Corona-Maßnahmen (epidemische Lage), Antrag CDU/CSU, SPD
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Feststellung des Fortbestandes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (Drucksache 19/24387)
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Feststellung des Fortbestandes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (Drucksache 19/24387)
Der Bundestag hat am Mittwoch, 18. November 2020, in namentlicher Abstimmung einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für ein drittes Gesetz „zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (19/23944) angenommen. Für den Entwurf haben 413 Parlamentarier gestimmt, dagegen stimmten 235 Abgeordnete bei acht Enthaltungen. In zweiter Beratung hatten CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen für den Gesetzentwurf, die AfD, die FDP und Die Linke dagegen gestimmt. Zur Abstimmung lagen die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (19/24334) und ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (19/24350) vor.
Zuvor hatten die Abgeordneten Änderungsanträge der FDP (19/24375), der Grünen (19/24380) und der fraktionslosen Abgeordneten Uwe Kamann, Mario Mieruch und Dr. Frauke Petry (19/24422) zu dem Gesetzentwurf abgelehnt.
Der Änderungsantrag der FDP wurde in namentlicher Abstimmung mit der Mehrheit von 453 Stimmen gegen 139 Stimmen bei 68 Enthaltungen zurückgewiesen. Der Änderungsantrag der Grünen wurde mit 456 Stimmen gegen das Votum von 126 Abgeordneten bei 80 Enthaltungen abgelehnt. Der Änderungsantrag der fraktionslosen Abgeordneten wurde mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen gegen das Votum der Antragsteller bei einer Enthaltung aus der AfD-Fraktion abgelehnt.
Der angenommene Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (19/23944) beinhaltet eine gesetzliche Präzisierung hinsichtlich der Eingriffe in grundrechtliche Freiheiten. In einem neuen Paragrafen 28a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) werden mögliche Schutzvorkehrungen zur Bekämpfung der Epidemie konkret aufgeführt. Zudem werden Grenzwerte sowie Befristungen und Begründungen für Einschränkungen genannt.
Die Einschränkung von Demonstrationen oder etwa Gottesdiensten wird an besondere Auflagen geknüpft. Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite orientiert sich an den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Festgeschrieben wird auch eine Berichtspflicht der Bundesregierung an den Bundestag.
Das Paket beinhaltet zudem Regelungen für Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser, die Corona-Intensivbetten freihalten. Was die künftige Impfprogramme betrifft, sollen nicht nur Versicherte einen Anspruch auf Schutzimpfungen und Testungen haben können, sondern auch Nichtversicherte. Zur besseren Kontaktnachverfolgung im Reiseverkehr kann eine digitale Einreiseanmeldung nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet verordnet werden. Zugleich erhält der Begriff des Risikogebiets eine Legaldefinition.
Das Paket sieht außerdem Hilfe für berufstätige Eltern vor. Die im März 2020 geschaffene Entschädigungsregelung für Eltern soll fortgeführt werden, wenn die Betreuung der Kinder nach einer behördlichen Schließung von Einrichtungen nicht mehr möglich ist. Bei einem unter Quarantäne gestellten Kind soll künftig auch eine Entschädigungszahlung möglich sein. Eine Entschädigung wegen Verdienstausfalls wird hingegen ausgeschlossen, wenn die betreffende Person eine vermeidbare Reise in ein Risikogebiet unternommen hat.
Die Laborkapazitäten für Corona-Tests sollen ferner ausgeweitet werden. Dazu soll der sogenannte Arztvorbehalt modifiziert werden. Bei Bedarf sollen auch Kapazitäten der veterinärmedizinischen Labore abgerufen werden können.
Beim Robert-Koch-Institut (RKI) sollen neue Überwachungsinstrumente (Surveillance) geschaffen werden, um weitere wissenschaftliche Erkenntnisse über den Verlauf der Pandemie zu gewinnen.
Der Bundestag erinnert an das am 25. März 2020 vom Bundestag verabschiedete Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (19/18111, 19/18156, 19/18168, 19/18160), das sogenannte erste Bevölkerungsschutzgesetz, und an das am 14. Mai 2020 verabschiedete zweite Bevölkerungsschutzgesetz (19/18967, 19/19216, 19/19217). Die darin getroffenen Maßnahmen sollten zum einen das Funktionieren des Gesundheitswesens in der Coronavirus Sars-CoV-2-Pandemie sicherstellen und zum anderen die mit dieser besonderen Situation verbundenen negativen finanziellen Folgewirkungen abmildern.
