Koalition will an vorläufiger Anwendung von Ceta festhalten
Die Koalitionsfraktionen halten an der geplanten vorläufigen Anwendung des zwischen der EU und Kanada vereinbarten Handelsabkommens Ceta (Comprehensive Economic and Trade Agreement) fest. Das wurde am Freitag, 27. Januar 2017, während der ersten Lesung eines Antrags der Linksfraktion (18/10970), in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, „die Notifizierung an Kanada zur Inkraftsetzung der vorläufigen Anwendung des Ceta-Abkommens zu verhindern“, deutlich.
Die Linksfraktion macht in dem Antrag geltend, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner letzten Entscheidung zwar keine Bedenken gegen die Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat zur vorläufigen Anwendung des Ceta-Vertrages geltend gemacht habe. Allerdings, so schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag, sei das Gericht davon ausgegangen, dass ein einzelner EU-Mitgliedstaat die vorläufige Anwendung einseitig beenden könne. Dazu würden sowohl die EU-Kommission als auch der Juristische Dienst des Europäischen Parlaments jedoch eine gegensätzliche Rechtsauffassung vertreten, heißt es in dem Antrag.
Linke: Vorbehalte gegen Ceta sind nicht ausgeräumt
Während der Debatte sagte Klaus Ernst (Die Linke), die Vorbehalte gegen Ceta seien nicht ausgeräumt. Mit dem Abkommen würden Konzernsonderrechte zementiert, es gebe keine Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards und außerdem sei die öffentliche Daseinsvorsorge nicht ausgenommen worden. Ernst machte deutlich, dass seine Fraktion sich sehr für fairen Handel einsetze. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass Regeln geschaffen würden, „damit sich in der globalen Konkurrenz nicht der Billigste durchsetzt, sondern der mit hohen Sozial- und Umweltstandards“.
Außerdem müssten regionale Wirtschaftsstrukturen berücksichtigt und erhalten werden und nicht dem Profistreben international agierender Konzerne geopfert werden. „Freihandel bei Ceta ist eben kein fairer Handel“, urteilte Ernst. Er rief zugleich die SPD-Abgeordneten zum Widerstand gegen Ceta auf. Die Grundwertekommission der Sozialdemokraten habe sich gegen eine vorläufige Anwendung von Ceta ausgesprochen, bevor die offenen Fragen nicht geklärt sind, sagte er.
Ministerin: Das Abkommen ist ein Fortschritt
Das Bundesverfassungsgericht habe zweimal entschieden, dass der Umgang der Bundesregierung mit Ceta verfassungskonform ist, sagte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Dem noch ausstehenden Urteil im Hauptverfahren sehe die Bundesregierung gelassen entgegen, betonte sie.
Die Ministerin beurteilte das Abkommen anders als ihr Vorredner. Ceta bedeute Fortschritt auf dem Weg zu einer sozialen und nachhaltigen Gestaltung der Globalisierung und setze die richtigen Standards, sagte sie. Deutschland brauche offene Märkte. „Wer wenn nicht wir muss deshalb für fairen und freien Handel einstehen“, sagte Zypries.
Grüne: Die vorläufige Anwendung stoppen
Die Wahl Donalds Trumps zum US-Präsident habe zu einer Achsenverschiebung in der internationalen Handelspolitik geführt, sagte Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen). Seine angekündigten Strafzölle, die nationalistische Wirtschaftspolitik und die Ankündigung, gezielt auf eine Schwächung der EU hinzuarbeiten, seien Herausforderungen „die neu sind, und denen wir uns stellen müssen“, sagte sie. Umso bedenklicher sei es, wenn sich der ehemalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hinstelle und sage, „wir machen weiter wie bisher“ und allen Andersdenkenden unterstellen würde, sie seien auf der Seite von Trump.
Dabei, so Dröge, biete sich gerade jetzt eine Chance zu zeigen, wie ein gutes Abkommen aussieht. Darin müssten Regelungen zur Finanzmarktregulierung und auch zum Kampf gegen Steuerhinterziehung enthalten sein, was aber nicht der Fall sei. Die Grünenabgeordnete forderte daher, die vorläufige Anwendung zu stoppen. „Gerade jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um mit den Kanadiern zu reden, um ein wirklich gutes Abkomme zu erreichen.“
CDU/CSU: Das modernste Handelsabkommen überhaupt
„Ceta ist das modernste Handelsabkommen, das es überhaupt gibt“, entgegnete ihr Andreas G. Lämmel (CDU/CSU). Alle Themen, die die Zivilgesellschaft in den letzten Jahren zu dem Abkommen bewegt hätten, seien diskutiert worden. Dem ehemaligen Wirtschaftsminister Gabriel sei es auch gelungen, viele der Forderungen durchzusetzen. Aus Sicht Lämmels hat das Abkommen auch einen hohen symbolischen Wert, „in einer Zeit, in der der US-Präsident Handelsabkommen mit einem Federstrich beendet und seine Partner vor den Kopf stößt“. Ceta, so Lämmel, sei die beste Basis für fairen Handel.
Es sei bedauerlich, dass Grüne und Linke mit ihrer Ablehnung all jenen in die Hände spielen würden, die ohnehin europafeindlich eingestellt seien. Der Unionsabgeordnete sagte weiter, mit der vorläufigen Anwendung des Abkommens sei die Diskussion über Ceta nicht beendet. Sie könne im Rahmen des Ratifizierungsprozesses weitergeführt werden.
SPD: Deutschland braucht den globalen Handel
Die exportorientierte Wirtschaft Deutschlands brauche den globalen Handel, betonte Bernd Westphal (SPD). An die Linksfraktion gewandt sagte er: „Hören Sie auf, dass zu bekämpfen, was unserem Land nutzt.“ Kein Verständnis zeigte Westphal für die in dem Antrag der Linksfraktion enthaltenen Zweifel daran, dass Deutschland einseitig das Abkommen beenden darf. Genau das habe das Bundesverfassungsgericht eindeutig bestätigt, sagte der SPD-Abgeordnete.
Konkret fordert die Linke die Bundesregierung auf, zu verhindern, dass das Ceta-Abkommen vorläufig angewendet werden kann, etwa durch politische Einwirkung, eine vorsorgliche Beendigung der vorläufigen Anwendung oder die Einleitung einer Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof. Außerdem solle sie ein Gutachten beim Europäischen Gerichtshof über die Vereinbarkeit von Ceta mit den Verträgen der Europäischen Union einholen. Ceta solle nicht vorläufig angewendet werden, so Die Linke, weil im Hauptsacheverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht noch eine Entscheidung ausstehe und die Verfassungskonformität des Ceta-Abkommens noch offen sei. (hau/27.01.2017)