Abschließende Beratung ohne Aussprache
Ohne vorherige abschließende Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 27. September 2018, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt.
Afrikanische Schweinepest: Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) soll in Zukunft wirksamer bekämpft werden können. Dazu hatten CDU/CSU und SPD (19/2977, 19/4567) und die Bundesregierung (19/3069) wortgleiche Gesetzentwürfe vorgelegt, über die der Bundestag auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft abgestimmt hat. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktion Die Linke und der Fraktion der AfD wurde der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD in der Ausschussfassung angenommen. Einstimmig wurde anschließend der Gesetzentwurf der Bundesregierung gemäß der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft für erledigt erklärt. Den zuständigen Behörden soll es erleichtert werden, unter anderem ein Gebiet absperren zu können, den Personen- oder Fahrzeugverkehr für bestimmte Gebiete zu beschränken oder eine vermehrte Suche von toten Wildschweinen anzuordnen, um die Infektion gesunder Tiere zu verhindern. Durch die Änderung des Bundesjagdgesetzes sollen die Bundesländer außerdem Ausnahmen für die Jagd in Setz- und Brutzeiten festlegen – also in der Zeit, die Elterntiere benötigen, um ihren Nachwuchs aufzuziehen. Die Afrikanische Schweinepest befällt als Viruserkrankung ausschließlich Haus- und Wildschweine. Die Fraktionen sehen Handlungsbedarf, weil seit Jahren Fälle beim Schwarzwild in Weißrussland, der Ukraine, Moldawien und Russland auftreten und seit dem Frühjahr 2014 im Grenzgebiet zu diesen Drittländern in Litauen, Lettland, Estland und Polen ebenfalls Fälle von ASP festgestellt wurden. Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme (19/3827) den Entwurf der Bundesregierung begrüßt, aber auch kritisiert, dass den Bundesländern durch die geplanten Maßnahmen erhebliche Kosten aufgrund von Entschädigungsleistungen entstehen können. Deshalb sollen zusätzliche Bundesmittel für präventive Maßnahmen sowie für das Krisenmanagement zur Verfügung gestellt werden. Die Bundesregierung widersprach mit dem Hinweis auf die grundgesetzlich geregelte Aufgaben- und Kompetenzverteilung und der daraus folgenden Finanzierungsverantwortung.
Weltfriedenstag als europäischer Feiertag: Der Antrag der Fraktion Die Linke, den Weltfriedenstag am 1. September als europäischen Feiertag in ganz Europa zu begehen (19/3013), wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke abgelehnt.
Multiresistente Keime im Wasser: Der Bundestag hat auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (19/3240) einen Antrag der Grünen (19/1159) abgelehnt, das Wasser vor multiresistenten Keimen zu schützen. Für die Beschlussempfehlung stimmten die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der FDP. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat die Bundesregierung aufgefordert, den Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft zu reduzieren und den Einsatz sogenannter Reserveantibiotika in der Tierhaltung zu beenden. Durch die systematische Sammlung von Gewässerdaten sollten die Behörden in die Lage versetzt werden, Wasserverunreinigungen aufzudecken. Gleichzeitig sollten diese Daten zur verstärkten Erforschung der Entstehung und Verbreitung multiresistenter Keime genutzt werden. Bei der Herstellung und Entwicklung von Medikamenten sollte die Umweltverträglichkeit zum Prüfkriterium gemacht werden. Durch verschiedene Maßnahmen sollte außerdem der Verschwendung und falschen Entsorgung von Medikamenten, vor allem ins Wasser, vorgebeugt werden. Schließlich sollte ein Finanzierungskonzept zur Vorbeugung und Entfernung von problematischen Stoffen aus dem Wasser entwickelt werden.
