Geschichte

29. Oktober 1918: Wilhelm II. verlässt über­raschend Berlin

Schwarzweißaufnahme eines fahrenden, historischen Autos; im Bildhintergrund stehen mehrere uniformierte Männer und grüßen den Fahrenden.
Schwarzweiße Porträtfotografie eines hochdekorierten Mannes in Uniform
Schwarzweißfotografie eines schweren Kriegsschiffes auf offener See
Schwarzweißfotografie von zwei sich verschanzenden uniformierten Soldaten mit einem historischen Kamera-Apparat
Schwarzweißaufnahme von drei Männern mit Hut und Gehstock, die gemeinsam über eine Straße gehen.
Zeichnung einer korpulenten Person in Uniform, die Luftballons aufbläst, die wiederum über eine jubelnde Menschenmenge hinwegfliegen

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Abreise Kaiser Wilhelms II. aus Berlin ins Große Hauptquartier in Spa (Belgien) am 29. Oktober 1918. (picture-alliance/akg-images)

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Admiral Franz von Hipper, Chef der deutschen Hochseestreitkräfte seit August 1918 (hier in einer Aufnahme von 1918) (Bundesarchiv)

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Schlachtschiff SMS „Baden“ (Aufnahme vom 24. Mai 1918) (Bundesarchiv)

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Deutsche Kriegskinomatographen (Kameramänner) im Einsatz an der Front (Aufnahme ca. 1917/1918) (Bundesarchiv)

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Staatssekretär Matthias Erzberger (Zentrum) mit den Reichstagsabgeordneten Albert Südekum (Mehrheitssozialdemokratische Partei) und Otto Arendt (Freikonservative Reichspartei) beim Verlassen des Reichstages im Oktober 1918 (von links nach rechts) (Bundesarchiv)

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Karikatur auf die deutsche Kriegsberichterstattung durch das Kriegspresseamt. Farbdruck nach einer Zeichnung von Georges Hautot aus der Pariser Zeitschrift „La Baïonnette“, Nr. 19 (L’Édition Française Illustrée), vom 11. November 1915 (picture-alliance/akg)

Dienstag, 29. Oktober 1918

Auf Betreiben seiner Ratgeber verlässt Kaiser Wilhelm II. überraschend Berlin, ohne die Reichsregierung über seine Abreise zu informieren, und begibt sich in das Große Hauptquartier der Obersten Heeresleitung nach Spa (Belgien). Mit diesem Schritt sollte der Kaiser davor bewahrt werden, dass er dem Druck der Reichsregierung nachgibt und sich zur Abdankung bereit erklärt. 

Die engere Umgebung des Kaisers verband mit dem Ortswechsel die Erwartung, dass sich der Kaiser mit dem Beistand seiner Heerführer noch am ehesten allen Rücktrittsforderungen widersetzen werde.

Rücktrittsempfehlung an den Kaiser

In einem mit Vorstand und Reichstagsfraktion der Mehrheitssozialdemokratie abgestimmten Schreiben des parlamentarischen Staatssekretärs Philipp Scheidemann bittet er Prinz Max von Baden, „dem Kaiser zu empfehlen, freiwillig zurückzutreten“. 

Zur Begründung führt Scheidemann unter anderem an, dass ein sofortiger Wechsel an der höchsten Stelle des Reiches „beträchtlich günstigere Aussichten“ für die anstehenden Friedensverhandlungen eröffne. 

Da der Schritt angesichts der politischen Situation ohnehin nicht aufgehalten werden könne, sei es besser, wenn Wilhelm II. die nötigen Konsequenzen „so schnell als möglich“ zöge.

Aufforderung zur Mobilisierung aller Kräfte

Max von Baden unterzeichnet eine Verfügung, durch die das Kriegspresseamt Staatssekretär Matthias Erzberger unterstellt wird.

In einer Eingabe an den Reichskanzler fordert die konservative Reichstagsfraktion, die Waffenstillstandsverhandlungen umgehend einzustellen, wenn abzusehen ist, dass die Kriegsgegner eine völlige Unterwerfung Deutschlands fordern und den Deutschen jede Möglichkeit nehmen, sich gegen nicht hinnehmbare Forderungen zur Wehr zu setzen. 

Zugleich wird die Regierung aufgefordert, Maßnahmen zur Mobilisierung aller Kräfte für einen nationalen Verteidigungskrieg einzuleiten.

Widerstand der Hochseeflotte-Matrosen

Am Abend gibt der Chef der deutschen Hochseeflotte, Admiral Franz von Hipper, auf seinem Flaggschiff „Baden“ den Chefs der vor Wilhelmshaven zusammengezogenen drei Geschwader mit 60.000 Mann Besatzung den als strenge Geheimsache behandelten „Seeklar“-Einsatzbefehl zum Angriff auf die englische Flotte bekannt.

Noch während die Vorbereitungen für den als „Übungsfahrt“ bezeichneten Ausmarsch am nächsten Tag anlaufen, kommt es zu Auflehnungen und Ausschreitungen der Schiffsbesatzungen. 

Die Matrosen gehen davon aus, dass die deutsche Flotte versenkt werden soll, damit sie bei Waffenstillstandsverhandlungen nicht übergeben werden muss. Unter der Parole „Widerstand gegen die Todesfahrt“ weigern sich die Matrosen mehrerer Schiffe, die Befehle zum Auslaufen auszuführen und versammeln sich zur Beratung des weiteren Vorgehens. (ww/29.10.2018)

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