Befragung der Bundesregierung

Bundesregierung will Lärmschutz für Fußball-WM lockern

Die Bundesregierung plant, während der Fußballweltmeisterschaft in Russland die strengen Regelungen zum Lärmschutz zu lockern, um Public Viewing-Veranstaltungen in Kneipen oder Biergärten auch nach 22 Uhr zu ermöglichen. Zu diesem Zweck hat das Kabinett bereits am 21. Februar 2018 eine entsprechende Verordnung beschlossen. Public Viewing erfreue sich „großer Beliebtheit“, es bestehe daher „ein erhebliches öffentliches Interesse“, begründete Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) die geplante Verordnung, bevor sie dazu im Rahmen der Regierungsbefragung am Mittwoch, 28. Februar 2018, Fragen der Abgeordneten beantwortete.

Nächtliches Public Viewing ermöglichen

Die Übertragung der Spiele auf Großleinwänden ermögliche es Fußball-Fans, die sich eine Reise nach Russland nicht leisten könnten, live die Spiele zusammen in „großer Gemeinschaft und schöner Atmosphäre“ zu verfolgen, sagte Hendricks. Die Verordnung solle insbesondere Event-Veranstaltern und Gastronomen Rechts- und Planungssicherheit verschaffen. „Über den Lärmschutz entscheiden letztlich die örtlichen Behörden“, betonte die Ministerin. Ihnen obliege es abzuwägen, wo Public Viewing stattfinden könne.

Hendricks wies daraufhin, dass es bereits bei den Weltmeisterschaften 2006, 2010 und 2014 sowie bei den Europameisterschaften 2008 und 2016 vergleichbare Verordnungen gegeben habe. Die aktuelle Verordnung werde voraussichtlich im Mai in Kraft treten und bis 31. Juli 2018 gelten. „Es ist also ein temporäres, speziell auf die WM ausgerichtetes Regelwerk“, so die SPD-Politikerin.

„Verordnung notwendig, aber kein Thema für Befragung“

Ralph Lenkert, Umweltexperte der Fraktion Die Linke, kritisierte als erster Fragesteller die Entscheidung der Bundesregierung, die geplante Verordnung zum Thema der Regierungsbefragung gemacht zu haben. „Dass die Verordnung notwendig ist, darin sind wir uns einig. Warum diskutieren wir darüber in der Regierungsbefragung?“, monierte Lenkert. Beim Thema Sportstätten und Lärmschutz gebe es weitaus diskussionswürdigere Aspekte: Viele Sportstätten seien nicht nur in schlechtem Zustand – auch der Ärger mit Anwohnern wachse, weil die Wohnbebauung näher an Sportanlagen heranrücke, so der Linkspolitiker aus Jena. „Aber dazu darf ich hier keine Frage stellen. Stattdessen frage ich also: Wie lange ist mit einer Lärmbelastung der Anwohner nach Ende der Fußballübertragungen zu rechnen?“

„Das hängt mit dem Ergebnis des Spiels zusammen und wie gut sich die Menschen damit fühlen“, erwiderte Hendricks. Zugleich wies sie darauf hin, dass der Bund – obwohl er nicht in erster Linie zuständig für den Erhalt von Sportstätten sei, sondern Kommunen und Länder – in der letzten Legislaturperiode eigene Fördermaßnahmen für Sport, Jugend und Kultur aufgelegt habe. „Auch haben wir die TA (Technische Anleitung) Lärm so geändert, dass Sportstätten ihre Privilegien behalten“, unterstrich die Ministerin.

Klagen gegen Sportvereine

Auch Judith Skudelny (FDP) machte deutlich, dass sie die Einschränkung des Lärmschutzes für die Dauer der Fußball-WM unterstütze. Sie wies aber auch auf die wachsende Zahl von Klagen gegen Sportvereine hin: „Anwohner kritisieren, dass dem Gesundheitsschutz nicht ausreichend Rechnung getragen werde“, so die Liberale. „Welche Interessenlagen hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang diskutiert?“ Und: „Gibt es vielleicht auch Pläne, die Regelung zu verstetigen und die Verantwortung komplett in die Hände der Kommunen zu geben?“

Dies verneinte die Ministerin und unterstrich ein weiteres Mal, dass die Verantwortung stets bei den Kommunen bleibe. „Die Bundesregierung setzt nur den Rechtsrahmen.“ Die Kommunen hätten die Pflicht, öffentliches Interesse an Public Viewing und Lärmschutz gegeneinander abzuwägen. „Sie müssen sich anschauen, wie nahe Wohnungen gelegen sind oder ob es vielleicht sogar in der Nähe eine Seniorenanlage gibt.“ Einem Antrag auf Public Viewing müsse nicht in jedem Fall stattgegeben werden.

Umweltauflagen für Veranstalter angeregt

Weiter fragte Ralph Lenkert nach, ob die Bundesregierung erwogen habe, mit der Verordnung auch Umweltschutzauflagen an die Veranstalter zu verbinden. „Sportveranstaltungen sind sehr abfallintensiv“, so Lenkert.

Die Umweltministerin wies darauf hin, dass die geplante Verordnung sich ausschließlich auf den Lärmschutz beziehe. „Aber“, so unterstrich Hendricks, „die Kommunen können es den Veranstaltern durchaus zur Auflage machen, keine Einwegflaschen zu verkaufen oder genügend Abfalleimer aufzustellen.“

Frage zu Lärmschutzregeln in anderen EU-Ländern

Hans-Jürgen Irmer (CDU/CSU) wollte schließlich als letzter Fragesteller wissen, wie Lärmschutz bei Public-Viewing-Veranstaltungen im EU-Ausland geregelt werde.

Hier räumte die Ministerin ein, dass sie die Regelungen im Einzelnen zwar nicht kenne, aber vermute, dass der Lärmschutz von Land zu Land sehr unterschiedlich geregelt sei: „In Spanien beispielsweise ist es ja auch üblich, noch spät abends zum Essen auszugehen.“ (sas/28.02.2018)

Marginalspalte