Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 26. September 2019, mit sechs Anträgen der Fraktionen AfD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke zum Umwelt- und Klimaschutz und zur Hilfe für die Forstwirtschaft befasst. Erstmalig debattiert wurden die Anträge „Waldbesitzer unterstützen – Wald nachhaltig umbauen“ der AfD-Fraktion (19/13528) und „Handeln jetzt – Auf dem Weg zum klimaneutralen Deutschland“ (19/13538), sowie der Antrag „Aktionsplan für einen gesunden und artenreichen Wald“ (19/13079) von Bündnis 90/Die Grünen und „Umweltfreundliche Mobilität fördern – Luftverkehr gerecht besteuern und Subventionierung beenden“ (19/13078), welchen die Grünen vorgelegt hatten.
Im Anschluss an die Debatte wurden die erstgenannte Vorlage der Grünen an den federführenden Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und die zweitgenannte und der AfD-Antrag an den federführenden Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen. Der letztgenannte Antrag der Grünen wurde an den Verkehrsausschuss überwiesen. Ein Entwurf der Grünen zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (19/13517) ging an den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Anträge der FDP und der Linken abgelehnt
Abschließend befasste sich das Parlament mit dem Antrag der FDP „Weltweit mehr Wald für den Klimaschutz“ (19/9226). Zur Abstimmung darüber hat der Umweltausschuss eine Beschlussempfehlung (19/11305) vorgelegt, über die namentlich abgestimmt wurde. Gegen den Antrag der FDP-Fraktion stimmten 577 Abgeordnete, 74 stimmten dafür. Enthaltungen gab es keine. Der Antrag wurde damit abgelehnt.
Ebenfalls abgestimmt wurde über den Antrag der Linken mit dem Titel „Soforthilfemaßnahmen für die deutsche Forstwirtschaft“ (19/10287). Auch dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (19/11301) vor. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen sowie der FDP bei Enthaltung der Grünen wurde der Antrag gegen die Stimmen der Linken abgelehnt. Nicht an der Abstimmung teilgenommen hat die AfD-Fraktion.
Grüne nennen Regierungsprogramm „Bankrotterklärung“
Für Bündnis 90/Die Grünen kritisierte Lisa Badum das Eckpunktepapier zum Klimaschutzprogramm 2030 als „Bankrotterklärung“. „Sie verkaufen seit Freitag die Eckpunkte als großen Wurf, dabei haben Sie eine Absage an die Pariser Klimaziele unterschrieben“, sagte Badum.
Sie warf der Regierung vor, die Gesellschaft zu spalten und ein „gefährliches Spiel mit der Glaubwürdigkeit der Politik“ zu spielen. „Hören Sie auf, die Bevölkerung vorzuschieben, weil Sie Angst haben, der Wirtschaft Regeln aufzulegen“, sagte sie.
CDU/CSU: Ein wirkliches Paket, kein Paketchen
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) verteidigte das Klimapaket als Startpunkt eines Gesetzgebungsverfahrens und als „Konjunkturprogramm für den Klimaschutz“. Mit 50 bis 60 Millionen Euro Finanzvolumen sei das Paket „ein wirkliches Paket, kein Paketchen“.
Es sei ein Angebot an die Menschen, die bislang noch keine Klimaschützer seien, sagte Weisgerber. Sie warne davor, dass Klimaschutz zu einer sozialen Frage werde. Der Wald sei ein „stummer Zeuge des Klimawandels“, sagte Weisgerber. Die am gestrigen Donnerstag beim Nationalen Waldgipfel beschlossenen Hilfen für den Wald in Höhe von 550 Millionen Euro begrüße sie.
AfD fordert Holzbau-Renaissance
„Gestern war ein guter Tag für den Wald“, sagte auch Peter Felser (AfD). Die Mittel vom Bund seien ein „wichtiges Zeichen“, sie zeigten aber gleichzeitig auch, was in der Vergangenheit versäumt wurde. „Wer hat das Forstpersonal abgebaut und wo sind Szenarien über mögliche Bedrohungen?“, kritisierte er die Regierung.
Felser plädierte dafür, Kleinstwaldbesitzer mit der Möglichkeit für Sammelanträge zu unterstützen und forderte eine Holzbau-Renaissance. Wer zum jetzigen Zeitpunkt nach einem Urwald-Konzept rufe, habe nichts vom Forst verstanden, sagte er bezugnehmend auf den Antrag der Grünen.
