Jahressteuergesetz 2022 (Artikel 29 und 40)
Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) hier: Artikel 29 und 40 in der Ausschussfassung (Drucksachen 20/3879, 20/4229 und 20/4729)
Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) hier: Artikel 29 und 40 in der Ausschussfassung (Drucksachen 20/3879, 20/4229 und 20/4729)
Der Bundestag hat am Freitag, 2. Dezember 2022, den Entwurf der Bundesregierung für ein Jahressteuergesetz 2022 (20/3879, 20/4229, 20/4445 Nr. 7) gebilligt. Das Gesetz, mit dem ein Bündel von Steuerrechtsänderungen vorgenommen wird, wurde in dritter Beratung mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (20/4729) angenommen. CDU/CSU und Die Linke votierten gegen die Initiative, Die AfD enthielt sich. Hingegen abgelehnt hat der Bundestag einen Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion (20/4767), in dem sie unter anderem forderte, den im ersten vollen Rentenjahr festgeschriebenen Rentenfreibetrag regelmäßig an die Inflation anzupassen. Zur Abstimmung über das Gesetz lag ein Bericht gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit vor (20/4760).
Zwei Anträge der AfD-Fraktion mit den Titeln „Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft fortführen“ (20/2535) und „Fehlender Vertrauens- und Rechtsschutz bei der Besteuerung von Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken“ (20/2617) wurden im Anschluss an die Debatte von allen übrigen Fraktionen abgelehnt. Der Finanzausschuss hatte zu den Abstimmungen Beschlussempfehlungen abgegeben (20/3772, 20/3623).
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (20/3879) wird ein Bündel von Steuerrechtsänderungen auf den Weg gebracht. Zu den wesentlichen Punkten des Gesetzes zählt die Schaffung eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer. Dadurch soll die Auszahlung bestimmter zukünftiger Leistungen des Bundes wie zum Beispiel Nothilfen oder Klimagelder erleichtert werden. Zudem sieht der Entwurf vor, dass kleine Photovoltaikanlagen steuerfrei betrieben werden können. Die Regelung gilt bereits ab diesem Jahr. Ursprünglich sollte sie ab 2023 gelten.
Vereinfacht werden auch die Regelungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Aufwendungen dafür sollen – soweit der Mittelpunkt der Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt – auch dann abziehbar sein, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Zur Erleichterung soll in diesen Fällen auch die Wahl eines pauschalen Abzugs in Höhe von 1.260 Euro im Jahr möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass Steuerpflichtige nicht schlechter gestellt werden als solche, die nur die Homeoffice-Pauschale abziehen.
Die Homeoffice-Pauschale wird entfristet und auf sechs Euro pro Tag angehoben. Sie kann für bis zu 210 Tage in Anspruch genommen werden können. Auch der Sparer-Pauschbetrag wird von derzeit 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 auf 2.000 Euro für Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner erhöht. Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt von 1.200 auf 1.230 Euro. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird ab Januar 2023 um 252 Euro angehoben.
Bei der Altersvorsorge soll der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023 vollzogen werden. Bisher waren für 2023 96 Prozent und 98 Prozent für 2024 vorgesehen. Damit soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden. Der Grundrentenzuschlag soll rückwirkend zum 1. Januar 2021 steuerfrei gestellt werden. Der Ausbildungsfreibetrag für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärts untergebracht sind, steigt von 924 Euro auf 1.200 Euro pro Kalenderjahr.
Außerdem enthält das Gesetz Regelungen zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Rentner und Versorgungsbezieher. Dadurch werden in diesem Jahr Mehreinnahmen von 520 Millionen Euro erwartet. Steuerpflichtig werden soll auch die Gas-/Wärmepreisbremse (Dezemberhilfe). Vorgesehen ist hier ein sozialer Ausgleich, so dass sich nur bei Steuerpflichtigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen, das zu versteuernde Einkommen um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse erhöhen soll.
Die EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags wird ebenfalls mit dem Jahressteuergesetz umgesetzt. Vorgesehen ist, dass in den Wirtschaftsjahren 2022 und 2023 (bei abweichenden Wirtschaftsjahren in den Jahren 2022/23 und 2023/24) entstandene Gewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die im Vergleich zu den Vorjahren (2018 bis 2021) den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, besteuert werden. Der Steuersatz soll 33 Prozent betragen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollen zwischen einer und drei Milliarden Euro betragen und zur Finanzierung der Strompreisbremse beitragen.