Das Bundesgesundheitsministerium sei mit der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach Paragraf 5 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes vom Bundestag ermächtigt worden, durch Anordnung oder Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie zu ergreifen, die im Wesentlichen bis zum 31. März 2021 beschränkt sind. Mit dem zweiten Bevölkerungsschutzgesetz seien Regelungen und Maßnahmen weiterentwickelt und ergänzt worden.
In einer vorgeschalteten Geschäftsordnungsdebatte lehnte das Plenum einen Antrag der AfD-Fraktion ab, die Schlussberatung über das Bevölkerungsschutzpaket von der Tagesordnung abzusetzen. Die anderen Fraktionen votierten geschlossen dagegen.
Mehrere Redner wandten sich energisch gegen die Darstellung der AfD, wonach das dritte Bevölkerungsschutzpaket einem „Ermächtigungsgesetz“ gleichkomme. Sie wiesen darauf hin, dass ein Vergleich mit der Nazi-Zeit völlig abwegig sei und die aktuelle Gesetzesvorlage in keiner Weise zu einer Diktatur führe.
Die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag verteidigte die Vorlage gegen die heftige Kritik der Opposition. Sie forderte die Bürger zugleich auf, sich selbst eine Meinung zu bilden und nicht zweifelhaften Ratgebern zu trauen, denen es unter dem Deckmantel, die Grundrechte schützen zu wollen, nur darum gehe, Abgeordnete zu diskreditieren. Maag betonte: „Wir befinden uns weiter in einer kritischen Phase der Pandemie.“
Das Schutzpaket sei dringend nötig, zumal damit auch das Verfahren für kommende Impfungen vorbereitet werde. So werde ein Rechtsrahmen gesetzt für eine Impfstrategie und den Schutz der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen. In Anspielung auf die Impfgegner stellte sie klar: „Wir sehen einen Anspruch auf Impfungen vor und keine Impfpflicht.“ Nötig seien weitere Testkapazitäten, Krankenhäuser bräuchten Liquidität, wenn planbare Operationen verschoben und Intensivbetten für Corona-Patienten vorgehalten werden müssten.
Maag räumte mit Blick auf die Präzisierungen im IfSG ein: „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Gesetzentwurf so missverstanden wurde.“ Sie fügte hinzu: „Wir weiten den Spielraum der Bundesregierung nicht aus, wir engen ihn ein.“ Alle Einschränkungen blieben gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar. Es sei nicht hinnehmbar, dass manche Bürger den Verschwörern mehr vertrauten als dem Parlament.
Auch Bärbel Bas (SPD) hob die deutlichen Verbesserungen gegenüber der jetzigen Rechtslage hervor. Bisher habe es im IfSG eine Generalklausel gegeben, die werde jetzt präzisiert. Die nötigen Maßnahmen würden beschränkt, befristet und begründet. Sie fügte hinzu: „Wir müssen im Moment unsere Kontakte reduzieren.“ Man könne über einzelne Maßnahmen streiten, aber am Ende gehe es darum, die Kontakte einzuschränken, weil sonst die Probleme der Pandemie nicht zu lösen seien.
Sie verwies auf Labore, die am Limit seien und Kliniken, die finanziell gestärkt werden müssten. Es gebe aber auch gute Nachrichten, sagte Bas und verwies auf die Impfstoffe, die entwickelt wurden. Auch bei den Arzneimitteln gegen Covid-19 seien Fortschritte zu verzeichnen.
Dr. Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte das Schutzpaket ebenfalls und sprach von einem gesetzlichen Rahmen für notwendige Eingriffe in die Grundrechte. Es gehe darum, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens zu sichern. „Wir legen damit heute die Grundlage dafür, dass gut begründete, evidenzbasierte Maßnahmen auch einer gerichtlichen Kontrolle standhalten.“ Die Länder würden dazu verpflichtet, ihre Rechtsverordnungen zu begründen, die Geltung werde auf vier Wochen begrenzt.
Rottmann fügte hinzu, es müsse unter allen Umständen ein Minimum an sozialen Kontakten gewahrt bleiben. Das sei all denen geschuldet, die gerade mit der zweiten Infektionswelle zu kämpfen hätten. Sie räumte zugleich ein, dass die Grünen sich mehr soziale Regelungen vorgestellt hätten, etwa das Kindeswohl betreffend. Auch wäre ein Pandemierat mit Experten sinnvoll. Insofern sei das Gesetz nur ein Anfang, „vielleicht auch nur ein Provisorium“. Außerdem müsse die Frage der Entschädigung gesetzlich geregelt werden.
