Parlament

AfD-Wahlvorschläge für die Besetzung von Gre­mien ab­gelehnt

Ohne vorhergehende Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 11. April 2019, über Wahlvorschläge der AfD-Fraktion zur Besetzung von fünf Gremien und über einen Wahlvorschlag der SPD-Fraktion abgestimmt. Die Wahlvorschläge der AfD wurden alle abgelehnt, der Wahlvorschlag der SPD angenommen.

Dabei ging es zum einen um die Wahl von je einem Kuratoriumsmitglied für die „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ sowie die „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“, für die außerdem ein weiteres, stellvertretendes Mitglied gewählt werden sollte. Zum anderen ging es um ein Mitglied für das Vertrauensgremium gemäß der Bundeshaushaltsordnung, zwei Mitglieder für das Gremium gemäß dem Bundesschuldenwesengesetz sowie weitere zwei Mitglieder für das Sondergremium gemäß dem Stabilisierungsmechanismusgesetz. Für die letzteren drei Gremien war es bereits der sechste Wahlgang, für die Besetzung der Kuratorien der beiden Stiftungen mit AfD-Abgeordneten war es hingegen der fünfte Wahlgang.

Kuratorium der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“

Als Mitglied des Kuratoriums der „Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ wurde die Kandidatur des Abgeordneten Uwe Witt (19/9256) erneut abgelehnt. Der Vorschlag wurde mit breiter Mehrheit des Plenums bei Enthaltung einzelner Unionsabgeordneter gegen die Stimmen der AfD zurückgewiesen. Witt war bereits am 21. März angetreten (19/8463) und nur von der eigenen Fraktion unterstützt worden. Alle übrigen Fraktionen votierten bei wenigen Enthaltungen gegen ihn. Davor hatte er am 21. Februar 2019 die erforderliche Mehrheit im Bundestag verfehlt (19/7957). Bereits bei der Wahl am 31. Januar 2019 war Witt gescheitert – ebenso wie bei der ersten Wahl am 8. November 2018.

Das Kuratorium beschließt über alle grundsätzlichen Fragen, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören. Es bestellt den Direktor und den Beirat. Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, die Bundesregierung, das Land Berlin, der Förderkreis Denkmal für die ermordeten Juden Europas e. V., der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Jüdische Gemeinde zu Berlin, das Jüdische Museum Berlin, die Stiftung Topographie des Terrors und die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten in Deutschland entsenden ihre Vertreterinnen und Vertreter.

Kuratorium „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“  

Ebenfalls keine Zustimmung fanden die Kandidaturen von Nicole Höchst als Mitglied und von Petr Bystron als Stellvertreter (19/9257) im Kuratorium der „Bundesstiftung Magnus Hirschfeld“. Der Bundestag votierte mit breiter Mehrheit der übrigen Fraktionen gegen die Stimmen der AfD bei Enthaltung von Teilen der Unionsfraktion gegen die Vorschläge. Bei der Wahl am 21. März hatten die beiden AfD-Abgeordneten, die beide wie bereits bei früheren Wahlgängen als Mitglied und Stellvertreter kandidierten (19/8464), die erforderliche Mehrheit bereits verfehlt. Auch sie wurden nur von der eigenen Fraktion gewählt, alle übrigen Fraktionen stimmten bei einigen Enthaltungen gegen sie. Davor waren sie bei der Wahl am 14. Februar 2019 gescheitert (19/7674). Beide hatten sich zuvor bereits am 13. Dezember 2018 erfolglos beworben. Auch bei einem Wahlgang am 8. November 2018 waren sie abgelehnt worden.

Die Abgeordneten stimmten hingegen dem Wahlvorschlag der SPD-Fraktion (19/9294) zu, den Abgeordneten Dr. Karl-Heinz Brunner als Nachfolger für den Abgeordneten Johannes Kahrs im Kuratorium zu besetzen. Der Wahlvorschlag wurde mit breiter Mehrheit des Parlaments bei Enthaltung der AfD angenommen.

Zweck der Stiftung ist die Förderung von Bildung sowie von Wissenschaft und Forschung, um vor allem die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, das Leben und Werk des Arztes und Sexualwissenschaftlers Magnus Hirschfeld (1868-1935) sowie das Leben und die gesellschaftliche Lebenswelt homosexueller Männer und Frauen, die in Deutschland gelebt haben und leben, wissenschaftlich zu erforschen und darzustellen und einer gesellschaftlichen Diskriminierung homosexueller Männer und Frauen in Deutschland entgegenzuwirken.

Das Kuratorium unterstützt und überwacht die Geschäftsführung des Vorstands. Es besteht aus 15 Mitgliedern sowie den Mitgliedern, die der Deutsche Bundestag benennen kann. Die Anzahl der vom Deutschen Bundestag zu benennenden Mitglieder ist die kleinstmögliche, bei der jedenfalls jede Fraktion zumindest ein Mitglied benennen kann und die Mehrheitsverhältnisse möglichst gewahrt werden, maximal jedoch neun. Der Bundestag benennt für jedes Mitglied ein stellvertretendes Mitglied. 

Gremium gemäß der Bundeshaushaltsordnung

Für die Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß Paragraf 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung hatte die AfD-Fraktion erneut den Abgeordneten Marcus Bühl (19/9253) nominiert, der auf 195 Ja-Stimmen bei 404 Gegenstimmen, 31 Enthaltungen und drei ungültigen Stimmen kam. Die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen hatte er somit nicht erreicht und ist nicht in das Vertrauensgremium gewählt worden.

