VII. Ausschüsse
§ 54 Ständige Ausschüsse und Sonderausschüsse
(1) Zur Vorbereitung der Verhandlungen setzt der Bundestag ständige Ausschüsse ein. Für einzelne Angelegenheiten kann er Sonderausschüsse einsetzen.
(2) Soweit das Grundgesetz oder Bundesgesetze die Einsetzung von Ausschüssen vorschreiben oder zulassen, richtet sich die Einsetzung und das Verfahren nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung, es sei denn, daß im Grundgesetz, in den Bundesgesetzen oder in besonderen Geschäftsordnungen etwas anderes bestimmt ist.
§ 55 Einsetzung von Unterausschüssen
(1) Zur Vorbereitung seiner Arbeiten kann jeder Ausschuß aus seiner Mitte Unterausschüsse mit bestimmten Aufträgen einsetzen, es sei denn, daß ein Drittel seiner Mitglieder widerspricht. In Ausnahmefällen können die Fraktionen auch Mitglieder des Bundestages benennen, die nicht dem Ausschuß angehören.
(2) Bei der Bestimmung des Vorsitzenden des Unterausschusses soll der Ausschuß sich nach dem Stärkeverhältnis der einzelnen Fraktionen richten (§ 12). Wird der Unterausschuß für eine bestimmte Dauer eingesetzt, kann er vorzeitig nur aufgelöst werden, wenn ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses nicht widerspricht; im übrigen kann der Ausschuß den Unterausschuß jederzeit auflösen. Der Unterausschuß hat seinen Bericht dem Ausschuß vorzulegen.
(3) In einem Unterausschuß muß jede Fraktion, die im Ausschuß vertreten ist, auf ihr Verlangen mindestens mit einem Mitglied vertreten sein. Im übrigen sind die Grundsätze des § 12 zu berücksichtigen.
(4) Ist eine Vorlage mehreren Ausschüssen zur Beratung überwiesen worden oder fällt ein Verhandlungsgegenstand in den Geschäftsbereich mehrerer Ausschüsse, können diese einen gemeinsamen Unterausschuß bilden.
§ 56 Enquete-Kommission
(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe kann der Bundestag eine Enquete-Kommission einsetzen. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist er dazu verpflichtet. Der Antrag muß den Auftrag der Kommission bezeichnen.
(2) Die Mitglieder der Kommission werden im Einvernehmen der Fraktionen benannt und vom Präsidenten berufen. Kann ein Einvernehmen nicht hergestellt werden, so benennen die Fraktionen die Mitglieder im Verhältnis ihrer Stärke. Die Mitgliederzahl der Kommission soll, mit Ausnahme der in Absatz 3 genannten Mitglieder der Fraktionen, neun nicht übersteigen.
(3) Jede Fraktion kann ein Mitglied, auf Beschluß des Bundestages auch mehrere Mitglieder, in die Kommission entsenden.
(4) Die Enquete-Kommission hat ihren Bericht so rechtzeitig vorzulegen, daß bis zum Ende der Wahlperiode eine Aussprache darüber im Bundestag stattfinden kann. Sofern ein abschließender Bericht nicht erstattet werden kann, ist ein Zwischenbericht vorzulegen, auf dessen Grundlage der Bundestag entscheidet, ob die Enquete-Kommission ihre Arbeit fortsetzen oder einstellen soll.
§ 56a Technikfolgenanalysen
(1) Dem Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung obliegt es, Technikfolgenanalysen zu veranlassen und für den Deutschen Bundestag aufzubereiten und auszuwerten. Er kann mit der wissenschaftlichen Durchführung von Technikfolgenanalysen Institutionen außerhalb des Deutschen Bundestages beauftragen.
(2) Der Ausschuß für Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat Grundsätze über die Erstellung von Technikfolgenanalysen aufzustellen und diese Grundsätze zum Ausgangspunkt seiner Entscheidung im Einzelfall zu machen.
§ 57 Mitgliederzahl der Ausschüsse
(1) Das System für eine dem § 12 entsprechende Zusammensetzung der Ausschüsse und die Zahl der Mitglieder bestimmt der Bundestag. Jedes Mitglied des Bundestages soll grundsätzlich einem Ausschuß angehören.
(2) Die Fraktionen benennen die Ausschußmitglieder und deren Stellvertreter. Der Präsident benennt fraktionslose Mitglieder des Bundestages als beratende Ausschußmitglieder.
