Der Bundestag hat am Freitag, 25. November, in dritter Lesung das Haushaltsgesetz 2023 (20/3100, 20/3101, 20/3102, 20/4001 Nr. 1.1) beschlossen. In namentlicher Abstimmung haben 379 Abgeordnete für den Gesamtetat gestimmt und 283 dagegen votiert. Der Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses vor (20/3502, 20/3504, 20/3505, 20/3506, 20/3507, 20/3508, 20/3509, 20/3510, 20/3511, 20/3512, 20/3514, 20/3515, 20/33516, 20/3521, 20/3523, 20/3524, 20/3525, 20/3526, 20/3527, 20/3528) zugrunde.
Mehrere aus den Reihen der Opposition vorgelegte Entschließungsanträge wurden hingegen abgelehnt. Davon entfielen auf die CDU/CSU eine Vorlage (20/4579), auf die AfD vier Vorlagen (20/4574, 20/4575, 20/4576, 20/4577) und auf Die Linke ebenfalls eine Vorlage (20/4578).
Lob und Kritik für Bundeshaushalt 2023
Die Oppositionsfraktionen üben Kritik am Ergebnis der Beratungen zum Bundeshaushalt 2023. Bei der sogenannten Schlussrunde sagte Stefan Müller (CDU/CSU), einen solchen Haushalt, mit Schattenetats, Buchungstricks und der Entnahme vom Mitteln aus Rücklagen, hätte der jetzige Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in seiner vorherigen Rolle als Vorsitzender einer Oppositionsfraktion „mit Recht nicht durchgehen lassen“. Peter Boehringer (AfD) kritisierte die Ausgabenplanung der Koalition und sagte: „Für alles ist Geld da, nur nicht für werktätige Deutsche“. Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) betonte, der Haushalt sei weder sozial noch friedlich und auch nicht ökologisch.
Bettina Hagedorn (SPD) befand hingegen, der Haushalt gebe „auf die Erfordernisse der Zeit die richtigen Antworten“. Es gebe genau dort enorme Aufstockungen, wo es aktuell erforderlich sei. Auch aus Sicht von Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) gibt der Haushalt „sehr klare Antworten in unübersichtlichen Zeiten“. Otto Fricke (FDP) sagte, die Koalition habe bei den Beratungen Demokratie gearbeitet und sei zu einem sehr guten Ergebnis gekommen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) lobte den Haushalt, der Rekordentlastungen sowie auch Rekordinvestitionen enthalte und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalte.
Union: Haushalt ist auf Kante genäht
Zu Beginn der Debatte sprach der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Prof. Dr. Helge Braun (CDU/CSU), von „sehr aufwendigen und alles andere als einfachen Beratungen“. Der Haushaltsausschuss habe insgesamt 67 Stunden und 20 Minuten über die Etats für 2023 beraten. Allein 1.498 Anträge seien in der mehr als 18-stündigen Bereinigungssitzung behandelt worden.
Am Ende stehe ein Haushalt, der „auf Kante genäht ist“, so Braun. Für die zu erwartenden Krisen des kommenden Jahres werde keine Vorsorge getroffen. „Das halte ich für problematisch“, sagte der Unionsabgeordnete.
SPD: Zusammenhalt in der Zeitenwende
Bei dem Haushalt gehe es um den „Zusammenhalt in der Zeitenwende“, sagte die SPD-Abgeordnete Hagedorn. Daher seien beispielsweise die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik um 500 Millionen Euro aufgestockt worden.
Die drei Entlastungspakete von 100 Milliarden Euro seien vollfinanziert – ebenso wie die Kindergelderhöhung und das Wohngeld-Plus, wodurch der Kreis der Wohngeldempfänger verdreifacht werde, betonte sie. „Darauf können wir stolz sein“, befand die SPD-Abgeordnete.
AfD übt Kritik an Kanzleramts-Bau
Der AfD-Abgeordnete Boehringer kritisierte unter anderem die für die Modernisierung des Kanzleramtes geplanten Ausgaben von 770 Millionen Euro sowie den enormen Stellenaufwuchs bei den Ministerien. Inmitten einer bevorstehenden Rezession übertreffe die Ampel damit sogar die Vorgängerregierung, sagte er.
Sechs Milliarden Euro, so Boehringer, gebe es für einen neuen IWF-Fonds „zur internationalen Corona- und Klimafinanzierung“. 24 Milliarden Euro gebe es für das Bürgergeld. „Davon gehen zehn Milliarden Euro an ausländische Empfänger“, bemängelte er.
Grüne: An den Aufgaben wachsen
„Umso unübersichtlicher die Zeiten, umso klarer müssen die Antworten sein“, sagte die Grünenabgeordnete Piechotta. In Sachen Entlastung, Modernisierung und Energiesicherheit seien die Antworten sehr klar, urteilte sie. Die Gesellschaft, der Bundestag und auch der Bundeshaushalt würden an den großen Aufgaben wachsen.
Der Unionsfraktion warf Piechotta Schwarzmalerei vor. Dabei gebe es Frühindikatoren dafür, „dass sich die Stimmung gerade dreht“. Neben dem steigenden Ifo-Geschäftsklimaindex und sich deutlich reduzierenden Energiepreisen sei auch der Rückgang von Protestdemonstrationen im Osten zu nennen. Der von einigen erwünschte „heiße Herbst“ werde still und heimlich beerdigt, sagte sie.
Linke: Haushalt ist nicht sozial
Aus Sicht von der Linkenabgeordneten Lötzsch ist der Haushalt nicht sozial, „weil die Hartz-IV-Erhöhung nicht einmal die Inflation ausgleicht“. Bei Grundnahrungsmitteln sei ein Preisanstieg von mehr als 20 Prozent zu verzeichnen. „Wir sagen: Weg mit der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel“, so Lötzsch.
