Der Bundestag hat am Donnerstag, 24. Oktober 2019, in namentlicher Abstimmung mit 343 Stimmen gegen 275 Voten bei drei Enthaltungen für einen längeren Einsatz der Bundeswehr gegen den IS gestimmt. Die Bundesregierung hatte dazu einen Antrag mit dem Titel „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte – Stabilisierung sichern, Wiedererstarken IS verhindern, Versöhnung fördern in Irak und Syrien“ (19/13290) vorgelegt. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung (19/14287) des Auswärtigen Ausschusses und ein Bericht des Haushaltsausschuss zur Finanzierbarkeit nach Paragraf 36 der Geschäftsordnung des Bundestages (19/14288) zugrunde.
Abgelehnt hat der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen das Votum der Linken und AfD bei Enthaltung der Grünen einen Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „Bundeswehr sofort aus dem Anti-IS-Einsatz zurückrufen“ (19/13503). Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/14289) zugrunde. Abgelehnt wurden auch Entschließungsanträge der FDP (19/14404) und der Linken (19/14403) mit der Mehrheit der jeweils anderen Fraktionen.
Antrag der Bundesregierung
Laut Antrag der Bundesregierung soll der Bundestag dem von der Regierung am 18. September 2019 beschlossenen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Sicherung der Stabilisierung, zur Verhinderung des Wiedererstarkens des sogenannten Islamischen Staates (IS) und zur Förderung der Versöhnung im Irak und in Syrien zustimmen. Die erzielten Stabilisierungsfortschritte zu sichern und auszubauen sowie Versöhnung und überkonfessionelle Strukturen zu befördern, blieben nach dem Ende der territorialen Kontrolle von IS im Irak und in Syrien unabdingbar, um dessen Wiedererstarken zu verhindern, heißt es im Antrag.
Der IS habe sich in beiden Ländern im Untergrund konsolidieren können. Führungs- und Finanzierungsstrukturen seien geschwächt, aber intakt. Seit Jahresbeginn sei in der Anzahl der Terroranschläge des IS in beiden Ländern im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg zu verzeichnen. Der IS warte auf eine Gelegenheit, in Räumen ohne wirksames staatliches Gewaltmonopol erneut nach territorialer Kontrolle zu greifen. Syrien und Irak stünden damit an einem kritischen Scheidepunkt.
Der Beschluss der Bundesregierung gehe auch auf eindringliche Bitten von jordanischer, irakischer und kurdischer Seite zurück, das deutsche Engagement einschließlich aller militärischen Komponenten zur Unterstützung der internationalen Anti-IS-Koalition fortzusetzen. Die vorgesehenen Kräfte könnten eingesetzt werden, solange die völkerrechtlichen Voraussetzungen und die konstitutive Zustimmung des Bundestages vorlägen, längstens jedoch bis zum 31. Oktober 2020. Die deutschen Beiträge zur luftgestützten Aufklärung sowie zur Luftbetankung würden zum 31. März 2020 beendet, schreibt die Regierung.
Entschließungsantrag der FDP
Die FDP fordert die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag (19/14404) unter anderem auf, ein politisches Zeichen der Bündnistreue und Verlässlichkeit gegenüber den internationalen und regionalen Partnern der Koalition gegen den IS zu senden und den Kampf gegen die Terrororganisation fortzusetzen. Dem Bundestag solle ein Mandat jeweils für den Einsatz „Counter Daesh“ in Jordanien (Luftraumaufklärung im Rahmen der Anti-IS-Koalition) und für das „Capacity Building“ (Ausbildungsauftrag der Bundeswehr für die zentralirakischen Streit- und Sicherheitskräfte) vorgelegt werden.
Zudem solle der innerirakische Aussöhnungsprozess unterstützt und Planungssicherheit über die beiden Einsätze für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und ihre Familienangehörigen dargelegt werden, heißt es in dem Entschließungsantrag.
Entschließungsantrag der Linken
Die Linke fordert die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag auf, den Einmarsch der türkischen Armee im Norden Syriens als völkerrechtswidrig zu verurteilen, den Einsatz der Bundeswehr in der Anti-IS-Koalition zu beenden und dafür zu sorgen, dass die Türkei keinen Zugriff auf die Luftbilder aus dem Einsatz erhält.
In der EU solle die Regierung darauf hinwirken, dass die Beitrittsgespräche mit der Türkei und die Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion mit der Türkei gestoppt und vorerst keine Hermes-Bürgschaften für Geschäfte mit der Türkei mehr vergeben werden. Der sogenannte Flüchtlingsdeal mit der Ttürkei sei zu beenden. Schutz und Unterbringung der in die Türkei geflüchteten Menschen müsse organisiert werden.
Antrag der Linken
Die Linke will in ihrem Antrag (19/13503), dass der Bundestag von seinem Rückholrecht nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz Gebrauch macht und die Zustimmung zum Einsatz bewaffneter Streitkräfte zur Beteiligung am Anti-IS-Einsatz („Einsatz zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und zur umfassenden Stabilisierung Iraks“) widerruft. Er solle außerdem die Bundesregierung auffordern, umgehend die operative Beteiligung an der Anti-IS-Koalition (Operation Inherent Resolve, OIR) zu beenden, den in diesem Rahmen erfolgenden Flugbetrieb – die Bereitstellung von Tornados zur luft- und raumgestützten Aufklärung und die Luftbetankung – mit sofortiger Wirkung einzustellen, die in Jordanien und dem Irak stationierten Truppen der Bundeswehr unverzüglich abzuziehen und umgehend mit dem Abbau der Infrastruktur in Al-Azraq (Jordanien) zu beginnen.
Darüber hinaus fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, dem Bundestag einen Zeitplan für den Abbau der bundeswehreigenen Infrastruktur und die Rückverlegung aller Bundeswehrangehörigen aus dem Anti-IS-Einsatz einschließlich der Ausbildungsmission in Irak vorzulegen. (vom/sas/23.10.2019)