(3) Der Präsident gibt die erstmalig benannten Mitglieder und die späteren Änderungen dem Bundestag bekannt.
(4) Zur Unterstützung der Mitglieder kann die Teilnahme eines Fraktionsmitarbeiters jeder Fraktion zu den Ausschußsitzungen zugelassen werden.
§ 58 Bestimmung des Vorsitzenden und seines Stellvertreters
Die Ausschüsse bestimmen ihre Vorsitzenden und deren Stellvertreter nach den Vereinbarungen im Ältestenrat.
§ 59 Rechte und Pflichten des Vorsitzenden
(1) Dem Vorsitzenden obliegt die Vorbereitung, Einberufung und Leitung der Ausschußsitzungen sowie die Durchführung der Ausschußbeschlüsse.
(2) Der Vorsitzende erteilt das Wort in der Reihenfolge der Wortmeldungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes des § 28 Abs. 1 Satz 2.
(3) Sitzungsteilnehmer, die nicht Mitglieder des Bundestages sind, und Zuhörer unterstehen während der Sitzung der Ordnungsgewalt des Vorsitzenden.
(4) Ist der ordnungsgemäße Ablauf einer Sitzung nicht mehr gewährleistet, kann der Vorsitzende die Sitzung unterbrechen oder im Einvernehmen mit den Fraktionen im Ausschuß beenden.
§ 60 Einberufung der Ausschußsitzungen
(1) Der Vorsitzende kann im Rahmen der vom Ältestenrat festgelegten Tagungsmöglichkeiten für Ausschüsse (Zeitplan) Ausschußsitzungen selbständig einberufen, es sei denn, daß der Ausschuß im Einzelfall etwas anderes beschließt.
(2) Der Vorsitzende ist zur Einberufung zum nächstmöglichen Termin innerhalb des Zeitplanes verpflichtet, wenn es eine Fraktion im Ausschuß oder mindestens ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses unter Angabe der Tagesordnung verlangt.
(3) Zur Einberufung einer Sitzung außerhalb des Zeitplanes oder außerhalb des ständigen Sitzungsortes des Bundestages ist der Vorsitzende nur berechtigt, wenn ein entsprechendes Verlangen einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages oder ein einstimmiger Beschluß des Ausschusses vorliegt und die Genehmigung des Präsidenten erteilt worden ist.
(4) In begründeten Ausnahmefällen ist die Einberufung einer Sitzung, an der Mitglieder eines Ausschusses über elektronische Kommunikationsmittel teilnehmen können, möglich. Die Einberufung erfolgt für diese Fälle nach Maßgabe eines Beschlusses des Ausschusses.
§ 61 Tagesordnung der Ausschüsse
(1) Termin und Tagesordnung werden vom Vorsitzenden festgesetzt, es sei denn, daß der Ausschuß vorher darüber beschließt. Die Tagesordnung soll den Ausschußmitgliedern in der Regel drei Tage vor der Sitzung zugeleitet werden.
(2) Der Ausschuß kann die Tagesordnung mit Mehrheit ändern, erweitern kann er sie nur, wenn nicht eine Fraktion oder ein Drittel der Ausschußmitglieder widerspricht.
(3) Die Tagesordnung jeder Ausschußsitzung ist mit Angabe des Ortes, des Termins und, soweit vereinbart, der Dauer der Sitzung den beteiligten Bundesministerien und dem Bundesrat mitzuteilen.
§ 62 Aufgaben der Ausschüsse
(1) Die Ausschüsse sind zu baldiger Erledigung der ihnen überwiesenen Aufgaben verpflichtet. Als vorbereitende Beschlußorgane des Bundestages haben sie die Pflicht, dem Bundestag bestimmte Beschlüsse zu empfehlen, die sich nur auf die ihnen überwiesenen Vorlagen oder mit diesen in unmittelbarem Sachzusammenhang stehenden Fragen beziehen dürfen. Sie können sich jedoch mit anderen Fragen aus ihrem Geschäftsbereich befassen; mit Angelegenheiten der Europäischen Union, die ihre Zuständigkeit betreffen, sollen sie sich auch unabhängig von Überweisungen zeitnah befassen. Weitergehende Rechte, die einzelnen Ausschüssen durch Grundgesetz, Bundesgesetz, in dieser Geschäftsordnung oder durch Beschluß des Bundestages übertragen sind, bleiben unberührt.