SPD: Einstieg in einen Systemwechsel
Johann Saathoff betonte für die SPD-Fraktion, dass es sich beim Klimaschutzprogramm um einen „Einstieg in einen Systemwechsel“ handele. Dieser sei gelungen ohne die Gesellschaft zu spalten. Die CO2-Bepreisung nannte er eine „Prozesslösung“.
Ob der Einstieg reiche, könne niemand wissen, daher gebe es ein jährliches Monitoring-Instrument. „Dass wir einen CO2-Preis bekommen werden, ist der eigentliche Erfolg“, sagte Saathoff in Richtung derer, die einen höheren Einstiegspreis fordern.
FDP: Welt verliert derzeit zehn Millionen Hektar Wald
„Kollegen sehen, dass der Wald sich vor ihren Augen verabschiedet“, verdeutlichte Dr. Christoph Hoffmann (FDP), der selbst Förster ist. Die Erhöhung der Temperatur um ein bis 1,5 Grad Celsius habe gravierende Auswirkungen, sagte er. Der jahrzehntelange Waldaufbau werde so zerstört.
Auch global betrachtet verliere die Welt derzeit zehn Millionen Hektar, die Größe des gesamten deutschen Waldes. „20 Prozent des CO2-Ausstoßes kommen aus Landwirtschaft und aus Waldbränden“, sagte er. So dürfe es nicht weitergehen, denn der Schutz der Wälder sei „eine Menschheitsaufgabe“. Er plädierte dafür, dass negative Waldbilanzen von Staaten durch die Vereinten Nationen geächtet werden.
Linke will CO2-Verursacher stärker in die Pflicht nehmen
Dass die Klimaziele 2020 nicht eingehalten würden, kritisierte auch Lorenz Gösta Beutin (Die Linke). „Nur die USA, Russland und China haben historisch gesehen mehr CO2 in die Luft geblasen als Deutschland“, sagte der Linken-Politiker. Seine Partei werde das Klimapaket der Bundesregierung nicht mittragen.
Linke Klimapolitik stehe dafür, einkommensschwache Haushalte nicht überproportional zu belasten und die Verursacher, nicht die Verbraucher, zur Rechenschaft zu ziehen. In Bezug auf den Wald müsse über Aufforstung gesprochen werden und punktgenau in Ländern und Regionen ein Nothilfeprogramm für den Wald eingerichtet werden, sagte Gösta Beutin.
Erster Antrag der Grünen
Die Grünen fordern in ihrem ersten Antrag (19/13538) die Bundesregierung auf, ein Klimaschutzgesetz einzuführen, den Klimaschutz im Grundgesetz zu verankern, einen Kohlendioxidpreis für Verkehr und Wärme durch Änderung des Energiesteuergesetzes und einen Kohlendioxid-Mindestpreis im Europäischen Emissionshanadelssystem (ETS) einzuführen sowie den Kohleausstieg mit einem Kohleausstiegsgesetz einzuleiten.
Darüber hinaus wollen sie den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen, den Mieterstrom stärken und eine Verkehrswende einleiten. Dazu solle der Deutschlandtakt bundesweit eingeführt werden. Schienennetze sollten reaktiviert und der Neubau vorangebracht werden. Bei der Bahn solle der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent abgesenkt werden. Die Fraktion setzt zudem auf den Ausbau des Nahverkehrs, den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor bis 2030 und die Förderung emissionsfreier Fahrzeuge durch eine Bonus-Malus-Regelung in der Kraftfahrzeugsteuer.
Zweiter Antrag der Grünen
In ihrem zweiten Antrag (19/13079) verlangen die Abgeordneten, „die flächendeckende Waldentwicklung bis hin zu naturnahen klimabeständigeren Laubmischwäldern zu beschleunigen“. Dafür soll ein Waldzukunftsfonds von einer Milliarde Euro über die nächsten fünf Jahre aufgelegt werden. Wie die Fraktion schreibt, soll die Bundesregierung die ökologische Bewirtschaftung der Wälder fördern. Dazu gehöre ein Gebot zur Schaffung strukturreicher Dauerwälder mit Bäumen verschiedener Arten und Altersklassen unter dem „grundsätzlichen Ausschluss von Kahlschlägen“.
Gemeinsam mit den Bundesländern müsse die Bundesregierung eine „Zukunftsoffensive Wald“ auf den Weg bringen, heißt es in der Vorlage weiter. Diese soll beinhalten, dass der Holzeinschlag entsprechend ökologischer Kriterien begrenzt wird. Um den Personalbestand für die Waldbetreuung bei den Forstbetrieben von Bund und Ländern auszubauen und langfristig abzusichern, müsse eine Vereinbarung getroffen werden. Die Grünen fordern weiter, dass Waldschadensberichte künftig jährlich erstellt werden und dass ein koordiniertes Paket von Forschungsprogrammen aufgelegt wird, um selektive biologische Pflanzenschutzmaßnahmen zu entwickeln.