Heftige Gegenwehr kam hingegen von der AfD-Fraktion, die zwischendurch sogar Plakate mit Hinweisen auf das Grundgesetz hochhielt und dafür von Parlamentspräsident Dr. Wolfgang Schäuble ermahnt wurde. Nach Ansicht von Fraktionschef Dr. Alexander Gauland haben die gesetzlichen Regelungen zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt. Das IfSG stehe für die größte Grundrechtseinschränkung in der Geschichte der Bundesrepublik.
Das Misstrauen werde wachsen, sagte Gauland voraus, das sei an den Demonstrationen, die gerade vor dem Bundestag stattfänden, gut zu sehen. Er mahnte: „Die Menschen treten für ihre Grundrechte ein und müssen nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“ Viele Bürger hätten existenzielle Nöte und fürchteten um ihre Freiheit. Gauland sagte: „Wir werden noch viele Monate mit dem Virus leben müssen.“ Die Bürger wüssten das, die Bevölkerung verhalte sich kooperativ und einsichtig. „Dass man sie zusperrt, ist unerträglich, und das läuft auf Diktatur hinaus.“
Ganz so weit wollte FDP-Fraktionschef Christian Lindner nicht gehen, wenngleich auch die FDP das Paket äußerst kritisch sieht. Im November seien zunächst einschneidende Freiheitsbeschränkungen beschlossen worden, wenig später sei bereits infrage gestellt worden, ob die Befristung Bestand haben könne, ohne die bisherigen Beschränkungen in Gastronomie oder Kultur zu analysieren. „So stellt man das nach wie vor große Vertrauen der Bevölkerung in die Politik unnötig auf die Probe.“
Das neue Bevölkerungsschutzpaket leiste zur Risikostrategie nur wenige Beiträge. Eine reine Aufzählung von möglichen Freiheitseinschränkungen sei unzureichend. Es müsste klar zugeordnet werden, welche Maßnahmen in welcher Lage angeordnet würden. Lindner betonte: „Wir können und müssen die Entscheidungen der Regierungen lenken und ihnen klare Leitplanken geben, wenn in Grundrechte eingegriffen wird.“ Das neue Gesetz gebe der Regierung keine Leitplanken vor, sondern stelle einen Freifahrtschein aus.
Jan Korte (Die Linke) kritisierte, die Bundesregierung habe „den Sommer verpennt“, statt die Lage zu analysieren. Das jetzt gewählte Eilverfahren der Gesetzgebung sei zwar zulässig, aber politisch unklug. Die Mehrheit der Menschen zeige nach wie vor ein solidarisches Grundverhalten. Daher trage es fast schon „monarchische Züge“, wenn nach den Bund-Länder-Gesprächen die Neuerungen verkündet würden. Damit werde Akzeptanz verspielt.
Es gebe Verbesserungen mit dem Gesetz, aber jeder Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte, die so bitter erkämpft seien, bedürfe einer Debatte im Bundestag. Korte mahnte: „Die schreckliche Corona-Krise darf nicht zu einer schleichenden Demokratiekrise werden.“
Nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist die Corona-Pandemie ein „Jahrhundertereignis, eine Naturkatastrophe, eine Zumutung und eine Bewährungsprobe“. Egal, was die Politik entscheide, es entstehe in jedem Fall Schaden: wirtschaftlich, sozial und gesundheitlich. Es gehe in dieser Lage darum, die richtigen Prioritäten zu setzen. Die Wissenschaft könne die Politik beraten, aber kein Virologe könne der Politik die Entscheidungen abnehmen. „Wir müssen gewichten, welchen Schaden wir wo ertragen können.“
Spahn fügte hinzu: „Wir wollen keine Überforderung des Gesundheitssystems akzeptieren.“ Steigende Infektionszahlen führten früher oder später zu Leid und Kontrollverlust. Um das zu vermeiden, müssten die Zahlen runter. Zwar sei zuletzt das exponentielle Wachstum der Infektionen gestoppt worden, „aber wir sind noch nicht über den Berg“. Angesichts der erfolgreich getesteten Impfstoffe sprach Spahn von Licht am Ende des Tunnels. Den Impfgegnern versicherte er: „Ich gebe Ihnen mein Wort. Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben.“ Er warb zugleich für Zusammenhalt und sachlichen Dialog und betonte: „Das Virus ist dynamisch, wir müssen es auch sein.“
Mit 422 Ja-Stimmen bei 90 Nein-Stimmen und 134 Enthaltungen nahm der Bundestag in namentlicher Abstimmung einen Antrag der Koalitionsfraktionen zur „Feststellung des Fortbestandes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (19/24387) an. Diese wurde zuletzt am 25. März 2020 aufgrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus für die Bundesrepublik Deutschland vom Bundestag festgestellt.