(2) Zehn Sitzungswochen nach Überweisung einer Vorlage können eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangen, daß der Ausschuß durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter dem Bundestag einen Bericht über den Stand der Beratungen erstattet. Wenn sie es verlangen, ist der Bericht auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.
§ 63 Federführender Ausschuß
(1) Den Bericht an den Bundestag gemäß § 66 kann nur der federführende Ausschuß erstatten.
(2) Werden Vorlagen an mehrere Ausschüsse überwiesen (§ 80), sollen die beteiligten Ausschüsse mit dem federführenden Ausschuß eine angemessene Frist zur Übermittlung ihrer Stellungnahme vereinbaren. Werden nicht innerhalb der vereinbarten Frist dem federführenden Ausschuß die Stellungnahmen vorgelegt oder kommt eine Vereinbarung über eine Frist nicht zustande, kann der federführende Ausschuß dem Bundestag Bericht erstatten, frühestens jedoch in der vierten auf die Überweisung folgenden Sitzungswoche.
(3) Beraten mehrere Ausschüsse in gemeinsamer Sitzung über denselben Verhandlungsgegenstand, stimmen die Ausschüsse getrennt ab.
§ 64 Verhandlungsgegenstände
(1) Verhandlungsgegenstände sind die dem Ausschuß überwiesenen Vorlagen und Fragen aus dem Geschäftsbereich des Ausschusses (§ 62 Abs. 1 Satz 3).
(2) Sind dem Ausschuß mehrere Vorlagen zum selben Gegenstand überwiesen, beschließt der Ausschuß, welche Vorlage als Verhandlungsgegenstand für seine Beschlußempfehlung an den Bundestag dienen soll. Andere Vorlagen zum selben Gegenstand können, auch wenn sie bei der Beratung nicht oder nur teilweise berücksichtigt wurden, für erledigt erklärt werden. Wird der Erledigterklärung von einer Fraktion im Ausschuß widersprochen, muß über die Vorlagen abgestimmt werden. Die Beschlußempfehlung, die Vorlagen für erledigt zu erklären oder abzulehnen, ist dem Bundestag vorzulegen.
§ 65 Berichterstatterbenennung
Vorbehaltlich der Entscheidung des Ausschusses benennt der Vorsitzende einen oder mehrere Berichterstatter für jeden Verhandlungsgegenstand.
§ 66 Berichterstattung
(1) Ausschußberichte an den Bundestag über Vorlagen sind in der Regel schriftlich zu erstatten. Sie können mündlich ergänzt werden.
(2) Die Berichte müssen die Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses mit Begründung sowie die Ansicht der Minderheit und die Stellungnahmen der beteiligten Ausschüsse enthalten.
§ 67 Beschlussfähigkeit und Abstimmungen im Ausschuss
(1) Der Ausschuss ist beschlussfähig, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist. Als anwesend gelten auch diejenigen Mitglieder, die im Fall der Einberufung gemäß § 60 Absatz 4 über elektronische Kommunikationsmittel an der Sitzung teilnehmen.
(2) Der Ausschuss gilt so lange als beschlussfähig, wie nicht vor einer Abstimmung ein Mitglied verlangt, die Beschlussfähigkeit durch Auszählen festzustellen. Der Vorsitzende kann die Abstimmung, vor der die Feststellung der Beschlussfähigkeit verlangt wurde, auf bestimmte Zeit verschieben und, wenn kein Widerspruch erfolgt, die Aussprache fortsetzen oder einen anderen Tagesordnungspunkt aufrufen. Ist nach Feststellung der Beschlussunfähigkeit die Sitzung auf bestimmte Zeit unterbrochen worden und nach Wiedereröffnung die Beschlussfähigkeit noch nicht gegeben, gilt Satz 2.
(3) Für Abstimmungen können in Abweichung von § 48 Absatz 1 Satz 1 im Fall der Einberufung gemäß § 60 Absatz 4 auch elektronische Kommunikationsmittel genutzt werden.
§ 68 Herbeirufung eines Mitgliedes der Bundesregierung zu den Ausschußsitzungen
Das Recht des Ausschusses, die Anwesenheit eines Mitgliedes der Bundesregierung zu verlangen, gilt auch, wenn es in einer öffentlichen Sitzung gehört werden soll. Über einen entsprechenden Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden.
