Geschichte

2. November 1918: Unab­hän­gi­ge Sozial­demo­kraten wollen Auf­stand vertagen

Schwarzweißfotografie von zwei nebeneinander gehenden Männern im Anzug auf einem Bürgersteig

Lächelnd verlassen die beiden sozialdemokratischen Abgeordneten Wilhelm Dittmann (links) und Arthur Crispien (rechts), Reichstagsabgeordneter und politischer Sekretär des Zentralkomitees der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, den Reichstag. (Bundesarchiv)

Samstag, 2. November 1918

In einem Erlass an die stellvertretenden Generalkommandos, Gouvernements und Kommandanturen ordnet der preußische Kriegsminister Heinrich Scheüch die weitgehende Aufhebung des Versammlungsverbots und der Zensur an. 

Demnach müssen alle Versammlungen gestattet werden, sofern sie nicht gegen Strafgesetze verstoßen, die öffentliche Sicherheit gefährden oder kriegsbedingten Erfordernissen widersprechen. 

Ebenso darf eine Zensur nur in den genannten Ausnahmefällen erfolgen. Zur Begründung führt er an: „Dem Grundgedanken der Neuordnung unseres Staatswesen entspricht es, wenn dem deutschen Volke in weitherzigster Weise das Recht zur freien Meinungsäußerung in Wort und Schrift gegeben wird. Ungehindert soll es seine Wünsche und Klagen zum Ausdrucke bringen können.“

Protestaktion Hunderter Matrosen

Weil die Kieler Polizei den Matrosen, die für die Freilassung ihrer im Marinegefängnis inhaftierten Kameraden demonstrieren, den Zugang zum Gewerkschaftshaus versperrt, versammeln sich 500 bis 600 Matrosen auf dem Großen Exerzierplatz zu einer Aufsehen erregenden Protestaktion. 

Sie rufen für den Folgetag zu einer weiteren Demonstration auf, zu der auch die in Kiel stationierten Soldaten sowie die Arbeiter der Industriebetriebe eingeladen werden.

Wilhelm II. lehnt Empfehlung zum Thronverzicht ab

Der preußische Innenminister Wilhelm Drews trägt im Großen Hauptquartier in Spa Wilhelm II. die dringende Empfehlung des Reichskanzlers vor, zur Rettung der Monarchie auf den Thron zu verzichten und eine Reichsregentschaft einzusetzen. 

Wilhelm II. lehnt, gestützt auf den Rückhalt des Chefs der Obersten Heeresleitung Paul von Hindenburg und des neuen Ersten Generalquartiermeisters Wilhelm Groener die Empfehlung zum Thronverzicht mit der Begründung ab, dass sein Rücktritt das Ende aller deutschen Monarchien bedeuten würde.

Aufstand soll mit Generalstreik beginnen

Der Vollzugsausschuss der Revolutionären Obleute und Vertreter des Spartakusbunds beschließen, am 4. November 1918 mit einem Generalstreik in der Reichshauptstadt den offenen Aufstand zu beginnen. 

Auf Drängen des Vorsitzenden der Unabhängigen Sozialdemokraten Hugo Haase und des politischen Sekretärs im Parteivorstand der Unabhängigen Wilhelm Dittmann wird dieser Termin noch am gleichen Abend auf den 11. November 1918 verschoben. 

Das Plenum der Revolutionären Obleute lehnt jedoch Aktionen für die nächsten Tage ab, da unsicher ist, ob bereits eine revolutionäre Situation besteht. (ww/02.11.2018)

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