Die Aufnahme von Asylsuchenden durch Kommunen hat der Bundestag am Mittwoch, 4. März 2020, thematisiert. Dabei lehnte er in namentlicher Abstimmung einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Asylsuchende aus Griechenland“ (19/16838 neu) ab, zu dem der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung (19/17198) abgegeben hatte. 495 Abgeordnete lehnten diesen Antrag ab, 117 stimmten ihm zu, es gab fünf Enthaltungen.
Anträge von drei Oppositionsfraktionen
Keine Mehrheit fanden auch ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Solidarische Städte und kommunale Initiativen zur Flüchtlingsaufnahme unterstützen“ (19/8648) sowie ein weiterer Antrag der Grünen mit dem Titel „Regionale und kommunale Flüchtlingsaufnahme stärken“ (19/9275), zu denen ebenfalls Beschlussempfehlungen des Innenausschusses vorlagen (19/17199) vorlagen. Beide Anträge wurden von der Linken und den Grünen unterstützt, während die übrigen Fraktionen sie ablehnten.
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag zudem einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Wohnungsnot substanziell bekämpfen – Migration als Ursache für Wohnungsnot benennen“ (19/16051) ab, zu dem ebenfalls eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses vorlag (19/17561). Einen neuen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Besonders Schutzbedürftige aus dem Mittelmeerraum aufnehmen und kommunale Aufnahme ermöglichen“ (19/17513) überwies der Bundestag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat.
Grünen fordern „humanitäres Aufnahmeprogramm“
Die Grünen wollten mit ihrem in namentlicher Abstimmung abgelehnten Antrag (19/16838 neu) ein „humanitäres Aufnahmeprogramm für besonders schutzbedürftige Asylsuchende aus Griechenland“ fordern. Die Fraktion verwies auf „katastrophale Zustände bei der Unterbringung und Versorgung“ von Asylsuchenden auf den griechischen Inseln. Nach jüngsten Angaben der griechischen Regierung müssten dort mehr als 42.000 Menschen, darunter knapp die Hälfte Minderjährige, in eigentlich für 6.300 Menschen ausgerichteten Hotspots ausharren.
Die Grünen wollten die Bundesregierung auffordern, ein Kontingent von 5.000 besonders schutzbedürftigen Menschen – beispielsweise unbegleitete Kinder, Schwangere, alleinreisende Frauen, Alleinerziehende und schwer Traumatisierte –aus den Hotspots der griechischen Ägäis-Inseln aufzunehmen und die Asylverfahren in Deutschland einzuleiten. Auch sollte die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unbegleiteten Kindern und anderen Angehörigen von Familien in Deutschland, die sich noch auf den griechischen Inseln befinden, den Familiennachzug „zügig und unbürokratisch“ ermöglichen.
Grüne: Schutzbedürftige aufnehmen
In ihrem neuen, überwiesenen Antrag (19/17513) fordern die Grünen die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene und bilateral für eine zügige Unterstützung Griechenlands bei der Registrierung von Schutzsuchenden einzusetzen, etwa durch die Schaffung von Versorgungsstrukturen an der türkisch-griechischen Grenze sowie durch die Verteilung von Asylbewerbern auf die EU Mitgliedstaaten. Auch in diesem Antrag wird gefordert, ein Kontingent von 5.000 besonders schutzbedürftigen Menschen (Schwangere, alleinreisende Frauen, Alleinerziehende und schwer Traumatisierte) aus den Hotspots der griechischen Ägäis-Inseln aufzunehmen, um Asylverfahren einzuleiten.
Die Grünen fordern ferner einen sofortigen Stopp der Bombardierungen in der Region Idlib (Nordsyrien) zum Schutz der zivilen Bevölkerung. Es müsse ein humanitärer Korridor eingerichtet werden, gerade angesichts der katastrophalen Situation der Zivilbevölkerung, vor allem der Schutzbedürftigen. Ebenso solle ein großzügiges Kontingent von Flüchtlingen aus der Türkei in Deutschland aufgenommen werden. Türkische Gemeinden, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, die Schutzsuchende aufnehmen und versorgen, sowie die türkische Zivilgesellschaft sollten nach Ansicht der Grünen verstärkt finanziell und technisch unterstützt werden.
Grüne: Aufnahmebereite Kommunen unterstützen
In dem dritten Antrag der Grünen (19/9275) der abgelehnt wurde, heißt es, die Bundesregierung sollte „Städte und Kommunen, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme und Integration von Geflüchteten zusätzlich zum existierenden Verteilungsschlüssel erklärt haben, in diesem Anliegen unterstützen“.
Zudem sollte sie sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass ein kommunaler Integrationsfonds zur Unterstützung von europäischen Kommunen und Regionen bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten eingerichtet wird.
Linke: Kommunale Initiativen umfassend unterstützen
Nach dem Willen der Linksfraktion sollte die Bundesregierung „kommunale Initiativen für die Aufnahme von Geflüchteten“ umfassend unterstützen. Dazu solltee sie insbesondere ihr politisches Einverständnis für entsprechende Aufnahmevereinbarungen der Länder nach Paragraf 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes erklären und einen Gesetzentwurf vorlegen, „mit dem Städten und Kommunen die Möglichkeit eröffnet wird, Geflüchtete eigenverantwortlich aufzunehmen“.
In dem abgelehnten Antrag (19/8648) sollte die Bundesregierung zudem aufgefordert werden, besonders aufnahmebereite Städte und Kommunen finanziell und strukturell zu unterstützen und sich auf der EU-Ebene für einen „Asyl-Solidaritäts-Fonds“ einzusetzen, „dessen Fördermittel darüber hinaus eine allgemeine Verbesserung der kommunalen Infrastruktur dieser Städte und Regionen ermöglichen“.
AfD gegen „zwangsweise Verteilung von Asylbewerbern“
Die AfD-Fraktion forderte in ihrem abgelehnten Antrag (19/16051) eine Änderung des Asylgesetzes mit dem Inhalt, die „zwangsweise Verteilung von Asylbewerbern an Städte und Gemeinden zu beenden“. Städte und Gemeinden sollten künftig die Möglichkeit erhalten, Zuweisungsentscheidungen aus übergeordneten wohnungs- und sicherheitspolitischen Gründen ganz oder teilweise abzulehnen, wenn nicht genügend Wohnunterkünfte zur Verfügung stehen oder geschaffen werden können, erklären die Abgeordneten.
Städte, in denen eine Mietpreisbremse gilt, sollten grundsätzlich keine Asylbewerber zugeteilt bekommen. Zur Begründung führten die Abgeordneten eine Wohnungsnot in Deutschland an bei bisher wirkungslosen Gegenmaßnahmen. (sto/pez/hau/04.03.2020)