In zweiter Beratung wurde über Teile des Gesetzes getrennt abgestimmt. Auf Verlangen der AfD-Fraktion entschied das Plenum namentlich über die Artikel 29 (Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes) und 40 (Gesetz zur Einführung eines EU-Energiekrisenbeitrags nach der Verordnung (EU) 2022/1854 (EUEnergiekrisenbeitragsgesetz – EUEnergieKBGdes Gesetzes). Beide Artikel wurden in zweiter Beratung mit 359 zu 224 Stimmen angenommen. 28 Abgeordnete enthielten sich.
Im Vorfeld der Abstimmung über das Gesetz im Plenum hatte der Bundesrat seiner Stellungnahme (20/4229) eine Reihe von Änderungen und Ergänzungen vorgeschlagen. Dazu gehörte beispielsweise, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht mehr pauschal pro Jahr mit einem Betrag von 1.248 Euro angesetzt werden können, sondern der Betrag sollte für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Arbeitszimmerpauschale nicht vorliegen, um ein Zwölftel reduziert werden.
Weitere Änderungswünsche betrafen unter anderem die Einkommensteuerbefreiung von Einnahmen aus dem Betrieb von kleinen Photovoltaikanlagen. Dieses Vorhaben wurde von den Ländern begrüßt, allerdings sollte die Steuerbefreiung auch für Photovoltaik-Anlagen gelten, die an bestimmten Mischgebäuden angebracht sind. Dabei handelt es sich um Gebäude, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienen. Sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlungen seien nicht zu erkennen, argumentierten die Länder. Die Bundesregierung stimmte einem Teil der Vorschläge des Bundesrates in ihrer Gegenäußerung zu, andere wurden hingegen abgelehnt.
In der Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch, 30. November 2022, wurden von den Koalitionsfraktionen mit 39 Anträgen Änderungen an dem Gesetzentwurf vorgenommen.
Nochmals geändert gegenüber dem Ursprungsentwurf wurde etwa die Abschreibung von Immobilien. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden wurde von zwei auf drei Prozent angehoben. Die Regelung tritt bereits zum Jahresanfang 2023 in Kraft und damit sechs Monate früher als zunächst vorgesehen. Auch für den Mietwohnungsbau wurden bessere Abschreibungsmöglichkeiten beschlossen.
Eine Tarifermäßigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die eigentlich Ende dieses Jahres auslaufen würde, sollte bis 2031 weiterhin zur Anwendung kommen, verlangte die AfD-Fraktion in ihrem ersten abgelehnten Antrag (20/2535). Wie die Fraktion erläuterte, haben Landwirte die Möglichkeit, sich zwischen dem Regeltarif und einem für sie gegebenenfalls günstigeren Sondertarif bei der Einkommensteuer zu entscheiden.
Diese Möglichkeit habe sich als Instrument des landwirtschaftlichen Risikomanagements etabliert und bewährt, schrieben die Abgeordneten. Landwirten werde damit die Chance auf ein höheres Einkommen eröffnet. Daher sollte diese Wahlmöglichkeit nach dem Willen der Fraktion beibehalten werden.
Angesichts der schwierigen finanziellen Situation vieler Betreiber von kleinen Photovoltaik-Anlagen und Blockheizkraftwerken verlangte die AfD in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (20/2617) Änderungen an der steuerlichen Behandlung solcher Anlagen. Die Einspeisevergütung sei stark abgesenkt worden. Der Erwerb solcher Anlagen erfordere langfristig hohe Abschreibungen, und Verluste seien vor allem in den ersten Jahren kaum zu vermeiden. Um aber eine Minderung der Anschaffungs- und Betriebskosten vornehmen zu können, müsse die Anlage der Einkommensteuerpflicht unterworfen werden.
Aufgrund einer vom Finanzministerium verfügten Vereinfachungsregelung könnten Anlagenbetreiber dies allerdings nur erreichen, indem sie dauerhaft Gewinne ausweisen würden. Könne dieser Nachweis nicht erbracht werden, werde der Betrieb der Anlage steuerlich als „Liebhaberei“ behandelt. Mit diesem Erlass seien „damit wieder einmal jeglicher Rechts- und Vertrauensschutz verletzt und die Bürger ihrer Ansprüche auf einen rechtsstaatlichen Umgang durch den Staat beraubt“ worden, kritisierte die Fraktion. Sie forderte Maßnahmen, um die steuerliche Situation solcher Anlagenbetreiber zu verbessern. (vom/hle/ste/02.12.2022)