§ 69 Öffentliche Ausschusssitzungen und Zutritt
(1) Die Ausschüsse beschließen, ob und inwieweit sie in öffentlicher Sitzung beraten. Sie berücksichtigen hierbei insbesondere das Interesse der Öffentlichkeit an öffentlichen Sitzungen, die Besonderheit der Beratungsgegenstände und etwaige Erfahrungen mit öffentlichen Sitzungen. Der Beschluss erfolgt in nichtöffentlicher Sitzung. Er kann auf Dauer, für einzelne Sitzungen, für bestimmte Verhandlungsgegenstände oder Teile derselben gefasst werden. Bei öffentlichen Sitzungen ist der Presse und sonstigen Zuhörern im Rahmen der Raumverhältnisse der Zutritt zu gestatten. Öffentliche Sitzungen sollen grundsätzlich im Internet übertragen werden.
(2) Soweit ein Ausschuss noch keinen Beschluss nach Absatz 1 Satz 1 gefasst hat, finden dessen Sitzungen nichtöffentlich statt. Hat der Bundestag das Zutrittsrecht zu einem Ausschuss vollständig oder für Teile seines Geschäftsbereichs auf die ordentlichen Mitglieder und deren namentlich benannten Stellvertreter beschränkt (geschlossener Ausschuss), tagt dieser Ausschuss nach Maßgabe der Zutrittsbeschränkung grundsätzlich nichtöffentlich. Im Einzelfall kann dieser Ausschuss hiervon Ausnahmen beschließen.
(3) Die Beratungen eines Ausschusses zu einer Vorlage, die als Verschlusssache eingestuft ist, erfolgen in nichtöffentlicher Sitzung. Es gelten die Vorschriften der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages.
(4) Vorbehaltlich gesetzlicher Beschränkungen des Zutrittsrechts haben die Fraktionsvorsitzenden beratende Stimme in allen Ausschüssen und Sonderausschüssen (§ 54). Sie können ein Mitglied ihrer Fraktion beauftragen, sie zu vertreten. An Sitzungen nicht geschlossener Ausschüsse können Mitglieder des Bundestages, die nicht dem Ausschuss angehören, als Zuhörer teilnehmen. Bei den Beratungen geschlossener Ausschüsse kann einer der Antragsteller, der nicht Mitglied des Ausschusses ist, zur Begründung der Vorlage mit beratender Stimme teilnehmen. Darüber hinaus können geschlossene Ausschüsse im Einzelfall Ausnahmen von der Beschränkung des Zutritts beschließen.
(5) Berät ein nicht geschlossener Ausschuss, dessen Verhandlungen nicht mindestens VS-VERTRAULICH sind, eine Vorlage von Mitgliedern des Bundestages, so ist dem Erstunterzeichner, wenn er nicht Mitglied des Ausschusses ist, die Tagesordnung zuzuleiten. Er kann insoweit mit beratender Stimme an der Sitzung teilnehmen oder sich von einem der anderen Antragsteller vertreten lassen. In besonderen Fällen soll der Ausschuss auch andere Mitglieder des Bundestages zu seinen Verhandlungen mit beratender Stimme hinzuziehen oder zulassen.
§ 69a Besondere Beteiligungsrechte Dritter
(1) Berät ein Ausschuss einen ihm federführend überwiesenen Gesetzentwurf, durch den wesentliche Belange von Gemeinden und Gemeindeverbänden berührt werden, ist den auf Bundesebene bestehenden kommunalen Spitzenverbänden vor Beschlussfassung im Ausschuss Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hiervon kann bei Regierungsvorlagen abgesehen werden, wenn aus der Begründung der Vorlagen die Auffassungen der kommunalen Spitzenverbände ersichtlich sind. Wesentliche Belange im Sinne des Satzes 1 werden durch Gesetze berührt, die ganz oder teilweise von den Gemeinden oder Gemeindeverbänden auszuführen sind, ihre öffentlichen Finanzen unmittelbar betreffen oder auf ihre Verwaltungsorganisation einwirken.
(2) Betrifft eine Anhörung gemäß § 70 Absatz 1 durch den federführenden Ausschuss Gesetzentwürfe gemäß Absatz 1 Satz 3, ist den auf Bundesebene bestehenden kommunalen Spitzenverbänden Gelegenheit zur Teilnahme an der Anhörung zu geben. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Im Falle einer Teilnahme unterbleibt eine Anrechnung nach § 70 Absatz 2 Satz 2. Die Stellungnahmen der Spitzenverbände sollen in ihren wesentlichen Punkten im Bericht wiedergegeben werden.