Der Haushalt sei aber auch nicht auf Frieden ausgerichtet, wenn 72 Milliarden Euro für Aufrüstung ausgegeben werden sollen. Die Rüstungskonzerne verdienten sich dadurch „dumm und dämlich“. Die Schuldenbremse gelte offenbar nicht für die Bundeswehr. „Sie wird nur dann angezogen, wenn es um Gesundheit, Bildung und Wohnen geht“, kritisierte sie.
FDP: Übergangszeit in der Zeitenwende organisieren
Aufgabe des Haushaltes sei es, die Übergangszeit in der Zeitenwende zu organisieren, sagte der FDP-Abgeordnete Fricke. Das habe die Ampelkoalition in harten Beratungen geschafft, befand er.
Man gehe nun mit enormen Steuersenkungen, einer eingehaltenen Schuldenbremse sowie einer Absicherung im Bereich Energie und bei der Verteidigung in das kommende Jahr.
Minister Lindner: Entlastungen und Investitionen
Ein positives Fazit zog auch der Bundesfinanzminister. Es gebe Rekordentlastungen „in einer Größenordnung, wie sie dieses Land viele Jahre nicht gesehen hat“, sagte Lindner und verwies unter anderem auf das Inflationsausgleichsgesetz.
Gleichzeitig gebe es Rekordinvestitionen in die digitale Infrastruktur, in die Verkehrsinfrastruktur und den Klimaschutz. „Wir bewältigen die Krise, aber vernachlässigen die Zukunftsaufgaben dieses Landes nicht“, sagte Lindner.
Ausgaben von 476 Milliarden Euro
Danach sind für das Jahr 2023 Ausgaben in Höhe von 476,29 Milliarden Euro vorgesehen. In diesem Jahr kann der Bund 495,79 Milliarden Euro ausgeben. Der Regierungsentwurf umfasste noch Ausgaben von 445,22 Milliarden Euro. Die Neuverschuldung für 2023 soll 45,61 Milliarden Euro betragen im Vergleich zu 138,9 Milliarden Euro in diesem Jahr.
Die Steuereinnahmen sind mit 358,13 Milliarden Euro veranschlagt und fallen höher aus als das Soll in diesem Jahr (328,4 Milliarden Euro). Als sonstige Einnahmen sind 72,55 Milliarden Euro ausgewiesen.
Investitionen von mehr als 71 Milliarden Euro
Als Investitionen sind 71,48 Milliarden Euro ausgewiesen (2022: 51,5 Milliarden Euro). Darin sind laut Bundesregierung Darlehen in Höhe von 7,3 Milliarden Euro an den Resilience-and Sustainability-Trust (RST) des Internationalen Währungsfonds (6,3 Milliarden Euro) und den Gesundheitsfonds (eine Milliarde Euro) enthalten, die haushaltsrechtlich als Investitionen zu buchen sind. Der RST-Fonds soll Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen bei der Bewältigung von großen Herausforderungen wie dem Klimawandel und Pandemien helfen.
Die Personalausgaben sollen um 1,3 Milliarden Euro auf 38,7 Milliarden Euro steigen. Für sächliche Verwaltungsausgaben sind rund 21 Milliarden Euro und damit 1,5 Milliarden Euro weniger als für 2022 veranschlagt. Die Ausgaben für militärische Beschaffung sollen um 1,7 Milliarden Euro auf 18,7 Milliarden Euro sinken, Ausgaben des 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens Bundeswehr sind darin nicht enthalten.
Verpflichtungsermächtigungen von über 100 Milliarden Euro
Für den Schuldendienst sind deutlich höhere Ausgaben eingeplant: Sie sollen 2023 bei 29,5 Milliarden Euro (2022: 16,2 Milliarden Euro) liegen. Deutlich weniger soll für Zuschüsse und Zuweisungen ausgegeben werden. Der Entwurf sieht 2023 hierfür 282,6 Milliarden Euro vor gegenüber 354,2 Milliarden Euro in diesem Jahr. Für die kommenden Haushaltsjahre sollen Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von insgesamt 126,59 Milliarden Euro ausgebracht werden.
Größter Einzeletat ist wie üblich der Einzelplan des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sein. Für 2023 sind darin Ausgaben in Höhe von 166,23 Milliarden Euro eingeplant.
Finanzplan des Bundes
Laut Finanzplan des Bundes 2022 bis 2026 (20/3101) sind in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 495,8 Milliarden Euro bei einer Nettokreditaufnahme von 138,9 Milliarden Euro vorgesehen. Der Haushaltsentwurf für 2023 plant mit Ausgaben von 445,2 Milliarden Euro bei einer Nettokreditaufnahme von 17,2 Milliarden Euro.
Im weiteren Finanzplanungszeitraum sollen Ausgaben und Nettokreditaufnahme von niedrigerem Niveau aus steigen. So wird für 2024 aktuell mit Ausgaben in Höhe von 423,7 Milliarden Euro gerechnet (Nettokreditaufnahme: 12,3 Milliarden Euro). 2026 sollen die Ausgaben dann bei 436,3 Milliarden Euro liegen (Nettokreditaufnahme: 13,8 Milliarden Euro). Die Steuereinnahmen sollen von 374,5 Milliarden Euro 2024 auf 402,3 Milliarden Euro 2026 steigen. Die Investitionen sollen jeweils um die 52 Milliarden Euro betragen. Im Anschluss an die Schlussabstimmung wird über Entschließungsanträge der Fraktionen zum Haushaltsgesetz abgestimmt. (vom/scr/25.11.2022)