Reduktionsziele bei den Kohlendioxidemissionen: Der Bundestag hat die Anträge der AfD (19/2688) zu den EU-weiten Reduktionszielen beim Kohlendioxidausstoß auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (19/4583) mit der Mehrheit des Hauses gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Die AfD wollte die Kohlendioxid-Grenzwerte für Pkw mit der EU neu festlegen. Die Fraktion forderte die Bundesregierung auf, den Kohlendioxid-Grenzwert pro Kilometer für neu zugelassene Pkw in der Europäischen Union neu zu verhandeln.
Kohlendioxid-Vorgaben für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge: Abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der Fraktionen der AfD und FDP gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/2110) auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Umweltausschusses (19/4584). Der Antrag zielte darauf ab, die Kohlendioxid-Vorgaben für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge am Pariser Klimaabkommen auszurichten und Deutschlands Klimaziele im Verkehrsbereich einzuhalten. Dabei ging es um eine Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung zum EU-Verordnungsvorschlag zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und für neue leichte Nutzfahrzeuge im Rahmen des Gesamtkonzepts der Europäischen Union zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen und zur Änderung der EU_Verordnung Nr. 715 / 2007 (Ratsdokument 14217 / 17). Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, im Europäischen Rat durchzusetzen, dass die Reduktion von Kohlendioxidemissionen bei neu zugelassenen Autos auf 45 Prozent im Jahr 2025 sowie auf 75 Prozent im Jahr 2030 gegenüber dem Wert des Jahres 2021 erhöht wird. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission sieht der Vorlage nach lediglich eine Absenkung um 15 Prozent (2025) beziehungsweise 30 Prozent (2030) vor. Diese Minderungsziele seien unzureichend, bemängeln die Grünen, da unter der neuen Regulierung weniger Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden müsse als bisher. Somit drohten mit den vorgeschlagenen Reduktionszielen nicht nur die deutschen Klimaschutzziele, sondern auch der europäische Beitrag zur Einhaltung der Pariser Klimaziele verfehlt zu werden, warnen die Abgeordneten.
Regeln für den Versicherungsbetrieb: Die Regeln für den Versicherungsvertrieb werden neu gefasst. Dazu hat die Bundesregierung eine Verordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2016 / 97 über Versicherungsvertrieb (19/3109, 19/4585), 19/3287 Nr. 2) erlassen. Zu dieser Verordnung hat der Wirtschaftsausschuss eine Beschlussempfehlung (19/4585) erarbeitet, die der Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die übrigen Fraktionen angenommen hat. Neu gefasst worden sind vor allem die Vorschriften über die Erlaubniserteilung für den Versicherungsvertrieb, die Regeln zur Berufshaftpflicht sowie zur Weiterbildung von Versicherungsvertretern. Der durch die Verordnung entstehende Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird mit rund 5,5 Millionen Euro angegeben.
Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht: Der Bundestag hat der Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses (19/4564) über die Übersicht 3 mit Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht einstimmig zugestimmt, die dem Bundestag zugeleitet wurden.
Grenzwerte für neue PKW: Der Bundestag hat mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der AfD den Antrag der FDP-Fraktion „CO2-Grenzwerte für neue PKW abschaffen, Klimaziele durch Emissionshandel erreichen“ (19/2673) abgelehnt. Dazu hatte der Umweltausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/4582). Der Antrag hat die Bundesregierung auffordern sollen auf Grundlage von § 8 Abs. 2 und 4 EUZBBG in den Verhandlungen im Rat über die Verordnung zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und neue leichte Nutzfahrzeuge den Vorschlag der EU-Kommission abzulehnen.
Kleinbauern stärken: Der Bundestag hat einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/4215) mit dem Titel „Kleinbauernerklärung der Vereinten Nationen unterstützen – Rechte von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern stärken“ abgelehnt. Dazu hat der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eine entsprechende Beschlussempfehlung (19/4586) vorgelegt. Nach Auffassung der Antragsteller begleite die Bundesregierung die UN-Kleinbauernerklärung bisher zu passiv.