(3) Betrifft eine Anhörung gemäß § 70 Absatz 1 durch den federführenden Ausschuss Gesetzentwürfe, die in erheblicher Weise die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen, ist auf Beschluss des Ausschusses oder auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Teilnahme an der Anhörung zu geben. Absatz 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
§ 70 Anhörungssitzungen
(1) Zur Information über einen Gegenstand seiner Beratung kann ein Ausschuß öffentliche Anhörungen von Sachverständigen, Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen vornehmen. Bei überwiesenen Vorlagen ist der federführende Ausschuß auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder dazu verpflichtet; bei nicht überwiesenen Verhandlungsgegenständen im Rahmen des § 62 Abs. 1 Satz 3 erfolgt eine Anhörung auf Beschluß des Ausschusses. Die Beschlußfassung ist nur zulässig, wenn ein entsprechender Antrag auf der Tagesordnung des Ausschusses steht. Öffentliche Anhörungen sollen grundsätzlich im Internet übertragen werden.
(2) Wird gemäß Absatz 1 die Durchführung einer Anhörung von einer Minderheit der Mitglieder des Ausschusses verlangt, müssen die von ihr benannten Auskunftspersonen gehört werden. Beschließt der Ausschuß eine Begrenzung der Anzahl der anzuhörenden Personen, kann von der Minderheit nur der ihrem Stärkeverhältnis im Ausschuß entsprechende Anteil an der Gesamtzahl der anzuhörenden Auskunftspersonen benannt werden.
(3) Der mitberatende Ausschuß kann beschließen, im Einvernehmen mit dem federführenden Ausschuß eine Anhörung durchzuführen, soweit der federführende Ausschuß von der Möglichkeit des Absatzes 1 keinen Gebrauch macht oder seine Anhörung auf Teilfragen der Vorlage, die nur seinen Geschäftsbereich betreffen, beschränkt. Dem federführenden Ausschuß sind Ort und Termin sowie der zu hörende Personenkreis mitzuteilen. Mitglieder des federführenden Ausschusses haben während der Anhörung Fragerecht; dieses kann im Einvernehmen mit dem federführenden Ausschuß auf einzelne seiner Mitglieder beschränkt werden.
(4) Mit Ausnahme der Bediensteten von obersten Bundes- oder Landesbehörden, die den gesetzlichen Auftrag haben, den Bundestag zu beraten, oder sich von Verfassungs oder von Gesetzes wegen auf Unabhängigkeit berufen können, der Richterinnen und Richter sowie der Bereiche von Forschung und Lehre ist eine Einladung von Bundes- oder Landesbediensteten als Sachverständige oder Auskunftspersonen zu Anhörungen außer in berechtigten Ausnahmefällen nicht erlaubt. Der Ausschuss kann die Expertise dieser Personengruppe durch eine Teilnahme an regulären Beratungssitzungen oder schriftliche Stellungnahme einbeziehen. Im Übrigen ist mit der Tagesordnung zu veröffentlichen, auf Vorschlag welcher Fraktionen die einzelnen Sachverständigen oder Auskunftspersonen zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen wurden.
(5) Der Ausschuß kann in eine allgemeine Aussprache mit den Auskunftspersonen eintreten, soweit dies zur Klärung des Sachverhalts erforderlich ist. Hierbei ist die Redezeit zu begrenzen. Der Ausschuß kann einzelne seiner Mitglieder beauftragen, die Anhörung durchzuführen; dabei ist jede im Ausschuß vertretene Fraktion zu berücksichtigen.
(6) Zur Vorbereitung einer öffentlichen Anhörung soll der Ausschuß den Auskunftspersonen die jeweilige Fragestellung übermitteln. Er kann sie um Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme bitten. Auskunftspersonen haben im Vorfeld ihrer mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme etwaige finanzielle Interessenverknüpfungen in Bezug auf den Gegenstand der Beratungen offenzulegen.
(7) Ersatz von Auslagen an Sachverständige und Auskunftspersonen erfolgt nur auf Grund von Ladungen durch Beschluß des Ausschusses mit vorheriger Zustimmung des Präsidenten.
(8) Absatz 1 Satz 1 bis 3 sowie die Absätze 2 bis 7 gelten auch für Anhörungen in nichtöffentlicher Sitzung.
