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1. Untersuchungsausschuss

„Es ist nichts inhaltlich geändert worden“

Luftbild Gorleben

(dpa)

In seiner Sitzung am Donnerstag, 26. Mai 2011, hat sich der Gorleben-Untersuchungsausschuss erneut mit der schon oft thematisierten Sitzung zwischen Wissenschaftlern und Politikern am 11. Mai 1983 in Hannover beschäftigt. Der hierzu vernommene Zeuge Reinhold Ollig, damals Referent im Bundesministerium für Forschung und Technologie, verneinte eine Manipulation der wissenschaftlichen Arbeit von Seiten der Politik. „Es ist nichts inhaltlich geändert worden“, sagte er. Der -Untersuchungsausschuss geht der Frage nach, ob es bei der Entscheidung der Bundesregierung, sich im Jahr 1983 bei der Suche nach einem Endlager für radioaktiven Müll auf den Standort Gorleben (Niedersachsen) zu beschränken, zu solchen Manipulationen gekommen ist.

„Es ist nichts fachlich geschönt worden“

Im Zentrum der Recherchen steht jenes Hannoveraner Gespräch vom 11. Mai 1983, in dem Wissenschaftler von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) mit Vertretern aus drei Bundesministerien ihren Zwischenbericht an die Bundesregierung diskutierten - welcher Grundlage für die Entscheidung für Gorleben werden sollte. Zeugen hatten im Ausschuss von Weisungen im Gespräch und dessen Nachgang berichtet, kritische Passagen anders darzustellen.

„Es ist nichts fachlich geschönt worden“, sagte Ollig, „wir sind nur strukturell an den Bericht herangegangen.“ Der erste Entwurf des Berichts sei „ein ziemlich unsortiertes Werk“ gewesen. „Hypothetische Störfälle sollten nicht auf jeder dritten Seite stehen“, sagte Ollig, dessen Vorgesetzter Alois Ziegler an dem Gespräch in Hannover teilgenommen hatte. „Und der Befund der Eignungshöffigkeit Gorlebens stand auch irgendwo, aber das sollte an zentrale Stelle.“

„Wir haben nichts gestrichen“

Grünen-Obfrau Sylvia Kotting-Uhl hielt Ollig einen Vergleich der ersten mit der Endversion vor, der ihrer Einschätzung nach schon Veränderungen beinhaltet. So sei aus „keine eindeutig nachweisbare Wegsamkeit“ dann „keine Wegsamkeit“ geworden - oder an anderer Stelle sei die Formulierung „nicht gelungene Nachweise“ gestrichen worden. Darauf erwiderte Ollig: „Wir haben nichts gestrichen. Die Experten haben nach Diskussionen unter sich und mit uns selbst geschrieben.“

Gleichwohl schilderte der heute 61-Jährige, wie er und seine Mitarbeiter damals den Eindruck hatten, auf politischer Ebene sei längst entschieden worden, nur einen Standort zu erkunden. Er bestätigte einen Vermerk aus seinem Ministerium aus dem Jahr 1983, wonach das Ressort immer noch die Erkundung von drei Standorten favorisierte.

„Zähneknirschend eingewilligt“

„Aber dies hatte Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht mit seiner ultimativen Entscheidung zunichte gemacht, nur einen Standort zur Erkundung zuzulassen.“

Damit habe sich die Bundesregierung schwer getan, man habe gar über eine Weisung an den CDU-Ministerpräsidenten nachgedacht, „aber dann zähneknirschend in die nur eine Erkundung eingewilligt“.

„Auf Effekthascherei aufgebaut“

Zur Kritik des Quartärgeologen Klaus Duphorn, mit seiner Skepsis gegenüber Gorleben sei das Ministerium mangelhaft umgegangen, sagte Ollig: „Er hatte einen reißerischen Bericht abgegeben und kritisierte Umstände, bei denen er sich nicht auskannte.“

Das Ganze sei auf „Effekthascherei“ aufgebaut gewesen. Auf die Frage, warum Duphorns Bericht nicht veröffentlich worden ist, antwortete der heutige Referatsleiter: „Das war nicht meine Aufgabe. Die Angelegenheit war für mich erledigt. Gleichwohl hätte ich die Empfehlung gegeben, den Bericht nicht herauszugeben.“

„Ich weiß nicht, wie Albrecht auf Gorleben gekommen ist“

Im zweiten Teil seiner Zeugenvernehmung ging der Ausschuss der Frage nach, wie die niedersächsische Landesregierung unter Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) Ende der siebziger Jahre auf Gorleben als möglichen Standort gekommen ist. Am Ende seiner Vernehmung sagte Reinhold Ollig: „Ich weiß nicht, wie Albrecht auf Gorleben gekommen ist. Ich habe den Eindruck, es wurde aus dem Hut gezaubert.“

Als zweiten Zeugen vernahm der Ausschuss Prof. Dr. Klaus Otto Nass, einen langjährigen Vertrauten Ernst Albrechts. Ihm diente er seit Beginn seiner Amtszeit in Hannover 1976 als Leiter der politischen Abteilung in der Staatskanzlei.

„Die Entscheidungen hat Albrecht getroffen“

Der Ausschuss hielt ihm Vermerke aus dem Jahr 1976 vor, in denen er eine Entscheidung für einen Standort als nicht entscheidungsreif bezeichnet habe - und vor einer Bestimmung gewarnt habe: Rentabilität, Kosten für Polizeieinsätze und ein Nachdenken über eine europäische Lösung für ein Endlager habe er dabei angeführt. Doch Nass sagte dazu: „Ich habe keinerlei Erinnerung. Aber das klingt sehr vernünftig.“

Nass machte auch keine Angaben darüber, inwiefern er in die Entscheidungsfindung für Gorleben eingebunden gewesen war. „Ich kann mich nicht mehr daran erinnern“, sagte er. „Aber die Entscheidungen hat Albrecht getroffen.“ (jr)

Liste der Zeugen

Reinhold Ollig, Bundesministerium für Bildung und Forschung
Prof. Dr. Klaus Otto Naß, ehemaliger Mitarbeiter der niedersächsischen Staatskanzlei

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