Wie es in dem Antrag heißt, werde nun mit dem beschlossenen dritten Bevölkerungsschutzgesetz im Paragrafen 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine ausdrückliche regelmäßige Berichtspflicht für den Fall der Ausrufung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eingeführt. Die Bundesregierung sei dieser bereits in den vergangenen Wochen und Monaten selbstständig nachgekommen. Die Normierung dieser Berichtspflicht sei dennoch ein wichtiges Signal zur Herstellung von Transparenz und für den Anspruch auf verlässliche Informationen.
Abgelehnt wurden fünf Anträge der AfD, zwei Anträge der FDP, ein Antrag der Linken und zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen. Der Gesundheitsausschuss (19/24334, 19/24005) und für den zweiten FDP-Antrag der Familienausschuss (19/24333) hatten dazu Beschlussempfehlungen vorgelegt.
Ein weiterer Antrag der Linken (19/24362) wurde erstmals erörtert und zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen.
Die AfD-Fraktion forderte in ihrem ersten Antrag (19/22547), eine Epidemiekommission einzurichten, die Kriterien festlegen sollte zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
Diese ständige Epidemiekommission sollte anhand objektiver, wissenschaftlich begründeter Kriterien festlegen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, aufgrund derer der Bundestag von einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite auszugehen habe und diese beschließen müsse, heißt es in dem Antrag. Die Kommission müsse politisch unabhängig sein und streng wissenschaftlich arbeiten. Nur die AfD stimmte für diesen Antrag, es gab zudem eine Enthaltung.
Die AfD-Fraktion forderte in ihrem zweiten Antrag mit dem Titel „Erneute Forderung der Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite und Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle“ (19/22551) eine ausreichende Rechtsgrundlage zur Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) beinhalte keine ausreichende Rechtsgrundlage für Grundrechtseingriffe und Ermächtigungen.
Anhand wissenschaftlich begründeter Kriterien müsse festgelegt werden, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, aufgrund derer der Bundestag von einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite auszugehen habe und diese beschließen müsse. Nur die AfD und einzelne fraktionslose Abgeordnete stimmten für diesen Antrag.
Der Titel des Antrags der AfD-Fraktion lautete „Covid-19: Hygiene statt Verbote, Lockdown unterbinden – Schwere Fälle verhindern, statt neue Schäden verursachen“ (19/23950). Danach sollte die Bundesregierung gesetzlich sicherstellen, dass die Hygienekonzepte bundesweit einheitlich gefördert und evaluiert werden anstatt Ausgangssperren, Schließungen und Verbote („Lockdowns“) zu verfügen. Der Schutz von Risikogruppen sollte in den Mittelpunkt gestellt werden.
Den Besuchern von Seniorenheimen, Pflegeheimen und Krankenhäusern wollte die AfD einen Antigen-Schnelltest ermöglichen. Ärztliches und pflegerisches Personal sowie das Reinigungspersonal sollte regelmäßig getestet werden und wie die Besucher beim Kontakt mit den Patienten/Bewohnern FFP2-Masken tragen. Personen, die sich selbst isolieren, sollten unterstützt werden. Gleichzeitig sei ihre medizinische Versorgung zu gewährleisten. Für Personen, die der Risikogruppe angehören, aber zu Hause leben, wollte die AfD eine Hilfe etablieren. Nur die AfD und ein fraktionsloser Abgeordneter stimmten für den Antrag.
Die AfD-Fraktion forderte in einem vierten Antrag (19/23949), die Beschlüsse des Corona-Gipfels vom 28. Oktober 2020 rückgängig zu machen und den Bundestag stärker an den Corona-Entscheidungen zu beteiligen. Sie verwies auf eine Vielzahl von Stimmen in der öffentlichen Diskussion, die die Praxis der Entscheidungsfindung in Bezug auf die Corona-Pandemie kritisierten. Es sei ein „deutliches Auseinanderklaffen von geschriebener und gelebter Verfassung“ zu erkennen, schrieb die Fraktion.
