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Parlament

Agraringenieurin aus Thüringen: Kersten Steinke

Kersten Steinke, Die Linke

Kersten Steinke (Die Linke) (DBT/Melde)

Kersten Steinke (Die Linke) ist eine Abgeordnete mit großer Parlamentserfahrung und eine von 230 Frauen im Deutschen Bundestag. Die Thüringerin ist seit drei Legislaturperioden Mitglied des Parlaments und war von 1998 bis 2002 schon einmal Abgeordnete der Fraktion der PDS im Bundestag. Im Januar 2014 wurde Kersten Steinke zum dritten Mal zur Vorsitzenden des Petitionsausschusses gewählt und konnte somit an die vorherige erfolgreiche Arbeit als Ausschussvorsitzende anknüpfen.

Bad Frankenhausen am Fuße des Kyffhäusergebirges

Für Kersten Steinke ist es sehr wichtig, dass sie einen umfassenden Überblick über die Stimmungslage der Menschen im Land hat. Diesen Überblick bekommt sie mit den Petitionen, die zu unterschiedlichen Themen online oder per Brief im Parlament eingereicht werden und auf ihrem Schreibtisch landen. Die Agraringenieurin aus Bad Frankenhausen sagt: „Der Petitionsausschuss hat eine Brückenfunktion. Er ist ein Bindeglied zwischen den Bürgern und den Volksvertretern, die als Parlamentarier über Gesetze abstimmen, die Auswirkungen auf das Leben der Menschen haben.“

Kersten Steinke wurde in Bad Frankenhausen geboren und lebt noch heute in der Stadt am Fuße des Kyffhäusergebirges. Die kleine Stadt in Thüringen wurde durch den Maler Werner Tübke bekannt, der zum Gedenken an den Bauernkrieg ein monumentales Bauernkriegspanorama schuf (1976 bis 1987). Es ist eines der größten Tafelbilder der Welt und machte den Ort Bad Frankenhausen schon zu DDR-Zeiten weltbekannt.

Agrotechnikerin und Mechanisatorin

Kersten Steinke absolvierte in Bad Frankenhausen die mittlere Reife und anschließend eine Ausbildung mit Abitur. Sie wurde zur Agrotechnikerin und Mechanisatorin ausgebildet, ein Beruf, den die meisten wohl eher als Männerberuf einstufen würden. 

Nach der Ausbildung studierte sie an der Martin-Luther-Universität Halle Wirtschaftswissenschaften. „Während des Studiums wurde ich zur Sprecherin meiner Studiengruppe gewählt, war Ansprechpartnerin bei Problemen, weil ich mich schon immer gern für andere einsetzte und Verantwortung übernahm.“ Im Abschlussjahr 1981 trat Kersten Steinke in die SED ein. Warum? „Ich war davon überzeugt, dass man sich nicht nur beschweren, sondern sich engagieren sollte, wenn man etwas verändern möchte. Dafür schien mir die Partei das richtige Instrument“, sagt die Abgeordnete.

Futterökonomin in der LPG

Nach dem Studium wurde die Thüringerin Futterökonomin in der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Bad Frankenhausen. Während der Semesterferien fuhr sie in der Erntezeit auch schon mal mit Freude Traktor oder Mähdrescher. 1981 begann sie ein Fernstudium an der Agraringenieurschule Stadtroda, da war sie 23 Jahre alt. Sie studierte am Abend, neben ihrer Arbeit in der LPG, und schloss das Studium 1985 als Agraringenieurin ab.

Bis zur Wende 1989 arbeitete Kersten Steinke als Sekretär des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter im Kreis Artern und wurde in der Wendezeit zum Sekretär für Landwirtschaft gewählt – ein zu DDR-Zeiten hochrangiger Posten. 1989 wurde sie Kreisvorsitzende der SED-PDS. „Nach der Wende sind viele aus der Partei ausgetreten, weil sie enttäuscht oder nur aus Karrieregründen SED-Mitglied geworden waren. Bei mir war das anders. Ich habe immer an eine gute Zukunft geglaubt, und ich gehöre auch heute nicht zu denen, die behaupten, dass in der DDR alles schlecht war“, sagt die Politikerin.

Gespräche am „Runden Tisch“ in der Wendezeit

Kersten Steinke diskutierte in der Wendezeit Woche für Woche am „Runden Tisch“ mit Vertretern gesellschaftlicher Organisationen und der Bürgerbewegung über anstehende Reformen und die Kontrolle der örtlichen Verwaltungen. „Es war eine turbulente Zeit, in der es um funktionierende Strukturen ging, damit die DDR handlungsfähig blieb“, erinnert sich die Abgeordnete.

Keine einzige Minute dachte die Agraringenieurin daran, ihre Geburtsstadt oder Thüringen zu verlassen. Damals zur Wende nicht und heute erst recht nicht. Sie ist in der Stadt im Kyffhäuserkreis geboren, hat die meiste Zeit ihres Lebens in Thüringen verbracht und möchte dort einmal ihren Lebensabend verbringen.

