Änderung des Parteiengesetzes
Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 19/2509 und 19/2734)
Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (Drucksachen 19/2509 und 19/2734)
Der Bundestag hat am Freitag, 15. Juni 2018, den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze (19/2509) angenommen. In namentlicher Abstimmung votierten 371 Abgeordnete für die Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung, 285 lehnten sie ab, es gab vier Enthaltungen. Zur Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat (19/2734) und ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Vereinbarkeit der Ausgaben mit dem Bundeshaushalt (19/2738) vor.
Laut Parteiengesetz erhöht sich das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, um den Prozentsatz, um den sich der Preisindex der für eine Partei typischen Ausgaben im vorangegangenen Jahr erhöht hat. Die Angaben zur Entwicklung des Preisindexes werden vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr steigt die absolute Obergrenze um 2,2 Prozent auf rund 165,36 Millionen Euro.
Wegen neuer technischer und inhaltlicher Anforderungen wird nun die absolute Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung von derzeit rund 165 Millionen Euro ab 2019 auf 190 Millionen Euro angehoben. Ein Inflationsausgleich reicht nach Ansicht von CDU/CSU und SPD nicht aus. Vor allem durch die Digitalisierung der Kommunikationswege und Medien hätten sich viele neue Foren entwickelt, auf denen Parteien präsent sein müssten, um ihre Aufgabe der Mitwirkung an der politischen Willensbildung zu erfüllen.
Hinzu kämen jenseits des Inflationsausgleichs „durch Veränderung der politisch-kulturellen und der rechtlichen Rahmenbedingungen bedingte Kosten“ neuer innerparteilicher Beteiligungsinstrumente – etwa Mitglieder- statt Delegiertenparteitage oder Mitgliederentscheide – und erhöhter Transparenz- und Rechenschaftsanforderungen, die für alle Parteien erhebliche Kosten neuer Quantität und Qualität verursachten.
Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung von AfD, FDP und Linksfraktion lehnte der Bundestag einen Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/2739) ab. Darin hatte die Fraktion gefordert, die Veröffentlichungsgrenzen für Zuwendungen deutlich herabzusetzen, sodass für Spenden ab 5.000 Euro die Pflicht zur Nennung im Rechenschaftsbericht sowie für Spenden ab 25.000 Euro die Pflicht zur sofortigen Veröffentlichung gilt.
Die verspätete Meldung von Spenden von mehr als 25.000 Euro wollten die Grünen sanktionieren. Spenden an Parteien sollten auf natürliche Personen mit einer jährlichen Obergrenze von 100.000 Euro pro Person beschränkt werden. Den Verstoß gegen das Verbot, Bargeldspenden anzunehmen, wollte die Fraktion mit 1.000 Euro bestraft sehen.
In der Aussprache im Plenum würdigte Ansgar Heveling (CDU/CSU) das System der Parteienfinanzierung als „kluge Balance“ zwischen Eigenmitteln und staatlichen Geldern. Die Parteien bräuchten einen finanziellen Grundstock aus staatlichen Mitteln, sollten aber nicht von einzelnen finanzkräftigen Gönnern abhängig sein. Die Höhe der absoluten Obergrenze sei nicht in Stein gemeißelt.
Es habe einschneidende Veränderungen durch die Digitalisierung gegeben. Parteien müssten heute auf allen Kanälen aktiv sein und in kurzer Zeit auf Bürger reagieren, um die Erwartungen zu erfüllen. Die moderate Anhebung der Obergrenze diene dazu, die Funktionsfähigkeit der Parteien aufrecht zu erhalten.
Mahmut Özdemir (SPD) argumentierte, auch die Mehrheit der Sachverständigen in der Anhörung im Innenausschuss habe die gesetzliche Änderung als maßvoll und sinnvoll erachtet.
Es sollte daher nicht der Eindruck erweckt werden, als würde hier etwas gemacht, was unmoralisch und unrechtmäßig sei. Die den Parteien zukommenden Gelder flössen letztlich auch an das Gemeinwesen zurück, sie kämen der Willensbildung des Volkes zugute.
Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz sprach hingegen von einer „Schmierenkomödie vor der Fußball-WM“. Es gehe in Wahrheit darum, dass die SPD Wahlen und Mitglieder verliere und ihren überdimensionierten Parteiapparat nicht anpassen wolle.
Die SPD kämpfe für Posten und Macht, nicht für Bürger.
Die Anhebung der staatlichen Mittel um 25 Millionen Euro verdeutliche die „Selbstbedienungsmentalität“. Das sei eine „moralische Bankrotterklärung der ehemaligen Volkspartei SPD“.
Dr. Hermann Otto Solms (FDP) wandte sich aus sachlichen Gründen gegen den Gesetzentwurf und wertete die von den Koalitionsfraktionen genannte Begründung für die Änderung als unzureichend. So werde nicht im Detail erklärt, warum die Obergrenze um 25 Millionen Euro angehoben werde. Die Obergrenze gelte zudem für alle Parteien zusammen.
Wenn Parteien an Zustimmung verlören, müssten sie akzeptieren, dass weniger Staatsgeld ausgereicht werde. Dies sei im Sinne des Parteienwettbewerbs. Auch die FDP habe eine solche Krise durchgemacht und sei dann mit deutlich weniger Geld ausgekommen. Das jetzt gewählte Verfahren stehe im Widerspruch zu Sinn und Wortlaut des Gesetzes.
Auch Jan Korte (Die Linke) mahnte, viele Bürger hätten inzwischen das Vertrauen in die Parteien verloren und wendeten sich von der Politik ab. Er schlug vor, einen Runden Tisch einzuberufen und eine grundlegende Reform der Parteienfinanzierung sowie eine Parlamentsreform zu erarbeiten.
Die Abgeordneten hätten eine „Verantwortung für die in Teilen schwer angeschlagene Demokratie“. Union und SPD würden mit der Gesetzesvorlage dieser Verantwortung nicht gerecht. So werde die parlamentarische Demokratie beschädigt statt gestärkt.
Ebenso rügte Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) rügte, der Gesetzentwurf sei „wider besseres Wissen und bar jeder Vernunft“.
Das Verfahren verstoße gegen alle Gepflogenheiten, die es bislang in der Parteiengesetzgebung gegeben habe und schade allen demokratischen Parteien. Solche Fragen seien immer gemeinsam erörtert worden. (pk/hau/vom/15.06.2018)