Neben der Aufhebung der Beschlüsse von Ende Oktober forderte sie, diese durch zielgenau auf den Schutz von Risikogruppen konzentrierte Maßnahmen zu ersetzen. Dadurch sollten auch die Corona-Verordnungen der Länder so schnell wie möglich außer Kraft gesetzt werden. Ferner sollte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für eine „verfassungskonforme Neufassung“ des IfSG vorlegen. Nur die AfD und ein fraktionsloser Abgeordneter stimmten für den Antrag.
In ihrem fünften Antrag (19/20676) forderte die AfD-Fraktion eine parlamentarische Kontrolle bei Grundrechtseingriffen wie in der Corona-Krise. Die Verordnungsermächtigungen, die sich aus dem Infektionsschutzgesetz ergäben, müssten dahingehend ausgestaltet werden, dass Verordnungen der Bundesregierung dem Bundestag und Bundesrat zur Zustimmung zuzuleiten seien.
Das Infektionsschutzgesetz sei im Paragrafen 5 Absatz 2 Nr. 3 bis 8 dahingehend abzuändern, dass die Tragweite der Verordnungsermächtigung im Hinblick auf Inhalt, Zweck und Ausmaß ausreichend bestimmt sei. Nur die AfD und ein fraktionsloser Abgeordneter stimmten für diesen Antrag. Zur Abstimmung über diesen Antrag hatte der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung vorgelegt (19/24005).
Die FDP-Fraktion forderte in ihrem ersten Antrag (19/23689) eine klare gesetzliche Grundlage für die Infektionsschutzmaßnahmen. In einer Demokratie müssten die wesentlichen Entscheidungen vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst getroffen werden. Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie werde tiefgreifend in die Grundrechte der Bürger eingegriffen. Rechtsgrundlage sei die Generalklausel des Paragrafen 28 des IfSG, auf deren Grundlage die Länder Rechtsverordnungen erließen.
Die Abgeordneten forderten unter anderem, bei der Einführung von Verordnungsermächtigungen im IfSG für den Bund verstärkt auf parlamentarische Erlassvorbehalte und Unterrichtungspflichten zu setzen. Die weitreichenden und verfassungsrechtlich zweifelhaften Verordnungsermächtigungen zugunsten des Bundesgesundheitsministeriums müssten eingeschränkt werden. Auf eine Verstetigung und Entfristung der Verordnungsermächtigungen sollte verzichtet werden. Künftig sollte zudem die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach zwei Monaten automatisch enden. Die FDP-Fraktion plädierte außerdem für einen Expertenrat zur Unterstützung der Abgeordneten bei der Beurteilung von Anti-Corona-Maßnahmen. Neben der FDP stimmten auch die AfD und Grünen bei Enthaltung der Linken für den Antrag, die Koalitionsfraktionen lehnten ihn ab.
In ihrem zweiten Antrag (19/20060) forderte die FDP unter anderem, dass Eltern, die während der Corona-Krise ihre Kinder betreuen, auch dann für Verdienstausfälle nach dem Infektionsschutzgesetz entschädigt werden, wenn grundsätzlich die Möglichkeit zum Arbeiten im Home-Office besteht. Die Fraktion sprach sich für eine entsprechende Änderung des Infektionsschutzgesetzes aus. Die Entschädigung sollte für die Dauer der Corona-Pandemie auch während eines eingeschränkten Regelbetriebs von Kitas und Schulen sowie während der Schulferien gezahlt werden. Ebenso sollte die Entschädigung auch an Eltern gezahlt werden, deren Kinder wegen einer relevanten Vorerkrankung im Fall einer Corona-Infektion mit einem schweren Krankheitsverlauf rechnen müssen und deshalb von ihren Eltern betreut werden.
Die Liberalen begründeten ihren Antrag mit den besonders großen Herausforderungen für viele Familien während der Corona-Pandemie. Für viele sei es ein „unmöglicher Kraftakt“, die beruflichen Aufgaben im Home-Office, die Betreuung der Kinder zu Hause und die schulische Bildung zu übernehmen. Die Koalitionsfraktionen stimmten gegen diesen Antrag, die AfD, die Linksfraktion und die Grünen enthielten sich. Zu diesem Antrag lag eine Beschlussempfehlung des Familienausschusses vor (19/24333).