Beschlüsse zu Petitionen: Der Bundestag hat über zehn Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses zu Petitionen von Bürgerinnen und Bürgern abgestimmt, die beim Bundestag eingegangen und dort bereits beraten worden sind. Die Beschlussempfehlungen beziehen sich auf die Sammelübersichten 83 bis 92 des Petitionsausschusses (19/4261, 19/4262, 19/4263, 19/4264, 19/4265, 19/4266, 19/4267, 19/4268, 19/4269, 19/4270).
Gegen Abrechnungsbetrug bei Pflegeleistungen
Darunter befindet sich eine Petition mit der Forderung, in das dritte Pflegestärkungsgesetz Regelungen aufzunehmen, die den „Abrechnungsbetrug“ – insbesondere von Pflegediensten – eindämmen können. Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 12. September 2018 verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium für Gesundheit „als Material“ zu überweisen, „soweit größere Transparenz erbrachter Leistungen für die Versicherten anzustreben ist“.
Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zu Folge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition – mit der erwähnten Einschränkung – „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“. Außerdem soll die Vorlage den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis gegeben werden.
Transparenz bei der Abrechnung von Pflegeleistungen
In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Petitionsausschuss auf bislang schon erfolgte gesetzliche Neuregelungen zur Erhöhung der Transparenz bei der Abrechnung von Pflegeleistungen aufmerksam. Wie die Abgeordneten schreiben, gilt in der sozialen Pflegeversicherung nach SGB XI (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) grundsätzlich das Sachleistungsprinzip.
Dabei gewähre die Pflegekasse den Pflegebedürftigen in der Regel Sach- und Dienstleistungen, für deren Inanspruchnahme diese keine Rechnung vom Leistungserbringer erhielten, da sie selbst nicht vergütungspflichtig seien. Vielmehr würden die erbrachten Leistungen mit der zuständigen Pflegekasse abgerechnet, heißt es in der Vorlage.
Pflegekasse prüft Richtigkeit der Abrechnung
Das Sachleistungsprinzip habe – im Gegensatz zum Kostenerstattungsprinzip, bei dem der Versicherer in Vorleistung gehen müsse – den Vorteil, „dass Versicherte unabhängig von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit die erforderlichen Leistungen ohne Vorauszahlung und Vorfinanzierung erhalten“, schreiben die Abgeordneten. Dieses Prinzip diene dem Schutz vor finanzieller Überforderung.
Zudem entfalle für die Pflegebedürftigen die Rechnungs- und Erstattungsabwicklung. Die Betroffenen würden überdies durch das Sachleistungsprinzip von der Aufgabe entbunden, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung zu beurteilen und die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnung zu prüfen, was Aufgabe der Pflegekasse sei.
Verbessertes Auskunftsrecht
Wie der Petitionsausschuss weiter schreibt, müssten seit Januar 2016 die Pflegekassen die Versicherten über ihre in einem Zeitraum von mindestens 18 Monaten vor Antragstellung in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichten.
„Dieses Auskunftsrecht verbessert die Transparenz der Kosten sowie des Leistungsgeschehens für die Versicherten und ermöglicht zudem die Unterrichtung über zeitlich weiter zurückliegende Leistungsinanspruchnahmen“, befinden die Abgeordneten.
Schutz vor Falschabrechnungen
Um Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung von Pflegeleistungen noch besser entgegentreten zu können, seien seit Anfang 2017 sowohl im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) als auch im Bereich des SGB XI die Regelungen zur Prävention, Aufdeckung und Bekämpfung von Abrechnungsbetrug verbessert worden. Damit würden die Vorschriften bei den Qualitätsprüfungen, vor allem im Bereich der häuslichen Krankenpflege, weiterentwickelt.
Mit der Erweiterung der Aufgaben des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bezug auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege um „systematische Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen“ würden die Patienten, ihre Angehörigen sowie auch die rechtmäßig abrechnende große Mehrheit der Pflegedienste besser vor Falschabrechnungen und dem möglichen kriminellen Handeln einzelner Anbieter geschützt, heißt es in der Vorlage.
(vom/hau/27.09.2018)