Der Bundestag hat am Donnerstag, 19. Dezember 2019, eine Neuregelung für den zulässigen Abschuss von Wölfen beschlossen. Den Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (19/10899, 19/13289) nahm er auf Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (19/16148) in namentlicher Abstimmung mit 361 Ja-Stimmen bei 275 Gegenstimmen an. Einen Entschließungsantrag der Linksfraktion (19/16151) zum Gesetzentwurf lehnte das Parlament ebenfalls in namentlicher Abstimmung mit 509 Nein-Stimmen bei 55 Ja-Stimmen und 65 Enthaltungen ab.
Schließlich lehnte das Parlament einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion „zum Wolfsmanagement“ (19/10792) auf Empfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (19/16147) in namentlicher Abstimmung ab. 151 Abgeordnete unterstützten den Gesetzentwurf, 488 sprachen sich gegen ihn aus, es gab eine Enthaltung.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit der Gesetzesänderung wird der Abschuss von Wölfen in bestimmten Fällen erleichtert. Zur Abwendung drohender „ernster landwirtschaftlicher Schäden“ durch Nutztierrisse können künftig „erforderlichenfalls auch mehrere Tiere eines Rudels oder auch ein ganzes Wolfsrudel entnommen werden“, wie es im Gesetzentwurf heißt. In das Bundesnaturschutzgesetz wird ein neuer Paragraf 45a („Umgang mit dem Wolf“) aufgenommen. Darin wird geregelt, inwiefern Wölfe nach Rissen von Nutztieren abgeschossen werden dürfen. In Fällen, in denen Nutztierrisse nicht einem Einzeltier zugeordnet werden können, darf der Abschuss von einzelnen Mitgliedern eines Rudels „bis zum Ausbleiben von Schäden“ fortgesetzt werden.
Mit der Gesetzesänderung wird auch der Ausnahmegrund im Paragrafen 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 neu gefasst. Künftig ist eine Ausnahme vom Zugriffsverbot des Paragrafen 44 zur „Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster Schäden“ möglich. Bisher ist dies zur „Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden“ möglich.
„Schäden an geschützten Weidetieren erfassen“
„Durch den Einbezug von sonstigen ernsten Schäden sollen insbesondere Schäden an durch ausreichende Herdenschutzmaßnahmen geschützten Weidetieren von Hobbyhaltern erfasst werden“, schreibt die Bundesregierung zur Begründung. Zudem gilt die erweiterte Entnahmeregel auch im Sinne des Paragrafen 45 Absatz 7 Satz Nummer 4 („im Interesse der Gesundheit des Menschen“). „Dies ist insbesondere in Fällen bedeutsam, in denen ein Wolf einen Menschen verletzt, ihn verfolgt oder sich ihm gegenüber unprovoziert aggressiv gezeigt hat“, heißt es im Gesetzentwurf.
Verboten wird das Füttern und Anlocken wildlebender Wölfe mit Butter. Künftig kann dies als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Wolfshybriden müssen durch die zuständigen Behörden entnommen werden. Das Gesetz enthält ferner Regelungen zur Mitwirkung von Personen, die die Jagd ausüben dürfen.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat hatte die Bundesregierung in seiner Stellungnahme (19/13289) aufgefordert, zukünftig einen jährlichen Bericht über den gesamten Wolfsbestand zu erstellen, der die Verbreitung der Wölfe in den Ländern und biogeografischen Regionen darstellt. Auch soll der Bericht eine Beurteilung des Erhaltungszustands beinhalten. Weiter forderte der Bundesrat die Regierung auf, sich für die Beibehaltung der Möglichkeit der gekoppelten Prämien für die Beweidung mit Schafen und Ziegen einzusetzen, um gezielt Beweidungsformen fördern zu können. Alternativ könne der Bund auch eine Bundesförderung zur Unterstützung der Weidetierhalter etablieren, heißt es in der Stellungnahme weiter. Darüber hinaus verlangte der Bundesrat, ein nationales Herdenschutzinformationszentrum aufzubauen, um Erfahrungen der Länder zu sammeln, verfügbar zu machen und Schutzmaßnahmen weiterentwickeln zu können.
In ihrer Gegenäußerung lehnte die Bundesregierung den Vorschlag eines jährlichen Berichts ab, stimmte aber dem Vorschlag zu, Vereinbarungen mit anderen Staaten anzustreben. Der Vorschlag zu Maßnahmen zur Förderung von Weidetieren werde in Abhängigkeit mit den Ergebnissen der Verhandlungen auf EU-Ebene im Rahmen der nationalen Umsetzung der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geprüft, schrieb die Regierung weiter. Für Wanderschäfer stehe zudem seit dem 15. Juli 2019 für Maßnahmen zum Schutz vor dem Wolf eine einmalige Prämie zur Verfügung.
Abgelehnter Entschließungsantrag der Linken
Die Linke wollte die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag (19/16151) auffordern, den Bestand geschützter Tierarten regelmäßig zu erfassen und den Wortlaut der Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie der EU eins zu eins in deutsches Recht zu übernehmen. Außerdem sollte ein Rechtsanspruch auf Finanzierung von Herdenschutzmaßnahmen bundeseinheitlich festgelegt werden. Dieser sollte die Anschaffungs-, Installations- und Instandhaltungskosten von Herdenschutzzäunen und Herdenschutztieren umfassen.
Darüber hinaus sollte festgelegt werden, dass bei Übergriffen auf Nutztiere in Wolfssiedlungsgebieten für die Auszahlungsvoraussetzungen der Entschädigungszahlungen eine Beweislastumkehr greift. Es sollte nur dann nicht ausgezahlt werden, wenn der Übergriff nachweislich nicht durch einen Wolf erfolgte.
Abgelehnter Gesetzentwurf der FDP
Die FDP-Fraktion strebte eine Änderung des Bundesjagdgesetzes an. Ihr Gesetzentwurf zum Wolfsmanagement sah vor, den Wolf als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen. Damit einhergehen sollte die Listung des Tieres als sogenanntes Fellwild. Des Weiteren sollte auch die Vergrämung von Wölfen rechtssicher bundeseinheitlich geregelt werden, denn einige Bundesländer hätten bereits entsprechende Regelungen in Rechtsverordnungen getroffen. Hier bestehe der Bedarf einer bundesweit einheitlichen Praxis.
Darüber hinaus sollte klargestellt werden, dass mit der Aufnahme des Wolfes in das Bundesjagdgesetz entsprechende Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes nicht mehr auf den Wolf anzuwenden sind. (ste/19.12.2019)