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Parlament

Barnett beschwört den „KSZE-Geist von 1975“

Doris Barnett, SPD

Doris Barnett (SPD) leitet die Delegation des Bundestages zur Parlamentarischen Versammlung der OSZE. (DBT/photothek.net)

Die SPD-Abgeordnete Doris Barnett hofft, dass eine Wiederbelebung des Geistes der 1975 zu Zeiten des Kalten Krieges in Helsinki verabschiedeten KSZE-Schlussakte die von der Ukraine-Krise ausgehenden Gefahren einzudämmen vermag. Leider habe sich mit der Annexion der Krim durch Moskau das Rad der Geschichte ein Stück weit zurückgedreht: „Vor allem die Unverletzlichkeit der Grenzen und das Selbstbestimmungsrecht der Völker stehen auf dem Spiel“, sagt die SPD-Politikerin im Interview. Barnett leitet die Bundestagsdelegation bei der Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vom 5. bis 9. Juli 2015 in Helsinki. Das Interview im Wortlaut:
 

Die Tagung steht unter dem Motto „Zurück zum Geist von Helsinki“, also zur KSZE-Schlussakte von 1975. Seinerzeit ging es um kollektive Sicherheit, die Unverletzlichkeit der Grenzen, das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Rüstungskontrolle. Lässt sich das Rad um 40 Jahre zurückdrehen? Damals herrschte der Kalte Krieg. Die Geschichte ist aber weitergegangen.

Den Kalten Krieg haben wir hinter uns gelassen. Leider hat sich jedoch das Rad der Geschichte mit der Ukraine-Krise und der Annexion der Krim durch Moskau ein Stück zurückgedreht. Vor allem die Unverletzlichkeit der Grenzen und das Selbstbestimmungsrecht der Völker stehen auf dem Spiel. Das hätten wir vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten. Es ist daher dringend geboten, den Geist von 1975 wieder aufleben zu lassen.

Dem Kreml wird vorgeworfen, durch die Annexion der Krim und die Hilfe für Aufständische in der Ostukraine gegen die Schlussakte von Helsinki zu verstoßen und die internationale Sicherheitsarchitektur zu gefährden. Russland lässt sich indes von solcher Kritik nicht beeindrucken. Ist die OSZE dann, wenn es darauf ankommt, machtlos?

Eine Lösung ist am ehesten unter Vermittlung der OSZE zu erreichen. Sie ist jene internationale Organisation, die in der Ukraine am längsten vor Ort ist und bei allen Parteien das größte Vertrauen genießt. Der OSZE-Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine stimmten alle 57 Mitgliedstaaten zu, also auch Moskau und Kiew. An den Minsker Vereinbarungen zum Waffenstillstand war die OSZE maßgeblich beteiligt, als einzige Organisation hat sie alle Konfliktparteien an einem Tisch versammelt. Sicher gibt es weiterhin Hindernisse auf dem Weg zum Frieden, doch ohne die OSZE wären wir heute in einer schlechteren Situation.

Allerdings wird der Waffenstillstand vielfach gebrochen.

Eine Waffenruhe kann nur halten, wenn alle Beteiligten den unbedingten Willen haben, dass nicht mehr geschossen wird. Daran arbeiten die OSZE und die Parlamentarische Versammlung mit ganzer Kraft. Aber ein brüchiger Waffenstillstand ist immer noch besser als ein offener Kampf. Leider hat die OSZE keine eigene Rechtspersönlichkeit, was zu Problemen bei der Entsendung von Beobachtern führen kann. Derzeit wird daran gearbeitet, dieses Manko abzustellen.

Der Resolutionsentwurf für Helsinki ruft dazu auf, die konventionelle Rüstungskontrolle wiederzubeleben. Der Appell an Moskau, den Ausstieg aus dem KSE-Vertrag über konventionelle Streitkräfte rückgängig zu machen, verhallt freilich ungehört.

Russland ist immer noch KSE-Vertragsstaat. Der Kreml hat lediglich die Umsetzung des Vertrags eingestellt und ist 2015 aus der gemeinsamen Beratungsgruppe ausgetreten. Ohne Zweifel existieren Defizite im Bereich der Rüstungskontrolle der OSZE. Man muss sich Gedanken über eine Reform des Systems der Rüstungskontrolle machen, und dieser Prozess hat bereits begonnen.

Die Parlamentarische Versammlung will ihren Einfluss in der OSZE ausweiten. Was erhofft man sich von einer solchen Aufwertung?

Eine Stärkung der Versammlung würde die Funktionsfähigkeit der OSZE als Ganzes verbessern. Wir sind das parlamentarische Rückgrat und das demokratische Gewissen der Organisation. Die Abgeordneten können politisch die Initiative ergreifen, wenn dies den Regierungen nicht möglich ist. Unsere Versammlung spielt eine herausgehobene Rolle, wenn es darum geht, die Werte der OSZE zu verteidigen sowie auf deren Umsetzung und Einhaltung zu pochen.

Das Europaratsparlament hat wegen des Moskauer Vorgehens auf der Krim und in der Ostukraine den russischen Delegierten das Stimmrecht entzogen. Warum verhängen die OSZE-Abgeordneten keine Sanktionen gegen die Duma? Ein solcher Paukenschlag würde Ihrer Versammlung viel Aufmerksamkeit verschaffen.

Leider löst man mit Paukenschlägen keine Probleme. Anders als die Abgeordneten des Europarats und der Nato setzt die OSZE-Versammlung weiterhin auf Dialog, um Lösungen zu finden. So habe ich im März zusammen mit unserem früheren Präsidenten Ranko Krivokapić und mit Hilfe des deutschen Außenministeriums erfolgreich ein Seminar mit russischen und ukrainischen Parlamentariern veranstaltet. Im Ergebnis hat der russische Delegationsleiter zugesagt, dass er sich für eine OSZE-Beobachtermission auf der Krim sowie für humanitäre Hilfstransporte von OSZE und Rotem Kreuz einsetzen werde. Wir versuchen, mit kleinen Schritten Gräben zu überwinden. Paukenschläge lassen wir dort, wo sie hingehören: im Konzertsaal.

(kos/02.07.2015)

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