Parlament

Karlsruhe stoppt Wahl­rechts­ausschlüsse zur Europawahl

Acht Richter in roten Roben stehen nebeneinander vor stehenden Zuhörern.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts bei der Verkündung des Urteils zu Wahlrechtsausschlüssen am 15. April 2019 (picture-alliance/dpa)

Das Bundesverfassungsgericht hat angeordnet, dass Wahlrechtsausschlüsse für Personen, die in allen ihren Angelegenheiten betreut sind, sowie für Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind, für die Wahl zum Europäischen Parlament am Sonntag, 26. Mai 2019, nicht anzuwenden sind. Die einstweilige Anordnung des Zweiten Senats erging mit Urteil vom Montag, 15. April 2019, nachdem Bundestagsabgeordnete der drei Oppositionsfraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen einen entsprechenden Antrag gestellt hatten.

Einstweilige Anordnung

Die Anordnung lautet, dass bei Anträgen auf Eintragung in das Wählerverzeichnis (Paragrafen 17 und 17a der Europawahlordnung) sowie bei Einsprüchen und Beschwerden gegen die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Wählerverzeichnisse (Paragraf 21 der Europawahlordnung) für die neunte Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments am 26. Mai 2019 der Paragraf 6a Absatz 1 Nummer 2 und 3 des Europawahlgesetzes und der Paragraf 6a Absatz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2 und 3 des Europawahlgesetzes nicht anzuwenden sind (Aktenzeichen: 2 BvQ 22 / 19).

Die nicht anzuwendenden Regelungen enthalten Wahlrechtsausschlüsse für in allen ihren Angelegenheiten Betreute und für wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Straftäter. Die Entscheidung ist nach Paragraf 32 Absatz 5 Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ohne schriftliche Begründung bekanntgegeben worden, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Die Urteilsgründe würden nach Abfassung unverzüglich veröffentlicht. Die betroffenen Personen, die sich an der Europawahl beteiligen möchten, müssen nun bis zum 5. Mai die Eintragung in das Wählerverzeichnis beantragen, das bei den jeweils zuständigen Gemeinden geführt wird.

Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD

Am 11. April hatte der Bundestag in erster Lesung einen Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und anderer Gesetze (19/9228) beraten, der die Neuregelung sogenannter Wahlrechtsausschlüsse zum Gegenstand hat. Die Neuregelung war erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht Regelungen im Bundeswahlgesetz dazu in einem am 21. Februar 2019 veröffentlichten Beschluss vom 29. Januar 2019 (Aktenzeichen: 2 BvC 62 / 14) für verfassungswidrig erklärt hatte.

Laut Gesetzentwurf sollen die Wahlrechtsausschlüsse der Nummern 2 und 3 des Paragrafen 13 des Bundeswahlgesetzes und des Paragrafen 6a Absatz 1 des Europawahlgesetzes beendet werden, allerdings erst mit Wirkung vom 1. Juli 2019, was bedeutet hätte, dass die Änderungen für die Europawahl noch nicht zur Geltung gekommen wären. Dagegen hatten sich Abgeordnete der Oppositionsfraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen gewandt und einen entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt.

Beschluss vom 29. Januar 2019

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte in dem Beschluss vom 29. Januar 2019 im Verfahren einer Wahlprüfungsbeschwerde von acht Beschwerdeführern entschieden und in sieben Fällen festgestellt, dass sie durch ihren Ausschluss von der Wahl zum 18. Deutschen Bundestag am 22. September 2013 in ihren Rechten verletzt sind.

Konkret ging es dabei um die Regelungen der Wahlrechtsausschlüsse für in allen ihren Angelegenheiten betreute Personen gemäß Paragraf 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes und für Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind (Paragraf 13 Nr. 3 des Bundeswahlgesetzes). (vom/16.04.2019)

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