§ 71 Antragstellung im Ausschuß, Schluß der Aussprache
(1) Antragsberechtigt sind die Ausschußmitglieder, deren Stellvertreter im Falle der Vertretung eines Ausschußmitgliedes aus ihrer Fraktion sowie beratende Ausschußmitglieder. Ein schriftlicher Antrag eines nicht anwesenden Mitgliedes des Ausschusses darf nur zur Abstimmung gestellt werden, wenn ein anwesendes stimmberechtigtes Mitglied ihn übernimmt.
(2) Mitglieder des Bundestages, die nicht Ausschußmitglieder sind, können Änderungsanträge zu überwiesenen Vorlagen an den federführenden Ausschuß stellen. Die Antragsteller können insoweit außerhalb des Verfahrens nach § 69a mit beratender Stimme an der Sitzung des Ausschusses teilnehmen.
(3) Ein Antrag auf Schluß der Aussprache darf frühestens zur Abstimmung gestellt werden, wenn jede Fraktion Gelegenheit hatte, zur Sache zu sprechen und von der jeweiligen Fraktionsauffassung abweichende Meinungen vorgetragen werden konnten.
§ 72 Abstimmung außerhalb einer Sitzung
Der Ausschuß kann den Vorsitzenden einstimmig ermächtigen, auch außerhalb einer Sitzung über bestimmte Fragen in besonderen Eilfällen eine schriftliche Abstimmung durchführen zu lassen. § 122a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung. Macht der Ausschuß von dieser Möglichkeit Gebrauch, hat der Vorsitzende den Mitgliedern des Ausschusses den Entwurf einer Beschlußempfehlung zuzuleiten, über die innerhalb einer bestimmten Frist in entsprechender Anwendung des § 46 Satz 1 abgestimmt werden kann. Eine schriftliche Abstimmung entfällt, wenn eine Sitzung des Ausschusses auf Grund der Bestimmungen des § 60 Abs. 2 oder 3 stattfindet.
§ 73 Ausschussprotokolle
(1) Über jede Ausschusssitzung ist ein schriftliches Protokoll anzufertigen. Es muss mindestens alle Ausschussdrucksachen, die Gegenstand der Beratung waren, und die Beschlüsse des Ausschusses enthalten sowie den wesentlichen Verlauf der Ausschussberatung zusammenfassen.
(2) Ausschussprotokolle sind grundsätzlich unverzüglich zu veröffentlichen, soweit sie nicht als Verschlusssache eingestuft sind. Soweit der Ausschuss das Protokoll mit dem Vermerk „Nur zur dienstlichen Verwendung“ versehen hat oder es sich um ein Protokoll über eine nichtöffentliche Sitzung handelt, erfolgt die Veröffentlichung spätestens ein Jahr nach der entsprechenden Ausschusssitzung. Protokolle von Sitzungen geschlossener Ausschüsse, des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung in Immunitätsangelegenheiten, des Petitionsausschusses, des Haushaltsausschusses einschließlich des Rechnungsprüfungsausschusses, des Richterwahlausschusses und des Wahlausschusses für die Richter des Bundesverfassungsgerichts werden nur auf Beschluss des Ausschusses veröffentlicht.
(3) Der Präsident kann im Benehmen mit dem Ältestenrat ergänzende Richtlinien erlassen.
(4) Für die Protokollierung der Sitzungen der Untersuchungsausschüsse gilt § 11 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages. Für die Behandlung der Protokolle von Untersuchungsausschüssen, die keine Verschlusssachen sind, hat der Untersuchungsausschuss vor Beendigung seines Auftrags Empfehlungen zu geben. Über Abweichungen von diesen Empfehlungen entscheidet nach Auflösung des Untersuchungsausschusses der Präsident.
(5) Stenographische Aufnahmen von Ausschusssitzungen bedürfen der Genehmigung des Präsidenten. Technische Aufzeichnungen von nichtöffentlichen Sitzungen sind eine Woche nach Verteilung des entsprechenden Protokolls zu löschen, es sei denn, dass der Ausschuss etwas anderes beschlossen hat.
§ 74 Anwendbarkeit der Bestimmungen der Geschäftsordnung
Soweit die Verfahrensregeln für die Ausschüsse nichts anderes bestimmen, gelten für Ausschüsse und Enquete-Kommissionen die übrigen Bestimmungen der Geschäftsordnung, mit Ausnahme des § 126, entsprechend.