Ministerin Karliczek wirbt für Digitalisierung in den Schulen
Trotz eines Anwachsens um 5,1 Prozent äußerten die Opposition und auch Teile der SPD am Donnerstag, 13. September 2018, deutliche Kritik an der Ausrichtung des Haushaltsentwurfs (19/3400) zum Etat Bildung und Forschung 2019 (Einzelplan 30). Nicole Höchst (AfD) warf der Bundesregierung permanente Spaltungsrhetorik„ vor, Christoph Meyer (FDP) sagte, die Bundesministerin “verheddere„ sich, Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) sprach vom “Fetisch der schwarzen Null„ und Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) warf dem Ministerium “schlechtes Management„ vor. Im Haushaltsjahr 2019 wird der Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf 18,14 Milliarden Euro steigen, nachdem es im Haushaltsjahr 2018 mit 17,62 Milliarden Euro einen kleinen Rückgang gegeben hatte.
Ministerin: Mehr Digitalisierung in Schulen
Anja Karliczek (CDU), Bundesministerin für Bildung und Forschung, warb in ihrer Rede für die Digitalisierung in den Schulen und für den DigitalPakt Schule, mit dem man die Schulen fit für das digitale Zeitalter machen wolle. Zum einen werde der Bund in den kommenden fünf Jahren rund fünf Milliarden Euro in die digitale Ausstattung von Schulen investieren. Der Bund zahle dann für moderne Infrastruktur, und die Länder garantieren, dass sie modernen, guten Unterricht organisieren.
“Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen„, sagte Karliczek und fügte hinzu: “Was im Kinderzimmer Standard ist, muss es doch im Klassenzimmer erst recht sein.„ Zudem kündigte Karliczek die Gründung einer Agentur für Sprunginnovationen an. Karliczek sagte: “Das wird eine Agentur für Denker und Macher.„ Für die Agentur soll in den nächsten zehn Jahren viel Geld in die Hand genommen werden, um neue Produkte und Geschäftsmodelle, vor allem aber auch hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland möglich zu machen. Sie sagte: “Wir zeigen der Welt: Zukunft wird in Deutschland gemacht.„
Neue Hightech-Strategie
Als dritten großen Punkt nannte die Ministerin die Positionierung der neuen Hightech-Strategie, die vor einer Woche im Kabinett verabschiedet worden ist. Darin seien Schwerpunkte für Forschung und Innovationen für die Zukunft festgelegt worden. Die Hightech-Strategie konzentriere sich auf zwölf herausragende Probleme und wirke dabei wie ein Magnet.
Alle, die mit diesen Themen befasst seien, Forschung, Wirtschaft, Verbände, Organisationen und natürlich die Ministerien, würden zusammenarbeiten. Es gebe Probleme, die den einzelnen Menschen betreffen, wie Krankheiten, etwa Krebs. Es gebe aber auch gesellschaftliche Themen, die angegangen werden sollen, wie etwa den Strukturwandel. “Wir haben die großen Herausforderungen identifiziert, vor denen wir stehen und nutzen Hochtechnologie, um diese zu lösen.„
AfD kritisiert falsche Prioritäten
Nicole Höchst (AfD) sagte, diese Regierung habe keine Vorstellung von Zukunft über die Regierungszeit hinaus. Weil sie auch keine Vorstellung mehr habe, für wen sie eigentlich Politik mache, setze sie die völlig falschen Prioritäten. Immer mehr Bürger verstünden vor allem eines: Mit dieser Regierung habe Deutschland fertig, und zwar restlos, und das nicht in einer fernen Zukunft, sondern sehr bald. Nachdem sie vom Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki ermahnt worden war, zur Sache zu reden, sagte Nicole Höchst: “Wenn auf dem untergehenden Bildungsnarrenschiff Ihnen Ihre Kinder traurig in die Augen schauen und fragen: ,Mami und Papi, warum habt ihr den Kurs nicht geändert? Warum habt ihr das Schiff nicht repariert?', dann werden Sie antworten müssen: Weil Sie es so wollten.„
Höchst vermisst nach eigenen Worten in diesem Haushalt das monetäre Bekenntnis in Bezug auf einen Paradigmenwechsel, in Bezug auf “Meister statt Master„. Zum Beispiel sei es geradezu verbrecherisch naiv, beim verschärften Pflegenotstand rein auf Zuzug beziehungsweise Pflegerobotik zu setzen. Sie sagte: “Wir wollen im Zuge der Digitalisierung unserer Lebenswirklichkeit Veränderungen auch in der Bildung zukunftsfähig gestalten.„
