Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. März 2017, den Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11133) zur Schaffung von mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen gegen das Votum der Grünen bei Enthaltung der Linken beschlossen. Er folgte dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, frauen und Jugend (18/11727). Der Ausschuss hatte auch einen Bericht vorgelegt (18/11733). Das Gesetz räumt Frauen in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber ein. Sie können erfragen, nach welchen Kriterien sie selbst bezahlt werden und wie hoch der durchschnittliche Verdienst von Männern für gleiche oder vergleichbare Tätigkeiten ausfällt. Zudem werden Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten aufgefordert, Prüfverfahren zur Entgeltstruktur einzuführen und entsprechende Berichte zu verfassen.
Änderungsanträge der Grünen abgelehnt
In namentlicher Abstimmung scheiterten zwei Änderungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen. Den Änderungsantrag (18/11756), in dem unter anderem die Einführung eines Verbandsklagerechts gefordert worden war, scheiterte mit 451 Nein-Stimmen bei 102 Ja-Stimmen. Der Änderungsantrag (18/11757), das vorgesehene Auskunftsrecht bereits in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten statt erst in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten einzuräumen, wurde mit 449 gegen 102 Stimmen abgelehnt. Der dritte Änderungsantrag (18/11758) wurde mit Koalitionsmehrheit gegen das Votum der Opposition abgelehnt. Er sah unter anderem die Zertifizierung betrieblicher Prüfverfahren vor.
Der Bundestag lehnte gegen das Votum der Opposition ferner Anträge der Linken (18/4321, 18/11727), gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit für Frauen und Männer durchzusetzen, sowie der Grünen (18/6550, 18/11733) ab, wonach Frauen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit verdienen. Schließlich wurde auch ein weiterer Antrag der Grünen (18/847, 18/11641), Frauen gerecht zu entlohnen und sicher zu beschäftigen, mit Koalitionsmehrheit abgewiesen.
Ministerin: Gesetz hilft Lohndiskriminierungen aufzudecken
Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) verwies in der Debatte darauf, dass Frauen in Deutschland durchschnittlich noch immer 21 Prozent weniger verdienen als Männer. Dieser Wert beziffert die sogenannte unbereinigte Lohnlücke, das heißt auch Verdienstunterschiede wegen Teilzeitarbeit oder Tätigkeiten in schlechter bezahlten Berufen werden einberechnet. Aber auch die bereinigte Lohnlücke, das heißt die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Tätigkeit und gleicher Qualifikation beträgt in Deutschland nach Angaben der Bundesregierung zwischen zwei und sieben Prozent. Diese Lohnlücke gelte es endlich zu schließen, sagte Schwesig.
Das Gesetz gebe den Frauen ein Instrument an die Hand, um Lohndiskriminierungen aufzudecken und dagegen notfalls zu klagen. Der Bund komme mit dem Gesetz auch seiner im Grundgesetz verankerten Verpflichtung, Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern zu beseitigen, nach.
Opposition hält das Gesetz für untauglich
Linke und Grüne halten das Gesetz für untauglich, um die Lohndiskriminierungen zu beseitigen. Rund 60 Prozent der berufstätigen Frauen würden durch das Gesetz nicht erfasst, da es nur Betriebe ab einer Größe von 200 Beschäftigten gelte, stellten Sabine Zimmermann (Die Linke) und Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) übereinstimmend fest. Zudem fehle ein Verbandsklagerecht, um wirksam gegen Lohndiskriminierungen vorgehen zu können, kritisierten die Oppositionsparlamentarierinnen. Die Bundesregierung verlagere ihre Verantwortung auf die einzelne Frau, monierte Zimmermann.
Ebenso monierten Linke und Grüne, dass das Gesetz es den Betrieben selbst überlasse, welche Messinstrumente sie zur Überprüfung der Entgeltstrukturen benutzen können. Die Änderungsanträge der Grünen zum Gesetz, in denen sie die Einführung eines Verbandsklagerechts, den Auskunftsanspruch ab einer Betriebsgröße von zehn Angestellten und die verbindliche Einführung von zertifizierten Messverfahren zur Überprüfung von Entgeltstrukturen fordern.
