Der Bundestag hat am Donnerstag, 19. Dezember 2019, ohne Aussprache dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat (19/16060) zum Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht (19/14338) zugestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 426 Abgeordnete für die Beschlussempfehlung, 221 stimmten dagegen, es gab eine Enthaltung. Der Vermittlungsausschuss hatte sich in seiner Sitzung am Mittwoch, 18. Dezember, nach kurzen, aber intensiven Beratungen auf einen Kompromiss verständigt. Nach dem Bundestag muss auch der Bundesrat am Freitag, 20. Dezember, dem Einigungsvorschlag zustimmen, damit das geänderte Gesetz wie geplant zum 1. Januar 2020 in Kraft treten kann.
Steuerrechtliche Umsetzung des Klimaschutzprogramms
Das Gesetz zielt darauf ab, umweltfreundliches Verhalten künftig steuerlich stärker zu fördern. Der Bundestag hatte am 15. November unter anderem eine steuerliche Förderung für energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum, Entlastungen für Pendler, eine Absenkung der Mehrwertsteuer im Personenschienenbahnfernverkehr sowie die Einführung eines neuen Hebesatzes bei der Grundsteuer für Windenergieanlagen beschlossen.
Der Vermittlungsausschuss hatte vorgeschlagen, die finanziellen Lasten des Klimaschutzprogramms aufzuteilen: Die Länder erhalten für die Jahre 2021 bis 2024 vom Bund 1,5 Milliarden Euro über Umsatzsteuerfestbeträge erhalten, um ihre Mindereinnahmen zu kompensieren. Mit einer gemeinsamen Evaluation soll rechtzeitig überprüft werden, ob ab dem Jahr 2025 eine weitere Kompensation erforderlich ist. Darüber hinaus wird der Bund den Ländern ihre Steuerausfälle aus der zusätzlichen Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2024 ausgleichen.
Höhere Pendlerpauschale
Die vom Bundestag beschlossene Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2021 bleibt bestehen, ebenso die entsprechende Mobilitätsprämie für Geringverdiener. Zusätzlich erhöht sich in den Jahren 2024 bis 2026 die Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Entfernungskilometer um weitere drei Cent auf insgesamt 38 Cent pro Kilometer erhöhen.
Energetische Gebäudesanierung
Zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung wurde der Bundestagsbeschluss ergänzt: Auch Kosten für Energieberater gelten künftig als Aufwendungen für energetische Maßnahmen gelten.
Hebesatzrecht für Windkraftanlagen gestrichen
Aus dem Gesetz gestrichen wurde das vom Bundestag beschlossene Hebesatzrecht der Kommunen bei der Grundsteuer für Windkraftanlagen. Die Bundesregierung wurde gebeten, im Einvernehmen mit den Ländern schnellstmöglich Maßnahmen für eine größere Akzeptanz von Windenergie zu erarbeiten.
Ziel müsse dabei die Beteiligung der Bürger und Kommunen an den Erträgen einer Windkraftanlage auf ihrer Gemarkung sein. Entsprechende Maßnahmen sollen im ersten Quartal 2020 vereinbart und in ein eigenes Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
Höhere CO2-Bepreisung
Zusätzlich zu den konkreten Änderungen am Steuergesetz verständigten sich die Vermittler darauf, die Preise für Emissionszertifikate von 2021 bis 2025 neu festzulegen: statt der vom Bundestag beschlossenen zehn Euro pro Tonne soll der CO2-Preis ab Januar 2021 zunächst 25 Euro betragen, danach in Fünf-Euro-Schritten bis zu 55 Euro im Jahr 2025 steigen. Für das Jahr 2026 wurde ein Preiskorridor von mindestens 55 und höchstens 65 Euro beschlossen.
Senkung der Strompreise
Die zusätzlichen Einnahmen aus den Emissionszertifikaten werden vollständig zur Senkung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage) – und damit der Strompreise – verwendet; ab Januar 2024 dann auch zum Ausgleich der Steuermindereinnahmen durch die erhöhte Fernpendlerpauschale.
Änderung in einem späteren Verfahren
Zur Umsetzung dieser neuen CO2-Preise sichert die Bundesregierung zu, im Frühjahr 2020 ein neues Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen, um das bereits beschlossene Brennstoffemissionshandelsgesetz (19/14746, 19/15127, 19/15197) entsprechend zu ändern.