SPD: Integrationspolitik ist Bildungspolitik
Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) sagte im Anschluss, die AfD-Abgeordnete Höchst habe sehr wohl zur Bildung gesprochen, aber auf eine Art und eine Weise, die zu denken gebe. Denn dies sei genau die Spaltung, die die AfD in der Bevölkerung provoziere, nämlich Ausländer und Migranten gegen den Rest der Welt zu positionieren. Solche Reden würden dafür sorgen, dass die Bemühungen der Integration, aber auch das Anwerben hoch qualifizierter Fachkräfte, die das Land unbedingt benötige, nicht gelingen kann. Lauterbach sagte: “Es ist genau diese Hetze, die die Bildungspolitik versucht kaputtzumachen.„
Zudem betonte er, dass in der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen nur sieben Prozent der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund weder in Beschäftigung noch in Ausbildung noch im Studium seien. Bei Menschen mit Migrationshintergrund liege die Quote hingegen bei 24 Prozent. Es müsse viel mehr getan werden, um diese Menschen in die Gesellschaft zu integrieren. Lauterbach sagte: “Gelungene Integrationspolitik ist Bildungspolitik.„ Und da sei von der AfD nie ein einziger Vorschlag vorgetragen worden: “Das ist die Wahrheit.„
Liberale: Im Bummelzug an die Weltspitze
Christoph Meyer (FDP) sagte, wenn sich der amerikanische Präsident Donald Trump mit der Richtung des Haushalts des Bildungs- und Forschungsministeriums beschäftigen würde, würden seine Tweets mit dem Hashtag “SAD„, also traurig, enden. Sad sei es, dass die Bundesregierung beim Thema deutsch-französische Initiative zur Künstlichen Intelligenz weiterhin nur hinterherstolpere. Sad sei es, dass bei der neuen Agentur für Sprunginnovationen alles zu langsam vorankomme. Er befürchte, dass die Agentur erst im Jahr 2021/22 wirklich arbeitsfähig sein werde. Sad sei es, dass außer markigen Worten zur Stärkung der beruflichen Bildung erneut nichts vorliege.
Das Auslagern des Titels im Haushalt in eine eigene Titelgruppe sei noch keine Aufwertung. Internationale Spitzenforschung, die Entwicklung deutscher Hochschulen, alles das sei unzureichend. Meyer sagte: “Frau Ministerin Karliczek, 2018 haben Sie noch nichts geliefert. Das war auch schwierig. 2019 machen Sie genauso weiter. Im Bummelzug kommt man nicht zur Weltspitze.„
Linke: Schluss mit Flickschusterei
Für die Linksfraktion machte Gesine Lötzsch auf die Situation an den Schulen aufmerksam und betonte, dass derzeit 10.000 Lehrerstellen unbesetzt und weitere 30.000 Stellen nur notdürftig besetzt worden seien. Besonders kritisch sei die Situation an den Grundschulen, da, wo die Grundlagen für die Zukunft gelegt würden. “Das können wir uns nicht leisten„, sagte Lötzsch. Es sei sicher nicht ganz falsch, dass auch die Länder dieses Problem verschlafen hätten, da Bildung Ländersache sei.
Aber eine der Ursachen der Misere sei auch die “schwarze Null„. Sie sei ein “Fetisch„ und die Schuldenbremse hänge als Damoklesschwert über den Ländern. Zudem plädierte Lötzsch dafür, das grundgesetzliche Kooperationsverbot zwischen dem Bund und den Ländern in der Bildungspolitik aufzuheben und die Hochschulen nicht mit Pakten und Programmen zu überziehen, sondern ihnen vor allem eine solide Grundfinanzierung zukommen zu lassen. “Es muss endlich Schluss sein mit Flickschusterei und Programmwirrwarr.„
Grüne: Mehr in den Aufstieg durch Bildung investieren
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sagte: “2008 hat Bundeskanzlerin Merkel die Bildungsrepublik Deutschland ausgerufen. 19 Jahre später warnt CDU/CSU-Chef Kauder vor einem Bildungsnotstand.„ Das sei eine ehrliche Selbstkritik und gleichzeitig eine erschütternde Bilanz nach 13 Jahren unionsgeführter Bildungspolitik beim Bund. Trotz des erneuten Aufwuchses des Etats auf nunmehr 18,14 Milliarden Euro spiele Deutschland nicht in der Champions-League, sondern vielmehr gegen den Abstieg.