Dritter Antrag der Grünen
In ihrem dritten Antrag (19/13078) fordern die Grünen unter anderem, die Energiesteuerbefreiung für Kerosin für den innerdeutschen gewerblichen Flugverkehr stufenweise abzuschaffen und den für Kerosin bereits festgesetzten Steuersatz schrittweise einzuführen.
Begonnen werden solle mit dem in der EU-Energiesteuerrichtlinie festgelegten Mindestsatz von 33 Cent pro Liter.
Gesetzentwurf der Grünen
Um den weiteren Ausbau der aus Sicht der Grünen-Fraktion klimapolitisch notwendigen Solarenergie zu gewährleisten, soll mit einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die derzeitige Deckelung der Förderung für Solaranlagen auf 52.000 Megawatt aufgehoben werden.
Die Finanzierung gerade kleinen Anlagen sei seit der Reform des EEG 2012 jedoch begrenzt. Ab dem Erreichen einer installierten Kapazität von 52.000 Megawatt bundesweit würden keine Anlagen mehr über die Einspeisevergütung gefördert. Dieser Deckel der Solarförderung werde voraussichtlich im Laufe des Jahres 2020 erreicht, schreibt die Fraktion.
Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion verlangt von der Bundesregierung, sich stärker für nachhaltig gewonnene Holzprodukte und die Aufforstung von Wäldern einzusetzen. Unter anderem soll die Koalition ein Konzept für Aufforstungen als Alternative zu Agro-Plantagen oder Viehzucht vorlegen und eine internationale Strategie zur organischen Kohlendioxidspeicherung entwerfen. Zudem sollen Regionen und Staaten ermittelt werden, die für die großflächige Anlage von Aufforstungen in Betracht kommen.
In der Antragsbegründung heißt es, Wälder und Waldböden könnten durch Photosynthese, Biomassezuwachs, Humifizierung und Mineralisierung große Mengen an Kohlenstoff speichern und der Atmosphäre langfristig entziehen. „Sie sind deshalb äußerst wichtig für die Begrenzung des Klimawandels.“
Antrag der Linken
Ein Sonderprogramm für Soforthilfemaßnahmen für die deutsche Forstwirtschaft zur Beseitigung von Sturm-, Dürre- und Brandschäden fordert die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag (19/10287). Die Bundesregierung soll demnach einen Nothilfefonds von 200 Millionen Euro in den Haushalt des Landwirtschaftsministeriums aufnehmen, der mithilfe außerplanmäßiger Auszahlungen noch in diesem Jahr kommunale und private Waldbesitzer mit einer Fläche von unter 50 Hektar Wald unter die Arme greifen soll.
Gewünscht ist, dass die Abschlagszahlungen ohne eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgen können, aber die Hilfen sollen durch die Bundesländer in Höhe von 50 Prozent der eingesetzten Mittel mitfinanziert werden.
Antrag der AfD
Die AfD fordert von der Bundesregierung eine waldbauliche Initiative in Kooperation von Bund und Ländern. Sie sollte die Klein- und Kleinstprivatwaldbesitzer durch einfachere Förderrichtlinien zu unterstützen, gegebenenfalls durch das Ermöglichen von Sammelanträgen durch mehrere Waldbesitzer. Forstbetriebsgemeinschaften und Waldbesitzervereinigungen seien bei der Holzvermarktung gezielt zu fördern, wobei die Einschlagsmenge im Frischholzmarkt gedrosselt werden sollte.
Das Krisen- und Risikomanagement will die AfD durch ausreichend Forstpersonal mit gutem forstlichem Sachverstand unterstützen. Das Forstschäden-Ausgleichgesetz müsse durch steuerliche Anpassungen und Vereinfachungen in der Logistikkette geändert werden. Konzentrationsprozesse in der Holzwirtschaft etwa im Fall der Großsägebetriebe) und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Preisentwicklung seien kritisch zu überprüfen. Im Fall der Hauptbaumarten (Buche, Fichte, Kiefer, Eiche) tritt die AfD dafür ein, die Einfuhr vor allem aus Ost- und Südeuropa zu ermöglichen. (lbr/vom/sas/joh/eis/26.09.2019)