Parlament

Stipendiatin Dina aus Bethlehem will in Ramallah Deutsch lehren

IPS-Stipendiatin Dina Kukali (links) und die Abgeordnete Kathrin Vogler im Gespräch.

Dina Kukali aus Palästina mit der Abgeordneten Kathrin Vogler (Die Linke) (DBT/Gaertner/photothek.net)

Wenn die 24-jährige Palästinenserin Dina Kukali an der Essensausgabe in der Bundestagskantine sich für das Gulasch entschieden hat, sorgte das bei den Mitarbeitern anfangs regelmäßig für Verwirrung. Davon ausgehend, dass es sich bei ihr um eine Muslima handelt, kam der freundliche Hinweis: Das ist aber mit Schweinefleisch. Ebenso freundlich erwiderte Dina Kukali mal für mal: Macht nichts – ich bin Christin. Für die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Die Linke) zeigt dies: „Die spezielle Situation der Christen in Palästina steht bei uns überhaupt nicht im Fokus. Dass Araber auch Christen sein können, ist hier in Deutschland so gut wie gar nicht bekannt.“ Dank der 24-jährigen Palästinenserin, die am Programm des Internationalen Parlamentsstipendiums (IPS) des Bundestages teilnimmt und ihr dazugehöriges Praktikum im Büro Voglers absolviert, weiß man nun aber zumindest in der Bundestagkantine, dass nicht alle Palästinenser Muslime sind. „Inzwischen kennen mich fast alle Mitarbeiter, und ich kann essen, was ich möchte“, erzählt die Stipendiatin.

In Bethlehem sind die Christen in der Mehrheit

Aber wie ist es denn, als zur christlichen Minderheit gehörend in einem muslimischen Land zu leben? Sie komme aus Bethlehem, sagt Dina Kukali. „Dort sind die Christen in der Mehrheit.“ Ansonsten sei es so, dass Christen und Moslems durchaus harmonieren. „Wir verstehen uns und feiern auch unsere Feste gemeinsam“, sagt sie.

Wegzugehen aus der Heimat ist für sie und ihre Familie ohnehin kein Thema. Die gesamte Familie habe zwar einen deutschen Reisepass – der Vater gar eine amerikanische Green Card. „Aber er meint, es seien schon zu viele weggegangen – wir müssten am Platz der Geburtskirche bleiben“, sagt die junge Frau.

Dina möchte in Ramallah unterrichten

Den deutschen Pass verdankt Dina Kukali ihrer Mutter, die in Palästina geboren wurde, dann aber in Deutschland aufgewachsen ist, studiert hat und Deutschlehrerin geworden ist. „Als sie meinen Vater kennengelernt hat, sind die beiden wieder nach Palästina gegangen“, sagt sie. Von der Mutter hat sie auch das Interesse an der deutschen Sprache. „Deutsch als Fremdsprache“ hat die 24-Jährige an der Deutsch-Jordanischen Hochschule studiert, an die sie gehen musste, weil es in Palästina keinen derartigen Hochschulzweig gab. Das ist jetzt anders. An der Universität Ramallah gebe in nun dieses neue Fachgebiet. „Hier möchte ich später mal unterrichten, denn ich liebe es, Lehrerin zu sein“, sagt sie.

Als Lehrerin, so stellt sie es sich vor, könne sie dann auch darüber berichten, was sie im Zuge des IPS in der deutschen Hauptstadt Neues gelernt hat. „Bei uns geht es immer nur um Krieg. Erst hier habe ich theoretisch und praktisch erlebt, wie Demokratie funktioniert und welche Rolle die Menschenrechte spielen“, sagt Dina Kukali. „Ich kann das den Studenten weitergeben.“

Palästinenser und Israelis können zusammenarbeiten

Auch wenn der Krieg „ein wichtiger Teil unseres Lebens ist“, müssten die jungen Palästinenser noch etwas anderes lernen. „Ich habe hier durch Frau Vogler die Organisation Combatants for Peace kennengelernt. Da würde ich künftig gerne mitarbeiten“, sagt sie. Dort arbeiteten Palästinenser und Israelis zusammen. „Das zeigt: Es geht.“

Derzeit gebe es in Palästina keine echten Beteiligungsmöglichkeiten innerhalb politischer Parteien für junge Leute, schätzt die Linken-Abgeordnete Vogler die Situation ein. Keiner wisse, ob und wann es wieder Wahlen gebe. „Das macht es für junge Menschen nicht gerade attraktiv, sich zu engagieren, wenn niemand weiß, ob sie dann auch irgendwann tatsächlich mal mitreden können.“ Andererseits gebe es eine sehr rege und wache Zivilgesellschaft, die sich um viele Belange kümmere, und die auch die Möglichkeit biete, sich für wichtige Themen zu engagieren, sagt die Abgeordnete.

Dina Kukali merkt man im Gespräch die Sehnsucht nach Frieden an. „Ich hatte nie die Möglichkeit zu erfahren, wie es in Palästina ohne Krieg wäre“, sagt sie. Die Siedlungen, die Checkpoints und die Mauer sehe sie jeden Tag. „Auf die Dauer findet man sich damit ab, auch wenn die persönliche Freiheit dadurch stark eingegrenzt ist.“

Viel unterwegs – wenig Schlaf

Hier in Deutschland sei das anders, was sie nach eigener Aussage sehr genießt. „Ich bin immer unterwegs und versuche, nur so viel wie nötig zu schlafen.“ Nach Ende des IPS, bei dem die Teilnehmer „hier im Bundestag erleben, wie die Entscheidungen entstehen, von denen man dann im Fernsehen erfährt“, geht es zurück in die Heimat.

„Wenn ich zurück bin, bin ich zwar wieder bei meiner Familie, was das Wichtigste ist. Die Möglichkeiten für Jugendliche sind aber eben sehr begrenzt“, sagt Dina Kukali. (hau/08.07.2019)

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