Erstes Gesetz zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes
Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes (Drucksachen 18/11237, 18/11536 und 18/11646)
Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes (Drucksachen 18/11237, 18/11536 und 18/11646)
Der Bundestag hat am Freitag, 24. März 2017, die Einführung einer Pkw-Maut beschlossen. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur ersten Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes (18/11237, 18/11536) stimmten in namentlicher Abstimmung 397 Abgeordnete zu, 135 Abgeordnete lehnten ihn ab, es gab neun Enthaltungen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses (18/11646) zugrunde. Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/11667), wonach der Bundestag feststellen sollte, dass das Infrastrukturabgabengesetz mit EU-Recht nicht vereinbar ist, dass die Pkw-Maut mehr kostet als sie einbringt und den Grenzregionen schadet. Gegen das Votum der Opposition lehnte der Bundestag auch einen Gesetzentwurf der Linken (18/11012) ab, der darauf abzielte, das Infrastrukturabgabengesetz aufzuheben.
Mit 405 gegen 125 Stimmen bei zwölf Enthaltungen nahm der Bundestag in einer zweiten namentlichen Abstimmung den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes (18/11235, 18/11560) an. Dazu hatten der Finanzausschuss eine Beschlussempfehlung (18/11643) und der Haushaltsausschuss einen Bericht (18/11644) vorgelegt.
Mit dem Gesetz wird die Ende 2016 erzielte Einigung mit der EU-Kommission, die wegen der Einführung der Pkw-Maut ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hatte, umgesetzt, um zeitnah mit der Erhebung der Infrastrukturabgabe in Deutschland beginnen zu können. Dazu werden vor allem die Preise für Kurzzeitvignetten geändert. Zudem werden die im Kraftfahrzeugsteuergesetz aufgenommenen Steuerentlastungsbeträge für die emissionsärmsten Fahrzeuge erhöht, „um eine noch stärkere ökologische Lenkungswirkung zu erzielen“, wie die Bundesregierung schreibt.
Laut der Vorlage kosten Zehntagesvignetten nun abhängig von Motorleistung und Schadstoffausstoß 2,50 Euro, 4 Euro, 8 Euro, 14 Euro oder 20 Euro. Der günstigste Fall sieht nach dem geltenden, derzeit aber nicht angewendeten, Infrastrukturabgabengesetz 5 Euro vor. Eine Zweimonatsmaut kostet zwischen 7 Euro und 40 Euro. Hier sah der günstigste Fall bislang 16 Euro vor.
Zugleich wird mit der Verkehrsteueränderung für Personenkraftwagen der Euro-6-Emissionsklasse die Kraftfahrzeugsteuer gesenkt. Mit den höheren Steuerentlastungsbeträgen, deren Volumen mit 100 Millionen Euro angegeben wird, soll der ökologische Anreiz für Fahrzeuge dieser Emissionsklasse verstärkt werden. Die Kosten sollen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur voll kompensiert werden. Die Änderungen dienen dazu, das Vertragsverletzungsverfahren zu beenden.
Der Bundestag hatte das Infrastrukturabgabengesetz bereits am 27. März 2015 beschlossen, es war am 12. Juni 2015 in Kraft getreten. Nachdem die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte, war der praktische Vollzug des Gesetzes bis zu dessen Ende und Bestätigung der EU-Rechtskonformität aufgeschoben. Mit der Infrastrukturabgabe will die Bundesregierung den Systemwechsel von der Steuer- hin zur Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur voranbringen. Pkw-Nutzer sollen sich an der Finanzierung des deutschen Bundesfernstraßennetzes gerecht beteiligen, schreibt die Regierung.
Mit der Pkw-Maut werde die Finanzierung der Infrastruktur auf eine breitere Basis gestellt, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zu Beginn der Debatte. Es gebe nun mit der Mineralölsteuer, der Kfz-Steuer und der Maut drei Säulen, wie in vielen europäischen Nachbarländern schon seit Langem. „Das ist ein echter Systemwechsel von der Steuerfinanzierung der Infrastruktur zur Nutzerfinanzierung“, betonte der Minister.