CDU/CSU: Gute und wichtige Nachricht für den Klimaschutz
Vor der Abstimmung gaben die Fraktionen im Bundestag Erklärungen zum Vermittlungsergebnis ab. Andreas Jung (CDU/CSU) sprach von einer „guten und wichtigen Nachricht für den Klimaschutz“. Im Hinblick auf die Höhe des CO2-Preises habe man einen Weg gefunden, moderat einzusteigen und Schritt für Schritt zu erhöhen.
„Die zusätzlichen Einnahmen geben wir zurück, indem wir die Stromkosten senken und Pendler unterstützen“, sagte Jung. „Wir setzen auf Innovation, Infrastruktur, Marktwirtschaft, Akzeptanz“, betonte der Unionsabgeordnete.
AfD: Milliardenkosten und null Klimaeffekt
Dagegen sprach Klaus Brandner (AfD) von einem „dreisten Vermittlungsverfahren“. Dieses Programm werde nichts zum Weltklima beitragen. „Wir erwarten Milliardenkosten und null Klimaeffekt“, sagte der AfD-Abgeordnete. Hinter verschlossenen Türen sei gemauschelt, geschachert und gefeilscht worden.
Der amtierende Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki (FDP) wies die Aussage Brandners zurück, dass ein von der Verfassung vorgegebenes Verfahren ein „Gemauschel“ sei.
SPD betont „sozialen Ausgleich“
Carsten Schneider (SPD) sprach von einem Ausgleich zwischen denen, die Klimaschutz wollen, und denen, die ihn bezahlen müssen. „Wir führen einen sozialen Ausgleich ein“, betonte Schneider.
Der höhere CO2-Preis führe zu einer kompletten Entlastung bei der EEG-Umlage. Die SPD werde dem Kompromiss zustimmen.
FDP sieht „drei Verlierer“
Keine Zustimmung signalisierte hingegen Christian Dürr (FDP). Die gefundene Lösung habe drei Verlierer: die Millionen Pendler, die weniger als 21 Kilometer zur Arbeit fahren, die Millionen Nutzer von Fernbussen, die von dem reduzierten Mehrwertsteuersatz für Bahnfahrten nicht profitierten, und der Klimaschutz selbst.
Mit dem Kompromiss werde ein Regime zementiert, das keine ökologische Lenkungswirkung habe. Es bleibe eine erhebliche Rechtsunsicherheit.
Linke sorgt sich um Mieten und Heizkosten
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) meinte, das Klimapaket sei durch den Kompromiss weder sozialer noch besser für das Klima geworden. Auf die Menschen kämen besonders höhere Heizkosten zu.
Die Anhebung der Pendlerpauschale führe dazu, dass jene mit dem größten Einkommen auch die größte Steuerentlastung hätten. Die energetische Gebäudesanierung dürfe nicht zu einer Steigerung der Mieten führen. Die Linke lehne den Vorschlag ab.
Grüne: Ein erster Schritt, aber kein Durchbruch
Dr. Anton Hofreiter erklärte für Bündnis 90/Die Grünen, die Fraktion würde dem Kompromiss zustimmen. Er sei ein „erster Schritt“, der auf Druck der von den Grünen mitregierten Länder zustande gekommen sei, aber noch kein „Durchbruch“.
Die Grünen hätten dafür gesorgt, dass die zusätzlichen Einnahmen an die Bürger über eine Senkung des Strompreises zurückgegeben würden.
Bundesrat rief Vermittlungsausschuss an
Der Bundestag hatte den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD (19/14338) als Teil des sogenannten Klimapakets am 15. November 2019 (19/15125) beschlossen. Der Finanzausschuss hatte einen Bericht über den Beratungsverlauf (19/15229), der Haushaltsausschuss einen Bericht nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (19/15157) vorgelegt.
Der Bundesrat hatte daraufhin am 29. November 2019 den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel angerufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten (19/15637). Der Vermittlungsausschuss setzte in seiner Sitzung am 9. Dezember 2019 dazu eine Arbeitsgruppe ein, die den Einigungsvorschlag vorbereitete. (vom/19.12.2019)