Der Bundestag hat am Freitag, 9. Oktober 2020, nach halbstündiger Debatte den Entwurf von CDU/CSU und SPD für ein 25. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes„ (19/20596) in der vom Innenausschuss geänderten Fassung (19/23197) angenommen. Damit wurde eine Sonderregelung zur Aufstellung von Kandidaten für die Bundestagswahl in Ausnahmefällen wie der Corona-Pandemie beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten 353 Abgeordnete für und 268 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. Es gab eine Enthaltung.
In zweiter Lesung abgelehnt wurde zuvor ein Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/23208), dem neben den Grünen nur noch die Linksfraktion zustimmte. Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte das Parlament einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel “Versammlungen zur Aufstellung von Kandidaten für die Bundestagswahl trotz Corona ermöglichen„ (19/22925) ab.
Sonderregelung zur Kandidatenaufstellung
Die jüngsten Erfahrungen im Zuge der Covid-19-Pandemie zeigten, heißt es im Koalitionsentwurf, “dass Situationen möglich sind, in denen die Durchführung von Versammlungen zur Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl in dem dafür vorgesehenen Zeitraum nicht möglich ist„.
Das Bundesinnenministerium soll daher für Fälle einer Naturkatastrophe oder ähnlicher Ereignisse höherer Gewalt, aufgrund derer Versammlungen zur Kandidatenaufstellung ganz oder teilweise unmöglich sind, “durch Rechtsverordnung Abweichungen von den Bestimmungen über die Aufstellung der Wahlbewerber„ zulassen können, um deren Benennung ohne Versammlungen zu ermöglichen.
Elektronische Vorverfahren
Dies kann dem beschlossenen Gesetz zufolge “in der Weise geschehen, dass schriftlich Vorschläge eingereicht werden können, die Kandidaten sich jedenfalls schriftlich mit der Übersendung der Briefwahlunterlagen, gegebenenfalls auch auf elektronischem Wege allen Stimmberechtigten vorstellen können, dann aber jedenfalls die Schlussabstimmung in geheimer Abstimmung per Briefwahl erfolgt„. Bei Listenaufstellungen “könnten vorbereitende Schritte auf elektronischem Wege oder zum Beispiel eine weitere Kandidatur für einen anderen Listenplatz in einem weiteren Briefwahlgang ermöglicht werden„.
Danach können elektronische Verfahren dabei “allenfalls zur Vorermittlung, Sammlung und Vorauswahl der Bewerbungen benutzt werden, also nur im Vorfeld und als Vorverfahren zur eigentlichen, schriftlich mit Stimmzetteln und geheim durchzuführenden Abstimmung der Stimmberechtigten über die Kandidaturen„. Dabei müsse gesichert sein, dass jeder Stimmberechtigte ein Vorschlagsrecht hat, allen Kandidaten Gelegenheit gegeben wird, sich und ihr Programm vorzustellen, und dass geheim gewählt wird.
Abgelehnter AfD-Antrag
Die AfD wendet sich mit ihrem Antrag (19/22925) gegen den Koalitionsentwurf zur Änderung des Bundeswahlgesetzes. Die darin vorgesehene Vorschrift sei “verfassungswidrig„, da sie die Regelung eines wesentlichen Vorgangs im Verfassungsleben auf die Exekutive übertragen wolle, ohne klare Leitlinien für die Ausgestaltung der Regelung zu geben, kritisierte die Fraktion.
Die Ermächtigung des Bundesinnenministeriums zum Erlass einer Rechtsverordnung, “die eine Abweichung vom Prinzip der Kandidatenaufstellung für die Bundestagswahl in Versammlungen neu einführen soll und die keine klaren Leitlinien für die Ausgestaltung einer nicht in Versammlungen erfolgenden Kandidatenaufstellung beinhaltet„, stelle einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatz dar. (sto/sas/ste/09.10.2020)