht beschränkt. Zudem: Das WTO-Streitverfahren mit Kanada zu der Frage von hormonbehandeltem Rindfleisch wird einer endgültigen Regelung zugeführt. Es wird die Einräumung eines Zollkontingents für Qualitätsrindfleisch geben. Also kurz und knapp: Weiterhin kein Import von hormonbehandeltem Rindfleisch. An einigen wichtigen Punkten bedarf die bisherige Verständigung noch Änderungen und der Feinjustierung. Hieran arbeiten Sozialdemokraten an vorderster Stelle mit. Das nennt man übrigens: Politik machen und Zukunft gestalten. Denn wer sich allen Gesprächen und Verhandlungen, die jetzt gerade stattfinden, verweigert, der gestaltet Globalisierung nicht mit, sondern der wird gestaltet werden. Bezogen auf die Weltwirtschaft heißt dies: Wer den Ball nicht aufnimmt, der spielt nicht mit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Lieber Kollege Klaus Ernst, wenn Sie im Januar Zugang zu den Dokumenten haben, dann haben Sie das einem zu verdanken, und das ist Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der sich immer wieder dafür eingesetzt hat, dass wir als nationale Abgeordnete Zugang zum Vertragstext bekommen. Geben Sie Sigmar Gabriel mal einen aus; sagen Sie ihm Danke schön. Er sorgt dafür, dass Sie endlich aufgeklärt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Ich empfehle Ihnen das Positionspapier von Bernd Lange „Wandel durch Handel – Faire Handelspolitik im 21. Jahrhundert“ wärmstens als Lektüre für die ruhigen Weihnachtstage, dann werden sich nämlich viele Ihrer Fragen klären. Die Anmerkungen, die ich an der einen oder anderen Stelle gemacht habe, gelten eins zu eins auch für das Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten, TTIP. Es wird übrigens – das möchte ich deutlich formulieren – noch sehr, sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, bis wir zu möglichen Ergebnissen kommen. Einen Satz noch zu CETA. Sie suggerieren bzw. behaupten fälschlicherweise immer, dass sogenannte Briefkastenfirmen, Mailbox Companies, Klagemöglichkeiten haben. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: So ist es!) Das ist faktisch falsch und gelogen. Briefkastenfirmen haben in CETA keine Klagemöglichkeit mehr; das ist ausgeräumt. In alten Schiedsgerichtsabkommen, von denen die Bundesrepublik Deutschland eine Menge abgeschlossen hat, gab es diese Möglichkeit. Wenn die Befürchtungen, die Sie hinsichtlich der sogenannten Briefkastenfirmen haben, nämlich dass US-amerikanische Firmen in anderen Ländern schnell ein Büro eröffnen und einen Briefkasten einrichten, um Klagemöglichkeiten zu bekommen, wahr wären, dann müssten wir im Rahmen der bereits abgeschlossenen Abkommen – es sind über hundert – mit unzähligen Klagen überzogen worden sein. Wissen Sie, wie oft wir verklagt worden sind? Dreimal. Das ist einfach nur Angst, was Sie erzeugen, und nichts anderes. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN) Wir Sozialdemokraten wollen Prinzipien und Werte global verankern. Darüber diskutieren wir auch auf dem Bundesparteitag, der in der kommenden Woche ansteht. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie müssen mit der Basis reden!) Aufgrund des Stillstands in der Welthandelsorganisation ist die Möglichkeit, Fortschritte multilateral zu erzielen, derzeit nicht gegeben. Daher stellen bilaterale Abkommen aktuell ein Instrument dar, globalen Handel zu verändern. Es ist darum richtig, in den kommenden Wochen mit dem Partner, der neuen kanadischen Regierung, zu sprechen. Wir tun das: gestern mit Cecilia Malmström, heute Morgen mit dem Chefunterhändler Steve Verheul von kanadischer Seite. Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten Wochen noch zu Ergebnissen kommen werden, die Sie überraschen werden. Vielleicht werden die Ergebnisse Sie dazu bringen, dem Ganzen möglicherweise doch zuzustimmen. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Dr. Matthias Heider hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. Matthias Heider (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Ernst, wenn man Ihre Anträge so durchliest, fragt man sich, wie man sie am ehesten charakterisieren soll. Es ist gerade Mittagszeit, und die Suppe, die Sie uns heute angerichtet haben, ist ein wahrer Feuertopf. Das sind Ihre Zutaten: eine ordentliche Portion Wachstumskritik, ein bisschen Demokratieverdrossenheit, ein Teil Paralleljustiz, ein Teil Empörung, ganz viel Spekulation, zwei Bund Geheimniskrämerei und eine Prise Streit. Alles in einen Topf werfen, ordentlich umrühren und dann verteilen; Hauptsache, die Suppe ist heiß genug, sodass sich später irgendjemand daran verbrennen wird – das ist Ihre Art von Politik, Herr Ernst. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Ungenießbar!) Einige wichtige Punkte drohen in der Debatte unterzugehen. Umwelt, Lebensmittelsicherheit und technische Standards – das sind Aspekte, die alle Bürger angehen, nicht nur diejenigen, die vor wenigen Wochen hier in Berlin demonstriert haben oder die Eingaben an die EU-Kommission machen. Das Freihandelsabkommen betrifft über 800 Millionen Menschen. Es ist der größte demokratisch legitimierte Wirtschaftsmarkt der Welt. Ich glaube, er hat einen verlässlichen Rechtsrahmen für den transatlantischen Handel verdient. Die Menschen in diesem Markt wollen Produktvielfalt, sie wollen sinkende Preise, sie wollen aber auch einen Lohnanstieg. Wir führen die Debatte schon über zwei Jahre. Ich frage mich: Was wäre eigentlich aus dem europäischen Binnenmarkt geworden, wenn man mit ihm so umgegangen wäre, wie Sie heute mit dem Freihandelsabkommen umgehen? (Beifall bei der CDU/CSU) Ich kann es Ihnen sagen: Bei den Vorbehalten wären wir in Europa nie auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Die Grundfreiheiten des europäischen Marktes prägen die EU bereits seit 1957: Als Erstes sind die Warenzölle auf dem Gebiet der EU abgeschafft worden, der freie Warenverkehr wurde durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs durchgesetzt, und erst 1993 haben wir eine Vielzahl von nichttarifären Handelshemmnissen, die uns behindert haben, abgeschafft. Wir profitieren davon. Warum sollten wir uns nicht auch im transatlantischen Bereich für Freihandel mit Kanada und den USA einsetzen? Die positiven Effekte solcher Abkommen sind sichtbar. Schauen Sie sich wenigstens das Abkommen mit Chile an. Wir können feststellen, dass sich die Umsätze auf dem Markt zwischen Chile und der EU von 7 Milliarden auf inzwischen 18 Milliarden Euro erhöht haben. Und nach dem Abkommen, das mit Ägypten geschlossen wurde, sind die Umsätze von 11 Milliarden auf 22 Milliarden Euro gestiegen. Das ist doch ein spürbarer Effekt. Ich glaube, im Interesse der Arbeitsplätze bei uns in Deutschland müssen wir uns darum bemühen, die Wertschöpfung bei uns im Land zu halten. Wir müssen dafür sorgen, dass sie nicht woanders hin verlagert wird, und dafür müssen wir die Rahmenbedingungen dieser Märkte gestalten. Das dürfen wir nicht anderen überlassen. (Beifall bei der CDU/CSU) Liebe Kolleginnen und Kollegen, das geht nicht zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Gerade das ist es doch, was die EU in ihren Regelungsvorschlägen, die sie in die Verhandlungen einbringt, anspricht: Freihandel unter Beibehaltung der hohen Verbraucher- und Umweltstandards. Schauen Sie sich einmal die einzelnen Regelungsvorschläge an. Es ist doch nicht so, dass damit das aufgegeben wird, was in Richtlinien und Verordnungen in der EU festgeschrieben ist. Wir haben das doch in Jahrzehnten aufgebaut. Warum sollten wir uns denn bei dieser Gelegenheit davon trennen? Damit ist nicht gemeint, dass die Standards in den USA viel niedriger wären als bei uns. Nein, sie werden nur anders festgelegt. Lassen Sie uns doch gerade in den Bereichen, in denen technisch festgestellt werden kann, dass die Standards die gleiche Sicherheit bewirken, Bürokratieabbau betreiben. Lassen Sie uns doch Standards finden, die es den Unternehmen in Deutschland ermöglichen, ihre Produkte einfacher auf den anderen Markt zu bringen – Produkte, die hier produziert werden und auf den anderen Markt gebracht werden. Sie schreiben in Ihrem Antrag – ich zitiere –: Letztendlich wird über die konkrete Ausrichtung von CETA und TTIP auf einzelwirtschaftliche Interessen nach Kostensenkung im Handel und der politischen Selbstbindung der Parlamente die demokratische Verfasstheit unserer Gesellschaften ausgehebelt. Da kann ich nur fragen: Geht es eigentlich noch? Glauben Sie, dass wir und unsere Kollegen in 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union uns einfach das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen? (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ja, das glaube ich! Genau das glaube ich! Und das haben Sie selbst bewiesen in Ihrer Rede!) Ich glaube, da liegen Sie falsch. Ich glaube, das sollten Sie auch mit Ihren Kollegen im Ausland noch einmal dringend besprechen. (Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE]) Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal auf die Schiedsverfahren zu sprechen kommen; das ist für Sie ja auch ein wichtiger Punkt. Ihre prinzipielle Ablehnung dieser Verfahren kann ich nicht verstehen. Haben Sie eigentlich ein Schiedsgericht in Ihrer Parteisatzung? Ich glaube, ja. Ich glaube, auch da gibt es eine gewisse friedenstiftende Funktion. Das ist in den anderen Rechtsbereichen, in denen Schiedsverfahren eingesetzt werden, auch so. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Aber wir können nicht Staaten verurteilen! Das ist der Unterschied!) Es passt zu Ihrem Bild von der Wirtschaft, dass Sie das Wirtschaftsunternehmen vorenthalten wollen. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das Argument ist lächerlich!) Diese Verfahren dienen der schnellen Durchsetzung eines Rechtsschutzes. Kein Kaufmann auf der Welt kann acht bis zehn Jahre warten, bis die Gerichte in drei Instanzen entschieden haben, ob seine Investition in einem anderen Land trägt oder nicht trägt. Da muss ein schnelleres Verfahren her. Dazu dienen diese Schiedsverfahren. Ich freue mich ausgesprochen, dass wir in dem Vertrag mit Kanada bereits eine ganze Anzahl von Regelungen haben, die die jetzt geltenden Regelungen für Schiedsverfahren auf einen ganz neuen Standard bringen. Im Übrigen müssen Sie sich einmal Folgendes vor Augen führen: Kanada und die USA machen nicht nur Rechtsgeschäfte in Deutschland; die machen auch Geschäfte in Bulgarien oder Rumänien, wo die Durchsetzung der Rechtsstandards möglicherweise etwas schwieriger ist als bei uns. Man kann durchaus auch einmal darüber nachdenken, ob Sie Europa wirklich über einen Leisten schlagen wollen. (Zuruf des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE]) Ich glaube, man kann das so nicht machen, sondern man muss Vorsorge treffen. Nach aller kaufmännischen Erfahrung sind Schiedsgerichte dafür ein ganz wichtiges Element. Ich muss Ihnen in einem Punkt recht geben: Das Lesen dieser konsolidierten Vertragstexte muss man schon deshalb sehr schnell bewerkstelligen, weil es ungemein zeitaufwendig ist. Allein CETA umfasst etwa 1 700 Seiten und ist so dick wie das Telefonbuch von Düsseldorf. Das braucht Zeit. Deshalb ist es klug, wenn die EU-Kommission und die amerikanische Verhandlungsseite bei TTIP den Abgeordneten diese Dokumente möglichst schnell zur Verfügung stellen. Ich glaube, es gibt in diesem Haus auch keinen Widerspruch dazu, dass das so gemacht werden soll. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Nein! Nein!) Ich bin der Auffassung, dass wir mit diesen Abkommen rechtzeitig auf die Zielgerade kommen sollten. Bei CETA, dem Abkommen mit Kanada, sind wir bereits auf der Zielgeraden. Ich habe noch nie so eine lange Rechtsförmlichkeitsprüfung durch die Kommission erlebt wie bei diesem Abkommen mit Kanada. Ich finde, wir sollten zu einer Entscheidung kommen. Wir brauchen bei TTIP eine qualifizierte Diskussion statt Spekulationen. Bei CETA brauchen wir jetzt einen schnellen Abschluss der Rechtsprüfung und dann eine Schlussabstimmung in den Parlamenten. Das wäre ein Impuls für den transatlantischen Handel, den wir geben könnten. Herr Ernst, ich sage Ihnen noch einmal: Dass Sie sich für Protektionismus einsetzen und nicht für Freihandel, überrascht mich. (Klaus Ernst [DIE LINKE]: Für fairen Handel! Lesen! Lesen bildet! Der Antrag heißt „Fairer Handel“, Herr Heider!) Dann gehören Sie zu den Protektionisten. Aber der Rest dieses Parlaments wird zu denen gehören, die den Freihandel unterstützen und die mit einem Impuls das Wachstum in den Märkten weiter nach vorne bringen wollen. Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Dr. Nina Scheer hat für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD) Dr. Nina Scheer (SPD): Sehr geehrte Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion, die wir seit vielen Monaten, bald schon Jahren, jedenfalls seit dieser Legislaturperiode, hier im Deutschen Bundestag über die Freihandelsabkommen führen, hat eines bewiesen: Es ist wichtig, diese Diskussion zu führen. Insofern möchte ich gleich zu Beginn sagen: Eine sofortige Ablehnung von Verhandlungsprozessen kann uns die Chance nehmen, über die Inhalte zu diskutieren. Wann, wenn nicht im Rahmen solcher Abkommen, können wir über die Dinge diskutieren, die möglicherweise tatsächlich hinterher nicht funktionieren? Das sollte nicht vorweggenommen werden. Wir sind in einem Prozess der Klärung. Gerade die letzten Äußerungen meines Kollegen Heider zeigen, dass etwa bei der Frage der Schiedsgerichtsbarkeit sehr wohl noch großer Klärungsbedarf besteht. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die sehen das aber nicht so!) Er ist jetzt gerade nicht ansprechbar. (Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind immer ansprechbar!) Zu dem Argument, dass das eine Selbstverständlichkeit sei, weil Schiedsgerichte auch in Parteistatuten enthalten seien, muss ich sagen: Wenn Sie diese so essenzielle Frage derart auf die leichte Schulter nehmen, kann ich da nicht mitgehen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Schiedsgerichtsbarkeit ist zu Recht ein politisch hart diskutierter Punkt. Aus gutem Grund hat sich Sigmar Gabriel für eine Reform des Schiedsgerichtswesens eingesetzt. Aber auch da müssen wir natürlich genau schauen: Was wird mit dieser Reform zu erreichen sein? Inwieweit werden die kritischen Punkte, die wir sehen, tatsächlich aufgegriffen? Natürlich sind wir – das ist zum Beispiel auch im Beschluss des SPD-Konvents enthalten – nicht damit einverstanden, dass Staaten über Schiedsgerichtsverfahren und Urteile quasi erpresst werden können. Das ist ganz klar. Lieber Herr Heider, da hinkt der Vergleich zur Schiedsgerichtsbarkeit in Parteistatuten. Hier kann kein Staat auf Schadensersatz verklagt werden. (Dr. Matthias Heider [CDU/CSU]: Da geht es um Rechtsfrieden, Frau Scheer!) Ich bitte, mit diesen Fragen ernsthaft umzugehen. (Beifall des Abg. Klaus Ernst [DIE LINKE]) Die Diskussion zeigt, dass es erforderlich und auch hilfreich ist, einen stetigen Abgleich vorzunehmen. Genau dafür sind diese Diskussionsprozesse wichtig. Das zeigt uns auch die Mobilisierung auf den Straßen. Die große Demonstration wurde schon oft erwähnt. Daran haben viele Menschen teilgenommen. Ich finde, wir wiederum sollten spiegeln und ernst nehmen, was dort stattgefunden hat. Hier wird von der Öffentlichkeit ein Abgleich eingefordert zwischen dem, was verhandelt wird, und dem, was heutzutage in der Erwartungshaltung der Öffentlichkeit noch mehrheitsfähig wäre. Diesen Prozess müssen wir auch im Interesse einer funktionierenden Demokratie wahrnehmen. Ich glaube, genau darin liegt der Wert, zum jetzigen Zeitpunkt auf jeden Fall an diesem Verhandlungsprozess festzuhalten. Es offenbart sich eine Mobilisierungsfähigkeit der Öffentlichkeit, eine demokratische Mitwirkung der Öffentlichkeit, die aufgegriffen und respektiert werden muss. Das ist nicht einfach nur ein schlichtes Nein. Unter den Forderungen der Demonstranten befinden sich sehr wohl welche, die auf die Inhalte solcher Abkommen zielen. Es stellt sich die Frage, ob man Freihandelsabkommen möglicherweise zu Handelsabkommen werden lassen könnte. Dies halte ich nicht für ein schlechtes Ziel. Wenn wir, etwa mit den neuen UN-Nachhaltigkeitszielen, faire Bedingungen und Sozial- und Umweltstandards einfordern, dann müssen wir natürlich auch schauen: Wo bleiben sie in unserer realen Politik? Dann müssen wir uns natürlich auch fragen lassen, wie weit eine Deregulierungsverpflichtung diesen Zielen tatsächlich entspricht. (Beifall des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Solange dieser Prozess, in dessen Rahmen Abkommen verhandelt werden, andauert, müssen wir uns diese Fragen stellen und einen Abgleich zwischen Anspruch und Wirklichkeit vornehmen. Ich möchte kurz wiederholen – meine Redezeit ist gleich zu Ende –: Es ist wichtig – auch Dirk Wiese hat darauf hingewiesen –, den Verhandlungsprozess ernst zu nehmen, ihn politisch zu nutzen und unsere Aufgabe als politische Ebene in diesem Kontext wahrzunehmen. Noch ein letzter Aspekt, dessen Bedeutung mir in den letzten Monaten immer mehr aufgefallen ist – gestern haben wir auch mit Frau Malmström darüber diskutiert –: Unsere Forderung ist ja, dass Welthandelsbestimmungen Umweltschutz und Sozialstandards flankieren müssen. Es kann natürlich passieren, dass aus diesem Konglomerat an Außenhandelsbestimmungen eine Quasi-Weltwirtschaftsordnung wird. Hier appelliere ich an uns alle, zu kontrollieren, ob es tatsächlich in unserem Sinne ist, darüber eine bilaterale Weltwirtschaftsordnung zu etablieren. Ich persönlich setze hier ein großes Fragezeichen. Ich wünsche mir, dass dieser Diskussionsprozess dazu genutzt wird, genau diese Fragen zu stellen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/6818 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Keine Paralleljustiz für internationale Konzerne durch Freihandelsabkommen“. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/6911, den Antrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/5094 abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas Drucksache 18/6858 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f) Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Bundesministerin Manuela Schwesig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Kinderschutz ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung, Kinderschutz ist ein wichtiges Anliegen der Großen Koalition, und Kinderschutz ist auch mir ein besonders wichtiges Anliegen. Deshalb legen wir Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, der unsere Kinder und Jugendlichen vor dem Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas schützen soll; denn E-Zigaretten und E-Shishas sind gesundheitsschädlich für Kinder. Deshalb gehören sie für Kinder verboten. E-Zigaretten und E-Shishas gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Etwa 20 Prozent der 12- bis 17-Jährigen haben schon einmal eine E-Shisha probiert, 15 Prozent haben es auch schon einmal mit einer E-Zigarette versucht. Kinder und Jugendliche können das bis jetzt ohne Weiteres tun; denn wir haben weder für E-Zigaretten noch für E-Shishas Abgabe- und Konsumverbote. Das ist eine Regelungslücke im Kinder- und auch im Jugendschutz, die wir schließen wollen. In den letzten Tagen haben mir viele Erwachsene, die sogenannte Dampfer von E-Zigaretten oder E-Shishas sind, geschrieben, dass sie die Kritik an E-Zigaretten und E-Shishas gar nicht verstehen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Wenn Erwachsene anstatt einer Tabakzigarette lieber eine E-Zigarette rauchen wollen, dann können sie das frei entscheiden und tun. Es geht hier um den besonderen Schutz von Kindern und Jugendlichen. Für Kinder und Jugendliche gelten ganz andere Schutzvorschriften, und auch die Wirkungen von E-Zigaretten auf ihre Gesundheit sind ganz andere als bei den Erwachsenen. Deshalb ist es ganz wichtig, noch einmal zu sagen: Dieses Verbot betrifft ausschließlich den Konsum von Kindern und Jugendlichen. Erwachsene sind weiterhin frei, selbst zu entscheiden, was für sie gut oder nicht gut ist. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Um diesen Schutz haben uns insbesondere auch viele Eltern und sogar schon Elterninitiativen gebeten, weil sie mit Sorge gesehen haben, dass Kinder und Jugendliche hier verleitet werden, und es gibt auch eine Initiative der Kinder- und Jugendärzte. Wir sehen es mit Sorge, dass diese E-Zigaretten und E-Shishas oft nach Schokolade oder Früchten schmecken, aber eben auch schädlich sind. Wir haben dazu wissenschaftliche Erkenntnisse eingeholt und diese Erkenntnisse mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, mit dem Bundesgesundheitsministerium und mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung ausgewertet. Weil einige Teile der Bevölkerung und auch die entsprechende Lobby gegen dieses Verbot unterwegs sind, möchte ich hier auch noch einmal ganz deutlich sagen: Wir haben uns das nicht einfach ausgedacht, sondern unsere Erkenntnisse basieren auf Aussagen von Fachexperten des Deutschen Krebsforschungszentrums. Deren Studien belegen, dass auch der Konsum von nikotinfreien E-Shishas und E-Zigaretten für Kinder und Jugendliche gesundheitsschädlich ist. Das, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, müssen wir gemeinsam ernst nehmen. Deshalb müssen wir Kindern diese Produkte verbieten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Die Studien zeigen, dass bei dem Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas Stoffe entstehen, die im Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Feine Partikel dringen in die Lunge ein, reizen sie und hindern sie am Wachstum. Darum geht es: Bei Kindern und Jugendlichen wachsen die Lungen noch. Wir müssen dafür sorgen, dass dieses Wachstum nicht geschädigt wird, weshalb wir die Kinder und Jugendlichen vor dieser Gesundheitsgefährdung schützen müssen. Erst am Mittwoch, also vorgestern, haben Krebsexpertinnen und experten wieder vor den Gefahren von E-Zigaretten und E-Shishas gewarnt und dabei ausdrücklich auch die Verlockungen der guten Geschmacksrichtungen, wie Mango oder Schokolade, genannt. Wer lange geraucht hat, der schafft es vielleicht, durch E-Zigaretten vom Rauchen wegzukommen, und der fühlt sich damit vielleicht wohler, was mir viele sogenannte Dampfer geschrieben haben. Bei Kindern und Jugendlichen droht aber eine genau umgekehrte Gefahr: Die E-Zigaretten und E-Shishas sind für Kinder und Jugendliche eher ein Einstieg ins Rauchen. Uns geht es darum, diesen Einstieg ins Rauchen präventiv zu verhindern. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]) Die Idee der klaren Verbote für Kinder und Jugendliche mit gleichzeitiger Prävention stellt schon bei Tabakzigaretten einen erfolgreichen Gesundheitsschutz für Kinder und Jugendliche dar. Diese Idee hat sich bewährt, und an dieser Idee werden wir jetzt mit unserer Ausweitung des Verbotes festhalten. Mit den neuen Regelungen setzen wir auch das Signal, dass E-Zigaretten und E-Shishas für Kinder und Jugendliche eben nicht harmlos sind und dass sich damit nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Ärztinnen und Ärzte – alle, die mit Kindern und Jugendlichen über solche Dinge reden – auseinandersetzen sollten. Es geht auch um Aufklärung für unsere Kinder und Jugendlichen. Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bitte Sie, dass wir diesen Gesetzentwurf schnell im Parlament beraten und auch verabschieden. Je eher das Gesetz kommt, desto eher und besser können wir unsere Kinder und Jugendlichen schützen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Norbert Müller für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Norbert Müller (Potsdam) (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen! Wer sich das Angebot sogenannter Liquids, also der Verdampferflüssigkeiten für elektronische Zigaretten, anschaut, dem fällt schnell auf, dass E-Zigaretten für Jugendliche durchaus verlockend sind – die Bundesministerin hat das angesprochen –: Sorten wie Karamell, Erdbeere, Vanille, Schokolade oder Geschmacksrichtungen wie Gummibärchen erinnern eher an Eis oder Bonbons als an Rauchwaren Ich persönlich kann dazu nur sagen: Mir sind, ehrlich gesagt, Dinge, die nur so riechen oder schmecken wie etwas, suspekt. Man fragt sich, warum Menschen das überhaupt konsumieren. Aber faktisch ist es so, dass es für eine Vielzahl von Jugendlichen ein interessanter Einstieg ist. So greifen immer mehr Schülerinnen und Schüler zum chemischen Rauchgemisch aus Aromastoffen und häufig eben auch Nikotin. Aufgrund der attraktiv designten E-Zigaretten in coolen Farben und schicken Verzierungen sind die E-Kippen bei Jugendlichen im Trend. Das Problem besteht weniger darin, dass E-Zigaretten für Jugendliche schädlich sein könnten, sondern vor allem darin, dass Kinder und Jugendliche das Rauchen erlernen. Es ist ein Unterschied, ob ein Erwachsener über die E-Zigarette vom Rauchen wegkommt oder ob ein Jugendlicher über die E-Zigarette zum Rauchen hinkommt. Experten befürchten, dass Kinder und Jugendliche, die E-Zigaretten rauchen, später mit einer höheren Wahrscheinlichkeit zur richtigen Zigarette greifen – mit all den gesundheitlichen Folgen und Wirkungen, die wir kennen. Hinzu kommt, dass die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen des E-Zigaretten-Konsums noch nicht umfassend erforscht sind. In der Praxis gibt es fast überhaupt keine oder nur sehr wenige Forschungsergebnisse zum Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas. Die allermeisten unserer Studien kommen aus dem Ausland. Wir stehen da eher am Anfang der Forschung. Hier wäre es eine Aufgabe, deutlich mehr zu investieren, um zu einer gesicherteren Grundlage zu kommen, wie sich E-Zigaretten-Konsum auswirkt. Wir wissen eben nicht, wie sich der Chemiecocktail in den Atemwegen und im ganzen Körper verbreitet und was er auch langfristig anrichtet. Laut einem EU-Vorhaben sollen deswegen E-Zigaretten in naher Zukunft wie Zigaretten behandelt – das fordern auch wir Linke – und mit einem Werbeverbot belegt werden. Spätestens im Mai 2016 soll das entsprechende Gesetz in Kraft treten. An den elektronischen Zigaretten scheiden sich die Geister. Für die einen sind sie eine Alternative zum Tabak, für die anderen nur ein weiteres Suchtmittel. Ich halte beide Sichtweisen ein Stück weit für nachvollziehbar. Deswegen fordern wir eine Regulierung, die beiden Aspekten gerecht wird. Wir müssen auf die zunehmende Verbreitung von E-Zigaretten und E-Shishas reagieren und den Verkauf regulieren. Gefahren durch minderwertige Qualität und völlig ungeprüfte Inhaltsstoffe können und müssen durch rechtliche Regelungen unterbunden werden. Das heißt unter anderem: eine angemessene Produktsicherheit und qualität, aber auch wirksame Vorkehrungen im Jugendschutz. Nikotin ist ein Suchtstoff; das darf nicht verharmlost werden. Hier im Haus wird niemand bestreiten, auch die eine Raucherin oder der andere Raucher nicht, dass die gesundheitlichen Folgen des E-Rauchens oder des Dampfens geringer sind als bei Tabakzigaretten. Aber wie groß sie sind, werden weitere Forschungen zeigen müssen. Deswegen fordert die Linke, E-Zigaretten anhand der festgestellten Schädlichkeit und aufgrund eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes und des Präventionsgedankens zu regulieren. (Beifall bei der LINKEN) Wir haben ein ganzes Bündel von Maßnahmen und Forderungen aufgeschrieben. Ich will nur einige nennen. Den Flüssigkeiten in E-Zigaretten und E-Shishas sind Zusatzstoffe beigesetzt. Das ist für diese Dampfer, von denen es auch große gibt, die in Discos eingesetzt werden, wo dann dieser Dampf produziert wird. Die Unbedenklichkeit dieser Zusatzstoffe muss grundsätzlich gewährleistet werden, oder diese Stoffe müssen entsprechend reguliert werden. Es muss im Rahmen des Jugendschutzes entsprechende Verkaufsbeschränkungen geben. Auch muss es Werbeverbote geben. Da wären wir dabei. Die Anwendung von Nichtraucherschutzregelungen, die für normale Tabakprodukte gelten, muss sichergestellt werden, und es muss eine Gefährdung durch Passivkonsum mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Auch in der Frage des Passivkonsums stehen wir am Anfang der Erkenntnisse. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen der Passivkonsum hat. Wir brauchen deutlich mehr Förderung der Erforschung von gesundheitlichen Folgen und weiteren Aspekten des E-Zigaretten-Konsums. (Beifall bei der LINKEN) Grundsätzlich wollen wir eine Gleichstellung von Tabakprodukten und E-Zigaretten und -Shishas. So löblich es ist, dass die Bundesregierung in diesem Bereich einen Schritt vorwärtskommt, so tritt sie bei der Bekämpfung von Tabak national und international seit Jahren doch auf die Bremse. Da ist das Vorpreschen von Frau Bundesministerin Schwesig sehr lobenswert, die ja gesagt hat, man hätte sich mit einer gewissen Lobby angelegt. Es wäre erfreulich, wenn sich die Bundesregierung mit genau dieser Lobby, der Tabakindustrie, grundsätzlicher anlegen würde. Es kann auch nicht sein, dass Deutschland bei der Regulierung von Tabakprodukten immer das europäische Schlusslicht ist und wir immer erst warten müssen, bis die EU neue Standards zum Gesundheitsschutz setzt, die dann in Deutschland rückwirkend umgesetzt werden. Es wäre wichtig, dass wir in Deutschland Vorreiter bei der Zurückdrängung von Tabak sind – im Sinne von Verbraucherschutz, Gesundheitsschutz und Prävention. (Beifall bei der LINKEN) Wir halten es für sinnvoll, dass unter anderem die Regelungen zum Jugendschutz, zu Deklarationspflichten, zur Zulassungspflicht von Zusatzstoffen und zum Werbeverbot, eben zu allem, was für Tabakprodukte gilt, auch für E-Zigaretten und E-Shishas gelten. Ziel sollte sein, sowohl tabakbedingte als auch durch E-Zigaretten verursachte Schädigungen zu reduzieren und die Freiheit der Menschen gleichzeitig nicht mehr als notwendig einzuschränken. Ich freue mich auf die Debatte, die wir in der Anhörung und im Ausschuss führen werden. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sönke Rix [SPD]) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Markus Koob hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Markus Koob (CDU/CSU): Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Kinder und Jugendliche! Lungenkrebs, Wachstumsstörungen, Einengungen der Bronchialwege, chronische Entzündungen der Bronchien, Bluthochdruck, erhöhte Herzfrequenz, erhöhtes Thromboserisiko – die von mir aufgezählten Krankheiten sind nicht nur lebensbedrohlich, sondern allesamt Krankheiten, die man mit dem Rauchen von E-Zigaretten und E-Shishas in Verbindung bringt. Es ist mitnichten der Fall, dass es sich bei einer E-Zigarette um die gesunde Schwester der Tabakzigarette handelt. Vielleicht geht es Ihnen, wie es mir zu Beginn der parlamentarischen Beratungen zu E-Zigaretten und E-Shishas als Nichtraucher ging: Sie haben keine blasse Ahnung davon, wie E-Zigaretten und E-Shishas funktionieren. Alle Welt redet davon; aber an Ihnen als Nichtraucherinnen und Nichtrauchern ist das Thema komplett vorbeigegangen. – Ich möchte Ihnen die Funktionsweise einmal kurz erläutern, damit Sie sich selbst ein genaues Bild machen können. Jede E-Zigarette funktioniert nämlich nach dem gleichen Prinzip: Eine Flüssigkeit, das sogenannte Liquid, wird über eine Heizspirale geführt, wobei dieses Liquid durch die Hitze verdampft. Durch den individuellen Luftzug wird dieser Dampf dann aus der E-Zigarette gezogen. Fertig ist die simple Funktionsweise der E-Zigaretten. Welcher zentrale Punkt bei der Funktionsweise des Gerätes aber nicht vergessen werden darf, ist die Wirkungsweise dieser sogenannten Liquids. Die Harmlosigkeit, wie uns Industrie und auch Konsumenten weismachen wollen, ist keinesfalls wissenschaftlich gesichert. Das Gesundheitsrisiko für nikotinhaltige Liquids liegt zunächst auf der Hand. Nikotin als solches ist ein Suchtstoff. Der Konsum von Nikotin führt in der Regel zu einem langanhaltenden Konsum. Gerade dann, wenn die Stoffe, die man gemeinsam mit dem Nikotin zu sich nimmt, gesundheitsschädigend sind, führt das Nikotin selbstverständlich dazu, dass man diese gesundheitsschädigenden Stoffe regelmäßig zu sich nimmt. Sucht ist immer gefährlich, vor allem dann, wenn sie im Jugendalter beginnt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Mit der nun erfolgenden Änderung des Jugendschutzgesetzes verbieten wir die Abgabe von nikotinhaltigen E-Zigaretten und E-Shishas, aber auch die Abgabe von nikotinfreien E-Zigaretten und E-Shishas an Jugendliche offline und auch online. Das liegt daran, dass Nikotin nicht der gefährlichste Inhaltsstoff der E-Zigaretten und E-Shishas ist. Deshalb gibt es für den Gesetzgeber auch keinen Grund, einen Unterschied zwischen nikotinhaltig und nikotinfrei zu machen, gerade nicht im Zusammenhang mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen. Bei nikotinfreien elektronischen Zigaretten und elektronischen Shishas wird der bei der Verdampfung des Liquids entstehende Nebel, Aerosol genannt, inhaliert. Dieses Liquid besteht aus einem Gemisch verschiedener Chemikalien, wobei als Grundsubstanzen Propylenglykol und Glycerin dienen; Propylenglykol ist allen Anwesenden höchstwahrscheinlich besser als Frostschutzmittel bekannt. Die ultrafeinen Partikel des Aerosols können chronische Schädigungen verursachen. Diese wirken sich insbesondere in der Wachstumsphase der Kinder und Jugendlichen aus und beeinträchtigen die Lungenentwicklung bei Kindern; denn das Wachstum der Lungen endet erst im jungen Erwachsenenalter. Auswertungen neuer Studien des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Deutschen Krebsforschungszentrums ergeben, dass beim Dampfen von elektronischen Inhaltsprodukten Carbonylverbindungen entstehen, die, wie auch Benzol oder Asbest, im Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Neben diesen Grundsubstanzen des Liquids werden aber auch Aromazusätze verwendet, die im Liquid mitverdampfen. Diacetyl ist als süßer Bestandteil sehr vielen Lebensmitteln zugesetzt. Wird dieser Stoff aber inhalativ aufgenommen, kann er zu schweren Entzündungen der Atemwege führen. Weitere Bestandteile von E-Zigaretten und E-Shishas sind Schwermetalle. Forscher haben sowohl Blei- als auch Chromwerte gemessen, die bei herkömmlichen Zigaretten gar nicht auftauchen. Die Nickelmesswerte waren ungefähr viermal so hoch wie beim konventionellen Tabakrauch. Nichtrauchen ist Gesundheitsschutz. Der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas ist das Gegenteil davon. Vor allem im Wachstum befindliche Jugendliche sollten dies erkennen. E-Zigaretten sind vieles, aber ganz sicher nicht hipp und cool. Wenn Sie Gummibärchengeschmack wollen, essen Sie Gummibärchen. Wenn Ihnen nach Vanille ist, bietet es sich in dieser Jahreszeit vielleicht an, auf Vanillekipferl umzusteigen. (Beifall des Abg. Richard Pitterle [DIE LINKE]) Aber schädigen Sie nicht Ihre Gesundheit, die im Zweifelsfall noch mindestens 80 Jahren halten sollte. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Es ist eben nicht so, dass es eine gesunde Alternative ist. Es ist nur eine weniger schädliche, als Tabak zu sich zu nehmen. Auch aus diesem Grund stelle ich mich gegen die euphemistische Bezeichnung des Dampfens. Uns allen in diesem Hause ist bewusst, dass an einem Verkaufsverbot für unter 18-Jährige sowohl offline in Kiosken als auch online im Internet kein Weg vorbeiführt, so wie es ursprünglich intendiert war, bis das Bundesverwaltungsgericht mit seiner Rechtsprechung die E-Zigarette als Medizinprodukt kippte. Für einen wirksamen Jugendschutz wird es nötig sein, die Hürden für Jugendliche so hoch wie möglich, für E-Zigaretten konsumierende Erwachsene dagegen so niedrig wie möglich zu machen. Das ist ein bekanntes Spannungsfeld, auf dem wir uns im Ausschuss immer wieder bewegen, welches wir aber in anderen Segmenten, unter anderem im Filmsegment, erfolgreich gelöst haben. Auch wenn E-Zigaretten für bereits suchterkrankte Raucherinnen und Raucher ein Ausstiegsmodell sein können, besteht die Gefahr, dass sich dieses Ausstiegsmodell bei naturgemäß nicht zigarettenaffinen Jugendlichen in ein Einstiegsmodell zum dauerhaften Tabak- oder E-Zigaretten-Konsum entwickeln kann. Dies gilt es mit aller Kraft zu verhindern. Auch dafür brauchen wir diese Jugendschutznovelle. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Bereits heute hat jede fünfte minderjährige Person in der Altersgruppe der Zwölf- bis Siebzehnjährigen schon einmal eine elektronische Shisha probiert. Jeder Siebte in dieser Altersgruppe hat Erfahrung mit einer elektronischen Zigarette. 534 000 Kinder und Jugendliche haben bereits eine elektronische Shisha oder Zigarette konsumiert, aber bislang noch nie eine Tabakzigarette geraucht. Um diesen 534 000 Kindern und Jugendlichen nicht den Weg in die Sucht zu ebnen, muss das Verbot für unter 18-Jährige schnell und umfassend erfolgen, so wie wir es im Gesetzentwurf planen. Es geht mir dabei nicht darum, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu beschränken. Ich möchte im Rahmen des uns zur Beratung vorliegenden Gesetzentwurfs erreichen, dass Heranwachsende vollumfänglich vor den erwähnten lebensgefährlichen Stoffen geschützt werden. Erwachsene Bürgerinnen und Bürger dürfen – darauf wurde hier bereits mehrfach hingewiesen – ihre eigene Entscheidung treffen, wie sie mit E-Zigaretten und E-Shishas und den damit verbundenen Risiken umgehen. Für unter 18-Jährige aber gilt dieser Grundsatz nicht. Deshalb verbieten wir mit diesem Gesetz die Abgabe von E-Zigaretten und E-Shishas an diese Gruppe und schließen damit die durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entstandene Rechtslücke. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Zum Ende meiner Rede – das ist vielleicht ein schönes Zeichen der Einmütigkeit in diesem Haus bei diesem Thema – möchte ich den gleichen Hinweis geben wie der Kollege Müller. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, aufgrund der nicht immer belastbaren Daten für eine unabhängige Forschung auf diesem Gebiet zu werben. Dies bringt sowohl den Raucherinnen und Rauchern als auch den Nichtraucherinnen und Nichtrauchern Erkenntnisse, die für einen unbelasteten Gebrauch elektronischer Shishas und Zigaretten notwendig sind. Außerdem möchte ich an die Raucherinnen und Raucher von E-Zigaretten und E-Shishas appellieren, das Rauchen elektronischer Güter in Nichtraucherzonen so lange zu unterlassen, bis abschließend geklärt ist, welche Giftstoffe durch das Passivrauchen von E-Zigaretten und E-Shishas aufgenommen werden können. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Dr. Harald Terpe das Wort. Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zur Beratung anstehende gesetzliche Regelung soll dem Ziel dienen, Kinder und Jugendliche vor den Folgen des Rauchens bzw. – so wird es häufig auch genannt – des Dampfens von Flüssigkeiten mithilfe einer E-Zigarette oder einer E-Shisha zu schützen. Die gesetzliche Regelung wird daher naheliegend im Jugendschutzgesetz – ähnlich wie die Regelung zum Tabakrauchen – vorgenommen. Die so gewählte inhaltliche Nähe zum Tabak ist bezüglich der Suchtgefährdung durch Nikotin sofort plausibel. Anders verhält es sich mit den durchaus differenziert zu betrachtenden Gesundheitsgefährdungen, die sich unabhängig von der Nikotinwirkung für das Tabakrauchen auf der einen Seite und den Flüssigkeitsdampf von E-Zigaretten und E-Shishas auf der anderen Seite ergeben. Die krebserregende und auch Herz-Kreislauf-schädigende Wirkung des Tabakrauchens, die auch sehr häufig zum Tode führt, ist seit vielen Jahren und Jahrzehnten unstrittig und über lange Zeit in der Forschung dokumentiert. Eine gleiche Untersuchungsdichte und Folgenschwere kann man für die Liquiddämpfe von E-Zigaretten und E-Shishas naturgemäß noch nicht erwarten, weil das eine noch sehr junge Entwicklung ist. Deswegen ist es sehr richtig – das ist hier auch schon gefordert worden –, dass wir mehr Forschung dazu brauchen und die Forschung weitergeführt werden muss, damit man sich langfristig auf nachweisbare Daten stützen kann. Zwei wesentliche Argumente sprechen meiner Meinung nach dafür, trotzdem auch die Abgabe nikotinfreier Liquids und deren Genuss mithilfe von E-Zigaretten und E-Shishas im Rahmen des Jugendschutzes zu unterbinden. Erstens. Die durch die Verdampfung von Liquid entstehenden Inhalationsprodukte haben Schädigungspotenzial für die Lunge bis hin zur Krebsinduktion. Auch wenn das noch nicht so lange dokumentiert ist, haben wir doch die Grundhaltung, dass man bereits vor dem Risiko schützen muss. Das wird im Jugendschutzgesetz in eindrucksvoller Weise gemacht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Zweitens. Die Ähnlichkeit der E-Zigarette zur Tabakzigarette in der Gestalt und auch in der Inhalationshandlung birgt das Potenzial, ein Rauchverhalten zu verfestigen, das später zum Tabakrauchen anstiften kann. Auch da muss man sagen: Beugt dem Risiko vor! Beiden genannten Risiken kann durch das Gesetz, das im Entwurf vorliegt, vorgebeugt werden. Deshalb ist es eigentlich ein Präventionsgesetz. Wir stimmen daher zu, die Verankerung im Jugendschutzgesetz vorzunehmen, fordern aber auch, wie schon gesagt: Forschung muss forciert werden. Wichtig ist aber auch, dass wir die Information und Aufklärung über E-Zigaretten-Rauchen und E-Shisha-Rauchen verstärken. Wir sollten das möglichst darauf ausweiten, dass man auf Werbung für diese Produkte verzichtet. Ich wünsche Ihnen von meiner Seite ein schönes Wochenende. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Kollegin Dr. Silke Launert das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Dr. Silke Launert (CDU/CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Viele sehen aus wie Buntstifte; sie schmecken nach Kaugummi, nach Schokolade, Melone oder Brombeere. Es gibt sie schon ab 8 Euro zu kaufen und wahrscheinlich auch am nächsten Kiosk, und online gibt es sie auch. Sie sind auffallend beliebt auf dem Schulhof, wo sie gerade zum neuen Lifestyle-Produkt avancieren. Dort heben sie so manchen in den Status der Coolness, und manchem Sechstklässler ist das sein Taschengeld wert. Wenn Sie jetzt an Süßkram denken, wie Gummibärchen, Lakritzschnecken oder Ähnliches, dann liegen Sie schon fast richtig, jedenfalls aus rechtlicher Sicht; denn einen Unterschied gibt es da im Moment noch nicht. Die Rede ist jedoch nicht von Süßigkeiten, sondern von elektronischen Zigaretten und von E-Shishas, von jenen Gerätschaften, die herkömmliche Tabakwaren simulieren, es aber nicht sind. Jedenfalls werden sie bislang nicht als solche behandelt und unterliegen deshalb auch keinerlei vergleichbaren Beschränkungen, nicht einmal für Kinder und Jugendliche. Sie werden derzeit ohne Einschränkungen an Kinder verkauft, und das, obwohl beim Konsum dieser vermeintlichen Glimmstängel Gesundheitsgefahren bestehen. Mit dem Gesetz, das uns hier im Entwurf vorliegt, räumen wir mit diesem Missstand auf und stellen sicher, dass zum Schutz von Kindern und Jugendlichen die Abgabe- und Konsumverbote von Tabakwaren auf E-Zigaretten und E-Shishas ausgedehnt werden. Außerdem stellen wir sicher, dass Tabakwaren, E-Zigaretten und E-Shishas auch über den Versandhandel nur an Erwachsene abgegeben werden dürfen. Schließlich dehnen wir das im Jugendarbeitsschutzgesetz verankerte Verbot der Abgabe von Tabakwaren auf E-Zigaretten und E-Shishas aus. (Beifall bei der CDU/CSU) Doch nun von vorn. Warum ist es höchste Zeit zu handeln? Worum handelt es sich bei E-Zigaretten und E-Shishas eigentlich? Die Technik dieser beiden Geräte ist weitgehend identisch; es gibt nur kleine Unterschiede. Beide, E-Zigarette und E-Shisha, bestehen aus einem Mundstück, einer Kartusche mit Flüssigkeit, einem Verdampfer sowie einer Batterie. Bei der Verwendung verdampft die Flüssigkeit, die auch Liquid genannt wird, und der dabei entstehende Nebel wird vom Verwender inhaliert. Was da mit jedem Atemzug inhaliert wird, ist ein Gemisch aus verschiedenen Chemikalien. Der Grundstoff ist in aller Regel Propylenglykol – das wurde schon angesprochen –, dem die fantasievollsten Aromastoffe und häufig auch Nikotin zugesetzt werden. Dies wird über die Atemwege in die Lunge aufgenommen. Den meisten von Ihnen werden diese Chemikalien – ich gebe zu, auch mir – unbekannt sein. Ich möchte Ihnen daher kurz darstellen, womit wir es hier zu tun haben. Propylenglykol, der erwähnte Grundstoff, sorgt für den Nebel. Er wird daher beispielsweise auch auf Theaterbühnen verwendet oder in Diskos. Außerdem findet er industrielle Verwendung, zum Beispiel im Frostschutz und in Enteisungsmitteln für Autos, Flugzeuge und Boote. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft gibt als Kurzzeitfolgen an: Atemwegsreizungen, Husten, eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion, Augenreizungen, Schwindel, Müdigkeit und Schlaflosigkeit. Bei manchen Aromastoffen, die beigemischt werden, beispielsweise Menthol oder Vanillin, handelt es sich um Kontaktallergene. Daher ist nicht auszuschließen, dass diese Stoffe Allergien auslösen. Darüber hinaus hat das Bundesinstitut für Risikobewertung festgestellt, dass durch die aromatisierten Liquids Stammzellen geschädigt werden können, die bei Wachstum und Entwicklung sowie bei Regenerierung des geschädigten Lungengewebes nach Infektionskrankheiten oder Entzündungen eine wichtige Rolle spielen. In einzelnen Liquids wurden geringe Mengen sogenannter Nitrosamine nachgewiesen. Im Nebel verschiedener E-Zigaretten wurde zum Beispiel auch Formaldehyd festgestellt. Alle diese Substanzen – man kann es genauer nachlesen – können Krebs erzeugen. Außerdem enthält der Nebel von E-Zigaretten und E-Shishas feine und ultrafeine Partikel; das wurde schon angesprochen. Diese können die Wachstumsphase beeinträchtigen, und bei Kindern auch die Lungenentwicklung. Ich glaube, für die Darstellung der Wirkungen des Nikotins brauche ich meine Energien nicht mehr zu verschwenden; sie dürften hinlänglich bekannt sein. Kurzum: Bei den E-Shishas und den E-Zigaretten, egal ob mit oder ohne Nikotin – es gibt beides –, haben wir es nicht mit harmlosen Produkten zu tun. Doch nicht nur das. Es wurde schon angesprochen, dass sich Kinder davon besonders angezogen fühlen – von den bunten Farben, von den leckeren Aromen von Früchten, vom Geschmack von Süßigkeiten und Getränken. Das kann eben auch dazu führen, dass man sich langsam an das Rauchen gewöhnt. Wie ebenfalls schon angesprochen, führt das bei jungen Menschen, anders als bei Erwachsenen, eher zu einem Einstieg ins Rauchen. Bereits jeder dritte Jugendliche hat eine E-Shisha, eine E-Zigarette oder eine Tabakzigarette verwendet. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, dann schauen wir zu, wie Jugendliche, vor allem Kinder, Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden. Es liegt uns am Herzen, Kinder und Jugendliche zu schützen. Ihr Schutz ist eine der wichtigsten Aufgaben des Familienausschusses. Hier gehen Jugendschutz und gesundheitlicher Verbraucherschutz Hand in Hand. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Aufgabe jetzt konsequent angehen und keine Hintertüren offenlassen – für die Gesundheit unserer Kinder. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Stefan Schwartze hat für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Stefan Schwartze (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesjugendministerin Schwesig! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn bei der letzten Reform des Jugendschutzes die E-Verdampfer verbreitet gewesen wären, dann würden wir heute gar nicht mehr darüber diskutieren, weil der Jugendschutz in diesem Bereich längst greifen würde. Es geht nicht um ein generelles Verbot der E-Verdampfer, sondern um den Schutz von Kindern und Jugendlichen. Ich danke Ministerin Schwesig für den Gesetzentwurf und damit für die schnelle Antwort auf die Ergebnisse der Studien der deutschen Krebsforschung. In der öffentlichen Diskussion über die sogenannten E-Verdampfer gibt es viele unterschiedliche Ansichten und Meinungen. Interessenvertreter und Bürger melden sich zu Wort. Sie berichten oft über ihre subjektiven Erfahrungen. In der öffentlichen Diskussion über die sogenannten E-Verdampfer werden Ergebnisse wissenschaftlicher Studien oft auch mit der eigenen persönlichen Ansicht vermischt. Dies führt an vielen Stellen zu Unklarheiten. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums der E-Zigaretten und E-Shishas schaffen wir gesetzlich Klarheit. Wir schaffen Klarheit darüber, dass Dampfen nicht das gesündere Rauchen ist; denn wir können auf Basis fachlicher Expertise feststellen: E-Zigaretten und E-Shishas sind gesundheitsgefährdend. Beim Dampfen der Inhalationsprodukte entstehen chemische Verbindungen, die durchaus krebsauslösend sind. Die Zusammensetzung der Schadstoffe ist der aus herkömmlichen Zigaretten ganz ähnlich. Darüber hinaus enthalten die Dämpfe feine und ultrafeine Partikel, die die Lunge chronisch schädigen können. Wir schaffen Klarheit darüber, dass bezüglich der Gesundheitsgefährdung auf Basis dieser Erkenntnisse kein Unterschied zwischen nikotinhaltigen und nikotinfreien Liquids zu machen ist. Aufgrund dieser Fakten ist es unsere Verpflichtung als Jugendpolitiker, zu handeln und gesetzgeberisch tätig zu werden. Mit der neuen Regelung schaffen wir Bewusstsein dafür, dass der Konsum von E-Zigaretten und E-Shishas gesundheitsgefährdend ist. Der Gesetzentwurf sieht daher für diese Produkte ein Abgabeverbot an Kinder und Jugendliche vor. Wir wollen darüber hinaus verhindern, dass eine neue Kultur des Rauchens unter Kindern und Jugendlichen entsteht. Kinder und Jugendliche, die elektronische Zigaretten konsumieren, gefährden nicht nur die eigene Gesundheit, indem sie die Entwicklungsphasen ihrer Lunge stark beeinträchtigen, sondern gewöhnen sich auch an das Rauchritual. Sie werden verleitet, Rauchen bzw. Dampfen als etwas Normales, Alltägliches und nur mäßig Gesundheitsgefährdendes zu akzeptieren. Wir dürfen die bisherigen Erfolge, die wir in der Tabakprävention erzielt haben, nicht aufs Spiel setzen. Für Kinder und Jugendliche darf der Konsum elektronischer Zigaretten nicht etwas Normales und Alltägliches sein, (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) und es darf schon gar nicht der Eindruck entstehen, er wäre nur mäßig gesundheitsgefährdend. Das Gesetz, das im Entwurf vorliegt, aktualisiert aus gegebenem Anlass auf vernünftige Art und Weise unser Jugendschutzgesetz. Wir als Gesetzgeber reagieren angemessen im Sinne des Schutzes unserer Kinder und Jugendlichen. Ich freue mich auf die Anhörung und die weiteren Beratungen im Ausschuss. Vielen Dank und ein schönes Wochenende. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich schließe die Aussprache und bedanke mich ausdrücklich bei allen Rednerinnen und Rednern, dass sie die offenbar vorhandene breite Übereinstimmung auch so zum Ausdruck gebracht haben, dass sie sich an die Redezeitbegrenzung gehalten haben bzw. an der einen oder anderen Stelle darauf verzichtet haben, schon vorgetragene Argumente nur zur Ausschöpfung der Redezeit noch einmal vorzutragen. Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/6858 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 28 auf: Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes Drucksache 18/6700 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich warte noch, bis die notwendigen Umgruppierungen vollzogen sind. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kollegin Dr. Eva Högl für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Eva Högl (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Jetzt liegt er also vor, der Bericht des 2. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode. Auf knapp 1 000 Seiten steht, was wir in 45 Sitzungen durch Vernehmung von 57 Zeuginnen und Zeugen und durch Auswertung von über 600 Aktenbänden untersucht und aufgeklärt haben. – Ein bisschen Statistik zu Beginn der Debatte gehört immer dazu. Der Untersuchungsauftrag des Ausschusses bezog sich im Wesentlichen auf drei Fragestellungen: Erstens. Wurde die Operation „Selm“, also die Bearbeitung von aus Kanada übermittelten Listen deutscher Kunden eines Vertreibers von kinderpornografischem Material, im Bundeskriminalamt ordnungsgemäß und in angemessener Zeit bearbeitet? – Die zweite Frage war – eine sehr wichtige Frage –: Wurden Informationen über den Fall des ehemaligen Abgeordneten Sebastian Edathy, der sich ebenfalls auf der Kundenliste befand, weitergegeben, innerhalb oder auch außerhalb der Strafverfolgungsbehörden? Kurz gesagt: Wurde Sebastian Edathy gewarnt und, wenn ja, von wem? – Drittens hatten wir uns mit dem Fall eines ehemaligen BKA-Beamten zu beschäftigen, der ebenfalls bei dieser kanadischen Firma Material bestellt hatte. Da stellte sich die Frage, ob das im BKA und vom dienstaufsichtführenden Bundesinnenministerium ordnungsgemäß bearbeitet wurde. Ich darf sagen: Wir sind diesen Fragen gründlich nachgegangen und beantworten sie in unserem Bericht ausführlich. Ich füge aber hinzu: Wir konnten nicht alle Fragen abschließend und ausreichend beantworten, und das ist natürlich etwas, was uns alle nicht zufriedenstellt. Zunächst einmal zur Operation „Selm“. Da haben wir die Bearbeitung nachvollzogen. Wir haben viele Zeuginnen und Zeugen der zuständigen Fachabteilung gehört, darunter mehrere, die bereits im Innenausschuss berichtet hatten. Ich darf noch erwähnen, dass das Bundeskriminalamt uns wirklich tatkräftig unterstützt hat bei der Zusammenstellung der Unterlagen und auch durch die Aussagen der Zeuginnen und Zeugen. Wir können feststellen – das sage ich hier voller Überzeugung –, dass das Bundeskriminalamt die Operation „Selm“ hervorragend bearbeitet hat und an keiner Stelle Anlass ist, dem Bundeskriminalamt irgendeinen Vorwurf zu machen. Es ist sehr wichtig, das hier noch einmal zu betonen. Wir haben uns auch mit der Frage befasst: Wieso dauerte die Bearbeitung der Operation „Selm“ eigentlich so lange? Sie dauerte lange. Sie begann im November 2011 und endete erst während der Laufzeit des Untersuchungsausschusses, Ende 2014. Ich möchte auch das hier sagen: Bei genauem Hinschauen war es überhaupt nicht verwunderlich, dass es so lange gedauert hat. Wir haben uns das sehr genau angeguckt. Es war ein sehr großes Verfahren, ein sogenanntes Masseverfahren, mit über 800 verdächtigen deutschen Kunden und umfassendem Beweismaterial. Es war wirklich eine sehr mühsame Arbeit; denn es ging um ungefähr 500 Stunden Filmmaterial und rund 70 000 Bilder. Die einzelnen Kunden mussten identifiziert werden. Schwere Fälle, in denen eine klare Strafbarkeit bestand und vielleicht sogar ein akuter Missbrauch von Kindern und Jugendlichen drohte, wurden – es war sehr wichtig, dass das im Untersuchungsausschuss herausgearbeitet wurde – prioritär behandelt. Wir können also feststellen – ich sage es noch einmal –: Im Bundeskriminalamt wurde professionell gearbeitet, engagiert und zügig. Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundeskriminalamts ganz ausdrücklich und von Herzen danken für diese schwere Arbeit, die sie machen, und für diese wichtige Aufgabe, die sie wahrnehmen. (Beifall im ganzen Hause) Wir stellen in unserem Bericht übereinstimmend fest, dass die sorgfältige Bearbeitung durch das BKA auch für die beiden Einzelfälle gilt, die wir uns genauer angeschaut haben, nämlich den Sachverhalt des früheren Kollegen Sebastian Edathy und den Sachverhalt des früheren BKA-Beamten. Insbesondere beim ehemaligen BKA-Beamten haben wir uns auch den dienst- und disziplinarrechtlichen Umgang mit dem Sachverhalt angeschaut. Wir haben festgestellt, dass sich alles im Rahmen des rechtlich Vorgesehenen und Zulässigen bewegte. Außerdem konnten weder ein unangemessen milder Umgang mit dem Beamten noch unzulässige Einflussnahmen festgestellt werden. Vielmehr wurde der Sachverhalt ordnungsgemäß bearbeitet. Beim Sachverhalt Edathy haben wir festgestellt, dass dieser Sachverhalt im Bundeskriminalamt ebenfalls professionell bearbeitet und diskret behandelt wurde und die Information – daran gab es viel Kritik – der Vorgesetzten im Bundeskriminalamt und des Bundesinnenministeriums keinen Anlass für Kritik bot. Damit ist die Kritik unserer Meinung nach auch nicht gerechtfertigt. Ich sagte es eben schon: Wir konnten leider nicht in jedem Punkt unserem Auftrag gerecht werden und nicht jede Frage beantworten. Deshalb hier noch einmal die Feststellung: Wir sind uns, denke ich, alle darüber einig – das haben wir auch zum Ausdruck gebracht –: Sebastian Edathy wurde vor den Ermittlungen gewarnt, ja sogar konkret vor der Durchsuchung. Wir haben nicht herausarbeiten können, von wem Sebastian Edathy gewarnt wurde. Wir hatten mehrere unterschiedliche Zeugenaussagen, auch unter Wahrheitspflicht, aber wir konnten nicht feststellen, wer es letztendlich war. Ein Untersuchungsausschuss stößt an seine Grenzen, wenn es widersprüchliche Aussagen im Untersuchungsausschuss gibt. Eine Erkenntnis bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, und die ist mir sehr wichtig. Dieser Untersuchungsausschuss hat gezeigt, dass es dringend geboten ist, sensible Sachverhalte im politischen Umfeld in den Behörden wirklich vertraulich zu behandeln – ich glaube, wir können alle unterschreiben, dass das eine wichtige Erkenntnis ist –, damit Personen nicht zu Unrecht verdächtigt werden. Auch das ist eine Gefahr. Nur so können die Strafverfolgungsbehörden ihre Arbeit ordnungsgemäß erledigen. Vertraulichkeit ist also wichtig. Ich möchte als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, deren Aufgabe mit dieser Rede endet, allen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich danken für die konstruktive und sachliche Zusammenarbeit, die wir an unserem Untersuchungsauftrag orientiert haben und die wir in angemessen konzentrierter Stimmung, aber natürlich nicht immer ohne Meinungsunterschiede gestaltet haben. Ich danke aber auch allen, die uns hierbei unterstützt haben. Dies war insbesondere das Ausschusssekretariat, das – sie winken dort oben – auf der Besuchertribüne sitzt. Herzlichen Dank für die tolle Unterstützung! Ich danke bei dieser Gelegenheit auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Büros und in den Fraktionen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beteiligten Landes- und Bundesbehörden. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Friede, Freude, Eierkuchen!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Frank Tempel für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Frank Tempel (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte um etwas Aufmerksamkeit. Der Fall Edathy war nun einmal in aller Munde. Es wurden sehr viele berechtigte Fragen gestellt. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, zu erfahren, was im Hohen Hause gespielt wird. Außerdem liegen uns Ergebnisse vor. Unsere Sicht der Dinge möchte ich folgendermaßen darlegen: Es gibt keine Hinweise, dass im Bundeskriminalamt Ermittlungen gegen Sebastian Edathy vorsätzlich verschleppt wurden. Es wurde aber deutlich, dass es erhebliche Mängel beim Datenschutz und bei der Verteilung personeller Ressourcen gab. Die Linke erwartet, dass im Bundeskriminalamt deutlich an diesen Schwachstellen gearbeitet wird und zeitnah Verbesserungen erfolgen. (Beifall bei der LINKEN) Nächster Punkt. In Niedersachsen wurden nachweislich zahlreiche Personen in Justiz und Polizei dienstlich über den Fall Edathy informiert. Die Spekulation, ob an dieser Stelle Informationen an Sebastian Edathy abgeflossen sind, blieb Spekulation. Bereits vor dem Untersuchungsausschuss war bekannt, dass das Bundeskriminalamt das Innenministerium sehr frühzeitig über die Ermittlungen gegen Sebastian Edathy informiert hat. Es war auch bekannt, dass der ehemalige Innenminister Friedrich diese Information trotz Verpflichtung zur Geheimhaltung an Sigmar Gabriel weitergab. Die Frage für uns war: Welche Konsequenz hatte dieser Geheimnisverrat? Fakt ist: Sebastian Edathy wurde ganz eindeutig vor laufenden Ermittlungen gewarnt; da sind wir uns alle einig. Daran ließ auch die Situation am Durchsuchungsort keinerlei Zweifel zu. Fakt ist auch: Die zeitlichen Abläufe der Handlungen von Sebastian Edathy und seinem Anwalt sind nur mit fortlaufenden Informationen logisch erklärbar. Sebastian Edathy hat in seiner Aussage den Abgeordneten Michael Hartmann als seine Informationsquelle identifiziert. Dieser wiederum soll seine Informationen über den Ermittlungsstand direkt von der BKA-Spitze erhalten haben. An dieser Aussage kommen wir nicht vorbei. Im Ergebnis sieht die Linke diese Aussage von Sebastian Edathy bestätigt. Es gibt keinen anderen Rückschluss, als dass Michael Hartmann die Informationsquelle für Sebastian Edathy war. Nicht abschließend beantworten konnte der Untersuchungsausschuss die Frage, von wem Michael Hartmann die Informationen hatte und welche Motivation ihn zu seinem Handeln trieb. Dazu wäre eine ehrliche, von Aufklärungswillen geprägte Aussage des Abgeordneten Michael Hartmann erforderlich. Er wollte es nicht. Er nahm dafür Ermittlungen wegen Falschaussage in Kauf, und auch hier fragen wir nach dem Motiv. Also: Wen deckt Michael Hartmann? Doch zunächst zu den Informationen. Die Linke stellt fest, dass es eine bemerkenswerte, fast lückenlose Deckungsgleichheit des Informationsstandes im Bundeskriminalamt mit den Informationen von Sebastian Edathy gab, die dessen Handlungen in diesem Zeitraum sehr wesentlich geprägt haben. Erst als es im BKA eine Führungsinformation gab, dass es wahrscheinlich zu Maßnahmen gegen Sebastian Edathy kommt, gab dieser zum Beispiel sein Mandat ab. Ob, wie von Edathy behauptet wird, der BKA-Chef Ziercke die Quelle von Michael Hartmann war, das wiederum könnte nur Michael Hartmann selber aussagen. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist er denn heute?) Aber, wie gesagt, der verweigert die Zusammenarbeit. Die Linke konnte im Verlauf des Untersuchungsausschusses allerdings kein Eigenmotiv des Abgeordneten Michael Hartmann feststellen. Eher Konkurrenz statt Freundschaft verband ihn mit Sebastian Edathy. Für die SPD-Fraktion stand jedoch das Motiv der Schadensminimierung bei einem befürchteten Skandal im Vordergrund. Wie stark dieses Bedürfnis der Schadensminimierung ist, bewies die SPD-Fraktion leider während des gesamten Untersuchungsausschusses; das muss man einmal so feststellen. Gedächtnislücken bei den Zeugen aus der SPD-Fraktion und eine sehr einseitige Befragung, zum Beispiel der Zeugen Hartmann und Edathy, waren ein klares Mauern und hatten aber auch gar nichts mit Aufklärungswillen zu tun. Die Linke sieht es nach Abschluss der Untersuchungen als erwiesen an, dass es eine Kommunikation zum Fall Edathy von der SPD-Fraktionsspitze über Michael Hartmann bis hin zu Sebastian Edathy gegeben haben muss. Schon allein der Umstand, dass Sebastian Edathy ganz offensichtlich wusste, dass die SPD-Fraktionsspitze informiert war, belegt diesen Fakt – eindeutig sogar. Meine Damen und Herren, wir müssen abschließend feststellen, dass der Geheimnisverrat des Innenministers Friedrich doch sehr ernsthafte Konsequenzen hatte. In letzter Konsequenz wurde Sebastian Edathy vor den Ermittlungen auf diesem Weg gewarnt, und wir werden nie feststellen können, ob und wie viele Beweise dadurch vernichtet werden konnten. Die Linke wird deswegen Vorschläge unterbreiten, wie neu geregelt werden soll, ob, wann und in welchem Umfang die Politik über Ermittlungen gegen einen Politiker informiert werden darf. Wir haben viel, aber auch nicht alles herausgefunden. Trotz aller Unterschiede, was die eigene Rolle angeht, was wir übrigens – an die Kollegen der SPD-Fraktion – wussten und auch versucht haben zu respektieren, hat der Untersuchungsausschuss sehr gut zusammengearbeitet. Auch wir möchten uns für die Zusammenarbeit bedanken. Wir hoffen, dass der Bundestag einen solchen Untersuchungsausschuss nie wieder einberufen wird. Ganz besonders der SPD-Fraktion wünsche ich, dass es einen solchen Untersuchungsausschuss nie wieder geben muss. (Beifall bei der LINKEN, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Armin Schuster für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich knüpfe nahtlos an, wie Frank Tempel aufgehört hat: Dieser Untersuchungsausschuss wird nicht in die Geschichte eingehen als einer, der nur sehr viele Gesetzesänderungen nach sich zieht, der in irgendeiner Form parlamentarisch produktiv war. Die Auftritte einiger, vor allen Dingen parlamentarisch erfahrener Zeugen waren wahrlich keine Sternstunden des Parlamentarismus. Der Ausschuss hat wohl wie kein zweiter Einblicke in die Seelen und auch menschlichen Schwächen von zahlreichen Beteiligten gewährt. Ich ganz persönlich hätte das nicht gebraucht. Deswegen bin ich dankbar, dass wir diesen Ausschuss einmal nicht bis zum Ende der Legislaturperiode führen, ich glaube, das Untersuchungsausschusssekretariat auch. Trotzdem herzlichen Dank für die starke Leistung! Ich finde es ein tolles Zeichen, dass ihr da oben sitzt. (Beifall im ganzen Hause) Aber, meine Damen und Herren, wir haben den Ausschuss nicht auf die leichte Schulter genommen. Wir haben gewissenhaft gearbeitet. Die Union hat alles darangesetzt, die Fragenkomplexe, die im Untersuchungsauftrag vorgesehen waren, aufzuklären. Das kann ich in vier zentrale Erkenntnisse zusammenfassen. Erstens. Wir haben mit diesem Untersuchungsauftrag einen wertvollen Beitrag geleistet, dass etwa zur gleichen Zeit, Anfang 2015, das Sexualstrafrecht verschärft wurde. Um es kurz zu sagen: Der Fall Edathy und viele andere gleichgelagerte Fälle würden heute nicht mehr so glimpflich ausgehen, nachdem wir den Gesetzentwurf von Herrn Maas hier so angenommen haben. Dieses Verhalten wäre heute eindeutig strafbar, und das ist auch gut so. Zweitens. Die erschütternden Fallschilderungen vieler Experten – ich lasse die Beispiele jetzt lieber weg – haben wertvolle Erkenntnisse geliefert, warum die Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung der Kinderpornografie unerlässlich ist. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollte Herr Frieser doch sagen!) Die eindeutigen Voten aller Experten konnte man nicht überhören, und wir haben sie nicht überhört. Wir haben den Einstieg in die Mindestspeicherfristen gemacht. Dafür war dieser Ausschuss unglaublich wichtig. (Beifall bei der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, ich weiß, dass die mediale Aufmerksamkeit ganz anderen Themen gewidmet ist. Ich komme zu dem zentralen Punkt dieses Ausschusses, den wir nicht unterschätzen dürfen. Wir haben ganz sicher dazu beigetragen, dass es für die Täter in diesem Land wieder schwerer geworden ist, mit dem Leid von Kindern Geschäfte zu machen. Das ist für mich das Ergebnis, das diesen Ausschuss auf Dauer überstrahlen wird. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abgeordneten Uli Grötsch [SPD]) Drittens. Zur Untersuchungsausschussfrage, ob das BKA den Fall einwandfrei behandelt hat, können wir zweifelsfrei feststellen: Die Ermittlungen während des gesamten Verfahrens waren professionell, engagiert, strukturiert und wurden so schnell wie möglich und ohne Ansehen der Person abgearbeitet. Ich glaube, Sie stimmen mir zu, dieses Deliktsfeld ist eines der schwersten, in die man als Ermittler geschickt werden kann. Deshalb verdienen die BKA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz besonders unsere persönliche Hochachtung, aber nicht, liebe Kollegen von den Linken und den Grünen, dieses oberlehrerhafte Verhalten, wie das in den Innenausschusssitzungen der Fall war. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kennen wir von Ihnen so gar nicht!) Ich spreche das deshalb an, weil Sie es nicht lassen konnten, bei Ihrer Kleinen Anfrage wieder auf den Punkt einzugehen, ob sie auch Zeitung lesen, damit sie ja Edathy erkennen. Ich glaube, Sie haben jetzt auch im Untersuchungsausschuss gemerkt, wie viele Menschen Edathy nicht kannten. (Michael Frieser [CDU/CSU]: Jetzt kennen sie ihn!) Wir von der Union nehmen uns nicht so wichtig. Wir haben es nicht seltsam gefunden, dass eine Oberkommissarin des BKA Herrn Edathy nicht kannte. Akzeptieren Sie es, und seien Sie nicht so kleinkrämerisch. Vielleicht nehmen Sie sich auch zu wichtig. Der Sinn einer Kleinen Anfrage, Frau Mihalic, erschließt sich mir sowieso nicht. Sie hätten all diese Fragen im Ausschuss stellen können. Ich weiß nicht, warum Sie da jetzt nachkarten. Das ist seltsam. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben wir im Ausschuss gestellt! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht doch um die Antworten und nicht um die Fragen!) Viertens. Zentrales Ziel des Untersuchungsausschusses war es, die Frage zu klären: War Edathy gewarnt? Diesen Auftrag sehen wir als erfüllt an. Für uns steht fest, dass er gewarnt war. Es spricht vieles dafür, unter anderem die Auffindesituation seiner Wohnung. Von wem er diese Information bekam, konnten wir nicht aufklären. Dafür gibt es vier zentrale Gründe. Erstens. Es mangelte sehr am Erinnerungsvermögen einiger Zeugen. Die Widersprüchlichkeit mancher Aussagen und die eingeschränkte bis offenkundige Verweigerungshaltung einiger Zeugen vor dem Ausschuss waren manchmal schon unerträglich. Zweitens. Ob Niedersachsen eine entscheidende Rolle im Fall Edathy spielt, bleibt offen. Widerspenstig hat man uns 138 Namen geliefert, die in Niedersachsen Kenntnis von dem Fall hatten, bevor er öffentlich wurde. 138 Personen konnten wir nicht vorladen. Das hätte den Rahmen des Untersuchungsausschusses gesprengt. Da stellt sich die Frage: Braucht Niedersachsen einen solchen Ausschuss, wo ein Innenminister und ein Polizeipräsident als Einzige von 138 sich nicht erinnern können, wann sie über den Fall gesprochen haben wollen, und wo große Teile der Polizei darüber gesprochen haben, aber die Staatssekretäre, Abteilungsleiter Polizei im Innenministerium nicht informiert waren? Das LKA kannte übrigens den Namen Edathy auch nicht. Der LKA-Präsident war Wochen später informiert. Das Justizministerium war ein Stück Geschichte für sich in diesem Ausschuss. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann war doch alles nicht so rosig wie der Abschlussbericht!) Vier Wochen hat es gedauert, bis der zuständige Staatsanwalt überhaupt erst einmal zusätzliche Akten aus dem BKA anfordert. Monate hat es gedauert, bis auf der Hand liegende Vollstreckungsmaßnahmen endlich vollzogen werden. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn entscheidende Informationen fehlen, ist das auch kein Wunder!) Währenddessen war der Anwalt Edathys Dauergast dieser Staatsanwaltschaft. Meine Damen und Herren, die niedersächsische Justiz bis hin zur Ministerin hat im Ausschuss insgesamt einen ziemlich bedenklichen Eindruck hinterlassen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt will ich mal was zu Herrn Fritsche und Herrn Friedrich wissen, zu deren Rechtsverständnis!) Das Verhältnis zwischen Ministerium, Generalstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft kann man eigentlich nur als zerrüttet bezeichnen, so wie sie aufgetreten sind. Wir wissen bis heute nicht, ob die Leitungsebene des Ministeriums früh oder spät informiert war, weil sich Generalstaatsanwalt und Ministerium komplett widersprechen. Und so weiter und so fort. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Niedersachsen waren die Einzigen, die keine Kenntnisse hatten! Das ist ja ungeheuerlich!) Die Akte Niedersachsen sollte man nicht schließen. Die Schlüsselrolle, warum wir nicht aufklären konnten, wer Edathy gewarnt hat, spielt wirklich der Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann. Ich wünschte, er wäre der Empfehlung seines Parteichefs Sigmar Gabriel gefolgt und hätte umfassend ausgesagt. Wir wären dann nicht nur der Aufklärung ein großes Stück näher gekommen. Mir wäre dann auch der Satz erspart geblieben, den ich jetzt sagen muss: dass er von einigen glaubhaft aufgetretenen Zeugen erheblich belastet wird, tatsächlich der gut informierte Tippgeber für Edathy gewesen sein zu können. Diese Aussage-gegen-Aussage-Situation kann nur Michael Hartmann auflösen, tut er aber nicht. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sechs zu eins ist nicht Aussage gegen Aussage!) Dieses Verhalten ist zwar enttäuschend, aber juristisch absolut einwandfrei; das muss man auch einmal sagen. Er hat dieses Recht und darf es in Anspruch nehmen; aber wir kommen deshalb an dieser Stelle auch nicht weiter. Die fehlende Mitwirkung einiger Zeugen, das Halbdunkel in Niedersachsen, Widersprüchlichkeiten und Aussageverweigerungen hinterlassen genügend Raum für Spekulationen – der eigentliche Grund, warum Sie beide, Linke und Grüne, ein abweichendes Votum abgeben –, die sich in erster Linie auf eine mögliche Beteiligung der SPD-Spitze im Fall Edathy beziehen, (Frank Tempel [DIE LINKE]: Oder der Niedersachsen!) also der Herren Gabriel, Steinmeier und Oppermann. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch keine Spekulationen, das sind Fakten! – Frank Tempel [DIE LINKE]: Im Bereich Niedersachsen spekulieren Sie doch nur!) Meine Damen und Herren, hier unterscheiden wir uns. In Beweisaufnahmesitzungen darf man, muss man spekulieren, um Hypothesen zu bilden. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss fragen, was die Wahrheit ist!) In einer Abschlussdebatte und in einem Abschlussbericht geht es nicht mehr um Spekulationen. Vielmehr müssen wir zusammentragen, was wir an Tatsachen belegen können. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können Sie in Ihrer Rede die letzten fünf Minuten zu Niedersachsen streichen!) Genau das haben wir gemacht. Tatsache ist, dass Edathy gewarnt war. Die Klarheit, durch wen, wurde durch Schweigen und Erinnerungslücken vernebelt. Nebel ist allerdings ein flüchtiger Zustand. Deshalb schließe ich mit der ersten Strophe eines evangelischen Kirchenliedes von Johann Sebastian Bach (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich Substanz! Gott sei Dank! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – zuhören, Leute, jetzt könnt ihr etwas lernen! –: Ach wie flüchtig, ach wie nichtig ist der Menschen Leben! (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Singen!) Wie ein Nebel bald entstehet und auch wieder bald vergehet, so ist unser Leben, sehet! (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Amen!) Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Schluss war gut!) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat die Kollegin Irene Mihalic für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ja, der Fall Edathy hat gleich zu Beginn dieser Wahlperiode für eine handfeste Koalitionskrise gesorgt. Ein Minister musste zurücktreten. Wir haben im Innenausschuss vier Sitzungen zu diesem Thema gehabt, und wir hatten am Ende, nach vier Sitzungen, vier verschiedene Versionen ein und derselben Geschichte, mehr Fragen als Antworten. Deshalb war es gut, dass wir diesen Untersuchungsausschuss eingesetzt haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Denn heute wissen wir zum Beispiel über die Arbeitsweise des Bundeskriminalamts deutlich mehr. Auch ich will an dieser Stelle sagen, dass gerade die Mitarbeiter des Bundeskriminalamts hier wirklich insgesamt eine sehr gute Arbeit geleistet haben. Das ist bei der Masse der zu untersuchenden Datensätze wirklich bemerkenswert. Es gab auch Mängel in der Struktur, bei den Abläufen – auch das haben wir herausgearbeitet –, aber sie wurden zum Teil schon beseitigt, auch als Konsequenz aus diesem Untersuchungsausschuss. Wir wissen außerdem deutlich mehr über den Geheimnisverrat des damaligen Innenministers Friedrich an die SPD-Spitze, dass Sebastian Edathy auf der sogenannten Kundenliste stand. Wir konnten zusätzlich herausarbeiten, dass der damalige Staatssekretär im Innenministerium, Klaus-Dieter Fritsche, nicht nur vom Geheimnisverrat gewusst hat; er hat Friedrich sogar dazu geraten, den SPD-Vorsitzenden zu informieren, und das, obwohl dieser noch nicht einmal Mitglied der Bundesregierung war. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ungeheuerlich!) Das ist nach meiner Auffassung schon ein sehr seltsames Rechtsverständnis; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE]) denn nicht einmal die Bundeskanzlerin hat die Informationen bekommen, die Herrn Gabriel mal so eben anvertraut wurden. Unterm Strich: Der Bundesregierung hätte deutlich mehr Verschwiegenheit an dieser Stelle sehr gut getan. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Im Gegensatz dazu hätte die BKA-Spitze an einem Punkt etwas gesprächiger sein können und sogar müssen. Jetzt komme ich auf Niedersachsen zu sprechen; denn in dem Moment, als der BKA-Chef Jörg Ziercke in diesem berühmt gewordenen Telefonat mit Herrn Oppermann erfahren hat, dass bereits die gesamte SPD-Spitze vom Verdacht gegen Edathy weiß, hätte er sein nächstes Telefonat mit der niedersächsischen Staatsanwaltschaft führen müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Denn die Staatsanwaltschaft hätte die Information, dass der Fall Edathy in der SPD schon lange die Runde macht, dringend gebraucht. Dann wären im Fall Edathy sicherlich auch schneller Maßnahmen ergriffen worden. Das Schweigen von Ziercke hat die Ermittlungen gegen Edathy ganz klar behindert. Das war ein klarer Rechtsbruch, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Auch die Frage aller Fragen, ob und von wem Edathy über mögliche Ermittlungen gegen ihn informiert wurde, konnten wir in der Ausschussarbeit klären. Deswegen verstehe ich Ihre Reden an dieser Stelle nicht. Heute wissen wir, dass Edathy spätestens auf dem SPD-Parteitag am 15. November 2013 von Michael Hartmann von den Ermittlungen erfahren hat – das haben uns insgesamt sechs Zeugen bestätigt; hier steht also nicht Aussage gegen Aussage –; nur einer bestreitet das, und zwar Michael Hartmann selbst. Selbst Sie, Frau Högl, haben in einem Interview im Deutschlandfunk Anfang des Jahres zugestanden, dass man nach den sechs Zeugenaussagen die Aussage von Michael Hartmann neu bewerten muss. Herr Schuster, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, bei den Statements, insbesondere nach den Beweisaufnahmesitzungen, haben Sie damals völlig zu Recht festgestellt: Hartmann muss die Information an Edathy weitergegeben haben. – Mir bleibt es ein Rätsel, warum Sie diese simple Erkenntnis nicht in Ihren Abschlussbericht hineinretten konnten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ungeheuerlich!) Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Vielleicht klärt sich dabei auch noch, von wem Michael Hartmann seine Informationen hatte. Da sind wir als Untersuchungsausschuss leider auf der Stelle getreten. Wir konnten es nicht beweisen. Zwei Thesen stehen aber weiterhin im Raum: Die Information an Hartmann kam entweder aus der SPD-Spitze, oder sie kam direkt aus dem Bundeskriminalamt. Also Oppermann oder Ziercke, das war leider nicht mehr aufzuklären. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beides schlimm genug!) Wir kommen insgesamt zu einem sehr klaren Ergebnis: Die Bundesregierung hat die SPD-Spitze illegal über den Fall Edathy informiert. Die Information gelangte an den Abgeordneten Michael Hartmann, der wiederum Edathy informierte. Die BKA-Spitze hat der Staatsanwaltschaft nichts von dieser Informationsweitergabe von der Bundesregierung an die SPD erzählt. Dadurch wurden die Ermittlungen erheblich behindert. Das ist die Bilanz. Die Untersuchungsarbeit ist damit abgeschlossen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Frank Tempel [DIE LINKE]) Jetzt müssen wir beraten, wie wir in Zukunft einen solchen Umgang mit sensiblen Informationen verhindern können. Frau Högl, Sie haben das Thema eben auch noch einmal angesprochen. Es geht um den Umgang mit vertraulichen Informationen innerhalb der Politik, innerhalb der Regierung. Die Bundesregierung hat dazu weder eine gute Idee noch sieht sie irgendeinen Handlungsbedarf. Das ist die traurige Antwort auf unsere Kleine Anfrage, Herr Schuster, die wir Grüne dazu gestellt haben. Ich finde das ziemlich bedenklich; denn alles, was wir in der Politik machen, basiert auf dem Vertrauen der Bevölkerung. Deshalb sollten wir auch alles tun, um uns dieses Vertrauen nachhaltig zu erarbeiten. Ganz herzlichen Dank. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Uli Grötsch hat für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Uli Grötsch (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ganz am Ende dieses Untersuchungsausschusses, gegen Ende dieser Debatte, darf ich sagen: Es gehört zur Wahrheit des 2. Untersuchungsausschusses dazu, dass wir die zentrale Frage: „Wer hat Sebastian Edathy vor den gegen ihn laufenden Ermittlungen wegen des Besitzes von Kinderpornografie oder vor den daraus resultierenden Durchsuchungen gewarnt?“, nicht klären konnten. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gab doch sechs Zeugen!) Vermutungen gab es viele, manche davon wurden geradezu gebetsmühlenartig vorgetragen, bis sie für manche Mitglieder des Ausschusses zu ihrer ganz persönlichen Wahrheit wurden. Am Anfang des Untersuchungsausschusses haben wir die Ermittlungsmethoden des Bundeskriminalamtes untersucht. Wir haben Zeugen aus der Abteilung SO 12 des Bundeskriminalamtes erlebt, die in ihrer täglichen Arbeit dem Grauen förmlich in die Augen sehen müssen. Ich bin froh und dankbar, dass die Mitarbeiter der Abteilung SO 12 im Bundeskriminalamt und die Staatsanwälte der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität in Gießen diese Arbeit für unsere Gesellschaft machen. Ich glaube, dass wir uns in einer Sache einig sind: Die Skandalisierung der Arbeitsweise des BKA durch Teile der Opposition im Innenausschuss ist ins Leere gelaufen. Bei SO 12 wird höchst professionell an einem abscheulichen Thema gearbeitet, im Allgemeinen und im Speziellen bei der von uns beleuchteten OP „Selm“. Hier, wie auch an manchen anderen Stellen, hat der Ausschuss festgestellt, dass eben doch alles mit rechten Dingen zugegangen ist. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werden Sie mal konkret, Herr Kollege!) Es begann mit dem allgemeinen und schnell widerlegten Vorwurf, der Fall Edathy sei im BKA vertuscht und verschleppt worden, weil sein Name den zuständigen Sachbearbeiterinnen nicht frühzeitig aufgefallen ist. Jetzt fordert die Opposition in ihrem Minderheitenvotum eine verpflichtende tägliche Zeitungslektüre für alle BKA-Mitarbeiter. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann nie schaden! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, für Häme gibt es keinen Platz!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es wirklich so schlimm, wenn eine Polizistin den Namen eines Bundestagsabgeordneten nicht kennt? Ich glaube, dass es uns allen gut zu Gesicht stehen würde, wenn wir uns selbst nicht immer ganz so wichtig nehmen würden. (Beifall bei der SPD – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es überhaupt nicht!) Ebenso verpuffte der Versuch, den Umgang mit dem BKA-Beamten, der in Kanada Bilder und Filme bestellt hatte, zu skandalisieren. Auch hier ging wohl der Jagdeifer mit den Kollegen durch, als sie beispielsweise kritisierten, dass das BKA nicht sofort das Büro seines Mitarbeiters durchsucht hat, was ohne richterlichen Beschluss im Übrigen rechtswidrig gewesen wäre. Immer noch sieht sich die Opposition auf der Spur von mehreren Informationsskandalen, wie sie das nennt. Ich teile diese Ansicht nicht. Ich kann nichts Falsches daran erkennen, dass das BKA das Bundesinnenministerium als seine Fach- und Dienstaufsicht über den sensiblen Fall eines des Erwerbs von Kinderpornografie verdächtigen Bundestagsabgeordneten unterrichtet hat. (Beifall bei der SPD) Ich halte es auch nicht für verwerflich, wenn der informierte Minister anschließend Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass eben dieser Abgeordnete in der neu zu bildenden Koalition eine besondere Funktion erhält. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Ergebnis kennen wir, Herr Grötsch!) Auch das viel besungene kurze Telefonat zwischen dem damaligen Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und dem BKA-Präsidenten ist beiden letztendlich doch nicht vorzuwerfen. Warum manche Abgeordnete hier auf Biegen und Brechen einen Skandal, gar eine Verschwörung entdecken wollten und versucht haben, weitere Kontakte und Probleme im zeitlichen Ablauf herbeizureden – ich weiß es nicht. (Maria Michalk [CDU/CSU]: Dass Sie von Anfang an kein Problem gesehen haben, war ja klar! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Rede ist ja ein Grund für einen weiteren Untersuchungsausschuss!) Es war jedenfalls sinnlos. Letztendlich hat sich sogar erwiesen, dass die Erinnerungen der Zeugen Gabriel und Oppermann richtiger waren als die durch die Zeitumstellung auf die Winterzeit verfälschte Anrufprotokollierung des Bundeskriminalamtes. Ich halte also fest: Es ist faktisch nicht erwiesen, wer Sebastian Edathy gewarnt hat. Wir konnten nicht einmal feststellen, dass er besondere Kenntnisse über dieses Verfahren besaß. Edathy kann daher ebenso gut von einem der sehr vielen Kenntnisträger bei Polizei oder Justiz gewarnt worden oder sogar nur durch Medienberichte auf die Ermittlungen aufmerksam geworden sein. (Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Na ja!) Seine Behauptung, angeblich kontinuierlich, ja, sogar wöchentlich über den Verfahrensgang unterrichtet worden zu sein, konnten wir jedenfalls anhand der Akten als unsinnig widerlegen. Was ich am Ende nicht unerwähnt lassen möchte: Als beschämend habe ich die Art und Weise empfunden, wie manche Mitglieder der Opposition mit dem Zeugen Hartmann in seiner nächtlichen Vernehmung im Ausschuss und in späteren Medienäußerungen umgingen. Hier wurden haltlose und unsachliche Vorwürfe erhoben, bei denen es nicht mehr um Aufklärung, sondern um die Zerstörung einer Person ging. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich! – Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unfassbar! Reden Sie doch einmal mit Herrn Hartmann! – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hätte bloß aussagen brauchen!) Ich hoffe sehr, dass wir in künftigen Untersuchungsausschüssen wieder zu einem menschlicheren Umgang miteinander zurückfinden. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Michael Frieser hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU) Michael Frieser (CDU/CSU): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! So mancher steht enttäuscht und sieht betroffen den Vorhang zu und zumindest noch einige Fragen offen. – Das kann man am Ende eines solchen Untersuchungsausschusses schon so sehen. Ich sage es gleich am Anfang: So wie es im Augenblick die Wortgewalt der Opposition erscheinen lässt, so war die Stimmung im Ausschuss nicht. Sie war sehr viel kontemplativer, sie war sehr viel kollegialer, sie war an der Sache orientiert, sie war sehr ernsthaft und diesem Thema angemessen. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind auch heute kollegial!) Dafür will ich insgesamt Dank sagen. Das schließt auch die Kollegen aus der Opposition ein. (Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie großzügig!) Die Kritik kommt gleich noch. Aber zumindest wollte ich das am Anfang meiner Rede sagen. Ich glaube, dass der Ausschuss es geschafft hat, diesen Themenkomplex, um den sich wahrlich niemand gerissen hat, so auszuleuchten, dass man am Ende des Tages sagen kann: Wir sind unserer Aufgabe tatsächlich gerecht geworden. Ich will mit dem BKA anfangen und nur noch einen Gedanken hinzufügen. Wir konnten uns ein Bild von der Arbeit machen, die die Mitarbeiter dort dankenswerterweise für uns erledigen. Das ist eine Arbeit, die keiner in diesem Haus gerne machen würde, nämlich Tausende und Abertausende von Bildern der Kinderpornografie zu durchforsten. Ja, man kann sagen, dass das Teil des Jobs ist, aber am Ende des Tages muss man damit zurechtkommen. Dass es dabei einer Priorisierung bedarf, dass es dabei einer Gewichtung bedarf, ist selbstverständlich, weil man dem Schrecknis dieser ganzen Welt – es geht ja nicht nur um Deutschland, sondern um sehr, sehr viele Bezugsorte – gerecht werden muss. Deshalb kann ich am Ende mit einiger Dankbarkeit für die Arbeit des BKA auch sagen: Wir konnten uns davon überzeugen, dass diese Arbeit ordnungsgemäß und dem Sachverhalt angemessen durchgeführt wurde. Das ist keine Petitesse. Denn das war immerhin der Ausgangspunkt für den Untersuchungsgegenstand, mit dem wir uns beschäftigen mussten. Ja, eindeutig, es gab eine Warnung. Von wem, das konnte der Ausschuss nicht mehr aufklären. Wir haben genügend Zeugen befragt, die die These gestützt haben, dass Michael Hartmann eine der entscheidenden Quellen hätte sein können. Nach unserer Begutachtung, Frau Mihalic, war er das auch. Aber das, was wir glauben, ist nicht das, was ein Untersuchungsausschuss belegen kann. Deshalb ist es eine Frage der Interpretation. Ich hätte mich gefreut, wenn Herr Hartmann heute dieser Debatte hätte folgen können. (Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist wahrscheinlich krank! Weiß man nicht!) Er hätte vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch etwas zur Aufklärung beitragen können. Wir freuen uns alle ganz narrisch darüber, dass er an dem Tag, an dem der Untersuchungsausschuss beendet war, wieder genesen ist. Wir wünschen ihm auf Dauer alles Gute. Ich hoffe trotzdem, dass der Rechtsstaat in der Lage ist, an dieser Stelle auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens seinen Beitrag zu leisten. Mit einer Sache will ich dann doch noch einmal aufräumen, nämlich mit der Aussage, dass eindeutig bewiesen ist, dass der Ursprung dieses Untersuchungsausschusses ein Geheimnisverrat gewesen ist. Dass die CSU durch den Verlust eines amtierenden Ministers einen politischen Preis zahlen musste, ist klar. Es ging hier aber weder um einen Rachefeldzug noch um das Kühlen irgendwelcher politischer Mütchen. Was nützt mir ein Minister im Amt, wenn er nicht die entscheidende Frage beantworten kann: Was tue ich, damit ich Schaden von diesem Land abwenden kann? Was tue ich, damit eine Person, über die Dinge bekannt sind, nicht in ein Amt kommt, was tatsächlich diesem Land, dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schaden kann? Deshalb halte ich das Verhalten von Hans-Peter Friedrich zur damaligen Zeit nach wie vor für absolut richtig. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD -Frank Tempel [DIE LINKE]: Eindeutig rechtswidrig!) Im Ergebnis stellt sich die Frage, wie nun der Gesprächspartner von Hans-Peter Friedrich als Inhaber dieses Geheimnisses damit umgegangen ist und wem alles er davon erzählt hat. Diese Frage darf man stellen. Letztendlich schauen wir, wenn wir wissen, wie weit das hinuntergegangen ist, vor allem in die Reihen der SPD. Ja, das war nicht angenehm, keine Frage. Wir haben Sternstunden der Fragetechnik im Untersuchungsausschuss hinter uns. Manch SPD-Abgeordneter hat der Bedeutung des Wortes „vage“ eine ganz neue Dimension verliehen. Wir erlebten stundenlange Aussagen, in denen tatsächlich nichts mehr übrig blieb. Am Ende half das alles nichts. Wir konnten auch noch den Blick nach Niedersachsen wenden. Wenn es um die entscheidende Frage geht, wie Informationen behandelt werden sollten, wenn es um die entscheidende Frage geht, wie man sein Haus im Griff haben sollte, dann sind die Kollegen aus Niedersachsen ein Hort der tollen Erkenntnis: So sollte man es nicht machen. Man sollte nicht so mit Informationen umgehen, dass am Ende keiner mehr weiß, was die linke und was die rechte Hand tut. Das war mit Sicherheit nicht das beste Beispiel dafür, wie wir dieses Thema behandeln sollten. Ich will noch einen Punkt ansprechen, der die Menschen im Kontext dieses Untersuchungsausschusses um Edathy wirklich verunsichert hat. Was wird in diesem Staat von der Justiz nicht alles aufgeklärt, und was wird nicht alles angeklagt? Dass aber jemand, der als Konsument Tausender und Abertausender kinderpornografischer Bilder angeklagt ist, das Verfahren am Ende mit einer Geldauflage von 5 000 Euro – und sogar ohne Schuldeingeständnis – hinter sich lassen kann, hat viele Menschen zu Recht verunsichert. Da muss man schon fragen, ob das gerade in Anbetracht des öffentlichen Interesses an diesem Verfahren noch angemessen war. Ich bin keiner, der gerne Justizschelte betreibt. Aber die Antwort auf die Frage, ob das in Anbetracht des öffentlichen Interesses an diesem Fall wirklich angemessen war, ist uns die Justiz immer noch schuldig. Letztendlich kann ich sagen: Wir müssen sehen – das sage ich jetzt natürlich nur, damit auch die Grünen wissen, wo wir redetechnisch hingehören; ich meine es allerdings sehr ernst –, dass auch Höchstspeicherfristen ein Thema sind; da schaue ich jetzt die Kollegin Mihalic an. Wir haben, auch im Ausschuss, Fälle geschildert bekommen, in denen wirklich eindeutig war, dass dieses Instrument – nur dieses und sonst keines – der einzige Hebel ist, um zeitgerecht, zeitgleich an Menschen heranzukommen. Das muss man gar nicht in Abrede stellen, und da muss man gar keine Gutbeterei betreiben. Dass es aber Fälle gibt, in denen ohne das Instrument der Höchstspeicherfristen keine Rechtsverfolgung stattfinden kann, war ein eindeutiges Ergebnis der Arbeit dieses Ausschusses. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat mit dem Fall Edathy gar nichts zu tun! Haben Sie das immer noch nicht verstanden?) Zur Präzisierung beim Thema Kinderpornografie in den Anfangstagen und -wochen dieses Ausschusses muss ich sagen: Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass es uns tatsächlich gelingt, dafür zu sorgen, dass wir in der Lage sind, Vorgänge, die für uns damals noch grenzwertig und schwierig zu beurteilen waren, heute mit den Behörden zusammen eindeutig zu entscheiden. Ich glaube, am Ende lässt sich sagen: Vielleicht sind mit dem Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses nicht alle zufrieden. Vielleicht konnten wir nicht alles aufklären, was wir aufklären wollten. Ich bedanke mich aber trotzdem – an dieser Stelle darf ich das auch einmal als stellvertretender Vorsitzender tun – bei der Vorsitzenden, die als Mitglied einer doch stark betroffenen Fraktion in einer nicht besonders einfachen Situation war und der es gelungen ist, dieses Schiff einigermaßen durch die Wirrnis zu steuern. Auch den Kollegen herzlichen Dank für die Zeit! Man hat sehr viel gelernt, auch wenn es manchmal nächtelang gedauert hat. Ich glaube, dass wir sagen können – auch wenn wir nicht bei allen Bewertungen übereinstimmen –: Der Ausschuss hat seine Arbeit getan. Dafür herzlichen Dank! (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des 2. Untersuchungsausschusses auf Drucksache 18/6700. Der Ausschuss empfiehlt, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Ich denke, dass wir alle auch den auf der Besucher- oder Zuhörertribüne sitzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschusssekretariats für die Begleitung dieser Arbeit noch einmal danken. (Beifall) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Richard Pitterle, Dr. Gerhard Schick, Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch, Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter, Jan van Aken, Luise Amtsberg und weiterer Abgeordneter Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Drucksache 18/6839 Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege Dr. Gerhard Schick. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über zehn Jahre lang haben Millionäre und große Banken unsere öffentlichen Kassen geplündert. Über zehn Jahre lang sind sie unbehelligt beim Finanzamt ein- und ausgegangen und haben unter den Augen von Politik und Verwaltung Geld abgezweigt. Diese haben leider zugesehen und den Betrügereien lange kein Ende gesetzt. Weder haben die damaligen Bundesregierungen rechtzeitig und wirksam gehandelt, obwohl es Hinweise gab, noch haben die Steuerverwaltungen der Länder oder die Finanzaufsicht Alarm geschlagen. Öffentliche Banken, Landesbanken, haben an diesem Skandal sogar mitgewirkt. Viele fragen sich auch heute noch, was eigentlich Cum-Ex-Geschäfte sind. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!) Diese Geschäfte beruhen auf einem Konstrukt, das dazu führte, dass eine Steuer zweimal zurückerstattet wurde, obwohl sie nur einmal gezahlt wurde. Dies ist so, als ob Eltern für dasselbe Kind zweimal Kindergeld kassieren – einmal die Mutter und einmal der Vater. Das ist natürlich ungerecht und im Steuergesetz nicht vorgesehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Matthias Hauer [CDU/CSU]) Für unsere Aufgabe als Abgeordnete steht aber nicht die Technik, also die Art, wie das im Einzelnen arrangiert wurde, im Mittelpunkt, sondern entscheidend ist, was im Ergebnis passiert ist, nämlich ein Schaden für das Gemeinwesen von geschätzt 12 Milliarden Euro. Das ist absolut inakzeptabel. Diese 12 Milliarden Euro fehlten für sinnvolle Ausgaben. Oder übersetzt: Banken und Millionäre konnten jedem einzelnen Bundesbürger 150 Euro aus dem Geldbeutel klauen. So etwas darf sich nie wiederholen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) Genau deswegen wollen wir Aufklärung. Obwohl der Schaden so groß ist, haben die Fraktionen der Großen Koalition es abgelehnt, aufzuklären, wie das passieren konnte. Sie haben unseren Antrag auf einen Sonderermittler abgelehnt und somit der Aufklärung leider eine Absage erteilt. (Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ungeheuerlich!) Wir haben auch Gespräche geführt, um andere Formen der Aufklärung zu finden und auszuloten, ob wir gemeinsam aufklären können – leider ergebnislos. Für mich und für unsere beiden Fraktionen ist das unverständlich. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wir haben doch einen Untersuchungsausschuss angeregt! Schon vor Monaten!) Deswegen machen wir von unserem Minderheitenrecht Gebrauch und beantragen einen Untersuchungsausschuss zum Steuerbetrug an den Finanzmärkten mittels Cum-Ex-Geschäften. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Es geht uns nicht darum, einzelne Personen an den Pranger zu stellen, und auch nicht um Parteipolitik, (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein, keinesfalls! Das wollen wir doch mal hören!) sondern es geht darum, sicherzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger nie wieder in diesem Ausmaß abgezockt werden, wie es hier vorgekommen ist. Dafür müssen wir wissen, wieso staatliche Institutionen in Bund und Ländern jahrelang untätig blieben, statt das Geld der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Wir müssen wissen, ob heute dieselben Institutionen willens und in der Lage sind, bei ähnlichen Fällen rechtzeitig mit wirksamen Mitteln einzugreifen. Wir müssen wissen, wie es passieren konnte, dass öffentliche Banken am Betrug an den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern mitgewirkt haben. Wir sind nämlich schon längst in der nächsten Runde im Hase-und-Igel-Spiel auf dem Finanzmarkt zulasten der Bürger. Mit den sogenannten Cum-Cum-Geschäften stehen erneut Milliarden auf dem Spiel. Auch hier wird dem Treiben auf dem Finanzmarkt schon viel zu lange zugesehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen laden Sie zu einer parteiübergreifenden sachlichen Arbeit im Interesse aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein. Bei einem Schaden dieser Größenordnung für das Gemeinwesen dürfen Demokraten nicht zur Tagesordnung übergehen. Wenn die Bürger den Eindruck gewinnen, dass Staat und Bürger zum Spielzeug von Betrügern auf dem Finanzmarkt werden, und wenn nicht sichtbar wird, dass wir im Parlament alles tun, damit nicht wieder Steuergeld in so großem Umfang von Betrügern auf dem Finanzmarkt abgezweigt wird, dann verlieren die Menschen das Vertrauen in unsere Institutionen. Deswegen müssen wir hier gemeinsam tätig werden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Sie haben damals zwei Gegenargumente gegen den Antrag auf einen Sonderermittler vorgebracht. Das eine Gegenargument war: Es gibt für einen Sonderermittler keine Rechtsgrundlage. (Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das ist ein komisches Gegenargument!) Das ist ein sehr merkwürdiges Argument, weil im Saarland unter der Leitung der CDU im Moment genau das stattfindet, was wir hier gefordert haben. Aufgrund eines kläglichen Versagens in der Steuerfahndung wird dort eine externe Sonderermittlerin eingesetzt, um das aufzuklären und um diese Dinge für die Zukunft richtig aufzustellen. – Ihr Gegenargument trägt nicht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Das zweite Gegenargument war: Die Staatsanwaltschaften und die Gerichte sind doch im Moment mit der Aufklärung dieser Fälle beschäftigt. – In der Tat: Zum Glück gibt es da Aufarbeitung vor den Gerichten. Aber diese klären, wer jetzt was zahlen muss und wer bei den Investoren strafrechtlich Verantwortung trägt. Sie klären nicht, was auf staatlicher Seite schiefgelaufen ist. Damit können Sie nicht die Arbeit voranbringen, die unsere Arbeit ist, nämlich dafür zu sorgen, dass sich ein solcher Skandal nie mehr wiederholen kann. Das können nur wir hier tun. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Genau deswegen wollen wir jetzt wissen, was schiefgelaufen ist, und zwar nicht nur mit Blick auf die Vergangenheit. Ich wiederhole es: Es geht darum, über die Erkenntnisse der Vergangenheit sicherzustellen, dass es in Zukunft nie wieder passieren kann, dass das Geld, das die kleinen Leute in unserem Land mit ihrer Umsatzsteuer und mit ihrer Einkommensteuer zahlen, unkontrolliert an Trickser und Betrüger am Finanzmarkt abfließt. Das können wir den Menschen nicht zumuten. Deswegen heute der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Matthias Hauer für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Matthias Hauer (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über den Antrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die Cum-Ex-Geschäfte im Zeitraum von 1999 bis 2012 durch einen Untersuchungsausschuss zu beleuchten. Worum geht es dabei? Bei den Cum-Ex-Geschäften haben vermeintlich findige Banken und Investoren Aktiengeschäfte allein mit dem Ziel getätigt, sich Kapitalertragsteuer zweimal erstatten zu lassen, die nur einmal gezahlt wurde. Grundlage dieses kriminellen Geschäfts war ein Aktienhandel rund um den Dividendentermin, nämlich kurz davor Cum-Dividende und kurz danach Ex-Dividende. Durch Leerverkäufe und das gezielte Ausnutzen von Fristen fielen der rechtliche und der wirtschaftliche Eigentümer der Aktie auseinander. Mit großer krimineller Energie gelang es so, die Abführung der Kapitalertragsteuer doppelt bescheinigt zu bekommen. Das war damals noch möglich, weil es nicht dieselbe Stelle war, die den Steuerabzug vornahm und die die Steuerbescheinigung ausstellte. Die Grünen haben in ihrem Antrag zum gleichen Thema im Januar die Geschäfte als „zumindest illegitim“ bezeichnet. Im aktuellen Antrag sprechen Linke und Grüne von „Steuergestaltung“. Wieso so zurückhaltend? Nennen wir es doch gemeinsam beim Namen: Ein solches Vorgehen ist nicht nur illegitim, sondern schlichtweg rechtswidrig und kriminell. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Bei diesen Cum-Ex-Geschäften hat es sich nie um ein Steuergestaltungsmodell gehandelt. Die Rechtsauffassung des Bundesfinanzministeriums ist unverändert: Diese Gestaltung der Cum-Ex-Geschäfte war schon immer unzulässig. Einmal abgeführte Kapitalertragsteuer darf nur einmal bescheinigt und auch nur einmal erstattet werden. (Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD] – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das versteht sich von selbst!) Nachdem tatsächlich durchgeführte Cum-Ex-Geschäfte bekannt wurden, hat die Politik reagiert. Im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die Abwicklung der Geschäfte über inländische Banken unterbunden. Das gelang, indem die inländische Bank des Leerverkäufers zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet wurde. Dadurch wurde sichergestellt, dass auch die Kompensationszahlungen des Leerverkäufers unter Nutzung inländischer Abwicklungsbanken mit Kapitalertragsteuer belastet waren und keine unberechtigte Steuerbescheinigung erstellt wurde. Konkrete Hinweise auf die Abwicklung über ausländische Banken gab es dann im Jahr 2009. Das Bundesfinanzministerium hat reagiert und besondere Erfordernisse an Steuerbescheinigungen im Zusammenhang mit Leerverkäufen über ausländische Kreditinstitute formuliert. Es wurde geregelt, dass alle Steuerbescheinigungen, bei denen Aktien rund um den Dividendenstichtag erworben wurden, besonders gekennzeichnet werden müssen. Diese Regelung wurde durch zwei Schreiben des Bundesfinanzministeriums in den Jahren 2010 und 2011 ergänzt. Ende 2010 erfolgte mit der OGAW-IV-Umsetzung die vollständige Umstellung der Erhebung der Kapitalertragsteuer auf Dividendenzahlungen deutscher Aktien. Durch die neue Systematik wird die Kapitalertragsteuer nunmehr durch das Kreditinstitut, das die Dividende auszahlt, sowohl abgeführt als auch bescheinigt. Beides liegt also in einer Hand; denn das Auseinanderfallen beider Stellen war die Basis der rechtswidrigen Geschäfte in der Vergangenheit. Seit Inkrafttreten 2012 werden die Cum-Ex-Geschäfte auch über ausländische Banken somit verhindert. Der Gesetzgeber und das Bundesfinanzministerium unter Minister Wolfgang Schäuble haben dem Cum-Ex-Modell also in mehreren Schritten nachhaltig die Grundlage entzogen und die missbräuchlichen Geschäfte erfolgreich unterbunden. Deshalb sind Cum-Ex-Geschäfte heute zum Glück nicht mehr möglich. (Zuruf von der CDU/CSU: So ist das!) Was wir jetzt brauchen, sind eine konsequente Aufdeckung und strafrechtliche Verfolgung der Altfälle. Wer solche Geschäfte auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gemacht hat, der muss zur Rechenschaft gezogen werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Unsere Gewaltenteilung legt eine solche strafrechtliche Aufarbeitung aber nicht in die Hände des Parlaments und auch nicht in die Hände eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht aber um die politische Aufarbeitung!) Hier sind vielmehr die Finanzverwaltung, die Strafverfolgungsbehörden und die Gerichtsbarkeit gefordert, und mehrere Verfahren laufen bereits. Sie haben gerade dazwischengerufen, es gehe um die politische Aufarbeitung. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!) Sie haben auch letztens noch erklärt, es seien keine Konsequenzen gezogen worden. Dass sehr wohl Konsequenzen gezogen wurden, habe ich gerade dargelegt. Die Cum-Ex-Geschäfte sind mittlerweile unterbunden, und dass es keine politische Aufarbeitung gegeben habe, ist auch unzutreffend. Ich habe Ihnen gerade die Gesetzgebungsverfahren dargelegt. In all diese Verfahren war der Gesetzgeber, waren alle Fraktionen, auch Bündnis 90/Die Grünen und Linke, eingebunden. Darüber hinaus hat das Bundesfinanzministerium detailliert und schriftlich die von Ihnen, von den Grünen und von den Linken, gestellten Kleinen Anfragen der Opposition beantwortet und die Erkenntnisse der Bundesregierung darin einfließen lassen. Auch in diesem Jahr haben wir uns mit den Cum-Ex-Geschäften in diesem Hause beschäftigt. Nach Debatten im Januar und im September geschieht dies heute zum dritten Mal in 2015. Es trifft also nicht zu, dass es keine politische Aufarbeitung gegeben habe. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn Ihre Fraktion dazu gemacht?) – Sie schreien, deshalb komme ich jetzt direkt zu Ihnen. Herr Dr. Schick, Sie stützen sich ja vor allem auf ein Schreiben aus dem Jahr 2002. Dazu hatten Sie sich in Ihrer Rede im September noch empört – ich zitiere –: Die Bundesregierung ignorierte dieses Schreiben fünf Jahre lang. Warum? … sollte aus Gründen der Finanzmarktförderung möglichst nicht gegengesteuert werden? Dazu sage ich Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten Sie vor Ihrer eigenen Haustür kehren. Am besten hätten Sie mit der Untersuchung in Ihren eigenen Reihen angefangen. Immerhin waren Bündnis 90/Die Grünen bis 2005 Teil der damaligen Bundesregierung, und Sie stellten 2002 sogar den Vorsitz im Finanzausschuss. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorsicht mit dieser Äußerung! Sonst reden wir über Sachen auf Landesebene!) Aber die Geschäfte waren eben auch für Sie nicht so einfach zu erkennen, wie sie jetzt manchmal versuchen, den Eindruck zu erwecken, weil sie hochkomplex waren. Außerdem haben die beteiligten Banken, Berater und Investoren erhebliche Anstrengungen unternommen, um diese Handlungen zu verschleiern. Um die Beziehungen zwischen den Vertragspartnern intransparent zu machen, haben sie zusätzliche, oft im Ausland ansässige Marktteilnehmer dazwischengeschaltet. Unter anderem aus diesem Grund wurden die Geschäfte leider nur zeitlich verzögert bekannt. Deshalb gab es in den ersten Jahren auch kein Gegensteuern, weder durch die damaligen Regierungen noch durch die Fraktionen in den Parlamenten. Es ist gut, dass durch das Einschreiten von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und des Gesetzgebers diese Geschäfte heute nicht mehr möglich sind. (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!) Wir können daher im Augenblick nicht erkennen, warum es dieses Untersuchungsausschusses bedarf, den Linke und Grüne einsetzen wollen. Dennoch respektieren wir natürlich die parlamentarischen Rechte der Opposition. Wenn wir schon einen Untersuchungsausschuss einsetzen, dann – darauf können Sie sich verlassen – werden wir auch konstruktiv darin mitarbeiten und die Thematik noch einmal im Detail durchsprechen. Der nun beantragte Untersuchungsausschuss wirft den Blick vor allem zurück. Er bindet Ressourcen, um bereits gelöste Probleme erneut zu beleuchten. Wir sollten stattdessen die heutigen Herausforderungen angehen, nämlich bestehende Regelungen verbessern und sie wetterfest für die Zukunft machen. Das werden wir, die Union, gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auch tun. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Richard Pitterle für die Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN) Richard Pitterle (DIE LINKE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal vor: Sie sind Kundin oder Kunde einer Bank und haben dort Ihr Geld im Tresor liegen. Stellen Sie sich weiter vor: Bei der Leitung der Bank geht aus gut informierten Kreisen die Warnung ein, dass der Tresor nicht sicher sei und das dort liegende Geld bald gestohlen werden könne. Was würden Sie sich da wohl wünschen? Doch wohl sicherlich, dass die Bank umgehend reagiert und zum Beispiel den Tresor überprüfen lässt oder den Sicherheitsdienst verstärkt. Was aber, wenn die Bank einfach nichts macht und über zehn Jahre lang Ihr Geld nach und nach gestohlen wird? Als Kundinnen und Kunden würden Sie zu Recht im Karree springen und nach Aufklärung verlangen. Dieses Beispiel passt leider recht gut zum heutigen Thema, nämlich zu der Aufarbeitung der Cum-Ex-Geschäfte. Die Bank aus meinem Beispiel ist die Bundesregierung, die diese Geschäfte zwischen 2002 und 2012, zehn Jahre lang, nicht wirksam unterbunden hat. Die gelackmeierten Kundinnen und Kunden sind die vielen ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, denen durch die Cum-Ex-Geschäfte ein Schaden von schätzungsweise 12 Milliarden Euro entstanden ist. Der Linken und Bündnis 90/Die Grünen fällt nun wieder einmal die Rolle der Aufklärer zu, und diese Rolle nehmen wir gerne an. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) „Cum“ und „Ex“ stehen für „mit Dividende“ und „ohne Dividende“ bei Aktiengeschäften, die um den Dividendenstichtag herum stattfinden. Die Aktie wird in kurzem Abstand einmal mit und einmal ohne Dividende weiterverkauft. Auf die Dividende muss Kapitalertragsteuer gezahlt werden, welche man sich anrechnen oder erstatten lassen kann. Vereinfacht gesagt, waren die Cum-Ex-Geschäfte so konstruiert, dass zwei der am Kauf Beteiligten jeweils eine Bescheinigung für die gezahlte Kapitalertragsteuer erhielten, obwohl die Steuer tatsächlich nur einmal gezahlt worden war. Beide konnten sich die Steuer dann mit der jeweiligen Bescheinigung erstatten oder anrechnen lassen. Kurzum: Schwerreiche Investoren bedienten sich zweimal aus der Staatskasse, obwohl sie nur einmal eingezahlt hatten. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben bereits einen Sonderermittler gefordert, um zu klären, warum Superreiche unbehelligt ein Jahrzehnt lang einen Riesenreibach auf Staatskosten machen konnten. Union und SPD haben diesen Sonderermittler leider verhindert und behauptet, es sei ja schon alles aufgeklärt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 2002 gab es einen ernsthaften Hinweis auf die Möglichkeit dieser krummen Geschäfte an das Bundesfinanzministerium. Aber erst 2012 wurden diese Geschäfte durch eine Gesetzesänderung unterbunden. Da muss man sich doch fragen, wer da im Bundesfinanzministerium gepennt hat. Wieso ist da nichts passiert? (Matthias Hauer [CDU/CSU]: Es ist doch Quatsch, dass da nichts passiert ist!) Als Ausrede für die Untätigkeit der Bundesregierung kommt von Union und SPD auch gerne das Argument, die Cum-Ex-Geschäfte seien von Anfang an wohl strafbar gewesen, und dementsprechend sei das alles Sache der Gerichte und der Staatsanwaltschaften. (Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sehen Sie das anders?) Meine Damen und Herren, ich bitte Sie! Auch wenn etwas strafbar ist, kann man sich doch nicht entspannt zurücklehnen und abwarten. Im Gegenteil: Gerade dann muss man bei entsprechenden Hinweisen doch dafür sorgen, dass Straftaten gar nicht erst begangen werden. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bereits 2002 hätte es eine gesetzliche Regelung zur Verhinderung der Cum-Ex-Geschäfte geben müssen. Für die Linke besteht hier jedenfalls sehr wohl Anlass zur Aufklärung. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben ein Recht darauf, zu erfahren, warum die Bundesregierung untätig geblieben ist und so ein Schaden von 12 Milliarden Euro entstehen konnte. Die Fehler der Vergangenheit müssen dringend aufgearbeitet werden, damit wir sicherstellen können, dass sich so etwas nicht wiederholt. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deswegen fordern wir gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen diesen Untersuchungsausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Lothar Binding hat für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich will das Bild von Richard Pitterle aufnehmen, aber etwas korrigieren. Da ist ein Dieb, der die Bank bestiehlt. Daraufhin macht die Bank ein Extraschloss an die Tür. Jetzt kommt der Dieb durchs Fenster. Erst die Totalvergitterung der Bank macht diese Bank diebstahlsicher. Aber immer war Diebstahl kriminell und gesetzeswidrig. Insofern ist also etwas passiert, aber solche kriminellen Handlungen kann man möglicherweise nicht ausschließen, obwohl es eine Vergitterung gibt, obwohl es eine gute Gesetzgebung gibt und gab. Wir sprechen über den größten bekannten Steuerbetrug seit Jahrzehnten – das stimmt; da stimmen wir zu –, in einer Größenordnung, soweit wir das wissen, von 12 Milliarden Euro. Wir haben schon gehört, wie die Cum-Ex-Geschäfte funktionieren. Cum-Ex-Geschäfte klingt schon kompliziert. Man kann sagen, dass es ohne die Hilfe von Banken diese Geschäfte gar nicht gegeben hätte. Man kann sagen: Die Banken haben den Dieben dabei geholfen, einzubrechen, aber natürlich nicht bei sich selbst, sondern bei den Steuerzahlern. Das ist verwerflich. Deshalb ist es gut, dass wir uns heute darum kümmern. Gestern Abend erst hat die ARD berichtet, dass die HypoVereinsbank eine Buße von immerhin 10 Millionen Euro zu akzeptieren hatte. Das Amtsgericht Köln hat diese Buße verhängt. Man kann also schon sehen, dass im Moment zumindest unsere Strafverfolgung an dieser Stelle ganz gut funktioniert. Nun hören wir noch von vielen anderen Banken, die das gemacht haben. Deshalb wird es spannend sein, sich darum zu kümmern. Grundlage der Geschäfte – das haben Sie schön ausgeführt – waren Leerverkäufe rund um den Dividendenstichtag und die Tatsache, dass die Stelle, die die Kapitalertragsteuer abgeführt hat, und die Stelle, die den Kapitalertrag bescheinigte, auseinanderfielen. Durch dieses Auseinanderfallen gab es die Möglichkeit, sich zweimal etwas erstatten zu lassen, was man aber nur einmal bezahlt hat. Schon allein an diesem Punkt – sich zweimal etwas erstatten zu lassen, was man nur einmal bezahlt hat – erkennt man die kriminelle Energie; denn es versteht sich von selbst, egal nach welcher Gesetzgebung, dass das wohl nicht richtig sein kann, zumal schon die Erstattung ein Entgegenkommen gegenüber dem Steuerzahler ist. Man räumt einen Grund für die Erstattung ein, und plötzlich will einer die Erstattung doppelt haben. Ich würde sogar auf jeglichen Verweis auf die Gesetzgebung verzichten und sagen, dass es sich von selbst versteht, dass man das nicht macht. Das ist unanständig und kriminell. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) – Wenn sich das für Sie nicht von selbst versteht, dann finde ich auch das verwerflich. Gewisse moralische Grundsätze gelten auch für die Grünen. Da wir und auch das BMF offensichtlich die Komplexität eine gewisse Zeit unterschätzt haben – ich zumindest; vielleicht haben manche hier das rechtzeitig gesehen –, waren unsere ersten Regelungen unzureichend. Auch das wurde schon erwähnt. Wir haben nämlich nur die Inlandsfälle geregelt. Die Lücken waren dann dicht, wunderbar. Aber die freundlichen Herren haben sich dann grenzüberschreitende Modelle überlegt, die von uns erst wieder ganz langsam entdeckt werden mussten. Dazu muss man sagen: Es ist nicht so, dass wir im Parlament im Regelfall solche Gestaltungsmodelle und die Vollzugsverwaltung in den Blick nehmen, sondern wir machen Gesetze und gehen davon aus, dass sie eingehalten werden. Wenn nicht, dann ist das ein kriminelles Verhalten, und die Strafverfolgungsbehörde kümmert sich darum. Vizepräsidentin Petra Pau: Kollege Binding, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Schick? Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Probieren wir es einmal. – Also, eine Frage von Gerhard Schick. (Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das Probieren bezieht sich auf die Frage und nicht auf die Antwort!) – Ja, klar. Danke. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich glaube, ich bin in der Lage, eine Frage zu stellen. – Es ist von Ihnen und von Kollegen Hauer dargelegt worden, dass das von Anfang an als betrügerisch, also als kriminell, zu bewerten gewesen ist. Vielleicht ist die Frage, die ich dazu stellen möchte, aus Ihrer Sicht schon zu beantworten; aus meiner Sicht ist das noch offen. Wenn klar war, dass es kriminell ist, warum hat dann die Finanzaufsichtsbehörde zehn Jahre lang zugelassen, dass Banken in Deutschland in einem Milliardenumfang kriminelle Geschäfte machen, ohne einzuschreiten? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN) Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Ich bin mir gar nicht sicher, ob der BaFin das von Anfang an klar war. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Frage!) Die Frage ist, ob man von Anfang an merken konnte, was da eigentlich passiert; denn die Gesetzeslage war klar, und auch die Erstattung war zunächst ganz klar. Dann gab es eine zweite Erstattung. Die war zwar kriminell, aber sie ist nicht aufgefallen, weil in diesem System die beiden Stellen, von denen ich sprach, auseinanderfielen und auf diese Weise nicht festgestellt werden konnte, was passiert. Ich glaube, dass die BaFin oder andere Aufsichtsbehörden, die sich darum vielleicht kümmern konnten, zunächst gar nicht gemerkt haben, was passiert. Daraus, dass jemand etwas übersehen hat, kann man sicherlich einen Vorwurf ableiten. Deshalb finde ich es gut, dass wir nach einer geraumen Zeit gesetzgeberisch aktiv wurden, wie gesagt, nicht vollständig und nicht umfänglich, weil nur die Inlandsfälle geregelt wurden. Daran erkennt man, dass ganz viele Leute – übrigens auch Sie und ich – gar nicht gemerkt haben, was da tatsächlich passiert. Deshalb ist uns wichtig, sich nicht nur um die Vergangenheit zu kümmern, sondern auch um die Zukunft. Denn wir wissen auch in dieser Sekunde nicht, was geschieht und ob nicht vielleicht kriminelle Dinge passieren. Es ist also wichtig, sich darum zu kümmern. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass ein Parlament keine Vollzugsverwaltung ist. Insofern sind wir auf Hinweise angewiesen. Denen sollte man nachgehen. Ich glaube, ein Versäumnis ist gewesen, dass man bestimmten Hinweisen nicht schnell genug nachgegangen ist. Darum müssen wir uns auch im Untersuchungsausschuss darum kümmern. Was ich gerne vermeiden würde, ist, dass wir uns jetzt vornehmlich und ausschließlich um die Exekutive kümmern, aber die Gauner und die Betrüger und die Diebe und die Kriminellen aus dem Blick verlieren. Ich meine, dass wir im Untersuchungsausschuss unseren Blick sehr stark darauf lenken müssen, wer am Markt in welcher Weise agiert, wie er sich verhält, mit welchem Ziel und auf wessen Kosten er dies tut. Auch das wurde schon gesagt: Der Steuerbetrüger betrügt ja nicht irgendwie den abstrakten Staat, sondern er betrügt seinen Nachbarn, der seine Steuern ehrlich bezahlt, und das sind die meisten. Wie wir wissen, fließen die höchsten Steuereinnahmen aus der Einkommen- und Lohnsteuer sowie aus der Mehrwertsteuer. Insofern haben sich Menschen mit relativ gutem Einkommen an jenen bereichert, die ein relativ schlechtes Einkommen haben. Ich glaube, das ist eine Sache, die es sich zu untersuchen lohnt. Wir wissen inzwischen, wie das Problem gelöst wurde, nämlich, was gar nicht einfach ist, durch einen vollständigen Systemwechsel. Wir mussten das alte System verlassen. Ich bin froh, dass das BMF so eine gute Lösung gefunden hat; diese Lösung wurde ja nicht im Parlament entwickelt. Ich glaube, das Finanzministerium hat eine sehr gute Arbeit geleistet. Wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir sagen: Es herrscht auch kein Mangel an Transparenz. Die Fragen der Opposition waren sehr gut. Auch die Linken haben Fragen in dieser Richtung gestellt. Ich glaube, es gab sogar eine Kleine Anfrage, die sehr ausführlich beantwortet worden ist. Außerdem gibt es eine öffentliche Kontrolle, wofür wir ebenfalls sehr dankbar sind. Klaus Ott, Journalist bei der Süddeutschen Zeitung, hat sehr ausführlich recherchiert. Er kam zu dem Ergebnis: Ein Untersuchungsausschuss ist nicht nötig. Er hat alle Akten, die ihm wichtig waren, einsehen können. Es war ihm möglich, sehr weitgehend zu recherchieren. Er war mit hinreichenden Erkenntnissen ausgestattet, um den Gesamtvorgang zu beurteilen. In diesem Fall war der Journalismus wieder ein gutes Stück voraus. Deshalb meinte er, ein Untersuchungsausschuss sei überflüssig. Aber wenn wir denken, es wäre eine gute Sache, sich das Ganze noch einmal anzuschauen, dann sollten wir das machen. Außerdem ermitteln die Staatsanwaltschaften. Was uns damals gestört hatte, war die Idee, einen Sonderermittler einzusetzen; denn der Sonderermittler ist kein Instrument des Parlaments, sondern ein Instrument der Regierung. Wir haben gemeint: Wenn sich jemand darum kümmern sollte, dann wir. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum habt ihr dann keinen Untersuchungsausschuss eingesetzt?) – Ich hatte angeregt, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wo ist der Antrag?) Aber die einfache Begründung dagegen war, dass seinerzeit Prozesse liefen, die wir abwarten sollten, auch um mehr über die Geschäfte zu lernen. Das ist ja relativ einfach, weil es um Betrug und nicht um falsche Gesetzgebung geht. Insofern ist die Interpretation der Gesetzgebung hinsichtlich der betrügerischen Absichten eigentlich eindeutig abgegrenzt. Dass das Gebaren rechtswidrig ist, ist völlig klar. Es ist gut, dass wir jetzt einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Allerdings steht in der Antragsbegründung ein Wort, das mich ein bisschen irritiert hat; dort ist nämlich von einem „Ermittlungsbeauftragten“ die Rede. Meine Sorge ist, dass wir in dem Untersuchungsausschuss sehr viel beauftragen und sehr wenig selber tun. Mein Anspruch an den Untersuchungsausschuss ist aber, dass wir selbst Aktenstudium betreiben, um eigenständig urteilsfähig zu werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dass wir dabei neben der Exekutive die Betrüger nicht vergessen, ist sicherlich eine wichtige Aufgabe des Parlaments. Gelingt uns das, haben wir eine Gesamtschau dessen, was auf dem Markt passiert ist; dann kommen wir sicher zu guten Ergebnissen, verbunden mit der Hoffnung, dass wir daraus auch gesetzgeberische Konsequenzen für die Zukunft ableiten können. Schönen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Das Wort hat der Kollege Philipp Graf Lerchenfeld für die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU) Philipp Graf Lerchenfeld (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es freut mich, dass wir heute bei diesem Antrag der Opposition feststellen können, dass die Opposition tatsächlich lernfähig ist. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Was man von euch nicht sagen kann!) Sie hat von Januar bis September immer gefordert, einen Sonderermittler einzusetzen, während wir Ihnen vernünftigerweise vorgegeben haben, einen Untersuchungsausschuss einzufordern. (Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie es dann nicht beantragt? – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätten Sie es doch beantragt! Sie hätten doch nicht auf uns warten müssen! Sie hätten das Quorum schon erreicht!) Jetzt fordern Sie ihn ein, und damit ist eigentlich endlich etwas erfüllt worden, das wir schon lange gefordert haben. Vielen herzlichen Dank, dass Sie so klug sind, unseren Rat anzunehmen. Ich hoffe, dass das ein gutes Beispiel für die Zukunft ist und dass Sie häufiger das tun, was wir Ihnen raten. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie nennen sich doch Regierung! Dann müssen Sie nachlegen!) Der Auftrag an den Untersuchungsausschuss ist mit einem sehr umfangreichen Fragenkatalog versehen. Es wird sicherlich nicht einfach sein, alle diese Fragen zu beantworten. Sie sind teilweise sehr allgemein gefasst und teilweise sehr detailliert. Aber letztendlich wird der ganze komplexe Sachverhalt, der von dem Kollegen schon beschrieben wurde, nicht vollumfänglich erfasst. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass diese Fälle komplexen Steuerbetrugs derzeit noch aufgeklärt werden, dass noch nicht alle Fakten vorliegen, dass verschleiert wurde und noch nicht alles vollständig klar ist. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat jetzt Herr Binding aber anders gesagt!) Kürzlich akzeptierte die HVB eine Geldbuße von fast 10 Millionen Euro, da sie in den Jahren 2005 bis 2008 entsprechende Geschäfte über ihre britische Tochter abgewickelt hat. Die Strafe für die Bank war deswegen so gering, weil sie selber tatkräftig an der Aufklärung mitgearbeitet hat. Denn sonst wären diese komplizierten Sachverhalte nicht aufzuklären gewesen. Die Gesamtkosten einschließlich der Steuernachzahlung für die Bank beliefen sich angabegemäß auf insgesamt circa 250 Millionen Euro. Die Aufklärung ist immer noch im Gange. Zahlreiche Steuerfahnder und Staatsanwälte ermitteln weiterhin und erhoffen sich, dass allein durch das Beispiel der HVB vielleicht auch andere Banken sich jetzt dazu durchringen, endlich den Sachverhalt aufzudecken, damit das gesamte Ausmaß des Betrugs deutlich wird. Das Beispiel der HVB zeigt aber auch, wie unglaublich kompliziert dieser Sachverhalt ist. Es wird schwierig und langwierig sein, eine vollständige Aufklärung zu erreichen. Die ersten Hinweise auf diese Betrügereien kamen vom Bankenverband bereits im Jahr 2002. Allerdings waren sie nicht so konkret, dass sie zu entsprechenden Prüfungen geführt haben. Vor allem hatte man nicht die heutigen Erkenntnisse. Die Modelle waren außerdem mit größtmöglicher Verschleierung konstruiert. Damit ist eine Entdeckung sehr, sehr schwierig geworden. Ich bin sehr gespannt, ob es uns jetzt gelingen wird, in dem Untersuchungsausschuss Klarheit in die Sache zu bringen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, interessant finde ich Ihre Frage 3 im Antrag zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses. Sie fragen danach, „welche Stellen und welche Personen auf der staatlichen Seite nicht rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, um Cum-Ex-Geschäfte zu unterbinden, und damit für den entstandenen Schaden einerseits formal und andererseits tatsächlich mitverantwortlich sind“. Nun frage ich mich – und ich bin schon sehr gespannt darauf –, ob Sie dann im Ausschuss den früheren Bundeskanzler Schröder und den früheren Bundesfinanzminister Eichel als Zeugen benennen wollen. Denn letztendlich geht das Ganze auf das Gesetz zur Unternehmensteuerreform von 1999 zurück, das unter diesen Herren geschaffen wurde. Dadurch wurde die Lücke für Cum-Ex-Geschäfte erst geöffnet. Oder werden Sie, wie vorhin der Kollege Hauer ganz richtig gefragt hat, Frau Christine Scheel als ehemalige Vorsitzende des Finanzausschusses im Untersuchungsausschuss befragen? Sie war von 1998 bis 2005 Vorsitzende des Finanzausschusses und hätte als solche auch reagieren können. Sie können nicht das Ganze uns in die Schuhe schieben; ein bisschen davon müssen Sie auch in Ihren eigenen Schuhen suchen. Der Fragenkatalog beinhaltet auch Fragen zur Reduzierung des gesamten entstandenen Schadens, zu Vorkehrungen zur Vermeidung ähnlicher Gestaltungen und dazu, ob Defizite in der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet des Vollzugs der Steuergesetze durch eine Gesetzesänderung oder sogar durch eine Änderung des Grundgesetzes behoben werden müssen. Das sind sehr umfangreiche Fragenkomplexe, die viel Fachkenntnis und Expertenwissen erforderlich machen. Ich bin gespannt, welche Antworten wir letztlich erhalten werden und ob und vor allem auch wann wir angesichts dieser komplexen Fragen mit einem befriedigenden Ergebnis des Untersuchungsausschusses rechnen können. Wir werden im Untersuchungsausschuss konstruktiv mitarbeiten, (Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird ja immer besser!) und ich freue mich schon auf diese Arbeit. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD) Vizepräsidentin Petra Pau: Der Kollege Dr. Jens Zimmermann hat für die SPD-Fraktion das Wort. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Jens Zimmermann (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben im Finanzausschuss schon die eine oder andere Debatte über dieses Thema geführt. An dieser Stelle hat gerade mein Kollege Lothar Binding immer wieder darauf hingewiesen, dass ein Untersuchungsausschuss eigentlich das geeignete Instrument zur Aufklärung dieses Themas ist. Deswegen finde ich es auch nur folgerichtig, dass Sie Ihr Anliegen mit diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses jetzt ins Parlament bringen. Wir – das kann ich für die SPD-Fraktion sagen – werden die Arbeit unterstützen; denn auch wir haben natürlich ein Erkenntnisinteresse. Man sollte aber nicht verkennen: Wenn man mit das schärfste Schwert zieht, das wir als Parlament haben – ein Untersuchungsausschuss –, dann ist das auch mit einer gewissen Verantwortung verbunden. Damit gehe ich auf die Begründung zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses ein. Da fällt ganz oft das Wort „Sonderermittler“. Es ist vollkommen richtig – darauf wurde schon hingewiesen –: Im PUAG ist dieses Instrument rechtlich geregelt. Deswegen ist es vollkommen legitim, dass ein Untersuchungsausschuss am Ende sich auch dessen bedient. Aber Sie sollten nicht glauben – das will ich für unsere Fraktion schon an dieser Stelle klarmachen –, dass es so geht: Wir als Parlament setzen jetzt einen Untersuchungsausschuss ein, dieser Untersuchungsausschuss beauftragt dann jemanden, der die ganze Arbeit macht, (Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Das machen wir nicht!) und die Parlamentarier treffen sich dann zwei- oder dreimal, um die Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen. Ich verbringe seit einem Jahr jeden Donnerstag einer Sitzungswoche zwölf Stunden im NSA-Untersuchungsausschuss – auch mit Ihren Kollegen, mit Herrn Ströbele und Herrn von Notz. Das ist Arbeit. Das macht viel Arbeit. Nur dann, wenn wir als Parlamentarier diesen Untersuchungsausschuss am Ende auch mit Leben füllen, verdient er wirklich die Einsetzung. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie unbesorgt! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie werden noch Ihre Freude an uns haben!) Wir als SPD-Fraktion werden sehr genau darauf achten und sehr darauf drängen, dass Sie dieser Arbeit im Untersuchungsausschuss nachkommen. (Beifall des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]) Einfach einen Sonderermittler einsetzen, und das war es – das wird es mit uns nicht geben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Lassen Sie mich, wenn ich beim Entwurf des Einsetzungsbeschlusses bin, noch auf einen Punkt eingehen, den ich doch sehr bemerkenswert finde. Unter Nummer 5 zielen Sie auf die öffentlich-rechtlichen Banken ab. Das finde ich vollkommen in Ordnung; denn wir haben in der Bankenkrise gesehen, dass dort in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden und nicht alles so gelaufen ist, wie wir uns das vorstellen. Aber gerade heute Morgen ist über die Ticker und durch die Medien gegangen: Die HypoVereinsbank hat jetzt eine Strafe gezahlt – genau zum Thema der Cum-Ex-Geschäfte. Ich frage mich: Wollen wir das überhaupt nicht aufklären? Wollen wir uns nicht darüber unterhalten, was mit den privaten Banken ist? Eine Sache bei einem Untersuchungsausschuss ist – das habe ich in dem einen Jahr auch gelernt –, dass man den Einsetzungsbeschluss präzise formuliert. Wenn wir nicht hineinschreiben, dass wir uns zum Beispiel auch um die privaten Banken kümmern wollen, dann wird das am Ende im Untersuchungsausschuss auch nur schwer möglich sein. Das sollten wir dann also noch tun, meine Damen und Herren. (Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Der Untersuchungsauftrag muss präzise sein!) Zum Abschluss. Wir sollten eines nicht vergessen und auch mit einer gewissen Demut an die ganze Sache herangehen. Es ist immer unglaublich leicht, zwölf Jahre später zu fragen: Warum hat man damals nicht? Das ist richtig. Es kann nicht das Interesse des Parlaments sein, zu versuchen, Dinge, die vor vielen Jahren falsch gelaufen sind, irgendwie unter den Teppich zu kehren. Aber ich glaube, wir müssen an dieser Stelle schon auch ein bisschen schauen, wie das Umfeld damals war. Eines haben wir doch in der Zeit seit 2008 gesehen: Wir sind als Gesetzgeber nach der Finanzkrise unglaublich aktiv geworden. Wir haben sehr viele Lücken geschlossen und Probleme gelöst, die zuvor existiert haben. Auch in den Banken hat ein Kulturwandel eingesetzt, der uns aber bei weitem noch nicht weit genug und nicht schnell genug geht. Wir sollten an dieser Stelle nicht vergessen, auch die Rolle der Banken ordentlich unter die Lupe zu nehmen. Denn am Ende des Tages waren all diese Geschäfte vor allem deshalb möglich, weil es willige Helferinnen und Helfer gab, und diese möchte ich auch zur Verantwortung ziehen. Vielen Dank und schönes Wochenende. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/6839 an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 16. Dezember 2015, 13 Uhr, ein. Ich wünsche Ihnen bis dahin alles Gute. Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss: 15.51 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Flisek, Christian SPD 04.12.2015 Grindel, Reinhard CDU/CSU 04.12.2015 Gunkel, Wolfgang SPD 04.12.2015 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 04.12.2015 Jantz, Christina SPD 04.12.2015 Karawanskij, Susanna DIE LINKE 04.12.2015 Kindler, Sven-Christian BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 04.12.2015 Kömpel, Birgit SPD 04.12.2015 Lagosky, Uwe CDU/CSU 04.12.2015 Lamers, Dr. Karl A. CDU/CSU 04.12.2015 Maizière, Dr. Thomas de CDU/CSU 04.12.2015 Mortler, Marlene CDU/CSU 04.12.2015 Nahles, Andrea SPD 04.12.2015 Nouripour, Omid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 04.12.2015 Schnieder, Patrick CDU/CSU 04.12.2015 Spinrath, Norbert SPD 04.12.2015 Steinbach, Erika CDU/CSU 04.12.2015 Uhl, Dr. Hans-Peter CDU/CSU 04.12.2015 Wicklein, Andrea SPD 04.12.2015 Wilms, Dr. Valerie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 04.12.2015 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Michaela Noll und Alexander Radwan (beide CDU/CSU) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Wir haben der Beschlussempfehlung zum Antrag der Bundesregierung „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS“ zugestimmt, da dieser Einsatz ein Zeichen der Solidarität mit Frankreich ist und Frankreich nach den Anschlägen von Paris Deutschland ausdrücklich um Unterstützung im Kampf gegen den IS gebeten hat. Rechtsgrundlage des Einsatzes ist die UN-Resolution 2249, die die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Terrors und Eindämmung des IS in Syrien und Irak aufruft. Zudem ist Deutschland bereits seit September 2014 Teil der internationalen Allianz im Kampf gegen den IS. Die Bundeswehr beteiligt sich bereits seit vergangenem Jahr mit der Ausrüstung und Ausbildung kurdischer Peschmerga in Nordirak. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass der Kampf gegen den IS und den Terror nicht allein militärisch zu gewinnen ist. Eine Einbettung in den politischen Prozess ist unerlässlich. Für den politischen Prozess wurde bereits bei der Wiener Konferenz ein erster wichtiger Grundstein gelegt. Ziel der Verhandlungen ist ein Waffenstillstand, die Bildung einer Übergangsregierung und die Aussöhnung der politischen Gegner. Es ist eine Befriedung der gesamten Region notwendig. Aus unserer Sicht ist es unerlässlich, die muslimischen Länder und die arabischen Länder miteinzubeziehen, dabei ist es bereits gelungen, Iran und Saudi-Arabien an einen Tisch zu bringen. Es ist entscheidend, dass die Nachbarländer Syriens ein ebenso großes Interesse an Frieden haben und gegen den IS kämpfen. Es darf nicht sein, dass sich die Probleme aus Syrien weiter in die Nachbarstaaten verlagern. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Ingrid Arndt-Brauer, Bärbel Bas, Uwe Beckmeier, Willi Brase, Martin Burkert, Petra Crone, Bernhard Daldrup, Elvira Drobinski-Weiß, Siegmund Ehrmann, Elke Ferner, Ulrich Freese, Dagmar Freitag, Martin Gerster, Iris Gleicke, Angelika Glöckner, Ulrike Gottschalck, Gabriele Groneberg, Michael Hartmann, Dirk Heidenblut, Hubertus Heil, Gabriela Heinrich, Markus Held, Gustav Herzog, Thomas Hitschler, Josip Juratovic, Oliver Kaczmarek, Gabriele Katzmarek, Ulrich Kelber, Arno Klare, Lars Klingbeil, Dr. Bärbel Kofler, Dr. Hans-Ulrich Krüger, Gabriele Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Helga Kühn-Mengel, Caren Marks, Katja Mast, Dr. Matthias Miersch, Klaus Mindrup, Susanne Mittag, Michelle Müntefering, Dietmar Nietan, Ulli Nissen, Detlev Pilger, Stefan Rebmann, Dr. Carola Reimann, Petra Rode-Bosse, Bernd Rützel, Annette Sawade, Axel Schäfer, Marianne Schieder, Dr. Dorothee Schlegel, Dagmar Schmidt, Elfi Scho-Antwerpes, Frank Schwabe, Stefan Schwartze, Carsten Träger, Ute Vogt, Bernd Westphal, Brigitte Zypries (alle SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – müssen mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimmen wir dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marco Bülow und Cansel Kiziltepe (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Die Anschläge in Paris waren abscheulich, und unser Mitgefühl und unsere Solidarität gehören den Angehörigen und denen, die diesen Terror erleben mussten. Nichts kann den Terror und die Gewaltakte rechtfertigen, mit denen der sogenannte „Islamische Staat“, Boko Haram und andere extremistische Gruppen in immer mehr Regionen der Welt Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Genau diese Gruppen hätten wir schon längst viel entschlossener als bisher bekämpfen müssen. Auch militärische Mittel dürfen dabei nicht ausgeschlossen werden. Frankreich ist unser wichtigster europäischer Partner. Wir müssen den Franzosen in diesem schweren Augenblick helfen und sie unterstützen. Wir sind aber der Auffassung, dass die Unterstützung mit einem militärischen Kampfeinsatz ein falsches Zeichen der Solidarität ist. Guten Freunden muss man auch sagen können, dass man glaubt, dass ihre Pläne in die falsche Richtung gehen. Seit den Anschlägen in New York 2001 versuchen die USA und ihre Alliierten, den Terror vor allem militärisch zu bekämpfen. Dieser Weg ist gescheitert. Der islamistische Terror ist stärker denn je. Es herrscht zudem eine Doppelmoral, weil gleichzeitig extreme Regime und menschenverachtende Staaten wie Saudi-Arabien unterstützt und weiterhin mit Waffen beliefert werden. Die westliche Welt hat durch ihr Vorgehen zur Destabilisierung und zur Radikalisierung beigetragen. Militärinterventionen haben die Zustände in einigen Regionen verschlimmert und viele Menschen in die Hände der Extremisten getrieben. Deshalb ist eine militärische Antwort auf die Terrorangriffe – vor allem aus der Luft – genau das, was die Terroristen wollen. Wieder wollen wir konzeptlos und übereilt einen Einsatz starten, dessen Ausmaß wir noch gar nicht abschätzen können. Auch gibt es keine Exitstrategie. Wenn man sich dennoch dazu entscheidet, dann sollte man unsere Bevölkerung wenigstens nicht täuschen. Dieser Militäreinsatz ist ein Kriegseinsatz. Ein Einsatz, der wahrscheinlich lange dauert, sehr viel Geld und Ressourcen verschlingen und vor allem viele Opfer fordern wird. Ein Rückzug ist dann kaum mehr verantwortbar. Und zur Wahrheit gehört auch: Er wird die Gefahr von Terroranschlägen hierzulande erhöhen. Verhandeln kann man mit Terroristen nicht, und deshalb gibt es Gründe für den Einsatz, die nicht hauptsächlich mit der Solidarität zu Frankreich zu tun haben und auch offen genannt werden sollten. Für uns überwiegen aber eindeutig die Gegenargumente, die wir hier noch einmal auflisten möchten: Es besteht keine völkerrechtliche Grundlage für diesen Einsatz. Rechtlich gesehen ist ein militärisches Eingreifen, wie in Syrien, ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Eine Legitimation kann nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geben. Wer leichtfertig auf ein UN-Mandat verzichtet, der darf dann zukünftig andere Nationen nicht belehren, sich doch solch ein Mandat einzuholen. Es gibt kein abgestimmtes Konzept, ein Ziel oder eine Strategie. In diesem Krieg führen bereits 14 Staaten Krieg mit unterschiedlichen Zielen. Selbst der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat vor kurzem in einem Interview deutlich gemacht, dass die EU „immer noch keine glaubhafte Syrien-Strategie“ hat. Auch führende Militärs kritisieren die Vorgehensweise und auch die Sprache dieses Einsatzes. Denn diese militärische Aktion ist ein Kriegseinsatz, der nach Expertenmeinungen lange andauern muss, wenn er die Chance haben soll, erfolgreich zu sein. Es wird verschwiegen, dass die Gefahr eines Terroranschlags in Deutschland dadurch steigt. Wir haben keine Lehren aus den vergangenen Terroreinsätzen gezogen. In Afghanistan und im Irak wird zum Beispiel seit vielen Jahren ein sogenannter Krieg gegen den Terror geführt mit dem Effekt, dass die Extremisten stärker sind als je zuvor. Terror kann man nicht genauso bekämpfen wie einen Diktator. Gerade bei Luftangriffen muss man mit vielen zivilen Opfern rechnen. Die Familien und Freunde solcher Opfer treibt man förmlich in die Arme der Terroristen. Eine Spirale der Gewalt hilft selten, zu einer Lösung zu kommen. Eine Abwägung wurde bisher nicht getroffen. Bei solch einer wichtigen Frage, bei der es um Sicherheit, Leben und Tod – auch unserer Soldaten – geht, brauchen wir eine intensive, differenzierte Diskussion. Eine solche Abstimmung im Parforceritt innerhalb von wenigen Tagen im Parlament durchzusetzen, schadet der Demokratie. Es ist nicht vorstellbar, dass irgendein Abgeordneter wirklich in der Lage ist, die Folgen seiner Abstimmung abzusehen. Wenn man wirklich entschlossen handeln will, dann müssten andere mutige Schritte eingeleitet werden, mit denen man dem „IS“ wirklich das Wasser abgraben kann. Dazu gehört es beispielsweise, ihre Finanzquellen auszutrocknen und sie von neuen Waffenlieferungen und dem Nachschub an neuen Kämpfern abzuschneiden. Dafür ist es nötig, besonders die türkische Grenze besser zu kontrollieren und für diesen Nachschub zu schließen. Zudem müssten endlich die Beziehungen zu Saudi-Arabien und anderen diktatorischen islamistischen Staaten überdacht werden. Alle Waffenlieferungen an solche Staaten müssten sofort unterbunden werden. Insgesamt müsste viel mehr Hilfe an die Länder in der Region fließen, die versuchen, ein demokratisches System aufzubauen, und in denen die verschiedenen Religionen noch friedlich zusammenleben – so wie dies beispielsweise in Äthiopien der Fall ist. Auch den Sunniten in der Region, die aufgrund von erfahrener Unterdrückung durch Schiiten und Perspektivlosigkeit den „IS“ teilweise unterstützen, muss eine Perspektive gegeben werden. Syrien braucht eine politische Lösung. Syrien braucht Maßnahmen, welche den Menschen eine lebenswerte Zukunft in Aussicht stellt. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Rita Hagl-Kehl und Hilde Mattheis (beide SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Dieser Einsatz ist Folge der Terroranschläge von Paris am 13. November 2015, zu dem sich der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) bekannte. In Folge ersuchte Frankreich die Unterstützung der Mitgliedstaaten der EU auf Grundlage des Artikels 42 EUV zu einem Militäreinsatz gegen den sogenannten IS in Syrien. Die Bundesregierung begründet die Unterstützung französischer Militäreinsätze mit der Notwendigkeit europäischer Solidarität. Begründet wird der Einsatz damit, dass es sich um eine asymmetrische Bedrohung handele, das heißt nicht Staaten sich kriegerisch bekämpfen, sondern einzelne Kämpfer gezielt versuchen, durch Anschläge in anderen Staaten Terror zu säen. Ich verurteile diesen Terror aufs Schärfste und stehe solidarisch zu den Opfern und deren Angehörigen der Anschläge in Paris, Beirut und anderen Städten. Ich habe entschieden, dem Antrag der Bundesregierung nicht zuzustimmen. Folgende Gründe habe ich für meine Haltung: Es gibt kein robustes Mandat der Vereinten Nationen für einen Kampfeinsatz in Syrien. Es lässt sich im jetzigen Militäreinsatz der französischen Armee kein schlüssiges Gesamtkonzept erkennen. Es ist unklar, welches Ziel am Ende des Einsatzes steht. Es ist ebenfalls unklar, bis wann ein solches Ziel erreicht werden könnte. Somit erscheint der Einsatz übereilt und unüberlegt. Das Fehlen eines schlüssigen Konzeptes ermöglicht einen weiten Spielraum, wie dieser Einsatz sich zukünftig gestaltet: Obwohl die Bundeswehr nun für ein Jahr mandatiert werden soll, spricht die Verteidigungsministerin von der Leyen von einem Einsatz von mindestens zehn Jahren. Gleichzeitig meinen viele Experten, dass ein Krieg gegen den sogenannten IS ohne Bodentruppen nicht zu gewinnen sei. Offen ist also, ob eine Ausweitung des Einsatzes daher bald folgen wird. Diese Fragen bleiben ungeklärt. Die Attentäter von Paris stammten mutmaßlich aus Frankreich, Belgien oder anderen europäischen Staaten. Es wird mit dem Einsatz nicht in den Blick genommen, dass also offensichtlich überwiegend Menschen aus dem eigenen Land diesen Terror verursachen. Eine entscheidende und überzeugende Antwort wäre also eine soziale und bildungsfördernde Initiative für junge Menschen in den jeweiligen Brennpunkten der europäischen Länder. Nur so kann durch Integration verhindert werden, dass sich Menschen Terrororganisationen zuwenden. Ebenso ist bis heute nicht geklärt, ob die Terroranschläge von Paris tatsächlich von Syrien aus geplant und koordiniert wurden. Entsprechende Beweise konnten nicht vorgelegt werden. Das Argument der Verteidigung Frankreichs nach einem Angriff ist nicht haltbar, da es sich beim sogenannten IS auch nicht um einen Staat handelt. Die Kriege in Afghanistan und im Irak, die ebenfalls mit dem Kampf gegen Terror begründet wurden, haben gezeigt, dass es mit einem militärischen Einsatz keine Perspektive für einen geordneten Friedensprozess gibt, sondern die Regionen durch das vorschnelle militärische Eingreifen Gefahr laufen, weiter destabilisiert zu werden. Die bislang praktizierten militärischen Einsätze tragen unserer Auffassung nach nicht zu einer Befriedung bei. In der unübersichtlichen Gemengelage zwischen den USA, Russland, der Türkei, der EU, Saudi-Arabien sowie dem Assad-Regime wird keine klare Strategie sichtbar, wie dem sogenannten IS wirksam begegnet werden kann. Die Konfliktursachen im Nahen Osten werden ebenso wenig bearbeitet wie die Rekrutierungsmöglichkeiten für die menschenverachtende Ideologie, der unter anderem auch der sogenannte IS anhängt, in Europa. Auch hierfür fehlt es an einer schlüssigen Analyse und Strategie. Anlage 6 Erklärung nach § 31 Absatz 2 GO des Abgeordneten Dr. h. c. Gernot Erler (SPD) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) An den heute stattfindenden zwei namentlichen Abstimmungen zum Zusatztagesordnungspunkt 5 – Antrag der Bundesregierung zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte und Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke – kann ich entsprechend § 31 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages leider nicht teilnehmen. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Marieluise Beck (Bremen), Dr. Franziska Brantner und Cem Özdemir (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Erstens. Die Terroranschläge in Paris am 13. November 2015 waren ein Angriff auf unsere freiheitliche Ordnung in Europa. Ziel der Attacke waren unsere europäischen Grundwerte der Demokratie, der Achtung der Menschenwürde, der Wahrung der Menschenrechte und des pluralistischen Zusammenlebens in gegenseitigem Respekt. Die verheerenden Anschläge in Paris galten eben nicht allein Frankreich, sondern richten sich gegen das liberale Europa. Zweitens. Präsident Hollande hat sich mit der Bitte um Beistand bewusst nicht an die NATO gewandt, sondern an die Solidarität der Europäischen Union appelliert. Unsere grünen Freunde in Frankreich haben dem Einsatz in Syrien größtenteils zugestimmt. Wer jetzt Frankreich die erbetene militärische Unterstützung verweigert, läuft Gefahr, die gegenseitige Solidarität – den Kernbestand der europäischen Idee – noch weiter zu unterhöhlen, als es ohnehin schon der Fall ist. Die EU sieht sich momentan Fliehkräften ausgesetzt, welche ein Zusammenrücken wichtiger denn je machen. Dazu zählen das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen und Parteien, die Folgen der Finanzkrise in Griechenland, die Diskussionen um Abspaltungen von der EU, das Wiedererstarken von Nationalismen und das Ringen um gemeinsame Antworten in der Flüchtlingspolitik. Die Solidarität mit Frankreich, unserem engsten Partner in Europa, steht daher für uns außer Frage. Eine deutsche Verweigerung gibt der französischen Rechten außerdem das Argument an die Hand, nicht die ungeliebte EU, sondern das „partnerschaftliche“ Russland stehe der Nation bei. Die Propaganda des Kremls wird daraus einen Vorteil zu ziehen wissen. Der Zusammenhalt innerhalb Europas ist daher der wichtige Grund, warum Paris uns jetzt an seiner Seite braucht. Daher halten wir es grundsätzlich für richtig, dem Gesuch unserer französischen Freunde nachzukommen und sie im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ bzw. Da'isch auch militärisch zu unterstützen. Drittens. Das Argument, man dürfe in Syrien keinen Krieg führen, verstellt den Blick auf eine unbequeme Realität: Der Krieg ist in Syrien seit Jahren blutige Wirklichkeit. Der Krieg in Syrien ist ausgebrochen, weil Assad mit brutaler Gewalt gegen große Teile der Bevölkerung vorging, die sich gegen seine despotische Herrschaft auflehnten. Zehntausende sind verhaftet, verschwunden oder gefoltert worden. Als es für dieses verbrecherische Regime immer enger wurde, kamen der Iran, die Hisbollah und die russische militärische Aufrüstung Assad zu Hilfe. Der IS kämpfte sich in Gebiete vor, die die Freie Syrische Armee erobert hatte. Assads Armee bekämpfte nicht den IS, sondern überzog die eigene Bevölkerung mit chemischen Waffen und Fassbomben. Wir dürfen nicht ausblenden, dass vier Jahre später der brutale Konflikt Assads gegen die eigene Bevölkerung weiter tobt und der völkerrechtswidrige Einsatz von Fassbomben grausame Alltäglichkeit ist. Assad hat den weit überwiegenden Teil der mehr als 220 000 Toten zu verantworten. Er ist auch verantwortlich für den übergroßen Teil der syrischen Flüchtlinge. Viertens. Der Terror, die menschenverachtende Ideologie und die enorme Gewalt, die von Da'isch ausgeht, erfordern zweifelsfrei ein entschiedenes Vorgehen der Staatengemeinschaft. Ohne einen politischen Transformationsprozess in Syrien und einer inklusiven irakischen Regierung wird man Da'isch nicht besiegen können. Wir müssen aber auch bereit sein, uns auch militärischen Mitteln nicht zu verschließen, um durch ein territoriales Zurückdrängen von Da'isch Raum für eine politische Lösung zu schaffen. Allein durch Einschränkung der ausländischen Finanzströme und des Ölhandels mit dem IS lässt sich der Terror nicht austrocknen. Die wichtigste (Finanz-)Ressource des IS ist die unter seiner Kontrolle stehende Bevölkerung und seine Fähigkeit, Tausende Dschihadisten aus aller Welt anzuziehen, zu trainieren und in den Kampf zu schicken. Diese Ressourcen wird man nur einschränken können, wenn man dem IS wieder Territorium abringt. Fünftens. Zugleich wird in Syrien ein Konflikt zwischen benachbarten Mächten ausgetragen. Der Iran will Assad als Verbündeten an der Macht halten. Saudi-Arabien und Katar wollen eine Vormachtstellung des Iran in Syrien verhindern und unterstützen die Rebellen. Sie haben aus demselben Grund aber auch lange den IS gestützt. Die Türkei hat ihrerseits ein zumindest undurchsichtiges Verhältnis zum IS und bekämpft die einzige erfolgreiche Kraft, die vermocht hat, den IS zurückzudrängen – die kurdischen Kämpfer. Sechstens. Das erklärte Ziel Russlands ist es, Assad an der Macht zu halten. Bisher haben die russischen Luftangriffe den Rebellen und kaum dem IS gegolten. Sie waren und sind mit hohen Verlusten in der Zivilbevölkerung verbunden und haben die Flüchtlingskrise verschärft. Die Entscheidung von Präsident Putin, mit der Luftwaffe und Spezialeinheiten am Boden in den Krieg einzugreifen, hat das Assad-Regime aus der Defensive geholt. Gleichzeitig hat die Stationierung hochmoderner russischer Flugabwehrsysteme (S 300 und S 400) das Kräfteverhältnis massiv zugunsten russischer Konditionen verschoben. Siebtens. Daher: Die Ziele der militärischen Allianz gegen ISIS sind widersprüchlich. Die zweifelhafte Rolle Russlands im Syrien-Konflikt verstärkt die Befürchtung, dass der Einsatz der Bundeswehr in Syrien zu einer militärischen Kooperation mit der Armee Assads führen könnte. Weder das Mandat noch die Äußerungen der Bundesregierung legen offen, ob, wie und unter welchen Bedingungen eine militärische Zusammenarbeit mit Russland erfolgen soll. Es ist nicht klar, ob die Türkei und Russland sich mit den westlichen Alliierten darauf verständigt haben, ausschließlich gegen den IS und nicht gegen die Freie Syrische Armee und andere unabhängige Rebellengruppen vorzugehen. Insbesondere schließt das Mandat eine Kooperation mit der Regierung des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad nicht aus. Die widersprüchlichen Aussagen der Bundesregierung dazu im Vorfeld der Abstimmung haben unsere dahingehenden Sorgen noch verstärkt. Sowohl der französische Außenminister als auch die deutsche Verteidigungsministerin sprechen von der Assad-Armee als möglichem Partner im Kampf am Boden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Intervention ein bipolares Machtsystem herbeiführen wird: auf der einen Seite der IS und auf der anderen Seite ein gestärktes Assad-Regime. Die Freie Syrische Armee, so heterogen sie auch ist, droht zerrieben zu werden, wenn sie weiterhin das Ziel der Truppen Assads bleibt. Das wird große Teile der sunnitischen Milizen dem IS in die Arme treiben. Der IS würde damit faktisch gestärkt. Die Kurden drohen, zwischen die Mühlsteine zu geraten. Dabei muss aus unserer Sicht auch klar sein: Eine Kooperation mit Moskau darf nicht auf Kosten der Ukraine geschehen. Achtens. Alle diese offenen Fragen müssten vor einer Einsatzentscheidung geklärt sein. Sonst wird ein Einsatz beschlossen, bei dem die Teilnehmer der Koalition möglicherweise entgegengesetzte Ziele verfolgen und in der Konsequenz den IS nicht zurückdrängen, sondern stärken. Bisher steht bei dieser Entscheidung demgemäß nur die Alternative zwischen schlecht und schlechter zur Wahl. Leider hat die Bundesregierung auf diese gestellten Fragen keine Antwort gegeben, um zu einer sachgerechten Entscheidung kommen zu können. So bleibt nur die Wahl zwischen Enthaltung und Nein. Eine Ablehnung allerdings würde das dringend notwendige unverbrüchliche Bündnis zwischen Frankreich und Deutschland in Frage stellen. Eine Enthaltung – auch wenn sie angesichts des Gewichts der Entscheidung ungewöhnlich sein mag – kann dem politischen Dilemma Ausdruck verleihen: „Ja“, weil der IS auch militärisch bekämpft werden muss und das deutsch-französische Bündnis der elementare Kern der europäischen Union bleiben muss. „Nein“, weil die politischen Rahmenbedingungen dieses Einsatzes in fundamentalen Fragen bisher ungeklärt geblieben sind. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Dieter Janecek und Kerstin Andreae (alle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Seit Jahren tobt der Bürgerkrieg in Syrien. Das Assad-Regime hat mit einer gnadenlosen Kriegsführung gegen das eigene Volk Syrien ins Chaos gestürzt. Es hat damit den Boden bereitet für das Ausbreiten des Terrornetzwerkes des sogenannten „Islamischen Staates“ IS. Das Assad-Regime und der IS haben mit unvorstellbarer Brutalität die eigene Bevölkerung zur massenhaften Flucht aus Syrien getrieben. Die Völkergemeinschaft hat dieser Entwicklung lange tatenlos zugesehen, einzelne Staaten haben aus sehr nationalen Gründen den Konflikt weiter angeheizt, zum Beispiel mit Geldzuwendungen, Ankauf von Öl aus erbeuteten Ölquellen bis hin zur kriegerischen Unterstützung einzelner Akteure. Die westliche Staatengemeinschaft hat erst mit dem Fall von Kobane ein Bewusstsein entwickelt, in dem Konflikt selbst Partei zu ergreifen. So hat der Deutsche Bundestag entschieden, Waffen an die Kurden zu liefern um damit den drohenden Genozid der Jesiden durch den IS abzuwenden. Nur zögerlich wurden in diesem Zusammenhang auch diplomatische Bemühungen in Gang gesetzt mit dem Ziel, eine Befriedung der Region zu erreichen. Klar wurde schon bei dieser Entscheidung zur Verhinderung weiterer Gräueltaten, dass unbedingt ein umfassenderes Konzept entwickelt werden muss, um ein Ausbreiten des Konfliktes zu verhindern. Nachdem auf UN-Ebene eine gemeinsame Haltung zumindest nicht kurzfristig erreichbar ist – obwohl die Maßgabe „responsibility to protect“ das eigentlich erfordert – muss vor allem auf europäischer Ebene ein strategisches Konzept entwickelt werden. In dieser Situation haben die Anschläge von Paris in schrecklicher Weise aufgezeigt, dass die Sicherheit selbst in Europa gefährdet ist. Aber vor dem Hintergrund Tausender Toter in Syrien und von Millionen Flüchtlingen hat sich die Situation nicht grundlegend verändert. Vielmehr ist mehr als deutlich geworden, dass nur ein auf langfristige Veränderung ausgelegtes Konzept die Hoffnung auf eine Befriedung erlaubt. Kurzfristiges militärisches Eingreifen – in Afghanistan, im Irak, in Tunesien – haben uns in jüngster Vergangenheit vor Augen geführt, dass Militärschläge ohne eine Struktur im jeweiligen Land die Länder bzw. Regionen destabilisieren und das Gegenteil ihres Zieles bewirken. Ein Gegenbeispiel ist die Situation in Mali. Vor dem Hintergrund vorhandener staatlicher Strukturen scheint es dort zu gelingen, mithilfe des französischen militärischen Einsatzes eine Befriedung zu erreichen. So ist es unabdingbar, zumindest eine Idee über die Strukturen in der Region zu haben, in der eine Befriedung und Stabilisierung erreicht werden soll. – Und Maßnahmen, diese Ideen auch umzusetzen. So sehr nach den menschenverachtenden Anschlägen von Paris auch die Reaktion und Bitte der französischen Regierung verständlich ist, die Aufnahme eines Luftkrieges zu unterstützen, umso mehr muss Deutschland die – sehr beschränkten – Möglichkeiten militärischer Aktionen abwägen. Dabei sind Ziele, Zeitraum und Verantwortung des heute vorgelegten Mandates nicht klar beschrieben und sind damit keine Option, die einen auch nur kleinen Schritt in Richtung einer Lösung des Konfliktes erkennen lassen. Der Einsatz deutscher Truppen – und da spielt es keine Rolle, welche Aufgabe diese haben – kann keinesfalls allein mit einem Freundschaftsdienst für die befreundete französische Nation begründet werden. Solidarität zeigt sich nicht darin, eine falsche Strategie zu unterstützen. Deshalb kann ich dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Mandat zur Unterstützung des französischen Einsatzes in Syrien nicht zustimmen. Anlage 9 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Sylivia Kotting-Uhl, Monika Lazar, Peter Meiwald, Beate Müller-Gemmeke, Tabea Rößner und Corinna Rüffer (alle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Terror und Terroristen können mit Militäreinsätzen nicht besiegt werden. Das ist noch nie gelungen. Seit mehr als einem Jahr werden Luftangriffe gegen den IS geflogen, und er konnte dadurch nicht einmal ansatzweise gestoppt werden. Diese Bomben-Strategie weiterzuverfolgen und sogar noch zu verstärken, ist nicht nur sinnlos, sondern auch höchst verantwortungslos. Denn sie birgt das unkalkulierbare Risiko, dass sich das Virus der Terrormiliz weiter verbreitet. Wer auf immer mehr Bomben gegen ISIS setzt, aber die brutale Gewalt des Assad-Regimes gegen die Zivilbevölkerung nicht unterbindet, treibt dem ISIS immer neue Dschihadisten in die Arme. Deshalb wäre es nötig, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, die Luftangriffe sowie die Fassbombenangriffe des Assad-Regimes auf die Zivilbevölkerung zu stoppen und alle Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Ziel muss es sein, dass die Menschen in Syrien wieder Hoffnung auf eine friedliche Zukunft haben können. Eines ist dabei klar: Mit Assad wird es genauso wenig Frieden geben wie mit ISIS. An einer friedlichen Lösung, die das Sterben beendet und es den Menschen wieder ermöglicht, in ihre Heimat zurückzukehren, arbeitet die Bundesregierung nicht ernsthaft. Diplomatische Mittel bleiben ungenutzt, und stattdessen werden Soldaten in einen Krieg mit unvorhersehbaren Folgen geschickt. Die Luftangriffe des Westens werden auch dazu beitragen, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren. Es werden noch mehr Menschen zur Flucht gezwungen, die Region weiter destabilisiert und eine Friedenslösung in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich. Deshalb lehne ich das Bundeswehrmandat für Syrien ab und stimme mit „Nein“. Anlage 10 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Katja Keul, Maria Klein-Schmeink und Irene Mihalic (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Warum wir den bewaffneten Einsatz in Syrien ablehnen müssen: Nachdem bereits beim Einsatz im Nordirak die vom Grundgesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für einen Bundeswehreinsatz ignoriert worden sind, wird mit dem Einsatz in Syrien auch die weitere Hürde des Völkerrechts abgeräumt. Bislang hat sich die Bundesregierung immer von der amerikanischen Sichtweise eines „war on terror“, der zu einem weltweiten beliebigen Einsatz militärischer Mittel, also zum unbegrenzten Krieg, berechtige, distanziert. Indem aber jetzt Artikel 51 der UN-Charta (Selbstverteidigung) herangezogen wird, um auf einen Terrorakt innerhalb Europas mit militärischen Mitteln zu reagieren, gibt die Bundesregierung diese Haltung auf und schwenkt auf einen Kurs ein, der nicht mehr als Auslegung, sondern nur noch als Bruch von Völkerrecht bezeichnet werden kann. In der Konsequenz würde jeder Staat künftig selbst entscheiden, wo und wann er einen kriminellen Akt für schlimm genug hält, um darauf mit kriegerischen Mitteln zu reagieren und das Gewaltmonopol der UNO außer Kraft zu setzen. Der Mainstream lautet nun: Eine Rechtsgrundlage wäre ganz schön, aber wenn es ernst wird, kann man sich nicht durch rechtliche Argumente hindern lassen. Das ist der Abschied vom Konsens der Völkergemeinschaft nach 1945, wonach Krieg nur durch die Verrechtlichung der internationalen Beziehungen vermieden werden kann und muss. Manche glauben auch, auf eine Rechtsgrundlage könne es nicht ankommen, wenn es wenigstens eine gemeinsame Strategie gäbe. Sie verkennen, dass die fehlende Rechtsgrundlage nichts weiter ist als das dokumentierte Fehlen einer gemeinsamen Strategie. Gäbe es eine gemeinsame Strategie, wäre sie im Sicherheitsrat beschlossen worden. Die Mütter und Väter der UN-Charta haben sich die Normen nicht einfach so ausgedacht, sondern aus der Erfahrung verheerender Vernichtung heraus formuliert. Gesichtswahrung und missverstandene Solidarität standen schon zu oft am Beginn verheerender Kriege. Statt dieser Logik zu widerstehen und die UN-Charta zu verteidigen, gibt nun auch die Bundesregierung ihren Widerstand dagegen auf. Wer aber die Verfassung und das Völkerrecht im Angesicht großer Betroffenheit wie eine lästige juristische Formalie betrachtet, gibt der Spirale aus Gewalt und Gegengewalt einen Freiraum, den er selbst nicht mehr begrenzen kann. Zu den Rechtsgrundlagen im Einzelnen: UN-Charta: Die UN-Resolution 2249 vom 20. November 2015 fordert alle Staaten auf, im Rahmen des Völkerrechts alle notwendigen Mittel zu ergreifen, um terroristische Handlungen zu verhüten und den sicheren Zufluchtsort zu beseitigen, den der IS in erheblichen Teilen Iraks und Syriens geschaffen habe. Dennoch fehlt die ausdrückliche Autorisierung von Gewaltanwendung und der dafür unverzichtbare Bezug auf Kapitel VII der UN-Charta. Der Verweis auf das Völkerrecht durch das Gremium, das im Rahmen seiner Zuständigkeit selber Völkerrecht setzen kann, macht zusätzlich deutlich: Der Sicherheitsrat hätte die Möglichkeit gehabt, Gewaltanwendung zu autorisieren, und hat es dennoch nicht getan. Russland hatte einen eigenen Vorschlag vorgelegt, wonach die Lufteinsätze mit Einverständnis der syrischen Regierung hätten erfolgen können. Auf dieser Grundlage agiert die russische Luftwaffe seit Ende September. Als man sich darauf nicht einigen konnte, hat die russische Seite ihren Entwurf zugunsten der französischen Vorlage zurückgezogen. Diese Kooperation macht deutlich, dass der Sicherheitsrat keinesfalls blockiert wäre, wie manche behaupten, sondern durchaus handlungsfähig ist. Die amerikanischen Lufteinsätze wurden seinerzeit von der syrischen Regierung ebenfalls begrüßt mit der Bedingung, dass diese mit ihr koordiniert würden. Diese Bedingung haben die Amerikaner zwar brüsk zurück gewiesen. Dennoch ist davon auszugehen, dass eine solche Koordinierung tatsächlich stattgefunden hat, da anderenfalls das Agieren im syrischen Luftraum schlicht nicht möglich gewesen wäre. Untragbar ist die Berufung auf Artikel 51 UN-Charta. Die Selbstverteidigung kann nur gegen den Angreifer gerichtet sein und einen gegenwärtigen Angriff abwehren. Wer die Angreifer von Paris gesteuert hat, ist im Einzelnen noch zu ermitteln. Sicherlich war es nicht der syrische Staat. Anders als nach 9/11 gibt es auch in der jetzigen Resolution 2249 keinerlei Bezug auf Artikel 51 – so auch Professor Reinhard Merkel in der FAZ vom 19. November. Nichts ist gefährlicher für das System der kollektiven Sicherheit nach der UN-Charta und damit für den Weltfrieden als eine staatliche Befugnis zur militärischen Gewalt, die sich nicht mehr als Selbstverteidigung gegen akute Angriffe, sondern darüber hinaus als Gefahrenvorsorge für die Zukunft versteht. Grundgesetz: Verstößt ein Militäreinsatz gegen das Völkerrecht, ist er automatisch immer auch verfassungswidrig, weil das Grundgesetz eine strikte Bindung an das Völkerrecht vorsieht. Darüber hinaus schreibt Artikel 24 GG fest, dass die Bundeswehr im Ausland jenseits der Selbstverteidigung nur im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit tätig werden darf. Ohne UN-Mandat ist dies nicht der Fall und der Militäreinsatz ist daher ebenso verfassungswidrig wie der Einsatz im Nordirak. Artikel 42 Lissabon-Vertrag: Die EU ist weder ein Militärbündnis, noch ein System kollektiver Sicherheit – so auch Röttgen in der FAZ vom 28. November. Nach Artikel 42 Absatz 7 Lissabon-Vertrag sind die Mitglieder verpflichtet, sich im Fall eines bewaffneten Angriffs gegenseitig alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung zu leisten. Zunächst einmal sind die Attentate von Paris als verbrecherische Akte krimineller Akteure einzuordnen und kein bewaffneter Angriff mit militärischen Mitteln, sodass schon aus diesem Grund keine militärischen Maßnahmen geschuldet sind. Darüber hinaus wären diese Angriffe nicht mehr gegenwärtig. Das allerdings wäre weitere Voraussetzung, um das Selbstverteidigungsrecht angegriffener Staaten auszulösen. Das Selbstverteidigungsrecht zum Krieg außerhalb der Kontrolle und ohne Autorisierung durch den Sicherheitsrat wird nur im engen Rahmen eines akut gegenwärtigen oder unmittelbar bevorstehenden Angriffs gewährt. Darüber besteht im Völkerrecht Einigkeit. Die Beistandspflicht des Artikel 42 Absatz 7 wird aber ausdrücklich „im Einklang mit Artikel 51 der UN-Charta“ gewährleistet. Die EU ist außerdem kein Militärbündnis, da sonst die neutralen Staaten wie beispielsweise Österreich gar nicht hätten Mitglied werden dürfen. Das war auch Konsens unter den Vertragschließenden. Es ist besonders verheerend, wenn ausgerechnet jetzt in Krisenzeiten den bislang unberechtigten Unterstellungen linker Gegner des Lissabon-Vertrages im Hinblick auf eine Militarisierung der EU Vorschub geleistet wird. Immerhin macht sich der Außenminister diese Auslegung auch nicht zu eigen. Nach seiner Aussage in der Sonderfraktionssitzung der grünen Bundestagsfraktion soll der Lissabon-Vertrag hier nicht als Grundlage für militärische Interventionen herangezogen werden. Sicherheitspolitische Argumente: Am Ende sind alle militärischen Einsätze, die jenseits einer abgestimmten Strategie der internationalen Gemeinschaft erfolgen, kontraproduktiv, weil sie sinnloser Gewalt weitere sinnlose Gewalt entgegensetzen, um die eigene Hilflosigkeit zu kaschieren. Jeder scheinbare Erfolg gegen den IS in Syrien führt nur zu einem Ausweichen in den libyschen Rückzugsraum. Wer mit tunesischen Sicherheitspolitikern spricht, weiß, was das für deren Land bedeutet. Einem Angriff des IS aus Libyen könnte die tunesische Armee schlicht nicht standhalten. Libysche Beobachter berichten, dass der IS aus der Luft mit Waffen versorgt wird, und zwar mit modernstem amerikanischen Material, von dem die tunesischen Streitkräfte nur träumen können. Unkoordinierte Bombardierungen sind keine Strategie gegen den IS. Im Gegenteil: Bislang hat der IS jede Bombardierung zum Anlass genommen, beim jeweiligen Akteur Anschläge zu begehen. Seit Ende September fliegt Russland Luftangriffe und Ende Oktober erfolgte der Anschlag auf das russische Passagierflugzeug über dem Sinai. Die Franzosen bombardieren ebenfalls seit September 2015. Es wäre naiv zu glauben, dass sich die Anschlagsgefahr in Deutschland durch ein militärisches Eingreifen nicht substanziell erhöhen würde. Hinzunehmen wäre dieses Risiko aber allenfalls dann, wenn es der Preis für irgendeine Aussicht auf Erfolg wäre. Nach der jetzigen Lage wäre der Preis schlicht umsonst gezahlt. Es führt kein Lösungsweg an einer Einigung im Sicherheitsrat vorbei. Die deutsche Bundesregierung muss deutlich machen, dass sie dann und nur dann zu einer militärischen Unterstützung bereit ist. Hier muss sie jetzt ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen. Wenn sie jetzt dem Druck für einen Kriegseinsatz nachgibt, gibt es niemanden mehr, der glaubwürdig Druck für eine Einigung im Sicherheitsrat aufbauen kann. Die Verhandlungen über die Resolution 2249 haben gezeigt, dass die Akteure durchaus kooperationsfähig sind. Jetzt gäbe es eine große Chance, den Sicherheitsrat als Inhaber des globalen Gewaltmonopols zu stärken, anstatt über die illegitime Ausdehnung des Artikel 51 UN-Charta die Grundlagen des Völkerrechts insgesamt zu unterminieren. Die Bundesregierung muss darauf bestehen, dass eine Koordinierung der militärischen Aktionen, mithin eine gemeinsame Strategie der internationalen Gemeinschaft gefunden und im Sicherheitsrat beschlossen wird, bevor sie sich an militärischer Gewalt beteiligt. Welche gravierenden Folgen ein unabgestimmtes Agieren verschiedener Akteure im syrischen Luftraum haben kann, haben wir gerade erst beim Abschuss des russischen Flugzeuges durch die Türkei erlebt. Was den IS hingegen wirklich getroffen und verunsichert hat, ist die Willkommenskultur gegenüber den muslimischen Flüchtlingen. Diese Verhaltensweise des verteufelten Westens stellt die eigene Existenzberechtigung des „Islamischen Staates“ in Frage und wirkt bedrohlicher als jede Bombe. Eine gemeinsame Strategie sollte daher auch diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren. Anlage 11 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Tom Koenigs, Manuel Sarrazin, Kordula Schulz-Asche (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Nein, es ist keine einfache Entscheidung, dem Antrag der Bundesregierung zum Einsatz der Bundeswehr gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ zuzustimmen. Viele Menschen in Deutschland haben Zweifel an der Beteiligung ihres Landes, und sie haben gute Gründe. Die Schnelligkeit, mit der der Bundestag jetzt entscheiden soll, ist nicht nachvollziehbar. Denn der nun unzureichende politische Diskurs ist diesem wichtigen Mandat nicht angemessen. Gleichzeitig halten wir das Mandat für völkerrechtlich ausreichend legitimiert. Der VN-Sicherheitsrat hat mit seiner Resolution am 20. November dafür die Basis geschaffen. Einer der Gründe für das Versagen der Staatengemeinschaft im Syrien-Konflikt war die Blockade des Sicherheitsrates durch Russland und China. Diese Blockade ist nun beendet; wir können und müssen in Syrien handeln. Deutschland sollte daran mitwirken, dass jetzt entschieden und planvoll gehandelt wird. Solche verheerenden Terroranschläge wie in Paris gelten nicht allein einem Land, sondern richten sich gegen das liberale Europa und eine pluralistische Lebensweise. Präsident Hollande hat sich mit der Bitte um Beistand bewusst nicht an die NATO gewandt, sondern an die Solidarität der Europäischen Union appelliert. Frankreich vertritt in einer Koalition gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ dadurch nicht mehr nur französische Interessen, wenn es um eine politische Lösung des Konflikts in Syrien geht, sondern versucht, gestärkt durch eine gemeinsame europäische Position, eine internationale Lösung für den Konflikt zu schmieden. Dabei ist das Vorgehen Frankreichs noch nicht so, wie wir uns eine europäische Lösung vorstellen. Es ist noch stark bilateral geprägt und nutzt nicht alle Möglichkeiten der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Dennoch ist es ein erster bemerkenswerter Schritt dahin, die eigene nationale Verteidigung künftig nicht mehr national, sondern europäisch zu verstehen und zu organisieren. Frankreich hat Deutschland, seinen engsten Partner in Europa und der Welt, um Unterstützung gebeten. Wir dürfen jetzt Frankreich die erbetene militärische Unterstützung nicht verweigern, da wir sonst Gefahr laufen, die gegenseitige Solidarität – den Kernbestand der europäischen Idee – noch weiter zu unterhöhlen, als es ohnehin schon der Fall ist. Unsere grünen Freunde in Frankreich haben dem Einsatz in Syrien zugestimmt. Viele Länder – auch Frankreich – engagieren sich bereits jetzt im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ – mit unterschiedlichen Motivationen und Strategien. Das Argument, man dürfe in Syrien keinen Krieg führen, verstellt den Blick auf eine unbequeme Realität: Der Krieg ist in Syrien seit Jahren blutige Wirklichkeit. Zudem geschehen in den Gebieten, die der sogenannte „Islamische Staat“ erobert, die schrecklichsten Gräueltaten. Tausende Menschen werden grausam ermordet, misshandelt und versklavt. Es geht also um die Frage, wie ein Krieg und das Schreckensregime des sogenannten „Islamischen Staates“ beendet werden können, damit Raum für eine politische Lösung geschaffen wird. Denn dass man diesen Konflikt nicht militärisch gewinnen kann, weiß auch die Bundesregierung. Deshalb muss Deutschlands militärisches Engagement nun umso größeres Engagement auf der zivilen Seite zur Folge haben. Der Frieden muss jetzt vorbereitet werden. Dazu gehört die Stabilisierung des Iraks, die Reform des irakischen Sicherheitssektors, die Verhandlungen zu Syrien in Wien, ein Waffenstillstand in Syrien. Mit diesem Mandat wird Deutschland Teil einer heterogenen Koalition von Akteuren, die zum Teil unterschiedliche Ziele verfolgen. Es ist bisher nicht geklärt, ob es eine Einigung auf ein gemeinsames Vorgehen gegeben hat. Es ist nicht klar, ob die Türkei und Russland sich mit den westlichen Alliierten darauf verständigt haben, ausschließlich gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ und nicht gegen die Freie Syrische Armee und andere unabhängige Rebellengruppen vorzugehen. Auch die Frage nach einem gemeinsamen Militärkommando mit Russland ist ungeklärt. Strebt die westliche Allianz ein solches Bündnis an – und wenn ja, mit welchen Zielen und zu welchen Bedingungen? Die Koalition muss sich auf eine politische Linie einigen – vor allem, um die Politik nach dem Waffenstillstand vorzubereiten, wenn diese Koalition erst richtig nötig ist. Das ist auch unser Kritikpunkt an der VN-Resolution, die den Einsatz mandatiert: Sie gibt diese Linie nicht vor. Das muss nun innerhalb der Koalition geschehen. Diese offenen Fragen machen die Zustimmung zum jetzigen Zeitpunkt nicht leicht. Es stimmt, eine politisch konsistente Gesamtstrategie fehlt. Deutschland sollte seine Fähigkeiten nutzen, an ihrer Entwicklung mitzuwirken. Eine Beteiligung Deutschlands stärkt die Verhandlungsposition der Franzosen und damit Europas gegenüber anderen Akteuren, die gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ kämpfen. Hier könnte auch endlich ein profunder Ansatz zur Bekämpfung von Fluchtursachen liegen, und das wäre zusätzlich eine maßgebliche Unterstützung der Nachbarländer, die ebenfalls mit dieser Herausforderung konfrontiert sind. Dazu gehört auch verstärkte humanitäre Hilfe. Der Zugang zur notleidenden Bevölkerung ist den Hilfsorganisationen nach wie vor in vielen Teilen Syriens und des Iraks versperrt. Daran müssen wir arbeiten, das muss sich ändern. Die Bundesregierung muss letztendlich sicherstellen, dass sie in der Ausführung dieses Mandats das humanitäre Völkerrecht strikt beachtet und dass die Zivilbevölkerung geschützt wird. Aber nicht nur Deutschland, auch die anderen Koalitionspartner sind dazu verpflichtet. Die Bundesregierung muss alles dafür tun, dass auch sie sich an die Regeln des humanitären Völkerrechts halten. Im Interesse der Menschenrechte muss Deutschland seine Stimme hörbar machen. Anlage 12 Erklärungen nach § 31 GO zu der namentlichen Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Bundesregierung Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS auf Grundlage von Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union sowie den Resolutionen 2170 (2014), 2199 (2015), 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (Zusatztagesordnungspunkt 5) Heike Baehrens (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, veränderten sie vor einiger Zeit ihre Strategie. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass der zugrunde liegende Syrien-Konflikt letztlich nur politisch entschärft werden kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, dass die Vereinten Nationen und ihr Sonderbeauftragter, Staffan Domingo de Mistura, die führende Rolle in diesem Konflikt ausüben können. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Die Ergebnisse der vier Arbeitsgruppen können Grundlage einer Vereinbarung zur politischen Konfliktregelung werden. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten und Personal im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch und werde dies in der Zukunft auch weiter nachdrücklich einfordern, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert. Das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS ist nur ein Teil des gesamten Engagements in der Region. Absolute Priorität muss weiterhin der politische Verhandlungsprozess haben, wie er in Wien begonnen wurde. Hierdurch hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass ISIS erfolgreich ist in seinem perfiden Plan, Hass in unseren Gesellschaften zu säen. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen oder gar Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. In Anbetracht der über 6 Millionen Binnenflüchtlinge und über 4 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen im Nahen Osten in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit bisher schon mehr als 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Annalena Baerbock (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN): Ich bin davon überzeugt, dass man einen militärischen Einsatz gegen den sogenannten „IS“ – im Folgenden verwende ich den Begriff Da'isch – durchaus auch braucht. Das vorgelegte Mandat halte ich aber für nicht zustimmungsfähig. Die Terroranschläge in Paris galten nicht allein Frankreich, sondern richten sich gegen das liberale Europa, unsere Werte und unsere säkulare, pluralistische Lebensweise. Frankreichs Präsident Hollande hat sich mit der Bitte um Beistand bewusst nicht an die NATO gewandt, sondern an die Solidarität der Europäischen Union appelliert. Wie immer man also entscheidet: Man muss reflektieren, was diese Entscheidung für das deutsch-französische Verhältnis bedeutet. Es ist daher alles andere als leicht, diesem Mandat nicht zuzustimmen. Wir müssen und werden Frankreich unterstützen – zum Beispiel auch durch unseren Einsatz in Mali. Das steht für mich außer Frage. Der von der Koalition vorgelegte Mandatstext für Syrien enthält jedoch so viele offene Fragen und Unklarheiten, dass ich darin nicht die Unterstützung sehe, auf die es jetzt ankäme. Zudem ist es mehr ein Vergeltungsschlag als eine politische Antwort auf die Gräueltaten des Da'isch. Die unbequeme Realität ist leider: Der Krieg ist in Syrien seit fünf Jahren blutige Wirklichkeit. Deswegen geht es zuvorderst um die Frage, wie dieser Krieg beendet werden kann, um Raum für eine politische Lösung herbeizuführen. Wichtig ist darüber hinaus die Einschränkung der ausländischen Finanzströme und des Ölhandels von Da'isch, aber allein damit lässt sich ihr Terror nicht austrocknen. Die bedeutendste Ressource des Da'isch ist die unter seiner Kontrolle stehende Bevölkerung und seine Fähigkeit, tausende Dschihadisten aus aller Welt anzuziehen, zu trainieren und in den Kampf zu schicken. Diese Ressourcen wird man nur einschränken können, wenn man Da'isch wieder Territorium abringt – wie es im übrigen zum Beispiel den Peschmerga-Kämpfern im Nordirak gelungen ist. Russland hat seit dem. 30. September 2015 massiv zugunsten des Assad-Regimes in den Konflikt eingegriffen. Dabei trafen seine Angriffe bislang vorwiegend die syrischen Widerstandskämpfer und weniger Da'isch. Die Türkei geht gegen Stellungen der Kurden in Syrien vor, die wiederum verstärkt von den USA unterstützt werden. All dies macht deutlich, dass die Allianz der Willigen, die dort jetzt verstärkt eingreifen, kein gemeinsamer Wille eint, sondern sie widersprüchliche Ziele verfolgen. Auch fährt die Bundesverteidigungsministerin einen Zickzackkurs in Bezug auf die Beteiligung der Regierungstruppen von Assad. Weder das Mandat noch die Äußerungen der Bundesregierung legen offen, ob, wie und unter welchen Bedingungen eine militärische Zusammenarbeit mit Russland – das Assads Armee unterstützt – erfolgen soll. Insbesondere offen ist: Wer sind die Kooperationspartner als Bodentruppen, wer wird dabei wie stabilisiert und unterstützt? Wer schließt zum Beispiel das Vakuum am Boden, wenn Da'isch dort verdrängt wurde? Diese Fragen sind zu relevant und auch zu riskant, als dass ein Mandat sie offen lassen dürfte. Angesichts einer so komplexen Akteurskonstellation braucht es hier Klarheit, bevor die deutschen Truppen entsendet werden. Zudem ist die völkerrechtliche Grundlage für das Mandat enorm umstritten, auch deswegen stimme ich mit Nein. Auch die mittelfristigen Ziele und politischen Strategien dieser militärischen Intervention in Syrien sind unklar. Wie soll der Übergang zu einer Post-Assad-Ära gestaltet werden? Wie will die westliche Allianz den Schutz von Minderheiten und die Beteiligung aller relevanten Gruppen an einem politischen Prozess zur Zukunft des Landes sicherstellen? Wie könnte eine Nachkriegsordnung für Syrien aussehen? Leider hat die Bundesregierung ein extrem verkürztes parlamentarisches Verfahren gewählt, sodass nicht einmal eine angemessene, parlamentarische Beratung über diese Fragen stattfinden konnte. So sehr rasches Handeln nötig ist und so sehr auch die Solidarität mit unseren französischen und insgesamt europäischen Partnern selbstverständlich ist – bevor der Startpunkt für einen womöglich jahrelangen Bundeswehreinsatz gesetzt wird, müssen die Rahmenbedingungen erörtert werden. Hierzu gehört: – die Akteure zu benennen, mit denen kooperiert und Informationen ausgetauscht werden und sich auch über diejenigen Akteure klarzuwerden, mit denen ein solcher Austausch nicht erfolgt – hierzu gehört für mich die klare Festlegung darauf, dass mit der Assad-Armee nicht zusammengearbeitet wird –, – eine planvolle, politische Strategie zu bedenken und darzulegen, was zum Beispiel mit erkämpften Gebieten geschieht und wie Arrangements für einen Waffenstillstand vereinbart werden können. Insgesamt bleiben zu viele entscheidende Fragen offen, das Handeln besitzt keine klare Perspektive und scheint damit auch hilflos. Es braucht dagegen eine langfristige Strategie – in die auch durchaus militärische Einsätze einzubinden sind. Der Wiener Prozess gibt hierfür leichte Hoffnung. Dieser Einsatz ist so wenig planvoll, dass die Gefahr besteht, das Gegenteil zu bewirken von dem, was beabsichtigt ist. Daher kann ich dem Mandat in dieser Form nicht zustimmen, auch wenn es mich umtreibt, dass wir seit Jahren unserer Schutzverantwortung nicht nachkommen. Dr. Matthias Bartke (SPD): Die Lage in Syrien erfüllt mich mit großer Sorge. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine beispiellose Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost- Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Dabei spielt auch die Stabilisierung befreiter Gebiete eine ganz wesentliche Rolle. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Dazu tragen auch unsere zivilen Stabilisierungsmaßnahmen bei, zum Beispiel die Förderung von Maßnahmen zur Sicherung von Strom- und Wasserversorgung, aber auch Strukturen für die medizinische Grundversorgung. Auf diese Weise wirken wir dem Staatszerfall in den Oppositionsgebieten entgegen, erhalten Infrastruktur aufrecht und schaffen Bleibeperspektiven. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach reiflicher Überlegung, intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung ist mir nur möglich, da gleichzeitig alle diplomatischen Mittel für eine politische Lösung ausgeschöpft werden. Die Bundesregierung konzentriert ihr Engagement nicht auf die militärische Komponente, sondern betrachtet das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Wir müssen unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime steigern, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Des Weiteren muss die Prävention gegen islamistische Radikalisierung gestärkt werden. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung umzusetzen. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Diese Entscheidung fällt mir sehr schwer, da ich prinzipiell der Auffassung bin, dass Konflikte friedlich zu lösen sind. Ich selber habe drei Jahre meines Lebens am Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg gearbeitet. Dort habe ich mich immer für friedliche Konfliktlösungen stark gemacht, was bis heute Maxime meiner Entscheidungen ist. Es fällt mir daher besonders schwer, zuzugestehen, dass ausschließlich friedliche Lösungsansätze hier nicht möglich sind. ISIS stellt sich mit seinem bewusst zur Schau gestellten Terror gegenüber Andersgläubigen und Andersdenkenden außerhalb jeglicher zivilisatorischer Werte. Ich bin daher zu der Überzeugung gelangt, dass hier nur eine Lösung möglich ist, die sowohl auf politische als auch auf militärische Maßnahmen setzt. Sören Bartol (SPD): Die Lage in Syrien ist furchtbar. Die Weltgemeinschaft hat viel zu lange weggeschaut. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror, unter dem die syrische Bevölkerung tagtäglich leidet, vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, sich neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak auch mit militärischen Mitteln am Kampf der internationalen Allianz gegen ISIS zu beteiligen. Nach intensiver Prüfung hat die Bundesregierung Frankreich militärische Unterstützung angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Es ist keine leichte Entscheidung. Terror kann man nicht allein militärisch besiegen; wir müssen seine Wurzeln beseitigen – auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Das militärische Engagement der Bundesregierung ist Teil einer breit angelegten Politik, keinesfalls ihr Ersatz. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Veronika Bellmann (CDU/CSU): Deutschland befindet sich hier in einem echten Dilemma. Auf der einen Seite steht die Rückeroberung von Gebieten durch die Peschmerga gegen den barbarischen Da'isch, die auch mithilfe der Luftangriffe der Alliierten, der deutschen Waffen und der deutschen Ausbildungsmission erfolgt ist. Da stehen auch der notwendige entschiedene Kampf gegen den islamistischen Terror, die schnelle Eindämmung der militärischen Erfolge des IS und die europäische Solidarität zu Frankreich. Wobei uns die Erfahrungen aus Afghanistan lehren, welche Folgen spontane Zusagen von „uneingeschränkter Solidarität“ haben können. Ausdrücklich betone ich, lieber im EU-Bündnisfall mit Frankreich im Wort zu stehen als in einem möglichen NATO-Bündnisfall mit der zweifelhaft agierenden Türkei. Auf der anderen Seite fehlt eine geschlossene internationale Koalition, die mit einem klaren Auftrag, einem gemeinsamen Ziel und einer abgestimmten Gesamtkonzeption auch für das Kriegsende und die Zeit danach gegen den sogenannten IS vorgeht. Stattdessen kämpft jeder gegen jeden. Die Türkei kämpft gegen Kurden, Russland und Diktator Assad. Russland kämpft mit Assad gegen gemäßigte Rebellen und die Türkei. Frankreich kämpft gegen IS und Assad und der IS gegen alle. Dazwischen fliegen die Briten und Amerikaner Kampfeinsätze, mit denen sie die Kurden unterstützen, damit die einzigen Bodentruppen gegen den IS einigermaßen erfolgreich sein können. Wo ist die Allianz gegen das Böse, und wer hat den Oberbefehl? In einen solchen Konflikt deutsche Soldaten zu schicken, und sei es „nur“ in einer Unterstützungsmission, ist keine einfache Entscheidung. Mir ist klar, dass die einzig realistische Lösung nur in einer systematischen, langfristigen und aggressiven Lösung der Eindämmung des Terrors besteht, zu der militärische Einsätze dazugehören, aber unbedingt auch das Unterbinden des Nachschubs von Waffen, Finanzen, Personal sowie der Öllieferungen, durch die sich Da'isch finanziert. Dazu gehören aber auch Grundsatzdiskussionen über die Rolle Saudi-Arabiens, Katars oder der Türkei, über Wahhabismus und fundamentalistischen Islam. Genauso wichtig sind aber Diplomatie und Politik, mindestens ein europäisches Handlungsmandat, Unterstützung der Nachbarstaaten, die von den Flüchtlingsströmen betroffen sind, aktive Konfliktprävention in den Staaten, in die der IS zu expandieren versucht. Dafür sind im Wiener Prozess allenfalls Ansätze erkennbar. Zu guter Letzt rückt auch der Zustand der Bundeswehr wieder in den Fokus. Die vielfältigen Einsätze im In- und Ausland bedingen unbedingt einen finanziellen, technischen und personellen Aufwuchs und ein Ende der Aussetzung der Wehrpflicht. Insofern macht auch die Kürze der Zeit, in der über das Mandat der Bundeswehr entschieden werden soll, die Entscheidung nicht einfacher. Es gibt mehr Fragen als Antworten. Insofern ist mehr als eine Unterstützungsmission nicht zu tolerieren. Das Parlament darf nicht nur das Mandat beschließen, sondern muss es auch dauernd begleiten und notfalls auch vor Ablauf der Mandatszeit ändern oder stoppen können. Nur unter dieser Bedingung stimme ich dem Antrag der Bundesregierung für einen Bundeswehreinsatz gegen die Terrororganisation IS/Da'isch zu. Karin Binder (DIE LINKE): Ich stimme diesem Bundeswehreinsatz nicht zu, weil ich diesen Militäreinsatz für unverantwortlich halte. Tornadoeinsätze und Bombardements treffen wieder einmal zu allererst die Zivilbevölkerung. Sie bringen weitere Zerstörung und weiteres Leid über diese Bevölkerung und treiben aufgebrachte Menschen geradezu in die Arme der Terroristen. Zudem wurde bislang keine einzige erkennbare Maßnahme ergriffen, die Handlungsmöglichkeiten des IS zu beschränken. Dabei hätten Deutschland und die EU viele Möglichkeiten mit politischem Handeln und wirtschaftlichen Maßnahmen den IS zu bekämpfen und diesen terroristischen Sumpf auszutrocknen. Wohlwissend, dass der IS über Länder wie die Türkei oder Saudi-Arabien mit Waffen sowie finanziell und personell unterstützt wird, werden bis heute auch von Deutschland Waffen in diese Krisenregion geliefert. Das ist eine Schande. Der erste Schritt im Kampf gegen den Terror müsste ein sofortiger Stopp der Waffenexporte sein. Stattdessen werden sogar ganze Waffenfabriken zum Beispiel nach Saudi-Arabien geliefert. Aber daran verdienen einige Rüstungsunternehmen viel Geld. Also wird der Rüstungsexport aus wirtschaftlichen Interessen von der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD nicht gestoppt. Das ist eine Schande. Ein weiterer, finanzpolitischer Schritt wäre das Einfrieren der Finanzmittel des IS. Konten, die den IS bedienen, müssen gesperrt werden. Niemand kann mir weismachen, dass diese Konten und Bankverbindungen nicht bekannt sind. Dass dieser Schritt nicht gegangen wird, ist ebenfalls eine Schande. In einem weiteren, wirtschaftspolitischen Schritt muss der Ölhandel des IS mit seinen Nachbarländern unterbunden werden. Dieser Ölhandel finanziert den Terror gegen die syrische und irakische Bevölkerung und finanziert die Anschläge gegen die westlichen Industrienationen. Dazu müssen die Lieferwege dieses Öls unterbrochen und geschlossen werden. Dazu muss die EU und allen voran die deutsche Regierung ihre politische Zusammenarbeit insbesondere mit der Türkei und dem Regime Erdogan überdenken und ändern. Die Türkei müsste diese Öllieferungen unterbinden und ihre Grenzen für diesen Handel schließen. Solange aber das Regime Erdogan diese Terroristen materiell und personell unterstützt, dürften weder die EU noch die deutsche Regierung mit der Türkei einfach wie bisher weiter zusammenarbeiten oder sie gar finanziell unterstützen. Aber stattdessen erhält die Türkei zur Abschottung der EU gegen Flüchtlinge noch zusätzliches Geld. Ganz abgesehen von der Menschen verachtenden Politik der EU gegen die geflüchteten Menschen, die wir in ihrer Notlage einem undemokratischen und Menschenrechte verletzenden System wie der Türkei überlassen und ausliefern, könnten wir dieses Geld dann auch gleich dem IS zukommen lassen. Auch das ist eine Schande. Nun wird der Lissabonvertrag und die sogenannte Beistandsklausel bemüht, um einen Kriegseinsatz zu rechtfertigen. Aber Terroristen sind Verbrecher und müssen als solche verfolgt und vor Gericht gestellt werden. Mit diesem Einsatz begibt sich Deutschland nach meiner Auffassung in einen neuen Krieg. Mit einem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ wurde nach dem 9. November 2001 bereits einmal ein ganzes Land zerstört und seine Bevölkerung mit Zigtausenden Opfern ins Mittelalter zurückgebombt. Das alles soll jetzt noch einmal wiederholt werden? Obwohl klar ist, dass die Täter von Paris keine Syrer waren, sondern Europäer, erklärt auch Deutschland mit diesem Militäreinsatz den Syrerinnen und Syrern den Krieg. Nach wie vor ist die Bundeswehr nach unserer Verfassung eine Verteidigungsarmee. Nie wieder sollte von deutschem Boden ein Krieg ausgehen. Auch deshalb habe ich heute gegen diesen Militäreinsatz der Bundeswehr gestimmt. Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): Ziel des Terrors ist es, Angst zu schüren, um so die Überlegenen zu unüberlegten Reaktionen zu verleiten. Daher auch der Name „Terrorist“. Terroristen haben nicht die Macht, in eine offene Konfrontation zu treten. Der Gegner ist ihnen militärisch haushoch überlegen. Ihre einzige Hoffnung besteht darin, den Gegner so zu reizen, dass er sich unüberlegt in schwieriges, unübersichtliches Gelände begibt. Erst dann haben die Terroristen eine Chance, da im darauffolgenden Chaos die überlegenen Kräfte bzw. Mächte eigentlich nur verlieren können. Genau dies passiert gerade in Syrien. Der IS könnte keinen offenen Kampf gegen „den Westen“ führen. Er kann aber dafür sorgen, dass wir uns unüberlegt verhalten und keinen kühlen Kopf bewahren. Die Terroranschläge in Paris haben Angst und Schrecken verbreitet und eine unüberlegte Reaktion hervorgerufen – die westlichen Kräfte werden immer stärker in den Bürgerkrieg hineingezogen. Dieser Logik möchte ich mich nicht unterwerfen. Bomben sind keine Lösung. Die Luftangriffe werden auch immer wieder viele unschuldige zivile Opfer fordern, die den Hass auf „den Westen“ weiter schüren werden. Der IS ist doch erst als eine Reaktion auf die Invasion in den Irak, der wir uns erfolgreich widersetzt hatten, entstanden. Dank Gerhard Schröder. Die Invasionen in Irak und Afghanistan sollten damals schnell und sauber ablaufen. Diese Vorstellungen und Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Schon damals wurde als Reaktion auf einen Terrorakt unüberlegt in einen Krieg gezogen, der sich dann als nicht zu gewinnen herausgestellt hat. Was wird aus unserem Einsatz in Syrien folgen? Ist eine Befristung denn wirklich realistisch? Wer weiß denn, wie sich die Situation in einem Jahr verändert hat? Woran erkennen wir, ob unser Einsatz erfolgreich war? Ist der IS besiegt? Das sind Fragen, die niemand beantworten kann. Deshalb und aus den weiteren folgenden Punkten werde ich im Bundestag gegen eine Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien stimmen: – Es besteht keine völkerrechtliche Grundlage für diesen Einsatz. Rechtlich gesehen ist ein militärisches Eingreifen, wie in Syrien, ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Eine Legitimation kann nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geben. Wer hier auf ein UN-Mandat verzichtet, der darf dann zukünftig andere Nationen nicht belehren, wenn sie ohne Mandat in einen Krieg eintreten. – Es gibt kein abgestimmtes Konzept oder eine klare Strategie. In diesem Krieg führen bereits 14 Staaten Krieg mit unterschiedlichen Zielen. Selbst der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat vor kurzem in einem Interview deutlich gemacht, dass die EU „immer noch keine glaubhafte Syrien-Strategie“ hat. – Auch führende Militärs kritisieren die Vorgehensweise und auch die Sprache dieses Einsatzes. Denn diese militärische Aktion ist ein Kriegseinsatz, der nach Expertenmeinungen lange andauern muss, wenn er die Chance haben soll, erfolgreich zu sein. Es wird verschwiegen, dass die Gefahr eines Terroranschlags in Deutschland dadurch steigt. – Wir haben keine Lehren aus den vergangenen Militäreinsätzen gegen den Terror gezogen. In Afghanistan und im Irak wird zum Beispiel seit vielen Jahren ein sogenannter Krieg gegen den Terror geführt mit dem Effekt, dass die Extremisten stärker sind als je zuvor. Terror kann man nicht genauso bekämpfen wie diktatorische Regime. – Gerade bei Luftangriffen muss man mit vielen zivilen Opfern rechnen. Die Familien und Freunde solcher Opfer treibt man so förmlich in die Arme der Terroristen. Eine Spirale der Gewalt entsteht. Eine Abwägung wurde bisher nicht getroffen. Krieg bleibt für mich, so wie Willy Brandt es einmal sagte, die „Ultima Irratio“. Deswegen unterstütze ich alle diplomatischen Bemühungen Frank-Walter Steinmeiers, alle Parteien, mit Ausnahme des IS, an einen Tisch zu bringen. Nur so gibt es eine Hoffnung für Syrien. Ich verstehe auch jene, die heute mit Blick auf die Rede von Frank-Walter Steinmeier vor zwei Tagen zustimmen, weil seine Rede gezeigt hat, dass militärisches Engagement allein keine Lösung darstellt und viele weitere politische, humanitäre und wirtschaftliche Aufgaben zu lösen sind. Ich denke aber, dass wir die militärischen Mittel zu eilfertig einsetzen – dies erklärt sich ein wenig mit Blick auf die Rede der Verteidigungsministerin am Mittwoch dieser Woche. Will man den IS wirklich bekämpfen, muss man mit Saudi-Arabien hart ins Gericht gehen, das den IS unterstützt. Auch die Türkei – unser NATO Partner – gilt es an einer weiteren Unterstützung des IS zu hindern. Die Finanzierungsquellen des IS sind klar; hier gilt es mit aller Härte gegen ihn vorzugehen. Ohne zivile Opfer, die nur weiter neuen Terror schaffen und seinen Zulauf verstärken werden. Doch wie entwickelt sich dadurch das Verhältnis zu unseren engsten Verbündeten Frankreich? Ich bin der Überzeugung, dass man einem guten Freund kein guter Freund ist, wenn man ihn in etwas unterstützt, was ihm nicht helfen wird. Ich bin der Überzeugung, ein guter Freund ist der, der einem klar sagt, wenn man falsch liegt. und trotzdem an seiner Seite steht. Für diese Beziehung gilt es zu kämpfen. Und das Wichtigste: Wir Europäer müssen unsere Versäumnisse eingestehen, die uns gedanklich auch zu den Ursachen führen, warum Flüchtlinge infolge von Krieg und Terror ihre Heimat verlassen. Als Indikator möge der langjährige Streit über ein Einwanderungsgesetz dienen – eine frühe Forderung der SPD, leider ohne Mehrheit. Außerdem hätten wir im Libanon, in der Türkei, in Griechenland, in Italien, auf dem Mittelmeer, früher schon in Melilla, helfen können. Rechtzeitig, mit Geld. Auch durch eine bessere Unterstützung des UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees – und die Anhebung der ODA-Quote wenigstens auf die versprochenen 0,7 Prozent des BIP. Aber uns waren Haushaltskennzahlen wichtiger. Im Gegensatz zu diesen Überlegungen hat der Bundespräsident schon Anfang des Jahres auf der Münchner Sicherheitskonferenz gefordert: „Deutschland muss international mehr Verantwortung zeigen, auch militärisch.“ Ob Freundschaft und Solidarität mit Frankreich nicht auch anders gezeigt und verwirklicht werden kann? Wir könnten auf vielfältige Weise unsere Solidarität leben ohne den nun vorgesehenen Waffengang! Das sind die wesentlichen Gründe, warum ich im Bundestag gegen eine Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien stimme. Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage im Nahen Osten. Was mit friedlichen Protesten begann, ist längst keine regionale Auseinandersetzung mehr. Rebellen gegen den Staat, Assad gegen Revolutionäre und der ISIS gegen alle. Der syrische Bürgerkrieg ist eskaliert. Während es im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens den Vereinten Nationen gelungen ist, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten, hat die aus dem Irak stammende Terrorgruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet. ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in Nachbarländer und nach Europa. Die Anschläge im tunesischen Sousse, in Beirut, in Ankara, über der Sinai-Halbinsel und in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dessen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit den Resolutionen 2170 vom 15. August 2014, 2199 vom 12. Februar 2015 sowie 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ist. Letztendlich wird jedoch der Syrien-Konflikt nur politisch lösbar sein. Hierfür setzt sich die Bundesregierung, insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier, seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft ein. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle zu verschaffen. Der politische Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und ein Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart, jedoch ohne ISIS, der weder Verhandlungspartner sein wird noch sein darf. Nach den Terroranschlägen vom 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande Deutschland gebeten, sich neben dem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes, dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Diese Anschläge galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen uns, unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Wir dürfen nicht zulassen, dass der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen und der Religionen“ wird. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selbst Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengung zur Integration von Muslimen muss gesteigert werden. Sogenannte „ausländische Kämpfer“ müssen daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe und Verantwortung unseres Landes, dazu alle rechtsstaatlichen Mittel dagegen einzusetzen. Deshalb stimme ich trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement, nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess dem Mandat der Bundesregierung zu. Edelgard Bulmahn (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein menschenverachtendes Terrorregime errichtet hat. Tausende von Menschen wurden seitdem von ISIS-Mitgliedern ermordet, gefoltert, verschleppt und versklavt. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass „der Terrorismus in allen seinen Arten und Erscheinungsformen eine der schwersten Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt“ und dass wir entschlossen sind, „diese beispiellose Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln zu bekämpfen.“ Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Die Vereinten Nationen und ihr Sonderbeauftragter, Staffan Domingo de Mistura, müssen eine führende Rolle bei den Verhandlungen spielen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir darüber hinaus auch weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimmen wir dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Dr. Daniela De Ridder (SPD): Die Akte des Terrors vorn 13. November in Paris sowie die Anschläge in Tunesien, Beirut, Ankara und auf der Sinai-Halbinsel haben gezeigt, dass der sogenannte „Islamische Staat“ (IS) seine Aktivitäten längst nicht mehr auf die Kerngebiete im Irak und in Syrien beschränkt. Die Vereinten Nationen haben in mehreren Resolutionen immer wieder die Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit herausgestellt, die vom IS ausgeht. Mit dem Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Unterbindung und Verhütung terroristischer Aktivitäten des IS trifft der Deutsche Bundestag eine Entscheidung, die diesem offenkundigen Strategiewechsel Rechnung trägt. Die Bundesregierung zeigt damit, dass sie sich ihrer Verantwortung in der internationalen Politik bewusst ist und solidarisch an der Seite Frankreichs, seiner europäischen und internationalen Partner steht. Im Rahmen des Mandats wird Deutschland die internationale Allianz bei der Aufklärung und Beobachtung des militärischen Einsatzes und durch den Schutz eines französischen Flugzeugträgers unterstützen. Ein Einsatz von Bodentruppen ist von der Bundesregierung nicht vorgesehen und für mich keinesfalls die logische Konsequenz des jetzigen Beschlusses. Mit militärischen Mitteln wird man die Bedrohungslage, die vom IS ausgeht, jedoch nicht auflösen können. Es darf nicht vergessen werden, dass die Saat des IS bereits mit dem Irakkrieg zu Beginn des Jahrtausends ausgebracht wurde und so eine Ausdehnung des Einflussgebietes des IS während des syrischen Bürgerkrieges überhaupt erst ermöglicht wurde. Das Assad-Regime hat gezielt auf eine militärische Eskalation gegen die eigene Zivilgesellschaft gesetzt und damit die Destabilisierung des gesamten Staates mutwillig provoziert. Umso mehr unterstütze ich die Anstrengungen der Bundesregierung, und hier in erster Linie unseres Außenministers Dr. Frank-Walter Steinmeier, politische Lösungen des Syrien Konflikts zu erwirken. Es ist meine feste Überzeugung, dass Konflikte mit derart verhärteten Fronten nur mit diplomatischen und politischen Mitteln gelöst werden können. Die Erklärungen der Wiener Konferenzen sind erste Anzeichen von erfolgreichen Verhandlungen, insbesondere da erstmals auch die wichtigen Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien miteinbezogen werden. Es ist jedoch weiterhin zwingend erforderlich, eine gemeinsame internationale Linie zu finden, um die Erfolgsaussichten der Diplomatie weiter zu verbessern. Eine einheitliche Position in der Europäischen Union, die alle Partnerstaaten einbezieht und niemanden aus seiner Verantwortung entlässt, ist dabei unerlässlich. Gleichwohl muss bedacht werden, dass ein politischer Prozess unter Beteiligung des IS nicht stattfindet, da dieser weder ein Verhandlungspartner sein kann noch sein will. Umso mehr kommt es jetzt darauf an, dieser Terrorgruppierung ihre Grundlage zu entziehen; nicht jedoch, indem man allein die Symptome mit Luftschlägen eindämmen will und dadurch unbeabsichtigt die Argumentation der Radikalen stärkt. Vielmehr muss es darum gehen, jene Ursachen klar zu benennen und zu bekämpfen, die das Erstarken des Terrors in der gesamten Region überhaupt erst ermöglichten. Zum einen kann hier die Friedens- und Konfliktforschung wertvolle Befunde liefern. Dabei gilt es aber dringend, diese Forschungsvorhaben nicht nur punktuell, sondern langfristig finanziell so auszustatten, dass sie wirksame Lösungsstrategien entwickeln können. Hierbei ist es von zentraler Bedeutung, die Ergebnisse mit großer Ernsthaftigkeit und Sorgfalt in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Konflikte entstehen nicht über Nacht; es gibt zumeist eindeutige Anzeichen, die präventiv behandelt werden müssen: Die gezielte Exklusion ganzer Bevölkerungsschichten von Entscheidungsprozessen, die bewusste Diskriminierung ethnischer Gruppen, Armut und soziale Ungerechtigkeiten sowie die flächendeckende Bildungsarmut sind wesentliche Gründe, die Menschen für eine radikale Weltanschauung zugänglich machen. Es bedarf daher zum anderen erheblicher Anstrengungen im Bereich der Sozialpolitik, der Wirtschafts- und Bildungspolitik sowie in der Entwicklungszusammenarbeit. Gerade diese Politikfelder gilt es, mit Vehemenz und Engagement zur Friedenssicherung in den Fokus weiterer politischer Entscheidungen zu stellen. Als Bildungspolitikerin ist es mir besonders wichtig, dass Aufklärung, Information und Qualifikation unsere primären Maxime sein müssen. Hier dürfen wir nicht hasenfüßig sein, sondern müssen diese Interessen zur Stabilisierung der Region mutig und keineswegs leise artikulieren. Alphabetisierung, Grundbildung, Ausbildung und akademisches Wissen sind Grundpfeiler, auf denen die Kohäsion der Gesellschaft aufgebaut wird. Deutschland hat die Kompetenz und die Mittel, um die Entwicklung dieser Fähigkeiten voranzutreiben – etwa durch eine gezielte Außenwissenschaftspolitik. Nach intensiven Diskussionen und einem schwierigem Abwägungsprozess stimme ich dem Mandat für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation IS zu. Jedoch betone ich ausdrücklich, dass damit nicht das Einfallstor für den fortwährenden Ausbau des Einsatzes geschaffen werden darf, der letztlich zum Einsatz von Bodentruppen führt. Vielmehr gilt es, die Chancen der Diplomatie zu nutzen und unmittelbar die Ursachen für die Stärke der Terrororganisation zu bekämpfen. Deutschland hat eine starke Stimme in der internationalen Gemeinschaft, die gehört wird. Mehr Frieden zu wagen, dazu bedarf es des Mutes zu diplomatischen Lösungen oder wie Willy Brandt sagte: ,,Krieg ist nicht mehr die Ultima Ratio, sondern die Ultima Irratio.“ Dr. Karamba Diaby (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung – und insbesondere Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) – mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in der Lösung des Konflikts zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich Deutschland mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Frankreichs Präsident, François Hollande, die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht ausschließlich auf den militärischen Bereich konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung deshalb ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um die Entstehung von „Parallelgesellschaften“ zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen ihm zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 hat die Bundesregierung hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben CDU, CSU und SPD dafür Sorge getragen, dass der Ansatz für humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht wird. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Sabine Dittmar (SPD): Der syrische Bürgerkrieg hat sich mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg ausgeweitet. Insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS hat seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten Staffan Domingo de Mistura eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich die Bundesregierung mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die kein Verhandlungspartner sein kann. Im letzten Jahr hat die Bundesregierung entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge als auch eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Die Frage nach der Solidarität aller Europäer darf daher durchaus gestellt werden. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Deshalb unterstütze ich die Bundesregierung darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Nur durch einen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 hat Deutschland hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 wurde der Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, das Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu Martin Dörmann (SPD): Nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess habe ich mich entschieden, dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zuzustimmen. Erstens. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat wiederholt festgestellt, dass vom IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Die kritische und komplexe Lage in Syrien, dem Irak und in der benachbarten Region erfordert nachhaltige politische Lösungen, die internationale Absprachen und Zeit erfordern. Es wäre falsch, einseitig auf militärische Mittel zu setzen. Allerdings werden politische Lösungen dadurch erleichtert oder sogar erst ermöglicht, dass die militärische Expansion des IS aufgehalten und dieser so weit wie möglich zurückgedrängt wird. Gleichzeitig bedroht der IS durch Terroranschläge das Leben der Menschen in Europa und darüber hinaus. Er muss auch deshalb gestoppt werden. Es ist gerechtfertigt und politisch erforderlich, dass sich Deutschland an der internationalen Allianz gegen den IS aktiv beteiligt, und zwar auch durch einen angemessenen militärischen Beitrag. Nicht zuletzt erfordert es die europäische Solidarität, das diesbezügliche Unterstützungsersuchen Frankreichs nicht abzulehnen sondern positiv aufzugreifen. Der IS würde gestärkt statt geschwächt, wenn es ihm gelänge, Deutschland und Frankreich in dieser wichtigen Frage zu entzweien. Zweitens. Neben dieser grundsätzlichen Einschätzung und über die aus meiner Sicht zutreffende Mandatsbegründung der Bundesregierung hinaus sind für meine Zustimmung auch folgende Überlegungen von Bedeutung: Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe des IS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten des IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe IS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation des IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich und vordringlich eine politische Regelung geben muss. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich Deutschland mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne IS –zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe des IS ein, der weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen den IS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere vom IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung des IS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen den IS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen den IS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Meine Zustimmung zu einem Einsatz deutscher Streitkräfte gegen die Terrorgruppe des IS fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen IS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen den IS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an den IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer des IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben des IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Seit Jahren tobt der Bürgerkrieg in Syrien. Das Assad-Regime hat mit einer gnadenlosen Kriegsführung gegen das eigene Volk Syrien ins Chaos gestürzt. Es hat damit den Boden bereitet für das Ausbreiten des Terrornetzwerkes des sogenannten „Islamischen Staates“ IS. Das Assad-Regime und der IS haben mit unvorstellbarer Brutalität die eigene Bevölkerung zur massenhaften Flucht aus Syrien getrieben. Die Völkergemeinschaft hat dieser Entwicklung lange tatenlos zugesehen, einzelne Staaten haben aus sehr nationalen Gründen den Konflikt weiter angeheizt, beispielsweise mit Geldzuwendungen, Ankauf von Öl aus erbeuteten Ölquellen bis hin zur kriegerischen Unterstützung einzelner Akteure. Dem Treiben dieser Terrororganisation muss Einhalt geboten werden. Dafür braucht es jedoch ein international abgestimmtes politisches und militärisches Vorgehen. Das durch die Bundesregierung vorgelegte Mandat erfüllt diese Voraussetzungen jedoch nicht und lässt zu viele Fragen offen. Ich werde dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Mandat zur Unterstützung des französischen Einsatzes in Syrien daher nicht zustimmen. Die Solidarität mit Frankreich ist zweifelsfrei ein wichtiges und gewichtiges Argument und der europäische Zusammenhalt von großer Bedeutung. Dennoch muss bei jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr sorgsam und gewissenhaft entschieden werden, welches Engagement verantwortbar und sinnvoll ist. So sehr nach den menschenverachtenden Anschlägen von Paris auch die Reaktion und Bitte der französischen Regierung verständlich ist, so ist es auch unsere Pflicht, den militärischen Einsatz der Bundeswehr nicht ohne ein schlüssiges politisches Gesamtkonzept zu beschließen. Das vorliegende Mandat macht für mich nicht deutlich genug klar, mit wem Deutschland gegen wen und für welches politische Ziel kämpft. Die Bundesregierung hat keine eindeutige Aussage getroffen, ob sie explizit oder implizit an der Seite Assads und Russlands gegen ISIS vorgehen will. Der Abschuss eines russischen Militärjets durch die Türkei in der jüngsten Vergangenheit hat gezeigt, wie unterschiedlich die Ziele und Interessen der handelnden Akteure in der Region sind. Die Uneinigkeit in der Allianz gegen den IS und das unkonkrete vorliegende Mandat der Bundesregierung, in dem Ziele, Zeitraum und Verantwortung nicht klar beschrieben sind, stellen für mich keine Option dar, die einen auch nur kleinen Schritt in Richtung einer Lösung des Konfliktes erkennen lässt. Dies und die hochproblematische völkerrechtliche Grundlage dieses Einsatzes lassen mich zu dem Schluss kommen, einem Einsatz der Bundeswehr in Syrien gegenwärtig nicht zuzustimmen. Siegmund Ehrmann (SPD): Das Mandat verlangt einen extrem schwierigen Abwägungsprozess über Handlungsoptionen, die das Ziel haben, Konflikte zu beheben, die in einer nahezu verfahrenen Situation, die in Nahost und auf der arabischen Halbinsel Leid und Zerstörung verursachen. Zugleich strahlen Hass und Gewalt auch auf andere Regionen aus, destabilisieren zum Beispiel afrikanische Staaten und säen Terror und Gewalt in die europäischen Länder. Auch wenn sich die Konturen einer dauerhaften Konfliktlösung nur schemenhaft abzeichnen, ist die von Frank-Walter Steinmeier wesentlich mitgeprägte Vorgehensweise der Weg. Es bedarf erstens politischer Verhandlungen zur Konfliktlösung, zweitens der regionalen Stabilisierung und – gerade wegen des ausufernden menschenverachtenden terroristischen Gewaltakts – drittens militärischer Mittel Ich werde dem Einsatzmandat zustimmen; es steht in folgendem Kontext: Erstens. Die Lage in Syrien ist alarmierend. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe IS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe IS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Zweitens. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt kann es nur eine politische Lösung geben. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne IS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe IS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen IS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Drittens. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung des IS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreich, des Iraks und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen IS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen IS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sie galten uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Auch ist jetzt deshalb die Solidarität aller Europäer gefordert. Ich stimme dem Mandat in dem Wissen zu, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Die Bundesregierung unterstütze ich ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen IS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen IS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Zudem ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Viertens. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „ Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen breiten politischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 wurde der Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Unser Land handelt nicht allein; unsere Entscheidungen sind eingebettet in ein abgestimmtes Vorgehen der Staatengemeinschaft. In der Hoffnung, dass die Erfolge der Diplomatie das Morden stoppen und militärische Einsätze schnell entbehrlich machen – auch wenn ich nicht frei von Zweifeln bin –, stimme ich dem vorgelegten Mandat zu. Michaela Engelmeier (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Misrura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Permes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener-Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht allein auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Meine Fraktion unterstützt die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Saskia Esken (SPD): Im Deutschen Bundestag habe ich heute – Freitag, 4. Dezember 2015 – eine Entscheidung zu treffen, die sehr schwerfällt. Unter Abwägung aller mir zur Verfügung stehenden Informationen und nach reiflicher Überlegung werde ich in dieser Gewissensentscheidung für den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte in Syrien stimmen. Schon mit den Anschlägen vom Beginn des Jahres in Paris war der barbarische Terror des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) in Europa angekommen. Dieser Terror wütet schon seit langem in Syrien und in Irak, in Libyen und Tunesien. Es ist ein Terror gegen alle, die in Freiheit und Frieden leben wollen, in Syrien und den Nachbarländern und eben auch in Europa. Es sind brutale Taten verblendeter, unmenschlicher und kulturverachtender Terroristen, die eine Religion zur Rechtfertigung ihrer Terrorakte missbrauchen. Der seit Jahren herrschende Bürgerkrieg in Syrien ist mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert, in dem insbesondere der IS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in dem von ihm kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Dieser Terror ist eine Bedrohung für die Staatengemeinschaft als Ganzes, und deshalb halte ich es für wichtig, dass wir gemeinsam mit den arabischen Staaten gegen den Terror kämpfen. Ebenso wie die Terrorabwehr und die politische Befriedung der Region wird auch dieser militärische Einsatz nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn der Westen sich nicht etwa alleine, sondern in einer Allianz mit der arabischen Welt gegen den IS stellt. Denn nur gemeinsam können wir dem IS entgegenhalten: ,,Ihr seid nicht der Islam. Ihr seid nicht der Staat. Und ihr repräsentiert nicht die arabische Welt.“ Der IS macht sich die Instabilität der arabischen Welt zunutze. Hier tobt zwischen unterschiedlichen nationalen und religiösen Kräften ein Machtkampf, der aus einem Vakuum heraus entstehen konnte, das der Rückzug der Weltmächte nach dem Ende des kalten Krieges hinterlassen hat. Rein militärisch ist dieser Terror nicht zu besiegen, und doch muss mit militärischen Mitteln dafür gesorgt werden, dass der IS sich nicht noch weitere Teile Syriens zu eigen macht. Denn sonst bleibt von Syrien nichts übrig, was wir befrieden und in eine neue Zukunft überführen können. Damit die arabische Welt auf friedlichem Weg wieder zu einer stabilen Ordnung und zu einem guten und gerechten Miteinander der Völker und der Glaubensrichtungen finden kann, braucht es eine politisch-diplomatische Verhandlungsstrategie, wie sie Frank-Walter Steinmeier und andere mit der Wiener Konferenz bereits angelegt haben. Solche Verhandlungen können sicher nur schrittweise und nur mit langem Atem und langem Mut mehr Frieden und mehr Stabilität bewirken. Zu einem gesamtpolitischen Ansatz gehören auch die bereits 2014 von den Vereinten Nationen beschlossenen Maßnahmen gegen IS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an den IS muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Im Bürgerkrieg in Syrien haben bisher über 250 000 Menschen ihr Leben verloren, andere sind durch den Terror des IS überall auf der Welt umgekommen, Abertausende Menschen haben ihre Heimat verloren und befinden sich auf der Flucht. Frieden und Freiheit sind die Grundlage für ein menschenwürdiges Leben. Diese echte und einzige Lebensperspektive liegt meiner Entscheidung in dieser schwierigen Abstimmung zugrunde. Karin Evers-Meyer (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Seide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Besonders anzumerken ist, dass sich bei diesem Prozess absolute Gegner an einen Tisch gesetzt haben – eben wie zum Beispiel Saudi-Arabien und Iran, USA und Russland. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung des IS im Irak und Syrien würde eine Ausbreitung des IS in Nachbarstaaten zur Folge haben. Dies ist eine erklärte Strategie des IS. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden. die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Ganz besonders richtete sich der Anschlag auf das Fußballspiel auch gegen uns. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Diese Solidarität gilt für mich im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS hab ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration, insbesondere junger Muslime, müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle möchte ich eindringlich daran erinnern, was der IS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger des IS, Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich dem IS verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden; systematische Landnahme, Abschlachtung ganzer Dörfer – selbst in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Es ist traurig, dass vor allem aufgrund des russischen Widerstandes kein robustes UN-Mandat zum Einsatz in Syrien erreicht werden konnte. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Ich setze mich in Berlin schon seit langem für die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen ein. Meiner Meinung nach können ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit beispielsweise kaum in Syrien niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, zum Beispiel Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran arbeiten wir. Liebe Genossinnen, liebe Genossen, nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Kerstin Griese (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die weltweite Lage, auf die Zunahme von Terror, Gewalt und Unfreiheit, besonders in Syrien und im Nordirak. Die Anschläge in Paris haben mich erschüttert, ebenso die Anschläge in Ägypten, Bamako, Sarajevo, Bagdad, Beirut und auch die nahezu täglichen Attacken, wie sie in Israel und in den palästinensischen Gebieten stattfinden. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen 2011 hat das Assad-Regime die eigene Bevölkerung angegriffen und auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele beschossen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert, in dem die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe Da'isch, die sich „Islamischer Staat“ (IS oder ISIS) nennt, seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Sie ermorden alle, die sich nicht ihren Vorstellungen einer gewalttätigen und fundamentalistischen Auslegung des Islam unterwerfen, seien es Christen, Jesiden, Schiiten oder andersdenkende Sunniten. Aus den historischen Ursprungsgebieten des Christentums sind inzwischen fast alle aramäischen Christinnen und Christen vertrieben, ermordet und immer noch viele entführt. Die Terroristen vertreiben dort seit Jahrtausenden angesiedelte Volksgruppen, entführen, misshandeln, missbrauchen und ermorden massenhaft Mädchen und Frauen und wüten mit unvorstellbarer Grausamkeit. Nachdem sich ihre terroristischen und militärischen Aktivitäten zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe Da'isch/IS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer, nach Nordafrika und bis nach Europa. Die Terroranschläge mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich eine politische Lösung geben muss und dass zivile Konfliktlösungen immer Vorrang haben. Hierfür haben sich die Bundesregierung und insbesondere unser Außenminister Frank Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe fand auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin statt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich der Außenminister mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem des Iran und von Saudi Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg, deshalb muss mit ihnen trotz aller unterschiedlicher Werte gesprochen werden. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne Da'isch/IS  – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen kann die Grundlage für eine Vereinbarung entwickelt werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe Da'isch/IS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher hat der Deutsche Bundestag im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen die Terroristen im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von Da'isch/IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Francois Hollande die Bundesregierung gebeten, sich neben ihrem politischen Engagement zur Lösung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von Da'isch/IS im Nordirak (Waffenlieferungen und Ausbildung der kurdischen Peschmerga) auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz am Kampf gegen Da'isch/IS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung militärische Fähigkeiten in Form von Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeugen sowie einer Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers angeboten. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art zu leben. Sie richten sich gegen die unteilbaren Menschenrechte. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Die Anschläge in Paris sind aus meiner Sicht zwar der Auslöser, aber nicht die Ursache der Notwendigkeit eines verstärkten deutschen Engagements. Deutschland ist schon seit langem Teil der internationalen Allianz gegen den Terror, damit ist Deutschland auch schon lange im Visier international agierender Terroristen. Trotz meiner Skepsis gegenüber militärischen Einsätzen und den unbedingt zu diskutierenden Fragen nach langfristigen Strategien habe ich mich nach intensiven Diskussionen und in einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, diesem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Für mich ist entscheidend, dass zivile Krisenlösungen immer Vorrang haben und zivile Prozesse gestärkt werden müssen. Gewaltfreie Lösungen, der politische Weg und die Diplomatie müssen immer Vorrang haben. Der Einsatz militärischer Gewalt kann nur die äußerste Möglichkeit angesichts schwerster andauernder Menschenrechtsverletzungen sein. Ich weiß, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation Da'isch/IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrien-Krieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen Da'isch/lS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an Da'isch/IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass Da'isch/IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Gleichzeitig muss es gelingen, Waffenlieferungen an Länder dieser Region zu reduzieren. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ oder gar einem Kampf der Religionen oder der Gläubigen gegen Nicht-Gläubige entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von Da'isch/IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration des Islam in unsere Gesellschaft und insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden. Ebenso müssen junge Menschen – sogenannte „Ausländische Kämpfer“ – daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur mit diesem gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für Humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Michael Groß (SPD): Mir fällt eine Entscheidung für oder gegen das Mandat sehr schwer. Grundsätzlich ersetzen Kriegseinsätze keine politischen Lösungen. Deswegen habe ich unter anderem seit der Aufnahme meines Mandats gegen militärische Einsätze in Afghanistan gestimmt. In der heutigen Abstimmung gilt für mich jedoch der Grundsatz, Unschuldige vor Terroristen, Kriminellen und brutalen Mördern zu schützen. In Syrien tobt ein Krieg, der sich inzwischen massiv ausgeweitet hat. Unschuldige sterben, werden vor den Augen unserer friedliebenden, demokratischen und freiheitlichen Welt hingerichtet und brutal ermordet. Millionen Menschen sind auf der Flucht vor dem Terror des IS. Frank-Walter Steinmeier ist mit hohem politischem Engagement aller Akteure mit dem „Wiener Gespräch“ auf dem richtigen Weg. Die diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges laufen verstärkt. Ich unterstütze Navid Kermani, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, dass ein weit entschlosseneres diplomatisches und zivilgesellschaftliches Handeln erforderlich ist, möglicherweise auch militärische Schritte notwendig sind. Am Anfang standen friedliche Proteste, denen mit unerbittlicher Härte begegnet wurde. Gespräche wurden abgelehnt, auf Eskalation durch das Regime von Baschar al-Assad gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Es gilt, diejenigen zu schützen, die weder der einen noch der anderen Gruppierung angehören. Es müssen sichere Zonen geschaffen werden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt, mit denen ein kritischer Dialog gesucht werden muss, um die Situation vor Ort zu stabilisieren. Ebenso muss dafür gesorgt werden, dass die Geldquellen für IS ausgetrocknet werden. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert, denn Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin davon überzeugt, dass man einen militärischen Einsatz gegen den sogenannten IS – im Folgenden verwende ich den Begriff Da'isch – durchaus auch unter Beteiligung deutscher Truppen braucht. Das vorgelegte Mandat halte ich aber für nicht zustimmungsfähig. Die Terroranschläge in Paris galten nicht allein Frankreich, sondern richten sich gegen das liberale Europa, unsere Werte und säkulare, pluralistische Lebensweise. Frankreichs Präsident Hollande hat sich mit der Bitte um Beistand bewusst nicht an die NATO gewandt, sondern an die Solidarität der Europäischen Union appelliert. Wie immer man also entscheidet: Man muss reflektieren, was diese Entscheidung für das deutsch-französische Verhältnis bedeutet. Es ist daher alles andere als leicht, diesem Mandat nicht zuzustimmen. Wir müssen und werden Frankreich unterstützen – zum Beispiel auch durch unseren Einsatz in Mali. Das steht für mich außer Frage. Der von der Koalition vorgelegte Mandatstext für Syrien enthält jedoch so viele offene Fragen und Unklarheiten, dass ich darin nicht die Unterstützung sehe, auf die es jetzt ankäme. Die unbequeme Realität ist leider: Der Krieg ist in Syrien seit fünf Jahren blutige Wirklichkeit. Deswegen geht es zuvorderst um die Frage, wie dieser Krieg beendet werden kann, um Raum für eine politische Lösung herbeizuführen. Wichtig ist darüber hinaus die Einschränkung der ausländischen Finanzströme und des Ölhandels von Da'isch, aber allein damit lässt sich ihr Terror nicht austrocknen. Die bedeutendste Ressource des Da'isch ist die unter seiner Kontrolle stehende Bevölkerung und seine Fähigkeit, Tausende Dschihadisten aus aller Welt anzuziehen, zu trainieren und in den Kampf zu schicken. Diese Ressourcen wird man nur einschränken können, wenn man Da'isch wieder Territorium abringt – wie es im übrigen zum Beispiel den Peschmerga-Kämpfern im Nordirak gelungen ist. Ich habe die Waffenlieferungen an sie unterstützt und finde, dass dies eine notwendige Maßnahme war und ist. Russland hat seit dem 30. September 2015 massiv zugunsten des Assad-Regimes in den Konflikt eingegriffen. Dabei trafen seine Angriffe bislang vorwiegend die syrischen Widerstandskämpfer und weniger Da'isch. Die Türkei geht gegen Stellungen der Kurden in Syrien vor, die wiederum verstärkt von den USA unterstützt werden. All dies macht deutlich, dass die Allianz der Willigen, die dort jetzt verstärkt eingreifen, kein gemeinsamer Wille eint, sondern sie widersprüchliche Ziele verfolgen. Auch fährt die Bundesverteidigungsministerin einen Zickzackkurs in Bezug auf die Beteiligung der Regierungstruppen von Assad. Weder das Mandat noch die Äußerungen der Bundesregierung legen offen, ob, wie und unter welchen Bedingungen eine militärische Zusammenarbeit mit Russland – das Assads Armee unterstützt – erfolgen soll. Insbesondere offen ist: Wer sind die Kooperationspartner als Bodentruppen, wer wird dabei wie stabilisiert und unterstützt? Wer schließt zum Beispiel das Vakuum am Boden, wenn Da'isch dort verdrängt wurde? Diese Fragen sind zu relevant und auch zu riskant, als dass ein Mandat sie offen lassen dürfte. Angesichts einer so komplexen Akteurskonstellation braucht es hier Klarheit, bevor die deutschen Truppen entsendet werden. Ob die völkerrechtliche Grundlage für das Mandat vorhanden ist, ist zwar umstritten, eventuell aber doch gegeben; deswegen stellt dies nicht die Begründung für mein Nein dar. Auch die mittelfristigen Ziele und politischen Strategien dieser militärischen Intervention in Syrien sind unklar. Wie soll der Übergang zu einer Post-Assad-Ära gestaltet werden? Wie will die westliche Allianz den Schutz von Minderheiten und die Beteiligung aller relevanten Gruppen an einem politischen Prozess zur Zukunft des Landes sicherstellen? Wie könnte eine Nachkriegsordnung für Syrien aussehen? Leider hat die Bundesregierung ein extrem verkürztes parlamentarisches Verfahren gewählt, sodass nicht einmal eine angemessene, parlamentarische Beratung über diese Fragen stattfinden konnte. So sehr rasches Handeln nötig ist und so sehr auch die Solidarität mit unseren französischen und insgesamt europäischen Partnern selbstverständlich ist – bevor der Startpunkt für einen womöglich jahrelangen Bundeswehreinsatz gesetzt wird, müssen die Rahmenbedingungen erörtert werden. Hierzu gehört – die Akteure zu benennen, mit denen kooperiert und Informationen ausgetauscht werden und sich auch über diejenigen Akteure klarzuwerden, mit denen ein solcher Austausch nicht erfolgt – hierzu gehört für mich die klare Festlegung darauf, dass mit der Assad-Armee nicht zusammengearbeitet wird –, – eine planvolle, politische Strategie zu bedenken und darzulegen, was zum Beispiel mit erkämpften Gebieten geschieht und wie Arrangements für einen Waffenstillstand vereinbart werden können. Insgesamt bleiben zu viele entscheidende Fragen offen, das Handeln besitzt keine klare Perspektive und scheint damit auch hilflos. Es braucht dagegen eine langfristige Strategie, in die auch durchaus militärische Einsätze einzubinden sind. Dieser Einsatz ist so wenig planvoll, dass die Gefahr besteht, das Gegenteil zu bewirken von dem, was beabsichtigt ist. Daher kann ich dem Mandat in dieser Form nicht zustimmen. Metin Hakverdi (SPD): Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Zuletzt hat der Sicherheitsrat in seiner Resolution 2249 nach den Pariser Terroranschlagen festgestellt: ,,Der IS ist eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit weltweit. Der Sicherheitsrat ruft daher die Staatengemeinschaft dazu auf, alle notwendigen Maßnahmen gegen diese Bedrohung zu ergreifen.“ Für mich steht fest, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Auf Initiative des UN-Sondergesandten de Mistura wurden vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher hat der Bundestag auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS stimme ich heute dem Mandat der Bundesregierung zu. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich bin jedoch überzeugt, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UNCharta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu. Ulrich Hampel (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Besonders anzumerken ist, dass sich bei diesem Prozess absolute Gegner an einen Tisch gesetzt haben – eben wie zum Beispiel Saudi-Arabien und Iran, USA und Russland. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien (ohne ISIS) zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten, Professor Volker Perthes, geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung des IS im Irak und Syrien würde eine Ausbreitung des IS in Nachbarstaaten zur Folge haben. Dies ist eine erklärte Strategie des IS. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Ganz besonders richtete sich der Anschlag auf das Fußballspiel auch gegen uns. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Diese Solidarität gilt für mich im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration, insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle möchte ich eindringlich daran erinnern, was der IS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger des IS Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich dem IS verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden, systematische Landnahme Abschlachtung ganzer Dörfer – selbst in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Es ist traurig, dass vor allem aufgrund des russischen Widerstandes kein robustes UN-Mandat zum Einsatz in Syrien erreicht werden konnte. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Wir setzen uns in Berlin schon seit langem für die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen ein. Meiner Meinung nach kann ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit beispielsweise kaum in Syrien niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, beispielsweise Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran arbeiten wir. Nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Sebastian Hartmann (SPD): Deutschland steht zu seinen Bündnisverpflichtungen, ganz besonders zu unserem engsten und treuesten Verbündeten – Frankreich. Auf die konkrete Aufforderung und Anfrage seitens unserer französischen Freunde und Nachbarn, die sich auf die kollektive Bündnisstruktur in Europa beruft, kann und darf die Antwort Deutschlands nur Ja sein, natürlich nur im Einklang mit unserem Verfassungsrecht. Beistand und Solidarität sind geschuldet. Die Bundesrepublik Deutschland unterstützt Frankreich, Irak und die internationale Allianz, die aus mehr als 60 Partnern besteht, in ihrem Kampf gegen Da'isch auf der Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 UN-Charta. Nach den Angriffen auf Paris am 13. November 2015 hat sich mit Frankreich erstmals ein EU-Mitgliedstaat auf die in Artikel 42 Absatz 7 des Vertrages über die Europäische Union verankerte sogenannte Beistandsklausel berufen. Auf dem Treffen des Rates der EU für Außenbeziehungen im Format der EU-Verteidigungsminister in Brüssel am 17. November 2015 haben dann alle Mitgliedstaaten einhellig den französischen Antrag unterstützt und ihre Solidarität und ihren Beistand zugesichert. Die Entsendung der deutschen Streitkräfte erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes – und damit in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Mit dem neuen Mandat führt Deutschland sein sicherheitspolitisches Engagement, das 2014 mit der Unterstützung der kurdischen Regionalregierung zum Schutz der Zivilbevölkerung im Nordirak begann, fort. Aber es geht nicht nur um Frankreich, nicht ausschließlich um die konkrete Reaktion auf einen grausamen Terroranschlag in Paris. Mit einer Terrororganisation wie Da'isch kann es keine Friedensgespräche oder einen Mediationsprozess geben. Im Machtbereich des Da'isch leiden seit Jahren Millionen Menschen, werden gefoltert, versklavt, missbraucht, ermordet – im Nahen und Mittleren Osten, vor allem in Syrien und im Irak. Aber der Terror überzieht auch Afrika, vom Norden über Mali bis Nigeria. Und auch Asien ist bedroht. Die Menschen, die dort leben, bedürfen unseres Schutzes. Ein politisches Konzept ist vonnöten. Wir brauchen auch eine internationale Lösung, die Deutschland einbezieht – ohne Assad. Der syrische Machthaber gehört vor Gericht gestellt. Das Recht steht über der Macht. An diejenigen, die wohl auch mit guten Gründen ablehnen, richte ich die Frage: Wenn Lufteinsätze nicht die erhoffte Wirkung erzielen, ist die Antwort dann die Entsendung von Bodentruppen? Oder erneut die Bewaffnung regionaler Gruppen? Für Prävention, das Markenzeichen deutscher Außenpolitik, ist es hier zu spät. Die Situation ist so, wie sie ist, und wir müssen in ihr entscheiden. Selbstverständlich müssen wir auch die Finanzquellen austrocknen und den politischen Prozess weiterverfolgen. Aber Da'isch müssen wir nicht irgendwann, sondern jetzt stoppen. Das geht nicht ohne Waffen, und wir dürfen es nicht anderen überlassen. Eine seit Jahren versprochene, aber uneingelöste Perspektive in naher oder ferner Zukunft hilft den konkret Betroffenen wenig. Zumal ich auch einen Alleingang von Präsident Putin unter Ausschluss westlicher Partner nicht für eine erstrebenswerte Lösung halte. Ich möchte nach der strittigen Entscheidung zur Bewaffnung regionaler Gruppen im Irak, wenn auch zur Selbstverteidigung, nicht erneut die Verantwortung durch solche Entscheidungen und Delegation ablegen. Jetzt sind wir direkt gefordert. Wir wollen uns daran beteiligen, dass eine breite internationale Mission den Terror in der Region beendet, auf der Grundlage des Völkerrechts und im Einklang mit der Wahrnehmung der Selbstverteidigungsrechte unserer französischen Freunde, denen wir beistehen. Dem vereinzelt geäußerten Hinweis, wir riskierten dadurch eine erhöhte Terrorgefahr durch Racheakte, ist zu entgegnen: Unsere Lebensweise und unsere Gesellschaft stehen ohnehin im Fokus der religionsmissbrauchenden Terroristen und Mörder des Da'isch. Doch Freiheit und Recht stehen immer vor Macht und Gewalt. Ich stimme der Entscheidung heute deshalb trotz aller offenen Fragen zu. Wolfgang Hellmich (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe Da'isch seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von Da'isch zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe Da'isch und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation Da'isch eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den Syrien-Konflikt letztlich eine politische Regelung geben muss. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem des Iran und von Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg und bringen eigene Interessen konfliktverschärfend ein. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne Da'isch – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, mit der wir einer politischen Konfliktregelung näherkommen können. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe Da'isch ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann, mit dieser Terrororganisation lässt sich nicht verhandeln. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen Da'isch im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als richtig erwiesen. Mehrere von Da'isch besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von Da'isch im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen Da'isch zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen Da'isch angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers und Satellitenkapazitäten und Unterstützung in der Stabsarbeit. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. So haben wir Frankreich für den Fall eines Großschadenereignisses sanitätsdienstliche Hilfe zugesagt. Nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess haben wir uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zur Anwendung auch militärischer Mittel gegen die Terrorgruppe Da'isch zuzustimmen. Wir wissen, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation Da'isch ein Teil ihres gesamten Engagements in der Region ist. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen Da'isch im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen Da'isch, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Da'isch hat Europa den Krieg erklärt. Nach wie vor sind aber die meisten Opfer von Da'isch selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Mit diesem umfassenden Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von Da'isch einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 300 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Dr. Eva Högl (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die weltweite Lage, auf die Zunahme von Terror, Gewalt und Unfreiheit, besonders in Syrien und im Nordirak. Die Anschläge in Paris haben mich erschüttert, ebenso die Anschläge in Ägypten, Bamako, Sarajevo, Bagdad, Beirut und auch die nahezu täglichen Attacken, wie sie in Israel und in den palästinensischen Gebieten stattfinden. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen 2011 hat das Assad-Regime die eigene Bevölkerung angegriffen und auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele beschossen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert, in dem die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe Da'isch, die sich ,,Islamischer Staat“ (IS oder ISIS) nennt, seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Sie ermorden alle, die sich nicht ihren Vorstellungen einer gewalttätigen und fundamentalistischen Auslegung des Islam unterwerfen, seien es Christen, Jesiden, Schiiten oder andersdenkende Sunniten. Aus den historischen Ursprungsgebieten des Christentums sind inzwischen fast alle aramäischen Christinnen und Christen vertrieben, ermordet und immer noch viele entführt. Die Terroristen vertreiben dort seit Jahrtausenden angesiedelte Volksgruppen, entführen, misshandeln, missbrauchen und ermorden massenhaft Mädchen und Frauen und wüten mit unvorstellbarer Grausamkeit. Nachdem sich ihre terroristischen und militärischen Aktivitäten zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe Da'isch/IS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer, nach Nordafrika und bis nach Europa. Die Terroranschläge mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich eine politische Lösung geben muss und dass zivile Konfliktlösungen immer Vorrang haben. Hierfür haben sich die Bundesregierung und insbesondere unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe fand auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin statt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich der Außenminister mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem des Iran und von Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg, deshalb muss mit ihnen trotz aller unterschiedlicher Werte gesprochen werden. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne Da'isch/IS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen kann die Grundlage für eine Vereinbarung entwickelt werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe Da'isch/IS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher hat der Deutsche Bundestag im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen die Terroristen im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von Da'isch/IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident François Hollande die Bundesregierung gebeten, sich neben ihrem politischen Engagement zur Lösung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von Da'isch/IS im Nordirak (Waffenlieferungen und Ausbildung der kurdischen Peschmerga) auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz am Kampf gegen Da'isch/IS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung militärische Fähigkeiten in Form von Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeugen sowie einer Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers angeboten. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Sie richten sich gegen die unteilbaren Menschenrechte. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Die Anschläge in Paris sind aus meiner Sicht zwar der Auslöser, aber nicht die Ursache der Notwendigkeit eines verstärkten deutschen Engagements. Deutschland ist schon seit langem Teil der internationalen Allianz gegen den Terror, damit ist Deutschland auch schon lange im Visier international agierender Terroristen. Trotz meiner Skepsis gegenüber militärischen Einsätzen und den unbedingt zu diskutierenden Fragen nach langfristigen Strategien habe ich mich nach intensiven Diskussionen und in einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, diesem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Für mich ist entscheidend, dass zivile Krisenlösungen immer Vorrang haben und zivile Prozesse gestärkt werden müssen. Gewaltfreie Lösungen, der politische Weg und die Diplomatie müssen immer Vorrang haben. Der Einsatz militärischer Gewalt kann nur die äußerste Möglichkeit angesichts schwerster andauernder Menschenrechtsverletzungen sein. Ich weiß, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation Da'isch/IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen Da'isch/IS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an Da'isch/IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass Da'isch/IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Gleichzeitig muss es gelingen, Waffenlieferungen an Länder dieser Region zu reduzieren. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ oder gar einem Kampf der Religionen oder der Gläubigen gegen Nicht-Gläubige entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von Da'isch/IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration des Islam in unsere Gesellschaft und insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden. Ebenso müssen junge Menschen (sogenannte „ausländische Kämpfer“) daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur mit diesem gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Angela Kermer (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Besonders anzumerken ist, dass sich bei diesem Prozess absolute Gegner an einen Tisch gesetzt haben – eben wie zum Beispiel Saudi-Arabien und Iran, USA und Russland. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung des IS im Irak und Syrien würde eine Ausbreitung des IS in Nachbarstaaten zur Folge haben. Dies ist eine erklärte Strategie des IS. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Ganz besonders richtete sich der Anschlag auf das Fußballspiel auch gegen uns. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Diese Solidarität gilt für mich im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration, insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle möchte ich eindringlich daran erinnern, was der IS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger des IS, Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich dem IS verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden, systematische Landnahme, Abschlachtung ganzer Dörfer – selbst in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Es ist traurig, dass vor allem aufgrund des russischen Widerstandes kein robustes UN-Mandat zum Einsatz in Syrien erreicht werden konnte. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Ich setze mich in Berlin schon seit Langem für die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen ein. Meiner Meinung nach kann ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit beispielsweise kaum in Syrien niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, zum Beispiel Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran arbeiten wir. Liebe Genossinnen, liebe Genossen, nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation ,,Islamischer Staat“ zu. Daniela Kolbe (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen Im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich Deutschland mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Deutschland unterstützt den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten, Professor Volker Perthes, geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher hat der Deutsche Bundestag auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über den Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 hat die Koalition den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Sabine Leidig (DIE LINKE): Ich sage Nein zum Einsatz der Bundeswehr in Syrien. Es bewegt mich sehr, und ich bin entsetzt, dass Deutschland demnächst Kriegspartei in Syrien sein wird. Ich finde, dass Solidarität mit den Opfern von Terror und Gewalt anders aussehen muss. Krieg war und ist auch heute die falsche Antwort auf den Terror. Es gibt viele Gründe für dieses Nein zum Krieg: Der wichtigste ist, dass Unschuldige dabei getötet werden. Bei den Bombardierungen, die künftig mithilfe deutscher Militärs stattfinden sollen, sterben heute schon Männer, Frauen und Kinder, die das Unglück haben, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Man kann nicht Blut mit Blut wegwaschen. Das Zweite ist, dass genau damit den terroristischen Gruppen wie dem IS neue Kämpfer zugetrieben werden, weil sie den Hass gegen „den Westen“ schüren. Der 14-jährige „Krieg gegen den Terror“, der im Irak und in Afghanistan geführt wurde, hat den Terrorismus nicht vermindert – im Gegenteil. Weil das viele Geld anders eingesetzt den Menschen nützen könnte, wieder stabile Strukturen aufzubauen; alleine Deutschland, als relativ kleiner Partner, hat fast 9 Milliarden Euro für den militärischen Einsatz in Afghanistan ausgegeben – wie viele Schulen, landwirtschaftliche Genossenschaften oder Krankenstationen hätte man in diesem bitterarmen Land für diese Summe aufbauen können? Und dieser Kriegseinsatz schwächt das Völkerrecht. Die EU-Beistandsklausel wird genutzt und die NATO eingesetzt, ohne UN-Mandat und ohne dass die UN-Resolutionen zuvor umgesetzt wurden. Nichts tun ist nicht die Alternative. Im Gegenteil – es wird schon zu lange zu wenig getan, um das Morden dort in Syrien und im Irak zu stoppen. Unverzüglich müssen die UN-Resolutionen umgesetzt werden, um die Nachschubströme für den IS zu unterbrechen. Dabei geht es um Hunderte Millionen Dollar aus dem Handel mit Öl, Kunstgegenständen, Frauen – mit denen der IS seine Gefolgsleute und Schergen bezahlt. Handelspartner sitzen in der Türkei und in Saudi-Arabien. Die EU und Deutschland müssen entschlossen dafür eintreten, dass diese Geschäfte beendet werden. Über die Grenze zur Türkei kommt auch der Zustrom von Kämpfern – die Türkei muss endlich ihre offene und verdeckte Unterstützung des IS stoppen und die Grenze an dieser Stelle dichtmachen. Deutschland müsste die Zonen der „Demokratischen Autonomie“ – Stichwort: Rojava – und die kurdische Selbstverwaltung in Syrien unterstützen. In dieser Region ist so viel demokratische Selbstbestimmung, Geschlechtergerechtigkeit und multiethnisches Zusammenleben entwickelt worden, dass sie als Modell dienen kann. Und: Von den Kurdinnen und Kurden kommt der bisher einzig wirksame Widerstand gegen den IS. Schließlich: keine Waffenlieferungen mehr in den Nahen und Mittleren Osten. Wir müssen die eigene Verstrickung erkennen und die sozialen Verhältnisse nicht ausblenden Dazu zitiere ich aus dem Kommentar von Johannes Angermüller, Kuratoriumssprecher des Instituts Solidarische Moderne aus Paris: „… Doch der islamistische Terror ist kein kulturelles oder religiöses Problem, das gleichsam von außen in den Westen hineinschwappt, gehen die seit 9/11 in westlichen Metropolen begangenen Terrorakte doch ganz überwiegend auf das Konto von Leuten, die in den westlichen Metropolen geboren und aufgewachsen sind und mit der westlichen Kultur mehr als nur oberflächlich vertraut sind: Der Terror gegen den Westen ist eine Frucht, die im Westen selbst gewachsen ist. Gerade die Anschläge in Paris erinnern an die soziale Situation, in der Jugendliche und junge Erwachsene ideologisch motivierte Gewalt ausüben: Sozial hoch stigmatisierte Immigranten-Kinder der x-ten Generation aus den nordöstlichen Pariser Vororten (wie etwa Drancy, Saint Denis) brauen sich eine apokalyptische Ideologie zusammen und bekommen in Syrien oder Afghanistan eine militärische Ausbildung, um unvorstellbare Verbrechen dort und dann im Westen zu begehen ... Nicht zuletzt werden mit solchen Aktionen gesellschaftliche Visionen kommuniziert: ein reaktionärer und patriarchaler Gottesstaat gegen die urban-linksliberale Postmoderne. Die Kreise, in denen dieser Konflikt ausgetragen wird, beschränken sich nicht auf New York und London, Madrid und Paris. Diese sozialen und politischen Kämpfe haben sich mit religiösen und kulturellen Kodes zu einem globalisierten Guerillakrieg verquickt, der in den 1990er-Jahren mit internationalen Terrortouristen in Algerien und Russland anfing und inzwischen von allem in Syrien Tausende aus den Vororten der westlichen Metropolen und aus reichen arabischen Ländern wie Saudi-Arabien angezogen hat. In jedem Fall gilt: Will man den globalisierten Terrorismus dauerhaft bekämpfen, darf man die sozialen Verhältnisse nicht ausblenden, aus denen sich dieser immer wieder speist. Zäune, Bomben und Ausgrenzung sind nicht die Lösung, sondern eine seiner Ursachen. Unsere Antwort muss in einer Politik der internationalen Solidarität, der Offenheit und der Toleranz liegen.“ Steffen-Claudio Lemme (SPD): In der Kürze der Zeit, die uns Abgeordneten für unsere Entscheidung zur Verfügung stand, sehe ich mich außerstande, dem Militäreinsatz der Bundeswehr zuzustimmen. Immerhin handelt es sich um einen der auch personell umfangreichsten Einsätze, über die ich bisher jemals zu entscheiden hatte. Auch ich bin davon überzeugt, dass Deutschland in der Verantwortung steht, für eine Beendigung des IS-Terrors einzutreten. Jedoch fehlt es gegenwärtig an einem UN-Mandat für den Einsatz. Es ist für mich nicht erkennbar, auf welche Art und Weise die Terroristen gezielt bekämpft werden sollen, ohne die Zivilbevölkerung und letztendlich auch unsere eigenen Soldaten in große Gefahr zu bringen. Die Vergangenheit, insbesondere auch die Erfahrung im Einsatz in Afghanistan, hat gezeigt, dass militärische Interventionen eher zu einer Eskalation der Gewalt und zur Radikalisierung von Bevölkerungsgruppen beitragen statt die Probleme zu lösen. Die Irritationen in den letzten Tagen über den politischen Umgang mit dem syrischen Staatschef Assad haben zu meiner Entscheidung beigetragen. So groß mein Vertrauen in Außenminister Steinmeier auch ist: bei dieser Entscheidung bin ich alle in meinem Gewissen unterworfen. Militärische Kampfeinsätze sind immer mit Opfern unter Zivilisten und ungewissem Ausgang verbunden. Sie können nur letztes Mittel sein, wenn alle diplomatischen Bemühungen gescheitert sind. Diesen Zeitpunkt sehe ich, gerade im Zusammenhang mit dem Wiener Prozess, lange nicht gekommen. Dr. Andreas Lenz (CDU/CSU): Ich bin nicht kategorisch gegen einen Einsatz der Bundeswehr in Syrien. Manchmal sind militärische Mittel notwendig, um eine Perspektive für Veränderungen zu schaffen. Es liegt jedoch diesem Einsatz aus meiner Sicht kein hinreichendes Ziel zugrunde. Das bloße Zurückdrängen des sogenannten IS kann im Sinne einer Gesamtkonzeption nur ein Lösungsansatz sein. Der sehr begrüßenswerte Wiener Prozess sollte aus meiner Sicht genau dazu dienen, um dann die mitunter militärischen Maßnahmen zu ermitteln, die für eine möglichst gemeinsame Bekämpfung des sogenannten IS notwendig sind. Des Weiteren ist nicht klar, wie mit der syrischen Armee verfahren wird. Ein solcher Schritt erfordert meiner Ansicht nach auch jetzt schon eine Abschätzung, welche weiteren Schritte sich dadurch unter Umständen ergeben. Eine entsprechende Abschätzung sollte deshalb auch schon zum jetzigen Zeitpunkt erfolgen. Ich sehe natürlich die internationalen Bündnisverpflichtungen; dies sollte uns aber nicht davon abhalten, zunächst die offenen Fragen zu klären. Andrea Lindholz (CDU/CSU): Meine Entscheidung für den Bundeswehreinsatz zur Bekämpfung des IS habe ich nicht leichtfertig getroffen und möchte sie daher begründen. Deutschland setzt sich wie kaum ein anderes Land für Syrien, für die syrischen Flüchtlinge und für den politischen Friedensprozess in der Region ein. Um die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung und ihr umfassendes Engagement zu unterstützen, trage ich das Mandat für eine aktive Bekämpfung der IS-Terrororganisation mit. Der Vormarsch des IS muss gestoppt, und den Terroristen müssen die Rückzugsräume genommen werden. Das Ziel des Einsatzes ist die Stabilisierung Syriens. Die Erfolge der von der Bundeswehr unterstützten Peschmerga-Kämpfer zeigen, dass es Perspektiven gibt. Der Militäreinsatz muss aber Teil einer Gesamtstrategie werden. Ein humanitärer und wirtschaftlicher Prozess, um den 12 Millionen syrischen Flüchtlingen eine Lebensperspektive in der Region zu geben und den Wiederaufbau zu unterstützen, ist unverzichtbar. Vor allem braucht es einen politischen Friedensprozess, damit der IS nicht länger vom Bürgerkrieg profitieren kann. Die Wiener Friedensverhandlungen sind fragil, aber ein wichtiger Fortschritt. Trotz der Unsicherheit müssen wir jetzt entschlossen handeln. Wenn der IS nicht gestoppt wird, gibt es in Syrien nichts mehr zu stabilisieren. Ein Übergreifen des IS auf den Libanon oder Jordanien wäre fatal. Deutschlands Solidarität darf keine leere Floskel sein. Der Terror von Paris richtete sich nicht nur gegen Frankreich, sondern gegen ganz Europa. Das zeigt der Versuch, das deutsch-französische Freundschaftsspiel in ein Blutbad zu verwandeln. Frankreich und Deutschland bilden den Motor der EU, die mit der Flüchtlingskrise, dem Terror und der Wirtschaftskrise im Euro-Raum vor gewaltigen Herausforderungen steht. Die deutsch-französische Freundschaft bleibt für Europa unverzichtbar. Wir sind längst im Fadenkreuz der Islamisten. Deutschland muss auch aus nationalem Interesse handeln. Bundeswehrsoldaten stellen sich bereits in Afghanistan, in Mali und im Irak den Islamisten in den Weg. Dieser Einsatz ist ein weiterer Beitrag Deutschlands im globalen Kampf gegen den Terror. Als führende Wirtschaftsmacht dürfen wir diese gefährliche Aufgabe nicht nur anderen überlassen. Rechtlich abgesichert ist der Einsatz durch drei UN-Resolutionen und Artikel 51 der UN-Charta in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 EU-Vertrag. Natürlich müssen wir der steinzeitlichen Ideologie der Islamisten auch bei uns in Europa den Nährboden entziehen. Ich wünsche allen Bundeswehrsoldaten, die ihre körperliche und seelische Gesundheit für unsere Sicherheit riskieren, eine unversehrte Rückkehr. Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich stimme gegen den Antrag der Bundesregierung. Dies ist eine Gewissensentscheidung. In Syrien und im Irak sind in den vergangenen vier Jahren Hunderttausende unschuldige Menschen den Folgen eines schrecklichen Krieges und dem Handeln der Terrororganisation Da'isch, die sich selbst als „Islamischer Staat“ bezeichnet, zum Opfer gefallen. Wir stehen in der Verantwortung, dieses Morden zu beenden. Dazu braucht es sowohl einen zivilen, politischen Ansatz als auch in letzter Konsequenz militärische Mittel gegen Da'isch. Meine Überzeugung, dass zu befürchten ist, Da'isch nicht vollkommen ohne militärische Mittel bekämpfen zu können, kann jedoch nicht heißen, dass jedwede militärische Aktion auch sinnvoll ist. Die Bundesregierung beabsichtigt mit dem vorgelegten Mandat, den derzeit größten Auslandseinsatz deutscher Streitkräfte in die Wege zu leiten, und geht nach eigener Einschätzung selbst davon aus, dass dieser Einsatz möglicherweise über Jahre andauern kann. Vom Verfahren her ist es in dieser Situation vollkommen unangebracht, das vorgelegte Mandat binnen vier Tagen parlamentarisch zu einer abschließenden Beschlussfassung zu bringen, zumal es weder politische noch materielle Gründe für diesen Zeitdruck gibt. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Bitte Frankreichs um unsere Unterstützung. Es steht außer Frage, dass wir unseren europäischen Partnern gegenüber solidarisch sein wollen und werden. Dies heißt jedoch keineswegs, dass wir uns überhastet in einen Auslandseinsatz begeben müssen. Die materiell tragenden Gründe für mein Abstimmungsverhalten sind vor allem zwei Schwächen, die das Vorgehen der Bundesregierung aufweist: Ein militärisches Vorgehen gegen Da'isch wird nur dann Aussicht auf Erfolg haben können, wenn es von einer breiten internationalen Koalition gegen den Terrorismus getragen ist. Die Russische Föderation und die Republik Türkei müssen gemeinsam mit dem Rest der Koalition Da'isch bekämpfen und nicht eigene kontraproduktive Ziele verfolgen. Hierzu bedarf es eines gemeinsam abgestimmten Vorgehens unter dem Dach der Vereinten Nationen. Dies ist mit dem vorgelegten Mandat nicht der Fall. Auch wenn ich der Überzeugung bin, dass das Vorgehen gegen Da'isch in letzter Konsequenz wohl nicht ohne Militär erfolgreich sein wird, so kann der Konflikt in Syrien und im Irak am Ende nur politisch gelöst werden. Die Frage bleibt unbeantwortet, wie die übrigen Konfliktparteien der Region zu einem friedlichen Ausgleich finden sollen. Es braucht zumindest Grundzüge eines Lösungsansatzes, wenn der Einsatz von Militär gegen Da'isch wirklich zu einer Befriedung der Region beitragen soll. Burkhard Lischka (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristische und militärische Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung – und insbesondere Außenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) – mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in der Lösung des Konflikts zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich Deutschland mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Frankreichs Präsident, François Hollande, die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht ausschließlich auf den militärischen Bereich konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung deshalb ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um die Entstehung von „Parallelgesellschaften“ zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen ihm zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 hat die Bundesregierung hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben CDU, CSU und SPD dafür Sorge getragen, dass der Ansatz für humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht wird. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Hiltrud Lotze (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011, hat das Assad-Regimes auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von .deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Meine Fraktion und ich sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir uns nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns und mir nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Meine Fraktion unterstützt die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen und wollen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Aydan Özoğuz (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit eine geographische Ausweitung vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses extremistischen Machtkampfes. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass unterschiedliche Konfliktparteien involviert sind. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir uns nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass der IS-Terror uns spaltet und Religionsgemeinschaften unter terroristischen Generalverdacht stellt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen oder Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen wie in Frankreich zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimmen wir dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation ,,Islamischer Staat“ zu. Dieses Mandat gilt längstens bis zum 31. Dezember 2016. Markus Paschke (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in andere arabische Länder, Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich die SPD mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher wurde im vergangenen Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung, mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident François Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak, sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich – sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Mir ist bewusst, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Ich möchte nicht, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Die Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- oder auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa muss Deutschland auch weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 wurden bereits mehr als 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 wurde der Ansatz für die humanitäre Hilfe und für die zivile Krisenprävention um mehr als 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, das Engagement für die Flüchtlinge und die Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Ich bin zutiefst überzeugt, dass Terrorismus nicht mit militärischen Mitteln zu besiegen ist. Andererseits bin ich aber auch davon überzeugt, dass wir die Ausbreitung des IS im Irak, in Syrien und in anderen Ländern verhindern müssen. Für mich ist die Ausgangssituation eine andere wie in Afghanistan. Der IS hat nicht nur Zuflucht unter dem Regime eines Staates gefunden, sondern mit barbarischen Mitteln weite Teile von Syrien und Irak besetzt. Auch in der deutschen Geschichte hat ein Terrorregime das ganze Land besetzt. Damals haben sich viele Länder auch mit militärischen Mitteln an unserer Befreiung beteiligt. Die Entscheidung für oder gegen das Mandat empfinde ich als äußerst schwer und problematisch. Ich sehe zurzeit nur zwei Möglichkeiten: erstens unsere Freunde und Verbündeten auch mit militärischen Mitteln zu unterstützen, um die Ausweitung von IS zu verhindern, zweitens die Menschen in Syrien und dem Irak sowie in weiteren Ländern dem barbarischen Terror von IS zu überlassen. Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. In Abwägung aller von mir beschriebenen Umstände werde ich dem Mandat zustimmen. Ich erwarte jedoch von der Bundesregierung und allen beteiligten Regierungen, dass sie mit noch stärkerem Nachdruck die finanzielle Basis des IS austrocknet sowie die humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort verstärkt und alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpft, damit die Menschen im Nahen Osten, in Asien und Afrika friedlich zusammenleben können. Wirtschaftliche Interessen dürfen hierbei keine Rolle spielen. Sabine Poschmann (SPD): Der syrische Bürgerkrieg eskalierte zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe IS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten vom IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe IS und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich die SPD mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne den IS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahostexperten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Daher wurde im vergangenen Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen den IS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere vom IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen zum Teil, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung des IS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen den IS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen den IS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Mir ist jedoch bewusst, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen den IS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen den IS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an den IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer vom IS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Die Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben des IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa muss Deutschland weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, das Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit den internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Ich bin zutiefst überzeugt, dass Terrorismus nicht mit militärischen Mitteln zu besiegen ist. Andererseits bin ich aber auch davon überzeugt, dass wir die Ausbreitung des IS im Irak, in Syrien und in anderen Ländern verhindern müssen. Für mich ist die Ausgangssituation eine andere wie in Afghanistan. Der IS hat nicht nur Zuflucht unter dem Regime eines Staates gefunden, sondern mit barbarischen Mitteln weite Teile von Syrien und Irak besetzt. Auch in der deutschen Geschichte hat ein Terrorregime das ganze Land besetzt. Damals haben sich viele Länder auch mit militärischen Mitteln an unserer Befreiung beteiligt. Die Entscheidung für oder gegen das Mandat empfinde ich als äußerst schwer und problematisch. Ich sehe zurzeit nur zwei Möglichkeiten: erstens unsere Freunde und Verbündeten auch mit militärischen Mitteln zu unterstützen, um die Ausweitung des IS zu verhindern, zweitens die Menschen in Syrien und dem Irak sowie in weiteren Ländern dem barbarischen Terror des IS zu überlassen. Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. In Abwägung aller von mir beschriebenen Umstände werde ich dem Mandat zustimmen. Ich erwarte jedoch von der Bundesregierung und allen beteiligten Regierungen, dass sie mit noch stärkerem Nachdruck die finanzielle Basis des IS austrocknen sowie die humanitäre Hilfe für die Menschen vor Ort verstärken und alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen, damit die Menschen im Nahen Osten, in Asien und Afrika friedlich zusammenleben können. Wirtschaftliche Interessen dürfen hierbei keine Rolle spielen. Dr. Simone Raatz (SPD): Für mich ist es eine sehr schwere Entscheidung, ob wir auf die Terroranschläge des IS auch mit Waffengewalt reagieren sollen. Ja, der Terror ist eine klare Kampfansage an unsere demokratischen Grundwerte und unsere Gesellschaftsordnung. Es geht um die Solidarität mit den Menschen in Frankreich und das Zusammenstehen Europas. Es geht um einen Beitrag Deutschlands, in einer Koalition von 64 Staaten im Einklang mit dem Recht der Vereinten Nationen, und es geht um ein deutliches Zeichen gegen Gewalt und Terror. Doch dafür braucht es dringend eine Gesamtstrategie. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztendlich nur eine politische Lösung geben kann. Insbesondere der Prozess in Wien muss dazu führen, dass es eine politische Einigung über die Zukunft Syriens gibt. Unsere bisherige „Scheckbuchdiplomatie“ gerät hier endgültig an ihre Grenzen. Jedes Handeln muss dazu führen, Europa und unsere Bevölkerung zu schützen und gleichzeitig den Menschen in Syrien die Perspektive eines friedlichen Lebens zu schaffen. Zu lang haben wir hier bereits zugesehen und zu wenig die USA in die Pflicht genommen. Klar ist, alleine mit Diplomatie werden wir die Terroristen des IS nicht in die Schranken weisen können. Aber auch eine militärische Lösung wird die Terrororganisation IS so schnell nicht bezwingen. Hier gehört sehr viel mehr dazu. Daher werde ich mich der Stimme enthalten. Mechthild Rawert (SPD): Nach Abwägung nachfolgender Umstände stimme ich nach bestem Wissen und Gewissen in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit beim vorgelegten Mandat mit Enthaltung: Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien und auf die ganze Region. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) sprach im Zusammenhang mit dem zur Abstimmung stehenden Mandat nun aber von einem möglichen „politischem Zweckbündnis auf Zeit“ mit dem syrischen Diktator Baschar al-Assad – eine politische Vorstellung, der ich meine Stimme nicht geben will. Einschätzung der rechtlichen Grundlage: In mittlerweile drei Resolutionen – die Resolution 2170 vom 15. August 2014, die unter Kapitel VII der UN-Charta Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen beschlossen hat, die Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie die Resolution 2249 vom 20. November 2015 – hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen festgestellt, dass von dieser Terrororganisation weltweit eine Bedrohung für den Frieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Nach den barbarischen Terroranschlägen in Paris hat sich Frankreich als erster Mitgliedstaat der EU auf die Beistandsklausel in Artikel 42 Absatz 7 des Lissabon-Vertrages berufen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen Da'isch angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Zusätzlich zum Aufruf des Sicherheitsrates an die Staatengemeinschaft, alle notwendigen Maßnahmen gegen den barbarischen Terror zu ergreifen, erfolgen Deutschlands militärische Beiträge, soweit die kollektive Selbstverteidigung zugunsten von Frankreich geleistet wird, auch in Erfüllung dieser EU-Beistandsklausel. Ich bin davon überzeugt, dass damit zusammengenommen eine ausreichend legitimierte rechtliche Grundlage für einen militärischen Einsatz gegeben ist. Fördert ein militärischer Beitrag Deutschlands die Terrorgefahr? – Längst ist der nun fünfjährige syrische Bürgerkrieg zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert. Insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe, die sich selbst fälschlicher- und überheblicherweise „Islamischer Staat“ nennt, hat seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen. In den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien hat der Da'isch ein Terrorregime errichtet. Nach den anfänglich ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten terroristischen Aktivitäten haben der Da'isch und ihm nahestehende Gruppen und Einzelpersonen einen Strategiewechsel vollzogen. Sie tragen den brutalen Terror mit Hunderten von Toten und Verletzten nun in zahlreiche Gesellschaften: Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, in Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris zeugen davon. Der Da'isch richtet sich gegen unsere „westlichen“ Werte von Offenheit und Pluralität und die dadurch möglichen vielfältigen Lebensformen. Deutschland steht im Fokus des Da'isch, Terroranschläge sind möglich – dieses aber nicht erst aufgrund dieses militärischen Beitrags. Unklarheiten hinsichtlich Dauer und möglicher Ausweitung des militärischen Beitrags: Selbstverständlich ist die Überlegung unseres Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier bedenkenswert: „Wenn wir nicht verhindern, dass sich der IS noch weitere Teile Syriens unter den Nagel reißt, dann wird in Syrien nichts übrig bleiben, was wir befrieden und durch einen politischen Prozess in eine andere, hoffentlich bessere, Zukunft überführen können.“. Ob die daraus von der Bundesregierung vollzogene Eile auch im Hinblick auf das parlamentarische Verfahren wirklich notwendig war, ziehe ich in Zweifel. Jede Parlamentarierin, jeder Parlamentarier weiß, dass es keine militärische Lösung geben wird. Expertinnen und Experten äußern, dass dieser Einsatz wohl zehn Jahre andauern werde und dass ein Krieg gegen den Da'isch ohne Bodentruppen nicht zu gewinnen ist. Wer aber führt in dieser Zeitspanne den Kampf am Boden? Der Deutsche Bundestag hat im letzten Jahr mehrheitlich entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen Da'isch im Irak zu unterstützen. Seitdem sind zwar mehrere besetzte Gebiete im Norden Iraks von den kurdischen Peschmerga zurückerobert worden. Diese alleine reichen als Bodentruppen aber nicht aus. Wer werden die anderen sein? Gibt es bei diesem militärischen Einsatz eine Perspektive für einen geordneten Friedensprozess? Oder laufen die Regionen durch ein möglicherweise vorschnelles militärisches Eingreifen Gefahr, weiter destabilisiert zu werden? Eine politische Lösung für den Syrien-Konflikt wird angestrebt: Ich anerkenne die großen Anstrengungen insbesondere von Außenminister Frank-Walter Steinmeier für eine politische Lösung. Im November 2014 wurde auf seine Initiative in Berlin eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe durchgeführt. In Wien haben die diplomatischen Anstrengungen für ein Ende der Kampfhandlungen in Syrien – unter anderem unter Einbeziehung auch des Iran und von Saudi-Arabien – begonnen. Das Ziel von Frank-Walter Steinmeier war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem politischen Prozess zur Konfliktregelung  – Konferenzen in Wien – zu verschaffen. Der UN-Sondergesandte hat bereits vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne Da'isch  – zu Kernfragen des Konflikts gegründet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Die Arbeitsgruppe für Militär, Sicherheit und Terrorabwehr wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), in Berlin geleitet. An diesem die Bundesregierung häufig beratenden Institut ist auch Markus Kaim, Senior Fellow der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik, tätig. In einem Zeit-Online-Interview verweist er auf Fragen, die auch mich sehr bewegen: Was passiert wann – unter anderem bei einem schnellen Sieg – überhaupt mit den zurückeroberten Gebieten und den Regionen, aus denen der Da'isch verdrängt wird? Fallen diese an das syrische Regime zurück? Bilden sie den Keim für einen Kurdenstaat? Werden sie einem internationalen Protektorat zum Schutz der Zivilbevölkerung unterstellt? Der Konsens der „Militär-Partner“ ist die gemeinsame Absicht, gegen den Da'isch vorzugehen. Was wird aus ihnen als „Friedens-Partner“? Mir macht sehr große Sorge, dass die beim Militärschlag vereinten Partner untereinander so viele verschiedene und teilweise so gegensätzliche Interessen verfolgen. So würde ich mir beispielsweise die Beziehung Russland–Türkei fast gerne als „eisig“ vorstellen, bin aber eher von sehr „heiß“ überzeugt. In der unübersichtlichen Gemengelage zwischen den USA, Russland, der Türkei, der EU, Saudi-Arabien sowie dem Assad-Regime wird mir aber keine andauernd klare Strategie erkennbar. Meiner Meinung nach muss im Hinblick auf eine nachhaltige politische Friedensaufbauperspektive auch die Rolle Saudi-Arabiens, Irans und Katars debattiert werden. Diese Diskussion fehlt mir in diesem Zusammenhang. Den Militäreinsatz übergreifende politische Maßnahmen sind erforderlich. Wir alle sind uns einig, dass die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern und Kämpferinnen nach Syrien unterbunden werden muss. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an die Terrormiliz Da'isch – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – ist mit allen Mitteln zu unterbinden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass Da'isch-Kämpferinnen und -Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Wie wird dieses sichergestellt? International und national dürfen wir nicht zulassen, dass sich der Da'isch-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Da'isch-Opfer selber Muslime. Hetze gegen Flüchtlinge und die Ausgrenzung von Menschen muslimischen Glaubens muss unterbunden werden. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime und Muslima müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe unseres Rechtsstaates als auch unserer Zivilgesellschaft, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Wir brauchen einen gesamtpolitischen Ansatz. Über einen militärischen Einsatz hätte ich gerne ausführlicher im Deutschen Bundestag debattiert. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dennis Rohde (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat sich der Konflikt mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg entwickelt, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Bereits im letzten Jahr haben wir entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. In meiner politischen Arbeit habe ich die damalige Situation aktiv begleitet. In Oldenburg, der größten Stadt meines Wahlkreises, ist der Zentralrat der Jesiden in Deutschland ansässig. Jesiden sind eine religiöse Minderheit mit mehreren hunderttausend Angehörigen, die ursprünglich im nördlichen Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei beheimatet sind. Die Jesiden werden vom IS in außerordentlich brutaler und menschenverachtender Weise verfolgt, ermordet und gefoltert, jesidische Frauen durch sie vergewaltigt und als Sklavinnen gehalten. Im August 2014 rückten IS-Terrorbrigaden in das Sindschar-Gebirge im Nordwestirak vor und kesselten mehrere zehntausend Jesiden ein. Daraufhin wandte sich der Vorstand der Jesidischen Gemeinde Deutschlands hilfesuchend an mich. Mein Büroteam und ich haben daraufhin den gesamten August teilweise bis zum späten Abend und in die Nacht hinein in zahllosen Telefonaten mit dem Auswärtigen Amt auf die drohende menschlichen Katastrophe hingewiesen und auf eine Lösung gedrängt. Auch deutsche Staatsbürger waren unten den eingeschlossenen, von Hunger, Durst, Hitze und dem Beschuss der IS-Milizen akut bedrohten Menschen. Erst durch Luftschläge der USA war es den kurdischen Peschmerga-Kämpfern möglich, einen schmalen Korridor zu öffnen, der den Eingeschlossenen die Flucht ermöglichte. Diese Tage im August 2014, die grenzenlos brutalen Videos der Gräueltaten des IS, die Telefonate mit dem Jesidischen Forum und die vielen Augenzeugenberichte habe ich nicht vergessen, und sie haben mir dabei geholfen, heute die Notwendigkeit dieses Mandates zu akzeptieren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Das militärische Engagement ist und kann nur Teil einer breit angelegten Politik sein – aber nicht ihr Ersatz. So notwendig der militärische Kampf ist, so beharrlich arbeiten Frankreich und Deutschland, allen voran der Bundesaußenminister, auf politischer Ebene an einer Lösung. Er arbeitet jeden Tag daran, dass – gerade nach dem Vorfall an der türkisch-syrischen Grenze – die wichtigen internationalen Partner Russland und die USA wie auch die regionalen Akteure Türkei, Iran und Saudi-Arabien am Tisch bleiben. An die Stelle von Chaos und Anarchie, die eine Ausbreitung von ISIS erst möglich gemacht haben, muss eine regionale Ordnung treten. Das wird nur mit einer gemeinsamen Strategie gelingen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016, den ich als Mitglied des Haushaltsausschusses mitgestalte, haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region muss in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortgesetzt und wo möglich und nötig verstärkt werden. Nach genauer Abwägung dieser Argumente und intensiven Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen sowie Bürgerinnen und Bürgern in meinem Wahlkreis habe ich diesem Einsatz der Bundeswehr in Syrien zugestimmt. Wir dürfen bei allem nötigen, auch militärischen Engagement nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um die Rekrutierung dieser Menschen durch Terrorgruppen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird hoffentlich ein Beitrag dazu geleistet werden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dr. Martin Rosemann (SPD): Der syrische Bürgerkrieg, der im März 2011 mit Protesten einiger syrische Oppositionsgruppen im Zuge des Arabischen Frühlings gegen den Präsidenten Assad begann, ist mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert. In den ersten Jahren des Konflikts waren die Regierungstruppen für Zehntausende zivile Opfer, darunter viele Kinder, verantwortlich. Der völkerrechtswidrige Einsatz von Giftgas durch syrische Regierungstruppen bildete den vorläufigen Höhepunkt eines menschenverachtenden Umgangs mit der eigenen Bevölkerung durch das herrschende Assad-Regime. Zum Glück ist es damals den Vereinten Nationen gelungen, aufgrund eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Seit 2014 gewinnt in der Region die aus dem Irak stammende Terrororganisation IS immer mehr an Macht und Einfluss. Aufgrund der instabilen politischen Verhältnisse im Irak und in Syrien hat es der IS innerhalb kürzester Zeit geschafft, ein weite Teile der Region umfassendes Terrorregime im Nordwesten des Iraks und im Osten Syriens zu errichten. In den vom IS kontrollierten Gebieten werden Terroristen ausgebildet und Anschläge vorbereitet. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten des IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, ist die Terrororganisation vor einiger Zeit dazu übergegangen, ihre Terroranschläge nach und nach geografisch auszuweiten, wie die Anschläge in im Badeort Sousse in Tunesien, in Beirut, Ankara, der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris zeigen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2246 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht, die mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Klar ist, dass der IS nur mit einem Gesamtpaket unterschiedlicher Maßnahmen erfolgreich bekämpft werden kann. Zu den bisher beschlossenen Maßnahmen gehören die Unterbindung der Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien und vor allem die konsequente Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzfluss an den IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Doch auch wenn alle Staaten diese Maßnahmen konsequent umsetzen würden, würde das nicht reichen, die Ausbreitung des IS zu stoppen. Ohne militärisches Eingreifen wird der IS sein brutales Terrorregime in der Region weiter ausbreiten. Daher war auch die Entscheidung richtig, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen den IS im Irak zu unterstützen. Die Rückeroberung der Stadt Sinjar durch kurdische Peschmerga vor wenigen Wochen war ein wichtiger Schlag gegen den IS. Die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Dieser militärische Erfolg der Peschmerga wäre aber ohne die unterstützenden Luftangriffe der Amerikaner nicht möglich gewesen. Infolge der Terroranschläge vom 13. November in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, sich auch mit Soldaten und weiterem technischen Gerät zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen den IS zu beteiligen. Aus Solidarität zu unserem Nachbarland und wichtigsten Verbündeten in Europa kommen wir mit der Erteilung des Mandats dieser Bitte nach. Wichtig ist mir, dass die Anschläge von Paris und die Bitte Hollandes der Anlass, nicht aber der Grund für ein weitergehendes militärisches Engagement Deutschlands sind. Wenn richtig ist, dass es auch militärischer Mittel bedarf, um den IS zu besiegen, dann kann sich Deutschland dabei nicht einfach raushalten. Konkret unterstützt die Bundeswehr im Rahmen des Mandats Frankreich, den Irak und weitere Mitglieder der internationalen Allianz gegen den IS wie Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien und die USA durch Luftbetankung, See- und Luftraumüberwachung, Aufklärung, Begleitschutz und Beitrag zur Sicherung des Marineverbandes sowie Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben gegenüber Hauptquartieren der multinationalen Partner. Insgesamt können bis zu 1 200 Soldaten dafür eingesetzt werden. Kurzfristiges Ziel des Einsatzes ist es, ein weiteres Vorrücken des IS in der Region zu verhindern und den IS zurückzudrängen, um somit die Chancen auf eine politische Lösung des Syrien-Konflikts zu erhöhen. langfristig geht es um die Bildung einer noch breiteren Allianz mit dem Ziel, dass die sunnitischen Kräfte den IS auch am Boden besiegen und dem IS gleichzeitig der politische und finanzielle Boden entzogen wird. Die beschriebene Gesamtstrategie zur Bekämpfung des IS ist in einen politischen Prozess zur Stabilisierung Syriens und zur Linderung der humanitären Katastrophe eingebettet. Unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier arbeitet seit seinem Amtsantritt intensiv an einer politischen Lösung. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Deutschland hat sich zudem mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass der Iran und Saudi-Arabien bei den aktuell laufenden Verhandlungen in Wien über eine Lösung des Konflikts mit am Tisch sitzen. Die Bemühungen um eine politische Lösung werden ununterbrochen weitergehen. Und auch die humanitäre Hilfe wird weiter ausgebaut. Im Haushalt 2016 haben wir den Betrag für humanitäre Hilfe und zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Mir ist völlig klar, dass man mit militärischen Mitteln allein Terrorismus im Allgemeinen und den IS im Besonderen nicht besiegen kann. Aber mit einer Gesamtstrategie aus politischen Bemühungen, humanitärer Hilfe und eben auch militärischem Einsatz haben wir wenigstens die Chance, endlich einen Weg zu finden, die Menschen im Irak und Syrien vor dieser brutalen Terrororganisation zu schützen und ihnen Leben in ihrer Heimat zu ermöglichen. Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD): Meine Zustimmung zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Mandat begründet sich nach gründlicher Überlegung und Abwägung darin, dass ich dieses Mandat und die daraus abgeleitete Umsetzung als in sich sinnvolle und tragfähige Maßnahmen beurteile, die der Situation und den überschaubaren Konsequenzen gegenüber angemessen sind und die sich einordnen in eine umfassende mehrdimensionale Handlungsstrategie mit kalkulierbaren Zielen. Ich weiß, dass es für das Gesamtproblem keine einfache durchschlagende Lösung gibt und dass sich alle Beteiligte auch noch erst schrittweise und in mühseliger Abstimmung auf ein umfassendes Gesamtziel und eine entsprechende Gesamtstrategie werden einigen müssen. Aber wer nur abwartet und jetzt nichts tun will, muss sich nach seiner Verantwortung und den Konsequenzen seines Abwartens und Nichtstuns genauso fragen lassen wie der, der sich jetzt für konkrete begrenzte Maßnahmen entscheidet. Für mich setzt sich meine Zustimmung aus drei wichtigen Punkten zusammen: Erstens. Die deutsche und die europäische Solidarität mit Frankreich. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Ich stehe zu dieser Solidarität mit unserem engsten Nachbarn und Freund. Zweitens. Die ISIS als terroristischer Teilstaat und die Bedrohung von Weltfrieden und Menschenrechten. Der syrische Bürgerkrieg ist seit 2011 mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg eskaliert, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentriert hatte, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror jetzt vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin deshalb dafür, in diesem Sinne aktiv geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die ich mit der Zustimmung zu dem Mandat ermöglichen möchte. Ich unterstütze das Ziel, die ISIS und ihren terroristischen Teilstaat zu schwächen und zurückzudrängen und damit auch einen Beitrag zu einer notwendigen politischen Regelung zu leisten. Drittens. Die politische Initiative und die Unterstützung für die Vereinten Nationen. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Hierauf konnte aufgebaut werden. So wurde mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Für diesen politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura wurden auf dessen Initiative hin vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Ich erhoffe mir von diesem Wiener Prozess ein immer stärkeres Zusammengehen aller Beteiligten, die sich in der großen Gemeinschaft von 64 Staaten im Kampf gegen die Terrororganisation ISIS zusammengefunden haben und von denen ein Teil sich sehr konkret auch in militärischen Maßnahmen auf syrischem Gebiet engagiert. Das Ziel dieses Prozesses muss am Ende die Entwicklung und Durchsetzung einer Gesamtstrategie sein, mit einer Befriedung des Konfliktes in Syrien, einer Beseitigung und Auflösung von ISIS und einem Aufbau einer Nachbürgerkriegsordnung und einem Wiederaufbau in Syrien. Dieser Wiener Prozess ist für mich auch eine Voraussetzung dafür, dass es zu einer noch mehr Nachdruck und Legitimation gebenden Resolution des UN-Sicherheitsrates nach Kapitel VII kommt. Mit dem Mandat, das die Bundesregierung ins Parlament eingebracht hat, wird dieser politische Wiener Prozess flankiert und abgesichert. Auch deshalb stimme ich dem Mandat zu. Dr. Hans-Joachim Schabedoth (SPD): Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 wurde der Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, das Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit den internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Dr. Nina Scheer (SPD):Terrorismus und die Ausbreitung von Terrorismus stellen ohne Zweifel eine Bedrohung von Frieden, für Kulturen, für Zivilgesellschaften und auch Rechtsstaatlichkeit dar. Terrorismus, wie er mit den Anschlägen von Paris für eine unfassbare Dimension menschenverachtender Grausamkeit steht, muss insofern schnellstmöglich bekämpft werden, auch aus Solidarität mit den Opfern von Terrorismus und ihren Angehörigen sowie zu unserem eigenen Schutz und zum Schutz von Kultur und Rechtsstaatlichkeit. Terrorismus zielführend und wirksam zu bekämpfen setzt unweigerlich voraus, die Wurzeln für Terrorismus zu erkennen und an ihnen anzusetzen. Wir wissen, dass der Nährboden von Terrorismus in Armut, Verelendung, Zerstörung und Perspektivlosigkeit, auch infolge von Kriegen liegt. So hat der vergangene Irakkrieg und mit ihm einhergehende Zerstörung das Aufkeimen der Terrororganisation IS und deren Ausbreitung begünstigt. Luftschläge bergen das erhöhte Risiko, unschuldige Zivilisten zu treffen, Städte und Infrastruktur, Versorgungszentren zu zerstören. Wenn zugleich staatliche Strukturen versagen oder Rechtsstaatlichkeit fehlt, folgt Not, Flucht und Armut – die Gefahr von Extremismus und die Verführbarkeit von Menschen mit Perspektivlosigkeit steigt, zumal in kulturell bereits zuvor fragilen oder gar zerrütteten Regionen. Der nun geplante Bundeswehreinsatz stützt sich auch auf die Solidarität mit Frankreich. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen von Militäreinsätzen erachte ich die Solidarität mit einem anderen Staat grundsätzlich als keine opportune Motivation für einen Militäreinsatz. Ein Militäreinsatz muss auf den Grundlagen des Völkerrechts vielmehr von der gründlich abgewogenen Überzeugung getragen sein, dass er zur Friedenserlangung ein unverzichtbares Mittel ist. Das umkämpfte Syrien ist gekennzeichnet von Zerstörung, Not, Armut, Zersplitterung, kulturell-religiösen Konflikten und geopolitischen Interessensgegensätzen. Nach meinem Verständnis gibt der mit dem vorliegenden Antrag geplante Bundeswehreinsatz keinen Aufschluss darüber, wie sich Deutschland gegenüber den vorherrschenden Interessensgegensätzen, insbesondere dem Staat Syrien und dessen Regierungstruppen und damit auch gegenüber Russland, verhält. Eine inkongruente Antwort etwa im Verhältnis zu Russland kann in einen unkalkulierbaren Konflikt münden. Einen Militäreinsatz ohne ein diesen explizit benennendes UN-Mandat, das den gegebenen Interessenskonflikten Rechnung trägt, halte ich vor diesem Hintergrund für nicht verantwortbar. Die Solidarität mit Frankreich darf nicht zu Entscheidungen verleiten, deren sachliche Bewertung sich uns verschließt. Die mit dem Bundeswehreinsatz vorgesehenen Unterstützungshandlungen bewirken eine gemeinsame Verantwortung für die von Frankreich ausgehenden Einsätze, ohne dass deren Art und Ausmaß von Deutschland beeinflussbar wäre. Solidarität mit Frankreich ist von uns nach unseren Möglichkeiten, aber notwendiger Weise auch mit Blick auf die gemeinsam zu verfolgenden Ziele zu leisten. Dies setzt voraus, dass die Bekämpfung des für die Anschläge von Paris maßgeblichen Terrorismus mit Militäreinsätzen in Syrien erreicht werden kann. Die Anschläge von Paris am 13. November haben offenbart, dass die Bedrohung europäischer Staaten durch den IS auch in Europa besteht. Der IS ist kein Staat, er ist ein terroristisches Netzwerk, das weder auf den Irak, Syrien, noch angrenzende Staaten begrenzt ist. Die Attentäter von Paris, wie auch zuvor Attentäter von Anschlägen in London, kamen aus Europa bzw. ihrer Heimat. Verstärkt werden hierbei Jugendliche aus Gegenden mit hoher Arbeitslosigkeit von extremistischen Gruppierungen, so auch Terrororganisationen, angesprochen und verführt. Die heutige terroristische Bedrohung ist somit auch Kennzeichen eines Versagens der westlichen Welt, Ursachen von Terrorismus frühzeitig zu begegnen. Dies muss etwa durch konsequente Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit innerhalb Europas sowie im Zuge internationaler Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe erfolgen. Terrororganisationen, die zwar ihre Wurzeln häufig in Kriegsgebieten haben, etablieren ihre Strukturen zunehmend außerhalb dieser Gebiete, auch mit Hilfe von Medien und sozialen Netzwerken, Finanzierungsquellen und Waffen, die sie in westlichen, industrialisierten Staaten vorfinden bzw. aus denen jene stammen. Solidarität verlangt nach einer gründlichen Auseinandersetzung mit zielführenden Lösungen. Dem IS kann offenkundig nur mit gewaltsamen Maßnahmen begegnet werden, die aber ihrerseits sowohl völkerrechtsgemäß als auch auf Stabilisierung der betreffenden Regionen ausgerichtet sein müssen. Dies setzt ein UN-Mandat sowie ein gemeinsames Vorgehen der Beteiligten bzw. involvierten Staaten voraus. Für den geplanten Bundeswehreinsatz trifft dies nicht zu. Wir müssen uns verstärkt für das Austrocknen von Finanzierungsquellen des IS einsetzen und gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete. Armutsrisiken muss entgegengewirkt werden, auch im Umgang mit Ressourcen, Lebensgrundlagen und in Anbetracht der Wirkungsweisen globalisierter Weltwirtschaft. Auch wenn solche Ziele und die mit ihnen zu bekämpfenden Verelendungsursachen nur langfristig erreichbar sind, sind sie nicht minder wirksam, Terrorismus vorzubeugen und dessen weitere Ausbreitung zu bekämpfen – in Solidarität mit unseren Mitmenschen. Der betreffende Bundeswehreinsatz erfüllt nach meiner Überzeugung weder die für ein Mandat benötigten völkerrechtlichen Voraussetzungen noch ist er geeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen, ohne in einer nicht absehbaren Dimension weitere Risiken, auch eine Ausbreitung von Terrorismus, einzugehen. Insofern werde ich bei der Abstimmung über die Erteilung des Bundeswehrmandats mit Nein stimmen. Udo Schiefner (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. In der SPD-Bundestagsfraktion sind wir überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett der ISIS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung der Terrorgruppe ISIS im Irak und Syrien hätte ihre Ausbreitung in Nachbarstaaten zur Folge. Dies ist ihre erklärte Strategie. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung der Terrorgruppe ISIS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist die Solidarität aller Europäer gefordert. Diese Solidarität gilt für mich im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der ISIS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration, insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle möchte ich eindringlich daran erinnern, was die ISIS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger, Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich der Terrorgruppe verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden, systematische Landnahme, Abschlachtung ganzer Dörfer – in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Nur durch einen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Ich setze mich in Berlin schon seit Langem für die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen ein. Meiner Meinung nach können ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit kaum in Syrien und angrenzenden Ländern niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, zum Beispiel Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran arbeiten wir. Nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Dem Antrag der Bundesregierung stimme ich zu. Angesichts der klaren Bedrohungslage durch den sogenannten „IS“ (Da'isch) ist eine geschlossene Haltung der EU von eminenter Bedeutung. Die Bundesrepublik steht richtigerweise fest und solidarisch an der Seite Frankreichs – dies galt vor den Anschlägen in Paris am 13. November – und gilt selbstverständlich auch weiterhin. Der Antrag der Bundesregierung sieht die militärische Unterstützung Frankreichs, des Iraks und der internationalen Allianz gegen Da'isch vor. Dabei soll die Bundeswehr in den Bereichen Führung und Führungsunterstützung, Aufklärung, Sanitätsdienst, Logistik und Sicherung und Rettung von Einsatzkräften eingesetzt werden. Die Entsendung von Bodentruppen in Kriegsgebiete ist damit nicht verbunden. Auch wenn ich diesen Beitrag der Bundeswehr im Kampf gegen Da'isch im Grundsatz befürworte, so bereitet mir die Eile der parlamentarischen Entscheidungsfindung gleichwohl ernsthafte Sorge. Dem Parlament blieben letztlich nur wenige Tage zur Beratung zwischen Zuleitung des Antrags und Beschluss in dritter Lesung des Bundestags am 4. Dezember. Bedauerlicherweise kann ich nicht erkennen, dass die internationale Allianz bislang in der Lage war, eine langfristig angelegte Strategie und eine klare Zielvorstellung hinsichtlich der Bekämpfung von Da'isch zu entwickeln. Eine solche Strategie und eine zwischen den Partnern der Allianz abgestimmte Zielvorstellung sollte aber üblicherweise grundlegende Voraussetzung eines jeden Kampfeinsatzes sein und ist absolut zwingende Voraussetzung für einen nachhaltig erfolgreichen internationalen Militäreinsatz. Es ist daher unabdingbar, dass die Bundesregierung nun unverzüglich und mit Nachdruck auf die Entwicklung einer solchen Strategie hinarbeitet, dazu eine Verständigung mit den Partnern innerhalb und außerhalb der NATO herbeiführt und so zu einer belastbaren Koalition gegen den Da'isch beiträgt. Sollte dies bis zum Ende des Mandats am 31. Dezember 2016 nicht gelingen, ist eine Verlängerung des Mandats meines Erachtens nicht zu rechtfertigen. Matthias Schmidt (Berlin) (SPD): Die Entscheidung, dem Antrag der Bundesregierung nicht zuzustimmen, ist die schwerste in meiner bisherigen Zeit als Mitglied des Deutschen Bundestages. Es gibt zahlreiche gewichtige Argumente, den Einsatz zu befürworten. Dem stehen jedoch ebenso gute Argumente entgegen. Die Gewichtung der Argumente nimmt jeder Abgeordnete individuell und unterschiedlich vor. Ich verstehe, besonders nach den terroristischen Anschlägen von Paris, den französischen Ruf nach europäischer Solidarität. Die gewünschte militärische Beteiligung Deutschlands bedeutet einen gefährlichen Einsatz und die geforderte Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten an diesem Mandat stellt eine Zäsur dar. Hinzu kommt, dass Europa nach mehreren Rückschlägen in den vergangenen Monaten ohnehin wenig geschlossen auftritt. Mir ist bewusst, dass durch meine Nein-Stimme das deutsch-französische Verhältnis – mithin der Kern von Europa – auf eine schwere Belastungsprobe gestellt wird. Ich beabsichtige mit meiner Entscheidung weder dem deutsch-französischen Verhältnis noch der europäischen Idee Schaden zuzufügen. Jedoch konnte mir bisher niemand schlüssig darlegen, dass Luftschläge dem sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) bisher in der Substanz geschadet hätten, obwohl die Operation bereits über ein Jahr läuft und mehr als 16 000 Ziele angegriffen wurden. Zahlreiche Militärexperten teilen meine Zweifel. Meine Vorbehalte werden auch dadurch genährt, dass multilaterale Militäreinsätze weder in Afghanistan noch im Irak militärische Erfolge zeitigten. Zugleich beobachte ich eine zunehmende Radikalisierung der entsprechenden Jugendlichen, beispielsweise in Frankreich. Ich sehe keine militärischen Vorteile dieses Mandats, jedoch erhebliche politische Nachteile. Wer sich gleichwohl mit dem Status quo nicht abfinden möchte, muss Alternativen benennen. Auch die Befürworter der Luftschläge sehen diese niemals als einzige Handlungsoption. Mit vielen Kolleginnen und Kollegen befürworte ich die in Wien laufenden Verhandlungen mit den Konfliktbeteiligten, die sich mühsam voranbewegen. Dass momentan ausgerechnet die zukünftige Rolle Assads im Mittelpunkt des medialen Interesses steht, zeigt die Verhandlungsprobleme in ungeschminkter Form. Ich setze sehr auf die Verhandlungen in Wien und hoffe, dass es in jedem Fall gelingt, den IS finanziell auszutrocknen, indem zunächst seine Ölverkäufe boykottiert werden. Ich kann 1 200 deutschen Soldatinnen und Soldaten nur in einen gefährlichen Auslandseinsatz entsenden, wenn ich von der Richtigkeit meiner Entscheidung überzeugt bin. Dies ist bei mir nicht der Fall. Darum kann ich diesen Zweifel für mich nur auflösen, indem ich dem Antrag der Bundesregierung meine Zustimmung versage. Ursula Schulte (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie würden dauerhaft zu Flüchtlingen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher wurde auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Unterstützung im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS hat sich die SPD-Bundestagsfraktion nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir persönlich nicht leicht. Mir ist jedoch bewusst, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere muss die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer der ISIS Menschen mit muslimischem Glauben. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 wurden hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig, zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Swen Schulz (Spandau) (SPD): Diese Abstimmung über den Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den IS ist für mich eine der schwersten Entscheidungen in meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter. Ich sehe starke Argumente für den Einsatz, weil letztlich militärische Mittel notwendig sind und weil der tätigen Solidarität mit Frankreich und den Opfern des islamistischen Terrors weltweit sehr große Bedeutung zukommt. Gleichwohl kann ich nach sorgfältiger Abwägung nicht zustimmen. Die hauptsächlichen Gründe dafür sind: Es liegt kein zweifelsfreies UN-Mandat vor. Das ist zum einen ein völkerrechtliches Problem. Zum anderen macht das aber auch deutlich, dass es keine gemeinsame Position der Weltgemeinschaft gibt. Die jedoch ist zwingende Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg einer Intervention. Es ist weder ein militärisches noch ein politisches Konzept erkennbar, das Vorgehen, Zielstellung sowie Beendigungsoptionen beinhaltet. Die Tatsache, dass noch vor kurzem von der Bundesregierung die Bombardements in Syrien als Belastung für den politisch-diplomatischen Prozess betrachtet und unter anderem Frankreich dafür kritisiert wurde, dass sich die Koalitionsfraktionen nicht auf eine begleitende Entschließung haben einigen können, und dass in den letzten Tagen Irritationen über den Umgang mit Assad und seinen Unterstützergruppen aufgetreten sind, zeigt das deutlich. Erfahrungen zeigen, dass militärische Interventionen und im Besonderen Luftschläge ohne sorgfältige Einbettung in ein politisches Konzept tendenziell zu einer Eskalation der Gewalt und zur Radikalisierung von Bevölkerungsgruppen beitragen, anstatt das Problem zu lösen. Es steht außer Frage, dass der IS auch militärisch bekämpft werden muss. Ich halte eine Beteiligung Deutschlands an einer militärischen Intervention, auch mit Bodentruppen, nicht für ausgeschlossen. Doch die Voraussetzungen müssen durch ein entsprechendes UN-Mandat und die politische Einigkeit der Weltgemeinschaft im Vorgehen und in der Zielstellung geschaffen werden. Solidarität mit Frankreich und den Opfern des islamistischen Terrors kann nicht nur mit der Beteiligung an den Bombardements in Syrien gezeigt werden. Solidarität darf sich nicht in zwar menschlich und politisch verständlichen, letztlich aber kontraproduktiven quasi Schock-Reaktionen zeigen. Vielmehr sollte Deutschland fortfahren mit der effektiven humanitären Hilfe, weiterhin als Motor für politisch-diplomatische Fortschritte wirken und gegebenenfalls bei Vorliegen der beschriebenen Voraussetzungen auch einen militärischen Beitrag leisten. Svenja Stadler (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regimes auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten, Professor Volker Perthes, geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über den Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UNSicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UNCharta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Sonja Steffen (SPD): In der Kürze der Zeit, die uns Abgeordneten für unsere Entscheidung zur Verfügung stand, sehe ich mich außerstande, dem Militäreinsatz der Bundeswehr zuzustimmen. Immerhin handelt es sich um einen der auch personell umfangreichsten Einsätze, über die ich bisher jemals zu entscheiden hatte. Auch ich bin davon überzeugt, dass Deutschland in der Verantwortung steht, für eine Beendigung des IS-Terrors einzutreten. Jedoch fehlt es gegenwärtig an einem UN-Mandat für den Einsatz. Es ist für mich nicht erkennbar, auf welche Art und Weise die Terroristen gezielt bekämpft werden sollen, ohne die Zivilbevölkerung und letztendlich auch unsere eigenen Soldaten in große Gefahr zu bringen. Die Vergangenheit, insbesondere auch die Erfahrung im Einsatz in Afghanistan, hat gezeigt, dass militärische Interventionen eher zu einer Eskalation der Gewalt und zur Radikalisierung von Bevölkerungsgruppen beitragen, statt die Probleme zu lösen. Die Irritationen in den letzten Tagen über den politischen Umgang mit dem syrischen Staatschef Assad haben zu meiner Entscheidung beigetragen. So groß mein Vertrauen in Außenminister Steinmeier auch ist: Bei dieser Entscheidung bin ich allein meinem Gewissen unterworfen. Militärische Kampfeinsätze sind immer mit Opfern unter Zivilisten und ungewissem Ausgang verbunden. Sie können nur letztes Mittel sein, wenn alle diplomatischen Bemühungen gescheitert sind. Diesen Zeitpunkt sehe ich, gerade im Zusammenhang mit dem Wiener Prozess, noch nicht gekommen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich lehne die Beteiligung der deutschen Bundeswehr am Einsatz gegen den IS in Syrien und im Nordirak ab. Dieser Einsatz ist politisch und militärisch falsch und kontraproduktiv. Dadurch, dass immer mehr zivile Opfer getroffen werden, wird auch der Hass, die Wut geschürt, die dem IS neue Anhänger in die Arme treibt. Der Einsatz wird die Zahl der IS-Kämpfer nicht verringern, sondern erhöhen und das nicht nur in Syrien und den Nachbarländern, sondern auch bei uns in Europa. Das zeigen die Erfahrungen des Krieges in Afghanistan und im Irak. Der US-Krieg im Irak hat ISIS überhaupt erst möglich gemacht. Auszuschließen ist zudem, dass der IS mit bloßen Luftangriffen besiegt werden kann. Dafür ist ISIS schon zu groß und verbreitet. Die Vertreibung von ISIS aus Syrien und Irak würde nur zum Ausweichen in die Nachbarstaaten wie Jordanien, Libanon, Tunesien oder Algerien führen. Diese Ausweitung wird die Bekämpfung schwieriger machen und den IS stärken. Der bevorstehende Einsatz soll eine Reaktion auf die Terroranschläge in Paris und Zeichen der Solidarität mit Frankreich sein. Dabei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass die Täter der Anschläge zuvor in Frankreich und Belgien gelebt haben und von dort aus die Anschläge koordiniert und verübt haben, nicht von Syrien oder vom Nordirak aus. Auch ich finde, Solidarität mit Frankreich ist nach den grauenhaften Anschlägen richtig, doch das heißt nicht, dass man allein aus Solidarität einen Kriegseinsatz beginnen muss. Es gibt kein UN-Mandat, der Einsatz ist nicht ausreichend geplant, es fehlen ein klares Ziel und eine Exitstrategie, Dauer und Umfang des Einsatzes sind nicht abzuschätzen. Der Krieg in Syrien ist komplex, es gibt mehrere Fronten und mehrere Parteien mit unterschiedlichen und zum Teil gegensätzlichen Interessen. Eine Schwächung des IS ist nicht gleichzusetzen mit einer Befriedung der Region und wird auch Terroranschläge in Europa nicht verhindern. Eher im Gegenteil wird sich die Gefahr auch in Deutschland dramatisch erhöhen. Zu dem Kriegseinsatz gibt es Alternativen: Man hätte längst die Ölausfuhr effektiv stoppen müssen. Ebenso müssen die Finanzzuwendungen, die aus den Golfstaaten kommen, konsequent unterbunden werden. So würde dem IS die Finanzierung insbesondere des Soldes der IS-Kämpfer abgeschnitten, der Rückhalt des IS in den eigenen Reihen würde schwinden. Solidarität mit Frankreich ja, aber nicht mit dem Eintritt in den Bombenkrieg. Kerstin Tack (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrienkonflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrienkonfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Michael Thews (SPD): Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UNSondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vorn deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr. Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UNSicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UNCharta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und, wo möglich und nötig, zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Dr. Karin Thissen (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskaliert zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe „Islamischer Staat“ (IS) oder Da'isch seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewinnt und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten des IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe und ihr nahestehende Gruppen sowie Einzelpersonen tragen ihren Terror zunehmend und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind Ausdruck dieser menschenverachtenden Philosophie. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrundeliegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit aller Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in dieser Krise zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne den „Islamischen Staat“ – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober 2015 und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktlösung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe IS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere vom IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen vom 13. November 2015 in Paris hat der französische Präsident François Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung des IS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen die Terrorgruppe zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung unserem Nachbarn Frankreich militärische Unterstützung im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November 2015 gelten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einer militärischen Intervention habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf vorrangig militärisches Engagement konzentriert, sondern dieses im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS nur als ein Teil eines gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen den „Islamischen Staat“ im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor·allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer des sogenannten „Islamischen Staates“ selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben des IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für Humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Franz Thönnes (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite durch den Einsatz von Bundeswehreinheiten und Experten zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe IS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten des IS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe IS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara; über der Sinai-Halbinsel mit der Sprengung des russischen Urlauber-Jets und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrienkonflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit der Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien am 30. Oktober 2015 und 14. November 2015 – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Besonders anzumerken ist, dass sich bei diesem Prozess bislang eher gegnerische Parteien an einen Tisch gesetzt haben. So sind nun in der International Syria Support Group (ISSG) die Arabische Liga, China, Ägypten, die EU, Deutschland, Iran, Irak, Italien, Jordanien, Libanon, Oman, Katar, Russland, Saudi-Arabien, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, Großbritannien, die Vereinten Nationen und die USA vertreten. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne IS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung des IS im Irak und in Syrien würde eine Ausbreitung des IS in Nachbarstaaten zur Folge haben. Dies ist eine erklärte Strategie des IS. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Man unterstützte einen landesweiten Waffenstillstand und kam ebenso darin überein, dass die syrische Regierung und die Opposition ab Anfang 2016 über ein Ende des Konfliktes verhandeln sollen. Innerhalb von sechs Monaten soll eine glaubwürdige und inklusive Übergangsregierung stehen, und vor dem Hintergrund einer neuen Verfassung sollen binnen 18 Monaten Neuwahlen stattfinden. Das Pariser IS-Attentat vom 13. November 2015, also am Vorabend der zweiten Verhandlungsrunde, war damit auch zentral gegen diesen friedlichen, internationalen, politischen Prozess gerichtet. Dieser wichtige Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe IS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher wurde auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen den IS im Irak zu unterstützen. Dies hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere vom IS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Frankreichs Präsident Hollande gemäß Art. 42 (7) des EU-Vertrages die anderen EU-Mitgliedstaaten um Beistand und Deutschland um militärische Unterstützung gebeten. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen den IS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere freiheitlichen Werte und unsere Art, zu leben. Ganz besonders richtete sich der Anschlag auf das Fußballspiel-Länderspiel gegen die stabile europäische Achse Frankreich/Deutschland. Deshalb steht für mich auch die Solidarität aller Europäer außer Frage. Die europäische Solidarität galt für mich nicht nur für die Finanz- und Griechenland-Krise, sondern sie gilt im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union. Trotz grundsätzlicher Zurückhaltung gegenüber jedwedem militärischen Engagement, habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung gegen die Terrorgruppe IS zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation IS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen den IS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen den IS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an den IS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass IS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Meiner Einschätzung nach darf nicht zugelassen werden, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer des IS selbst Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration, insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle erinnere ich eindringlich daran, was der IS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger des IS, Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich dem IS verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden, systematische Landnahme; Abschlachtung ganzer Dörfer – selbst in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Es ist traurig, dass vor allem aufgrund des russischen Widerstandes kein robustes UN-Mandat zum Einsatz in Syrien erreicht werden konnte. Nur durch den beschriebenen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben des IS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 hat die Bundesrepublik Deutschland hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 wurde der Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Bereits seit längerem unterstütze ich die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher und entwicklungspolitischer Beziehungen. Meiner Meinung nach kann ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem EU-Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit beispielsweise kaum in Syrien niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, zum Beispiel Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran gilt es weiter zu arbeiten. Nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Gabi Weber (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror jetzt vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Lösung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Der durch Deutschland maßgeblich unterstützte politische Prozess muss mit intensiven diplomatischen Maßnahmen in Bezug auf einen wesentlichen Ursprungsherd der Terrorgruppe ISIS flankiert werden. Nachweislich ist die Exklusion der Sunniten im Irak eine der Triebfedern für das Erstarken und erfolgreiche Bestehen von ISIS, auch bis nach Syrien hinein. Ohne nationale Versöhnung und Integration zwischen Minderheit (Sunniten) und Mehrheit (Schiiten) im Irak wird ISIS von den sunnitischen Stämmen weiterhin Unterstützung erfahren und Rückzugsorte finden. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, sich neben ihrem politischen Engagement zur Lösung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz meiner Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess dafür entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich stelle jedoch fest, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Lösung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze deshalb die Bundesregierung darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen, terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln verhindert werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es, auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in Kriegsgebiete ein- und aus ihnen auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen umfassenden politischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoller zu verhindern. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Lösung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich deshalb dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Harald Weinberg (DIE LINKE): Ich werde den militärischen Eintritt Deutschlands in den Krieg in Syrien ablehnen. Der Hauptgrund dafür ist: Nach 14 Jahren Krieg gegen den Terror haben wir eine verheerende Bilanz. Fast 1 Million Tote, Zerstörung mehrerer Staaten, Verheerung weiter Landstriche, Entwurzelung ganzer Völker, enorme Fluchtbewegungen, eine Internationalisierung des Terrorismus sowie das Entstehen des IS. Zudem schafft der Krieg gegen den Terror internationale Krisen, wie die, die durch den Abschuss des russischen Bombers durch türkische Kampfflugzeuge ausgelöst wurde, wodurch auch die NATO an diesem Konflikt beteiligt wurde. Wir taumeln aus falscher Solidarität mit Frankreich in einen internationalen militärischen Konflikt, der die oben skizzierte Spirale nur weiter beschleunigen wird. Wir müssen aber raus aus dieser Spirale der Gewalt. Aus Solidarität das Falsche zu tun, bleibt falsch. Stattdessen müssen die Waffen-, Öl- und Geldströme des IS trockengelegt werden. Und die politische Konfliktlösung, die mit der Wiener Konferenz begonnen wurde, muss fortgesetzt werden. Deshalb ist dieser Beschluss der falsche Weg und ich werde dagegenstimmen. Dirk Wiese (SPD): Die Lage in Syrien bietet Grund für große Sorge. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahstehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrienkonflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Ich unterstütze den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher hat Deutschland auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrienkonfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiver Diskussion und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über den Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Ich unterstütze die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Die SPD-Bundestagsfraktion darf nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): Ich verurteile den Terror der IS aufs Schärfste und stehe solidarisch zu den Opfern und deren Angehörigen der Anschläge in Paris, Beirut und anderen Städten. Ein militärischer Einsatz wird aber die Ursachen und damit die Existenz des Terrors nicht beseitigen: – Es gibt kein robustes Mandat der Vereinten Nationen für einen Kampfeinsatz in Syrien. – Es lässt sich im jetzigen Militäreinsatz der französischen Armee kein schlüssiges Gesamtkonzept erkennen. Es ist unklar, welches Ziel am Ende des Einsatzes steht. Es ist ebenfalls unklar, bis wann ein solches Ziel erreicht werden könnte. Somit erscheint der Einsatz übereilt und unüberlegt. – Das Fehlen eines schlüssigen Konzeptes ermöglicht einen weiten Spielraum, wie dieser Einsatz sich zukünftig gestaltet: Obwohl die Bundeswehr nun für ein Jahr mandatiert werden soll, spricht die Verteidigungsministerin von der Leyen von einem Einsatz von mindestens zehn Jahren. Gleichzeitig meinen viele Experten, dass ein Krieg gegen den sogenannten IS ohne Bodentruppen nicht zu gewinnen sei. Offen ist also, ob eine Ausweitung des Einsatzes daher bald folgen wird. Diese Fragen bleiben ungeklärt. – Die Attentäter von Paris stammten mutmaßlich aus Frankreich, Belgien oder anderen europäischen Staaten. Es wird mit dem Einsatz nicht in den Blick genommen, dass also offensichtlich überwiegend Menschen aus dem eigenen Land diesen Terror verursachen. Eine entscheidende und überzeugende Antwort wäre also eine soziale und bildungsfördernde Initiative für junge Menschen in den jeweiligen Brennpunkten der europäischen Länder. Nur so kann durch Integration verhindert werden, dass sich Menschen Terror-Organisationen zuwenden. Ebenso ist bis heute nicht geklärt, ob die Terroranschläge von Paris tatsächlich von Syrien aus geplant und koordiniert wurden. Entsprechende Beweise konnten nicht vorgelegt werden. Das Argument der Verteidigung Frankreichs nach einem Angriff ist nicht haltbar, da es sich beim sogenannten IS auch nicht um einen Staat handelt. – Die Kriege in Afghanistan und im Irak, die ebenfalls mit dem Kampf gegen Terror begründet wurden, haben gezeigt, dass es mit einem militärischen Einsatz keine Perspektive für einen geordneten Friedensprozess gibt, sondern die Regionen durch das vorschnelle militärische Eingreifen Gefahr laufen, weiter destabilisiert zu werden. – Die bislang praktizierten militärischen Einsätze tragen meiner Auffassung nach nicht zu einer Befriedung bei. In der unübersichtlichen Gemengelage zwischen den USA, Russland, der Türkei, der EU, Saudi-Arabien sowie dem Assad-Regime wird keine klare Strategie sichtbar, wie dem sogenannten IS wirksam begegnet werden kann. – Die Konfliktursachen im Nahen Osten werden ebenso wenig bearbeitet wie die Rekrutierungsmöglichkeiten für die menschenverachtende Ideologie, der unter anderen auch der sogenannte IS anhängt, in Europa. Auch hierfür fehlt es an einer schlüssigen Analyse und Strategie. Gülistan Yüksel (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewinnt und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, in Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura , auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Trotz unserer großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS haben wir nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess uns entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Ich habe viele gute Argumente für, aber auch gute Argumente gegen den Militäreinsatz gehört und mir eine Entscheidung nicht leicht gemacht. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Stefan Zierke (SPD): Mit großer Sorge blicken wir auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und diese unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg eskalierte mittlerweile zu einem regional und international beeinflussten Krieg, in dem insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewann und in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet hat. Nachdem sich die terroristischen und militärischen Aktivitäten von ISIS zunächst ausschließlich auf den Irak und Syrien konzentrierten, wurde vor einiger Zeit ein Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Insbesondere die Resolution 2249, die nach den „Anschlägen von Paris“ verfasst wurde, fordert die internationale Staatengemeinschaft zum Handeln auf. Wir sind überzeugt, dass es für den zugrunde liegenden Syrien-Konflikt letztlich nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Ziel war und ist es, den Vereinten Nationen und ihrem Sonderbeauftragten, Staffan Domingo de Mistura, eine führende Rolle in diesem Konflikt zu verschaffen. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – haben wir uns mit Nachdruck für die Einbeziehung unter anderem von Iran und Saudi-Arabien eingesetzt. Seide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Besonders anzumerken ist, dass sich bei diesem Prozess absolute Gegner an einen Tisch gesetzt haben – eben wie zum Beispiel Saudi-Arabien und Iran, USA und Russland. Wir unterstützen den politischen Ansatz des UN-Sondergesandten de Mistura, auf dessen Initiative vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts gegründet wurden. Eine Arbeitsgruppe wird vom deutschen Nahost-Experten Professor Volker Perthes geleitet. Aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen könnte die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden, um einer politischen Konfliktregelung näherzukommen. Genau dieses Vorgehen unterscheidet sich von der Vorgehensweise im Irak und in Afghanistan. Hier wird über den Tag hinaus nach einer Zukunft für Syrien gesucht, die mehrheitlich von den Kräften im Land getragen werden kann. Jetzt nicht einzugreifen, hieße, Syrien komplett dem IS zu überlassen. Somit würde den Menschen im Land jede Möglichkeit genommen werden, in ihrer Heimat zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren – sie werden dauerhaft zu Flüchtlingen. Eine Verfestigung des IS im Irak und Syrien würde eine Ausbreitung des IS in Nachbarstaaten zur Folge haben. Dies ist eine erklärte Strategie des IS. Insofern geht es nicht allein um die Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak, sondern gleichzeitig auch um den Schutz anderer Staaten im Nahen Osten. Mit den Erklärungen der Wiener Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Dieser wichtige politische Prozess bezieht nicht die Terrorgruppe ISIS ein, die weder Verhandlungspartner sein will noch sein kann. Daher haben wir auch im letzten Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich militärische Fähigkeiten im Kampf gegen ISIS angeboten. Hierzu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Die Anschläge vom 13. November galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art, zu leben. Ganz besonders richtete sich der Anschlag auf das Fußballspiel auch gegen uns. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Diese Solidarität gilt für mich im Übrigen auch für die Verteilung der Flüchtlinge in Europa. Trotz großer Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess mich dazu entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Wir wissen jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement nicht auf das Militärische konzentriert, sondern das militärische Engagement im und über dem Operationsgebiet der Terrororganisation ISIS nur als einen Teil ihres gesamten Engagements in der Region betrachtet. Mit dem Wiener Prozess hat sich eine Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges eröffnet, die die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen will und muss. Wir unterstützen die Bundesregierung ausdrücklich darin, ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen zu verstärken. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UN-Sicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UN-Charta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Die deutschen Behörden arbeiten in der Terrorismusbekämpfung bereits sehr eng und in einem breiten Spektrum von Maßnahmen mit Frankreich zusammen. Diese enge Kooperation gilt es auf alle EU-Staaten und darüber hinaus auszudehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen vorzugehen. An dieser Stelle möchte ich eindringlich daran erinnern, was der IS seit geraumer Zeit in Syrien treibt: Versklavung von Frauen für die Krieger des IS, Verfolgung und Ermordung von Männern, die sich dem IS verweigern, Entführung von Kindern, um sie zu Kriegern auszubilden, systematische Landnahme, Abschlachtung ganzer Dörfer – selbst in der UN-Versammlung ist das Wort Genozid gefallen. Es ist traurig, dass vor allem aufgrund des russischen Widerstandes kein robustes UN-Mandat zum Einsatz in Syrien erreicht werden konnte. Nur durch diesen gesamtpolitischen Ansatz wird es möglich sein, das terroristische Treiben von ISIS einzudämmen und künftige Terroranschläge in der Region und darüber hinaus wirkungsvoll zu unterbinden – allein eine militärische Lösung kann es ebenso wenig richten, wie nur auf humanitäre Maßnahmen zu setzen. Auf dieser Grundlage wird es hoffentlich möglich sein, endlich einen Weg zu finden, den brutalen Bürgerkrieg in Syrien mit über 250 000 Toten zu beenden und eine politische Regelung zu ermöglichen. In Anbetracht der über sechs Millionen Binnenflüchtlinge und über vier Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern und in Europa müssen wir weiterhin humanitäre Hilfe und die sogenannte Übergangshilfe leisten. Seit 2012 haben wir hierzu über 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 2016 haben wir den Ansatz für humanitäre Hilfe und die zivile Krisenprävention um über 400 Millionen Euro erhöht. Es gilt, unser Engagement für die Flüchtlinge und Hilfsbedürftigen in der Region in Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und den Partnerorganisationen vor Ort fortzusetzen und wo möglich und nötig zu verstärken. Dazu gehört aber auch ein umfassendes Konzept zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Ich setze mich in Berlin schon seit langem für die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen ein. Meiner Meinung nach können ein militärischer Einsatz in Syrien und auch die immensen humanitären Anstrengungen zur Stabilisierung der Region nur dauerhaft wirken, wenn auch die Zivilgesellschaften durch eine intensivere wirtschaftliche Verflechtung an dieser großen Aufgabe mitwirken. Damit dies gelingt, gilt es, Handelshemmnisse weitestgehend abzubauen, Bildung und Forschung zu stärken, Tourismus zu fördern und aktiv unternehmerisches Engagement in den arabischen sowie afrikanischen Ländern zu unterstützen. Sehr zu begrüßen ist der auf dem Valletta-Gipfel verabschiedete Aktionsplan, dessen erste Priorität die Bekämpfung von Fluchtursachen durch Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten in Herkunftsländern ist. Da sich deutsche Unternehmen zurzeit beispielsweise kaum in Syrien niederlassen werden, müssen wir Länder, die in Krisenregionen als Stabilitätsfaktoren anzusehen sind, zum Beispiel Jordanien oder Tunesien, dringend in den Fokus nehmen und zu ihrer Stabilisierung beitragen. Fluchtursachen bekämpfen bedeutet, vielfältige, aufeinander abgestimmte Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen. Die langfristige Stärkung wirtschaftlicher Beziehungen kann dabei Multiplikatoren-Effekte schaffen, die aber auch kurzfristig helfen können, Stabilität und Struktur wiederherzustellen. Vor allem aber zeigen sie für die Menschen in den betroffenen Regionen Perspektiven auf. Nur dann werden sie dort bleiben bzw. zurückkehren wollen. Daran arbeiten wir. Nach intensiver Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Brigitte Zypries (SPD): Mit großer Sorge blicke ich auf die Lage in Syrien. Seit Beginn der friedlichen Proteste syrischer Oppositionsgruppen im Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling Anfang 2011 hat das Assad-Regime auf eine militärische Eskalation gesetzt. Die syrischen Regierungstruppen haben systematisch zivile Ziele angegriffen und im Laufe des Krieges sogar chemische Waffen eingesetzt. Nach dem völkerrechtswidrigen Giftgaseinsatz Syriens ist es den Vereinten Nationen gelungen, auf der Grundlage eines Sicherheitsratsbeschlusses die chemischen Waffenbestände Syriens zu sichern und sie – unter maßgeblicher Hilfe auch von deutscher Seite – zu vernichten. Der syrische Bürgerkrieg ist mittlerweile zu einer regional und international beeinflussten militärischen Auseinandersetzung eskaliert. Insbesondere die aus dem Irak stammende terroristische Gruppe ISIS hat seit 2014 mehr und mehr an Macht und Einfluss gewonnen. Sie hat in den von ihr kontrollierten Gebieten im Irak und in Syrien ein Terrorregime errichtet und vor einiger Zeit einen Strategiewechsel vollzogen. Die Terrorgruppe ISIS und ihr nahestehende Gruppen und Einzelpersonen tragen ihren Terror vermehrt und konzentriert in die Nachbarländer Syriens und sogar bis nach Europa. Die Terroranschläge im tunesischen Badeort Sousse, in Beirut, Ankara, über der Sinai-Halbinsel und zuletzt in Paris mit Hunderten von Toten und Verletzten sind brutaler Ausdruck dieses Strategiewechsels. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit der Resolution 2170 vom 15. August 2014 und der Resolution 2199 vom 12. Februar 2015 sowie mit der Resolution 2249 vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation ISIS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Ich bin überzeugt, dass es für den Syrien-Konflikt nur eine politische Regelung geben kann. Hierfür hat sich die Bundesregierung und insbesondere Außenminister Frank-Walter Steinmeier seit Amtsübernahme mit ganzer Kraft eingesetzt. Die Vereinten Nationen und ihr Sonderbeauftragter, Staffan Domingo de Mistura, sollen eine führende Rolle in diesem Konflikt haben. Eine erste Konferenz zur Bündelung der Kräfte zur humanitären Hilfe wurde auf deutsche Initiative im November 2014 in Berlin durchgeführt. Im Rahmen des politischen Prozesses zur Konfliktregelung – Konferenzen in Wien – hat sich Bundesaußenminister Steinmeier mit Nachdruck für die Einbeziehung auch von Iran und Saudi Arabien eingesetzt. Beide Länder spielen jeweils eine wichtige Rolle in diesem Krieg. Mit den Erklärungen der Wiener-Konferenzen vom 30. Oktober und 14. November 2015 wurde den Vereinten Nationen eine zentrale Rolle zugewiesen und der Weg für eine politische Konfliktregelung vereinbart. Den politischen Ansatz des UNSondergesandten de Mistura, vier Arbeitsgruppen unter Einbeziehung der Konfliktparteien – ohne ISIS – zu Kernfragen des Konflikts zu gründen, halte ich für richtig. Wir brauchen das kontinuierliche Gespräch, damit aus den Ergebnissen der vier Arbeitsgruppen die Grundlage für eine Vereinbarung geschaffen werden kann, die eine politische Konfliktregelung hoffentlich ermöglicht. Die Terrorgruppe ISIS kann weder Verhandlungspartner sein, noch will sie es sein. Daher hat die Bundesregierung letztes Jahr entschieden, die kurdische Regionalregierung im Nordirak – in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung – mit militärischer Ausbildung und Ausrüstung in ihrem Abwehrkampf gegen ISIS im Irak zu unterstützen. Dieses Engagement hat sich als sinnvoll und notwendig erwiesen. Mehrere von ISIS besetzte Gebiete im Norden Iraks konnten zurückerobert werden – die aus den Dörfern und Städten geflüchteten Menschen beginnen, in ihre Heimat zurückzukehren. Nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris hat Präsident Hollande die Bundesregierung gebeten, neben ihrem politischen Engagement zur Regelung des Syrien-Konfliktes und dem militärischen Beitrag zur Zurückdrängung von ISIS im Nordirak, Frankreich und die internationale Allianz mit militärischen Mitteln in ihrem Kampf gegen ISIS zu unterstützen. Die Bundesregierung hat nach intensiver Prüfung Frankreich angeboten, Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers zur Verfügung zu stellen. Trotz meiner großen Skepsis gegenüber einem militärischen Engagement gegen die Terrorgruppe ISIS habe ich mich nach intensiven Diskussionen und einem schwierigen Abwägungsprozess entschieden, dem Mandat der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Zustimmung fällt mir nicht leicht. Ich weiß jedoch, dass die Bundesregierung ihr Engagement jetzt nicht auf das Militärische begrenzt, sondern sich weiter im politischen Friedensprozess engagiert. Die mit dem Wiener-Prozess erlangte Chance für eine politische Regelung des Syrienkrieges wird die Bundesregierung zusammen mit ihren Partnern nutzen. Wichtig ist auch, dass die Bundesregierung ihre Aktivitäten gegen den internationalen Terrorismus im Allgemeinen und gegen ISIS im Besonderen verstärkt. Hierzu gehören vor allem die bereits in der UNSicherheitsratsresolution 2170 vom 15. August 2014 unter Kapitel VII der UNCharta beschlossenen Maßnahmen gegen ISIS, al-Qaida und mit ihnen verbündete Terrorgruppen. Insbesondere die Anwerbung und Ausreise von ausländischen terroristischen Kämpfern nach Syrien muss unterbunden werden. Ebenso müssen die in der Resolution aufgeführten Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung des Terrorismus konsequent und von allen Staaten angewendet werden. Der illegale Verkauf von Öl und anderen Ressourcen sowie der ungehinderte Finanzzufluss an ISIS – oftmals durch staatliche Institutionen geduldet oder gar organisiert – muss mit allen Mitteln unterbunden werden . Darüber hinaus ist es unabdingbar, dass ISIS-Kämpfern der unkontrollierte Zugang zu anderen Staaten in der Region verwehrt wird. Hier kommt der Türkei eine maßgebliche Rolle zu. Mit der Bundesregierung halte auch ich die Rechtsgrundlage für den Einsatz für gegeben. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat ein umfassendes Gutachten dazu vorgelegt und kommt zu folgenden Ergebnis: Artikel 24 Absatz 2 GG (in Verbindung mit Artikel 42 Absatz 7 EUV und der VNResolution 2249) bildet eine vertretbare Rechtsgrundlage, wenn man für Artikel 24 Absatz 2 GG neben der Einbindung in kollektive Sicherheitsstrukturen auch die Einbindung in kollektive Verteidigungsstrukturen zulässt. Dies entspricht der Rechtsprechung des BVerfG, das für Artikel 24 Absatz 2 GG eine glaubwürdige kollektive Einbindung von Bundeswehreinsätzen in überstaatliche multilaterale Strukturen fordert und in diesem Zusammenhang Systeme kollektiver Sicherheit und Systeme kollektiver Verteidigung als gleichwertig ansieht. Wir dürfen in Deutschland nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Das ist eine der großen politischen Aufgabe in den nächsten Jahren. Nach Abwägung all dieser Umstände stimme ich dem vorgelegten Mandat zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ zu. Anlage 13 Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundesrat hat in seiner 939. Sitzung am 27. November 2015 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen: – Zweites Gesetz zur Änderung agrarmarktrechtlicher Bestimmungen – Gesetz zur Neuorganisation der Zollverwaltung – Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) – Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG) Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefasst: 1. Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, dass der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 5. November 2015 zu der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland wesentliche Inhalte der Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Juni 2015, vgl. BR-Drucksache 195/15 (Beschluss), unberücksichtigt lässt. Das von der Bundesregierung eingebrachte und nun im Wesentlichen unveränderte Gesetz berücksichtigt bei der konzeptionellen Weiterentwicklung der Palliativversorgung in Deutschland den Bereich der pflegerischen Versorgung nicht in ausreichendem Umfang. Die Länder hatten in ihrer umfassenden Stellungnahme Lösungsvorschläge zu einer bedarfsgerechten Berücksichtigung des palliativen und hospizlichen Leistungsangebotes in vollstationären pflegerischen Einrichtungen und deren Gegenfinanzierung unterbreitet, die nun nicht zum Tragen kommen. 2. Das Gesetz berücksichtigt nicht, dass eine Ergänzung des Leistungskatalogs des § 28 SGB XI und der Rahmenverträge nach § 75 SGB XI um Maßnahmen der Sterbebegleitung über eine reine gesetzgeberische Klarstellung hinausgeht. Mit dem Ziel, die Bedürfnisse sterbender Menschen nach einer umfassenden medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und spirituellen Betreuung und Begleitung, die der individuellen Lebenssituation und dem hospizlich-palliativen Versorgungsbedarf Rechnung trägt, bei der Erbringung von Pflegeleistungen zu berücksichtigen (vgl. Begründung zu § 28 SGB XI), ist eine erhöhte Leistungserwartung verbunden. 3. Da eine ergänzte Leistungserwartung die Frage von Mehrkosten und ihrer Gegenfinanzierung aufwirft, fordert der Bundesrat, hierzu eine Regelung zu treffen. Eine weitere finanzielle Belastung der Pflegebedürftigen und der Träger der Sozialhilfe gilt es hierbei vor dem Hintergrund des bestehenden Teilleistungssystems der Pflegeversicherung zu vermeiden. 4. In diesem Zusammenhang ist auch die Finanzierung der besonderen medizinischen Behandlungspflege für Patientinnen und Patienten in der letzten Lebensphase in Pflegeheimen zu überprüfen. 5. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zeitnah die vom Bundesrat eingeforderten Verbesserungen in der hospizlichen und palliativen Versorgung im Bereich der pflegerischen Versorgung durch entsprechende weitere Initiativen umzusetzen. – Gesetz zur Verlängerung der Befristung von Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen – Siebtes Besoldungsänderungsgesetz (7. BesÄndG) – Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb – Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung – Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2016 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 2016) – Gesetz zur Auswahl und zum Anschluss von Telekommunikationsendgeräten – Gesetz zu dem Übereinkommen vom 29. Juni 2015 zur Gründung der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank – Gesetz zur Änderung vom 10. Dezember 2014 des Übereinkommens vom 27. Juni 1980 zur Gründung des Gemeinsamen Fonds für Rohstoffe – Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mitgeteilt, dass sie den Antrag In die Zukunft investieren – Asylsuchende auf ihrem Weg in Arbeit und Ausbildung unterstützen auf Drucksache 18/5095 zurückzieht. Die folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass sie gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absehen: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung 17. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Drucksache 18/579 – Unterrichtung durch die Bundesregierung 18. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik Drucksache 18/5057 Ausschuss für Wirtschaft und Energie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht nach § 3 des Energieleitungsausbaugesetzes Drucksachen 18/6270, 18/6410 Nr. 3 Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht zur Tätigkeit der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft im Jahr 2014 Drucksachen 18/5700, 18/5976 Nr. 1.7 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 18/6607 Nr. A.1 EuB-BReg 50/2015 Drucksache 18/6607 Nr. A.2 EuB-BReg 55/2015 Drucksache 18/6607 Nr. A.3 EuB-BReg 56/2015 Drucksache 18/6607 Nr. A.4 EuB-BReg 57/2015 Drucksache 18/6607 Nr. A.5 EU-Dok 393/2015 Drucksache 18/6607 Nr. A.6 EP P8_TA-PROV(2015)0342 Drucksache 18/6711 Nr. A.1 EU-Dok 400/2015 Ausschuss für Wirtschaft und Energie Drucksache 18/5982 Nr. A.29 Ratsdokument 10807/15 Drucksache 18/6146 Nr. A.10 Ratsdokument 11885/15 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Drucksache 18/6146 Nr. A.11 Ratsdokument 11065/15 Drucksache 18/6607 Nr. A.22 EP P8_TA-PROV(2015)0359 Ausschuss für Kultur und Medien Drucksache 18/5286 Nr. A.19 EP P8_TA-PROV(2015)0179 Drucksache 18/6417 Nr. A.25 EP P8_TA-PROV(2015)0293 1)  Anlagen 2 bis 12 2)  Ergebnis Seite 14131 D 3)  Ergebnis Seite 14134 B --------------- ------------------------------------------------------------ --------------- ------------------------------------------------------------ II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 144. Sitzung, Berlin, Freitag, den 4. Dezember 2015 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 144. Sitzung, Berlin, Freitag, den 4. Dezember 2015 V Plenarprotokoll 18/144