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Parlament

Wahlbewerbern Rechtsweg nach Karlsruhe eröffnet

Dr. Günter Krings, CDU/CSU

(DBT/photothek.net)

Lehnt der Bundeswahlausschuss vor einer Bundestagswahl die Anerkennung einer Vereinigung als Partei ab, soll dagegen künftig noch vor der Wahl Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden können. Dies sieht ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen (17/9391) vor, den der Bundestag am Donnerstag, 24. Mai 2012, bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke in der vom Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung modifizierten Fassung (17/9733) verabschiedete. 

510 Abgeordnete für Grundgesetz-Änderung

In namentlicher Abstimmung votierte das Parlament zugleich für einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetz-Artikels 93 über die Zuständigkeiten des Bundesverfassungsgerichts (17/9392), der ebenfalls von der Koalition sowie der SPD- und der Grünen-Fraktion gemeinsam eingebracht worden war. Für diese Verfassungsänderung, die noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, votierten 510 Abgeordnete, womit die notwendige Zweidrittelmehrheit von 414 Stimmen klar erreicht wurde.

66 Parlamentarier enthielten sich. Bislang gibt es vor der Wahl keinen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Bundeswahlausschusses über die Feststellung der Parteieigenschaft.

Zwei Richter in Wahlausschüssen

Die Neuregelung sieht ferner vor, dass im Wahlprüfungsverfahren nach der Wahl „Rechtsverletzungen des Einsprechenden beziehungsweise des Beschwerdeführers künftig vom Bundestag und vom Bundesverfassungsgericht im Entscheidungstenor festgestellt“ werden, auch wenn sie keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der Wahl haben.

Auch sollen der Bundeswahlausschuss um je zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichts und die Landeswahlausschüsse  um je zwei Richter des Oberverwaltungsgerichts ergänzt werden. Bislang gehören diesen Ausschüssen neben dem Bundeswahlleiter beziehungsweise dem jeweiligen Landeswahlleiter ausschließlich Beisitzer an, die von den im Bundestag vertretenen Parteien vorgeschlagen werden.

Einzelner Wahlberechtigter kann Beschwerdeführer sein

Zudem soll künftig bei einer Wahlprüfungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht anders als bisher ein einzelner Wahlberechtigter allein Beschwerdeführer sein können. Bisher ist dafür der Beitritt von 100 weiteren Wahlberechtigten erforderlich.

Keine Mehrheit fand auf Empfehlung des Innenausschusses (17/9748) eine Vorlage der Fraktion Die Linke, mit dem ebenfalls der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundeswahlausschusses über die Anerkennung von Vereinigungen als Parteien eröffnet werden sollte. Ihr Gesetzentwurf zur Stärkung des Rechtsschutzes im Wahlrecht durch Einführung der Sonneborn-Regelung (17/7848) sah zudem vor, gegen ablehnende Entscheidungen von Kreiswahlvorschlägen durch die Landeswahlausschüsse oder von Landeslisten durch den Bundeswahlausschuss den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu eröffnen

Sonneborn-„Partei“ blieb Anerkennung versagt

In der Vorlage verwies die Fraktion darauf, dass bei der Bundestagswahl 2009 der „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ (Die Partei) unter ihrem Vorsitzenden Martin Sonneborn durch den Bundeswahlausschuss die Anerkennung als politische Partei versagt geblieben sei. Zu dieser Wahl habe die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erstmalig Wahlbeobachter nach Deutschland geschickt.

In dem Abschlussbericht der OSZE werde „nachdrücklich empfohlen, zumindest einige grundlegende Entscheidungen wie die Anerkennung von Vereinigungen als Parteien oder die Kontrolle von ablehnenden Entscheidungen zu Kreiswahlvorschlägen und Landeslisten, einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle vor der Wahl zuzuführen“, hieß es in dem Entwurf.

„Mehr als ein Schönheitsfehler“

Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert begrüßte die beschlossene Neuregelung als wesentliche Verbesserung. „Gerade mit Blick auf das auch international hoch geschätzte deutsche Wahlrecht war das Thema, das wir heute regeln, mehr als ein Schönheitsfehler“, sagte Lammert vor der Abstimmung.

Unions-Fraktionsvize Dr. Günter Krings sprach in der Debatte von einem „guten Tag für das Wahlrecht in Deutschland“. Er wandte sich zugleich dagegen, das Anliegen „Rechtsschutz in Wahlsachen“ mit Sonneborn und seiner Partei zu verbinden, die auch in nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf „wieder nichts anderes gemacht hat, als Plakate anderer Parteien zu überkleben“ und Wahlveranstaltungen zu stören.

„Eines entwickelten Verfassungsstaates unwürdig“

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz betonte, bei der Parteienzulassung habe man eine „Fehlstelle“ im Wahlrecht, die jetzt beseitigt werde. „Das war im Grunde unwürdig eines entwickelten Verfassungsstaates, dass wir keinen Rechtsschutz in diesem Bereich vor der Bundestagswahl haben, wenn es um die Zulassung einer Partei geht“, sagte er. Neue Parteien müssten „eine faire Chance haben, wenn über ihre Existenz gestritten wird“.

Der FDP-Abgeordnete Dr. Stefan Ruppert nannte es „undenkbar“, dass eine Partei, die am demokratischen Prozess teilnehmen und sich einbringen will, „gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundeswahlausschusses keinerlei Rechtsmittel hat“. Es sei höchste Zeit, dies zu beseitigen.

Linke beklagt „halbe Sonneborn-Regelung“

Der Grünen-Parlamentarier Jerzy Montag bezeichnete es als „Missstand“, dass eine Partei, die vom Bundeswahlausschuss nicht zugelassen wird, bisher „ihr Recht auf Teilnahme an den Wahlen nicht einklagen“ könne. Damit das Bundesverfassungsgericht in diesen Fällen noch vor der Wahl entscheiden könne, benötige man die Grundgesetzänderung.

Für Die Linke hielt ihre Parteivize Halina Wawzyniak den anderen Fraktionen vor, nur eine „halbe Sonneborn-Regelung“ einzuführen. Sie regelten „allein den Rechtsschutz für die Nichtzulassung als Partei“, aber nicht den Rechtsschutz vor der Wahl, wenn eine Landesliste oder ein Kreiswahlvorschlag nicht zugelassen wird. Eine Landesliste oder ein Kreiswahlvorschlag könne aber auch dann nicht zugelassen werden, wenn die Parteieigenschaft festgestellt worden ist, argumentierte sie.

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