Aus Verantwortung für die Menschen in Deutschland müsse mehr in den Aufstieg durch Bildung investiert werden, betonte Gehring und forderte sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und 3,5 Prozent in Forschung zu investieren. “Da wollen wir hin„, sagte er. Ob Internationalisierung, Digitalisierung oder Bildungsgerechtigkeit, nur gemeinsam kämen Bund, Länder und Kommunen weiter. Deshalb sei es allerhöchste Zeit, das Kooperationsverbot in der Bildung restlos abzuschaffen.
CDU/CSU: Ausbau ganztägiger Bildungsangebote
Für die CDU/CSU-Fraktion verteidigte Tankred Schipanski den Haushalt und seine Kontinuität in 2019. “Ich finde es gut, dass wir ein ,Weiter so´ machen.„ Die schwarze Null stehe zum vierten Mal in Folge und sei kein Fetisch, sondern solide Politik, sagte Schipanski und spielte damit auch auf den Vorwurf seiner Vorrednerin Gesine Lötzsch von der Linken an. Zudem betonte er die Vorteile des kooperativen Föderalismus, sodass mit diesem Haushalt wieder Pakte und Verantwortungsbereiche weiter ausfinanziert werden könnten. Als Beispiel nannte er den Hochschulpakt. Mit dem Hochschulpakt würden Bund und Länder auf die anhaltend hohe Zahl von Studienanfängern reagieren und die Hochschulen auch weiterhin für jeden Studieninteressierten öffnen.
Zudem sei der Haushalt ein klares Bekenntnis zu Wissenschaftsfreiheit und Digitalisierung. Schipanski appellierte an FDP und Grüne, der Änderung von Artikel 104c des Grundgesetzes zuzustimmen. Bislang durfte der Bund nur finanzschwachen Gemeinden “im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur„ helfen. Diese Einschränkung soll laut Kabinettsbeschluss künftig entfallen. So solle nicht nur der DigitalPakt Schule, sondern auch der Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder vorangetrieben werden. Schipanski sagte: “Wir stehen zu diesem Vorschlag und ladenSsie noch einmal ein, hier das Grundgesetz zu ändern.„
Stärkung der beruflichen Bildung
Für die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens und die Nachwuchsförderung sind im Bildungs- und Forschgungsetat 4,78 Milliarden Euro vorgesehen (2018: 4,76 Milliarden Euro). Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) machen dabei 2,64 Milliarden Euro aus (2018: 2,63 Milliarden Euro). Für Schülerinnen und Schüler sind 1,06 Milliarden Euro (2018: 1,02 Milliarden Euro) – für Studierende 1,55 Milliarden Euro (2018: 1,48 Milliarden Euro) eingeplant. 715,2 Millionen Euro – wie auch 2018 – sind als Kompensationszahlungen an die Länder für den Wegfall der früheren Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben “Aus- und Neubau der Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken„ und “Bildungsplanung„ vorgesehen. Für die Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung will Ministerin Anja Karliczek 281,9 Millionen Euro bereitstellen (2018: 541,29 Millionen Euro), für die Stärkung des Lernens im Lebenslauf 273,56 Millionen Euro (2018: 267,17 Millionen Euro).
Mit 6,89 Milliarden Euro will die Regierung die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts- und Innovationssystems stärken (2018: 6,58 Milliarden Euro). Davon entfallen 2,21 Milliarden Euro auf den Hochschulpakt 2020 (2017: 2,84 Milliarden Euro). 457,25 Millionen Euro (2018: 378,4 Millionen Euro sind für die Exzellenzstrategie zur Förderung von Spitzenforschung an Universitäten eingeplant – 104,49 Millionen Euro (2018: 88,24 Millionen Euro) für die Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses.
1,38 Milliarden Euro für Deutsche Forschungsgemeinschaft
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) soll den Planungen nach im kommenden Jahr 1,38 Milliarden Euro erhalten (2018: 1,32 Milliarden Euro).
980,77 Millionen Euro (2018: 929,37 Millionen Euro) sind für die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft vorgesehen. Der Bereich “Forschung für Innovationen, Hightech-Strategie„ ist im Einzelplan 30 mit 6,74 Milliarden Euro bedacht (2018: 6,47 Milliarden Euro). (rol/hau/13.09.2018)