Nach der Wende ohne Job, aber aktiv in der PDS

In den Jahren nach der Wiedervereinigung war die Agraringenieurin damit beschäftigt, ihre Existenz zu sichern. Erst wurde sie arbeitslos, dann nahm sie einen Job als Anzeigenberaterin an. Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe wurden damals abgewickelt und Agraringenieure offenbar nicht gebraucht. Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt der neuen Länder waren mehr als düster, aber Kersten Steinke wollte das nicht hinnehmen.

Sie engagierte sich weiter in der PDS, wollte Arbeitnehmerrechte stärken und setzte sich gegen soziale Ungerechtigkeiten ein. Dieses Engagement führte dazu, dass sie 1995 zur stellvertretenden Landesvorsitzenden der PDS gewählt wurde. „Drei Jahre später kandidierte ich erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Damals schaffte die PDS erstmals die Fünf-Prozent-Hürde, und es gab die erste rot-grüne Bundesregierung“, erinnert sich Kersten Steinke.

2005 erneut in den Bundestag gewählt

Die Wiederwahl im Jahr 2002 schaffte die PDS und damit auch Kersten Steinke nicht, aber als die Linkspartei PDS und die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) zur vorgezogenen Bundestagswahl 2005 als linkes Wahlbündnis antraten, war Kersten Steinke wieder dabei. „Ich war immer davon überzeugt, dass nur eine vereinte und starke Linke erfolgreich sein kann. Die Kritiker und Gegner des Wahlbündnisses bekamen den Beweis mit dem Wahlergebnis. Das war allerdings auch für mich Überraschung und Erleichterung zugleich. Die Linke erreichte ein respektables Gesamtergebnis von 8,7 Prozent“, sagt Kersten Steinke.

Die Thüringerin holte im Bundestagswahlkreis 191 „Kyffhäuserkreis–Sömmerda–Weimarer Land I“ beachtliche 27,2 Prozent der Erststimmen und schaffte damit die Wiederwahl in den Deutschen Bundestag. An den Wahlkampf von damals erinnert sich die Abgeordnete noch heute lebhaft: „Die Menschen hatten sehr viel Vertrauen in das linke Wahlbündnis. Sie waren zuversichtlich und sagten uns in Gesprächen, wie wichtig es sie fänden, dass eine Partei die kleinen Leute vertreten würde.“

Vorsitzende des Petitionsausschusses

Seit der Bundestagswahl 2005 ist die Thüringerin Vorsitzende des Petitionsausschusses des Parlaments und von den Kollegen aller Fraktionen hoch geachtet. Dem Ausschuss steht eine ganze Palette von Möglichkeiten zur Verfügung, die Anliegen der Petenten aufzugreifen. Die Bundesregierung und die Behörden des Bundes müssen dem Petitionsausschuss auf Verlangen Akten vorlegen, Auskunft erteilen und Zutritt zu ihren Einrichtungen ermöglichen.

Der Petitionsausschuss kann die Petenten anhören sowie Zeugen und Sachverständige befragen, um sich ein umfassendes Bild von dem Sachverhalt einer Petition zu machen. Gerichte und Verwaltungen müssen dem Petitionsausschuss Amtshilfe leisten und das Gremium kann Regierungsvertreter zu Gesprächen auffordern. 

„Stellenwert des Petitionsausschusses erhöhen“

In ihrer langjährigen Arbeit als Ausschussvorsitzende weiß Kersten Steinke natürlich, dass viele Dinge schwieriger sind. „Ich kann nicht sagen, dass ich mich immer ernst genommen fühle, und will das an einem Beispiel verdeutlichen. Wenn der Ausschuss ein hohes Votum zu einer Petition abgibt und die Bundesregierung auffordert, tätig zu werden, dann geschieht oft gar nichts. Denn auffordern heißt nicht, dass die Bundesregierung in der Pflicht wäre. Sieht sie keinen Handlungsbedarf, bleibt alles wie es ist. Und das ist bei fast 50 Prozent aller hohen Voten so“, erklärt die Politikerin.

Kersten Steinke weiß aber auch, dass es Zeit braucht, eine gute Vorbereitung und kompetentes Personal, um eine Petition fachgerecht zu bearbeiten. „Was die Akteneinsicht in Ministerien, Gerichten und Verwaltungen betrifft, klappt die Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss meist sehr gut. Ich würde mir aber wünschen, dass Petitionen im Plenum viel öfter diskutiert werden. Um den Stellenwert des Petitionsausschusses zu erhöhen, wäre es außerdem wünschenswert, wenn ich als Ausschussvorsitzende öfter als einmal pro Jahr im Plenum zur Arbeit des Petitionsausschusses sprechen dürfte“, sagt Kersten Steinke abschließend. (bsl/15.08.2016)

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