Bühl konnte bei der Wahl am 21. März (19/8465) 239 Stimmen auf sich vereinigen. Gegen Bühl stimmten 394 Abgeordnete, es gab 37 Enthaltungen, drei Stimmen waren ungültig. Die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen erreichte Bühl somit nicht. Beim Wahlgang am 14. Februar 2019 (19/7671) hatte er die erforderliche Mehrheit ebenso verfehlt wie schon bei den Wahlen am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und am 1. März 2018.

Aufgabe des Vertrauensgremiums ist es, die Wirtschaftspläne für die Nachrichtendienste zu billigen, die ihm vom Bundesfinanzministerium vorgelegt werden. Aus Gründen des Geheimschutzes kann der Bundestag die Bewilligung von Ausgaben, die nach diesen geheimzuhaltenden Wirtschaftsplänen bewirtschaftet werden, ausnahmsweise davon abhängig machen, dass die Wirtschaftspläne von diesem Vertrauensgremium, das aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht, gebilligt werden. Das Gremium teilt die Abschlussbeträge der Wirtschaftspläne dem Haushaltsausschuss rechtzeitig mit. Die Mitglieder sind zur strikten Geheimhaltung verpflichtet.

Gremium gemäß dem Bundesschuldenwesengesetz

Als Mitglieder des Gremiums gemäß Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes kandidierten erneut Albrecht Glaser und Volker Münz (19/9254). Glaser erhielt 151 Ja-Stimmen bei 442 Gegenstimmen, 32 Enthaltungen und vier ungültigen Stimmen. Münz kam auf 205 Ja-Stimmen bei 385 Gegenstimmen, 35 Enthaltungen und vier ungültigen Stimmen. Die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen verfehlten beide, sodass sie nicht in das Gremium gewählt sind.

Beide hatten bereits bei der Wahl am 21. März kandidiert (19/8466). Auf Albrecht Glaser waren damals 137 Stimmen bei 436 Gegenstimmen und 52 Enthaltungen entfallen, sieben Stimmen waren ungültig. Münz kam auf 248 Stimmen bei 379 Gegenstimmen und 35 Enthaltungen. Hier waren sechs Stimmen ungültig. Beide Bewerber verfehlten somit die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen. Sie waren bereits bei den Wahlen am 14. Februar 2019 (19/7672), am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und 1. März 2018 von ihrer Fraktion nominiert, vom Bundestag aber nicht gewählt worden. 

Nach Paragraf 3 des Bundesschuldenwesengesetzes hat der Bundestag für die Dauer einer Legislaturperiode ein Gremium gewählt, das vom Bundesfinanzministerium über alle Fragen des Schuldenwesens des Bundes unterrichtet wird. Dem Gremium dürfen nur Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages angehören. 

Sondergremium gemäß dem Stabilisierungsmechanismusgesetz

Zur Wahl als Mitglied des Sondergremiums gemäß Paragraf 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes standen der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer und als Stellvertreterin die AfD-Abgeordnete Dr. Birgit Malsack-Winkemann bereit (19/9255). Auf Boehringer entfielen 203 Ja-Stimmen bei 403 Gegenstimmen und 32 Enthaltungen, auf Malsack-Winkemann 196 Ja-Stimmen bei 409 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen. Beide verfehlten damit die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen und sind in das Sondergremium nicht gewählt.

Beide waren bereits am 21. März (19/8467) wie schon bei früheren Wahlen zum Sondergremium angetreten. Boehringer hatte im März 243 Stimmen bei 395 Gegenstimmen und 34 Enthaltungen enthalten, Malsack-Winkemann konnte 231 Stimmen bei 403 Gegenstimmen und 35 Enthaltungen auf sich vereinigen. Beide erreichten in der geheimen Wahl die erforderliche Mehrheit von 355 Stimmen nicht und wurden somit nicht gewählt. Bereits bei den Wahlen am 14. Februar 2019 (19/7673), am 13. Dezember 2018, am 19. April 2018 und am 1. März 2018 waren sie von ihrer Fraktion nominiert, vom Bundestag aber nicht gewählt worden. 

Bei dem Sondergremium geht es um die Beteiligung des Bundestages an Entscheidungen des Euro-Rettungsschirms EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität). Die Bundesregierung darf einem Beschlussvorschlag, der die „haushaltspolitische Gesamtverantwortung“ des Bundestages berührt, nur zustimmen oder sich enthalten, nachdem der Bundestag dazu einen zustimmenden Beschluss gefasst hat. Wenn Staatsanleihen auf dem sogenannten Sekundärmarkt, meist an Börsen, gehandelt werden sollen, kann die Bundesregierung auf die „besondere Vertraulichkeit“ der Angelegenheit hinweisen. In diesem Fall nimmt das Sondergremium die Beteiligungsrechte des Bundestages wahr. Wenn das Sondergremium der Bundesregierung im Hinblick auf das Erfordernis der Vertraulichkeit widerspricht, kann der Bundestag selbst seine Beteiligungsrechte wahrnehmen. Das Sondergremium berichtet dem Bundestag über Inhalt und Ergebnis seiner Beratungen, sobald die „besondere Vertraulichkeit“ wegfällt. (vom/eis/sas/11.04.2019)

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