CDU/CSU unterstützt gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit
Nadine Schön (CDU/CSU) räumte ein, dass es auch in ihrer Fraktion Bedenken gegen das Gesetz gebe. Die Wirtschaftspolitiker in der Union befürchteten ein Übermaß an Bürokratie. Trotzdem stimme ihre Faktion dem Gesetz zu, da auch sie die Forderung nach gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit unterstütze.
Das Gesetz sei ein mühsam ausgehandelter, aber guter Kompromiss zwischen dem Ministerium und den Sozialpartnern. Allerdings werde auch mit diesem Gesetz keine Lohngerechtigkeit „auf Knopfdruck“ hergestellt. Aber es gebe den Frauen das nötige Handwerkszeug zur Hand. Schön verwies darauf, dass Lohnunterschiede sich im Verlauf eines Berufslebens summieren. Gerade Frauen seien oft von Altersarmut wegen niedriger Renten betroffen.
SPD: Das Thema ist noch nicht erledigt
Dr. Carola Reimann (SPD) machte deutlich, dass sich auch ihre Fraktion härter Vorgaben durch das Gesetz gewünscht hätte. Für die SPD sei das Thema noch nicht erledigt, sie werde es nach der Bundestagswahl erneut anpacken. „Wir wollen noch eine Schippe drauflegen“, sagte sie. Dies gelte auch für das Rückkehrrecht auf Vollzeit nach einer Teilzeitbeschäftigung.
Reimann warf der Union vor, dies innerhalb der Koalition zu blockieren. Das Gesetz zur Entgelttransparenz reihe sich an den eingeführten Mindestlohn, die Frauenquote für Führungspositionen, das Elterngeld und den Kita-Ausbau. Alle diese Maßnahmen hätten das Ziel, Frauen bessere Verdienstmöglichkeiten zu eröffnen.
Antrag der Linksfraktion
Dafür macht sich auch die Fraktion Die Linke stark, die die Regierung aufgefordert hatte, Gesetzesinitiativen auf den Weg zu bringen. Konkret forderte die Linksfraktion unter anderem die Verankerung eines EU-rechtskonformen Lohnmessinstrumentes, gesetzlich verankerte Klagemöglichkeiten bei direkter und indirekter Lohndiskriminierung und eine gesetzliche Verpflichtung für die Tarifparteien, um diskriminierende Entgeltsysteme abzubauen.
Ebenso müsse die Privatwirtschaft gesetzlich verpflichtet werden, Maßnahmen zur Gleichstellung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ergreifen.
Anträge der Grünen
Auch Bündnis 90/Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Durchsetzung der Entgeltgleichheit vorzulegen. Um das Ziel gleicher Löhne zu erreichen, sollen nach Vorstellung der Fraktion die Tarifpartner verpflichtet werden, alle künftigen und bestehenden Tarif- und Firmenverträge auf Entgeltdiskriminierungen in den kommenden fünf Jahren zu überprüfen und diese in einer festgelegten Frist zu beseitigen.
Gleiches soll auch für tarifungebundene Betriebe, den öffentlichen Dienst und Betriebe, die dem Tendenzschutz unterliegen, etwa kirchliche Einrichtungen, gelten. Zudem sollen Verschwiegenheitsklauseln zum Gehalt in Arbeitsverträgen verboten werden. Außerdem fordern die Grünen eine bessere personelle Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie eine Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Dem zweiten Antrag der Grünen zufolge sollte die Regierung zur gerechten Bewertung von Arbeit und zur gesellschaftlichen Aufwertung von Berufen mit hohem Frauenanteil zusammen mit den Sozialpartnern allgemeingültige geschlechtsneutrale Kriterien entwickeln. (aw/sas/vom/30.03.2017)