Die Linke forderte die Bundesregierung unter anderem auf (19/23942), dem Bundestag eine Strategie zur Beschlussfassung vorzulegen, die unterschiedliche Szenarien der epidemischen Entwicklung beinhaltet und klare epidemiologische Zielwerte als Maßgabe für Verordnungen für Bundes- und Landesregierungen definiert. Das betreffe vor allem grundrechtlich eingreifende Maßnahmen, die Festlegung von möglichst bundeseinheitlichen Zielparametern in der Pandemiebekämpfung und die Bedingungen für das Inkraft- und das Außerkrafttreten von Maßnahmen.
Zugleich sollte die Regierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Verordnungsermächtigungen des Gesundheitsministeriums aufgrund der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ so reduziert, dass keine Abweichungen und Ausnahmen von Gesetzen mehr möglich sind. Auch müsse sichergestellt werden, dass Verordnungen mit besonderer Eingriffstiefe die gegebenenfalls auch nachträgliche Bestätigung des Bundestages benötigen. In den Absprachen mit den Regierungen der Länder sollte die Bundesregierung auf entsprechende Regelungen in den Ländern hinwirken. So ermögliche Artikel 80 Absatz 4 des Grundgesetzes den Ländern, einer bundesrechtlichen Verordnungsermächtigung auch durch Landesgesetz nachzukommen. Neben der Linken stimmten auch die Grünen für den Antrag, während die Koalitionsfraktionen und die AfD ihn bei Enthaltung der FDP ablehnten.
Die Linke setzt sich mit ihrem zweiten Antrag für eine „eine gute nationale und internationale Strategie bei Corona-Impfstoffen“ ein (19/24362). Zu beraten seien weitreichende epidemiologische und normative Fragen; im Hinblick auf die Verteilung möglicher Vakzine müssten außerdem Fragen zur Organisation und Finanzierung geklärt werden, schreibt die Fraktion.
Von der Bundesregierung fordern die Abgeordneten daher, dem Bundestag eine Impfstrategie gegen Covid-19 vorzulegen, die unterschiedliche Szenarien für die zu erwartenden unterschiedlichen Impfstoffe enthält, die anhand transparenter Abwägungen eine vorgeschlagene Verteilung in der Bevölkerung deutlich macht und die „bei Zweifeln an der Sicherheit bestimmter Impfstoffe diese nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen als Teil der Impfstrategie vorsieht“. Darüber hinaus fordert die Fraktion die Bundesregierung zu globaler Solidarität auf, was beispielsweise die Bepreisung von zum Teil mit Steuergeldern geförderten Produkten gegen Covid-19 betrifft.
Die Grünen hielten in ihrem abgelehnten Antrag (19/23980) fest, dass das Rechtsstaatsprinzip, das Demokratiegebot und das Ziel der Eindämmung der Pandemie eine stärkere Einbindung der Parlamente und die Beseitigung bestehender gesetzlicher Defizite bedürfe. Sie forderten deshalb eine tiefgreifende Modernisierung des IfSG.
Dies werde zwar einige Zeit in Anspruch nehmen, dennoch sollte der Bundestag schon jetzt bestimmte Problembereiche gesetzlich bearbeiten, schrieben die Abgeordneten. Dazu gehöre unter anderem eine Konkretisierung im Infektionsschutzgesetz, unter welchen Voraussetzungen die Länder bestimmte Grundrechtseingriffe zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie per Verordnung erlassen dürfen. Die Koalitionsfraktionen lehnten diesen Antrag ab, die AfD, die FDP und die Linksfraktion enthielten sich.
Die Grünen forderten in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/24378) ein „Sofortprogramm Intensivpflege“, um auf personelle Engpässe in der stationären Intensivpflege durch die Corona-Krise zu reagieren. So seien zum einen kurzfristige Maßnahmen wie ein „WellComeback“-Sofortprogramm einzuleiten, das Anreize für den Wiedereinstieg von Menschen mit abgeschlossener Pflegeausbildung in den Pflegeberuf setzt, schreiben die Abgeordneten beispielhaft.
Zum anderen gelte es aber auch auf eine grundlegenden Verbesserung der Situation in der Intensivpflege hinzuwirken. So sollte die Bundesregierung unter anderem dazu aufgefordert werden, den Aufbau einer berufsständischen Vertretungsorganisation der Pflegeberufe zu unterstützen. Die Koalitionsfraktionen stimmten gegen diesen Antrag, die Grünen dafür, die übrigen Fraktionen enthielten sich. (pk/sas/vom/ste/19.11.2020)