Damit würde der Verkehrsetat künftig eine Grundausstattung von jährlich zehn Milliarden Euro erhalten. Mit dem Prinzip: Wer nutzt, der zahlt, schaffe man zudem „endlich Gerechtigkeit auf unseren Straßen“. Dobrindt kritisierte die Grünen für ihre Verkehrspolitik. Die „grünen Verkehrspessimisten“ wollten die Kfz-Steuer erhöhen, den Sprit verteuern und den Infrastrukturausbau verhindern.
Die Infrastrukturabgabe sei eine Ausländermaut, die mit erheblichem Aufwand und viel Bürokratie verbunden sei, kritisierte Herbert Behrens (Die Linke). Am Ende stehe „möglicherweise ein Minusgeschäft“. Behrens stellte einen Zusammenhang her zwischen der Pkw-Maut und „geheimen Gutachten, die die Berliner Zeitung veröffentlicht hat“. Dort werde berichtet, die Infrastrukturabgabe sei ein zentrales Merkmal der Bundesfernstraßengesellschaft, „mit der die Privatisierung der Infrastruktur vorbereitet werden soll“, wie der Abgeordnete der Linken betonte.
„Das muss uns höchst aufmerksam machen und zu der Schlussfolgerung kommen lassen, das das Gesetz so heut nicht beschlossen werden darf.“ Behrens richtete einen Appell an den neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Wenn dieser, wie von ihm selbst angekündigt, Partei für Europa ergreifen wolle, dürfe er das Gesetz nicht unterschreiben.
„Die SPD ist kein Freund der Pkw-Maut“, machte Sören Bartol (SPD) deutlich. Dennoch werde der überwiegende Teil seiner Fraktion dem Gesetz zustimmen, weil es im Koalitionsvertrag enthalten sei und die SPD „vertragstreu und ein verlässlicher Partner ist“. Bartol verwies auf SPD-Forderungen, die in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt und zum großen Teil schon seit Längerem umgesetzt seien. Dazu gehöre unter anderem die Rente mit 63 ebenso wie der Mindestlohn für alle und die Modernisierung der doppelten Staatsbürgerschaft.
Wenn die SPD-Fraktion nun der Pkw-Maut „unter großen Bauchschmerzen“ zustimme, verbinde sie dies mit der Erwartung, dass auch die Unionsfraktion bis zum Ende der Legislaturperiode zu ihrem Wort steht. Bartol forderte: „Geben Sie endlich ihre Blockade beim Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau auf, beenden Sie ihren Widerstand bei der Solidarrente und geben Sie Mietern mehr Rechte.“
Die Große Koalition sei Beute einer kleinen Provinzpartei aus Bayern, befand Dr. Anton Hofreiter (Bündnis 90/Die Grünen) und warf den Abgeordneten von CDU und SPD vor, „Teil einer peinlichen Posse“ zu sein.
An die SPD gewandt sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, es stimme, dass man in einer Koalition Kompromisse eingehen müsse. „Es kann aber niemand gezwungen werden, den größten Unsinn mitzumachen.“ Insofern sei es auch eine „SPD-peinliche Maut“. Hofreiters Fazit: „Die Goße Koalition muss weg, denn sie ist ein Schaden für unser Land.“
Die Argumente seien ausgetauscht, daher sei es gut, „dass wir nun endlich über die Pkw-Maut abstimmen“, befand Steffen Bilger (CDU/CSU). Mit Blick auf die Aussagen des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, Sören Bartol, sagte Bilger, er habe andere Erinnerungen an die Koalitionsverhandlungen. Seinerzeit habe sich die Unionsfraktion mit der SPD-Fraktion auch über die Pkw-Maut sehr konstruktiv auseinandergesetzt. Es sei falsch, all das schlecht zu reden, was gemeinsam erreicht worden sei, sagte er.
Bilger ging auch auf die Zweifel an der Einnahmeprognose des Verkehrsministeriums ein. Diese seien bei den Sachverständigenanhörungen ausgeräumt worden. Was die immer wieder zu hörenden Sorgen der Grenzregionen mit Blick auf Tourismus und Einzelhandel angeht, so habe man das Problem gelöst, betonte der Unionsabgeordnete. Die Maut gelte für Ausländer schließlich nur auf Autobahnen, nicht aber auf Bundesstraßen, Landesstraßen oder kommunalen Straßen. (hau/vom/24.03.2017)