Die Fraktion Die Linke möchte eine mögliche Verjährung von Steueransprüchen im Zusammenhang mit Cum/Ex-Fällen verhindern. Der Bundestag hat am Freitag, 9. Oktober 2020, einen entsprechenden Entwurf der Fraktion zur Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (19/22119) abgelehnt. Die Vorlage wurde mit der Mehrheit von CDU/CSU und SPD bei Zustimmung der FDP und Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und AfD zurückgewiesen.
In namentlicher Abstimmung abgelehnt hat das Plenum mit 317 Stimmen gegen 169 Stimmen bei 68 Enthaltungen einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung zur Einziehung von Taterträgen (19/22113). Den Entscheidungen lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (19/22680) zugrunde.
Linke: Verjährung bei Cum/Ex verhindern
Im Gesetzentwurf wird erläutert, dass die Einführung des Paragraphen 375a der Abgabenordnung im Zuge des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes die Möglichkeit der strafrechtlichen Einziehung bei bereits verjährten Steueransprüchen verbessern sollte. Dies solle es Staatsanwaltschaften ermöglichen, die Erträge aus kriminellen Cum/Ex-Geschäften von Banken und anderen Beteiligten nach einer strafrechtlichen Verurteilung auch dann einzuziehen, wenn die steuerlichen Ansprüche bereits verjährt seien.
Zusätzlich zum Paragrafen 375a der Abgabenordnung sei jedoch auch ein neuer Paragraph 34 in Artikel 97 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung eingefügt worden. Diese Vorschrift regele den zeitlichen Anwendungsbereich des Paragraf 375a der Abgabenordnung und lege fest, dass diese Vorschrift nur für Steueransprüche gelte, die am 1. Juli 2020 noch nicht verjährt waren. Hierdurch dürfte in den Fällen, in denen bis zu diesem Zeitpunkt eine steuerliche Verjährung bereits eingetreten sei, die Tatbeute auch im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung einbehalten werden, kritisiert die Fraktion Die Linke. Daher soll der Artikel 97 Paragraf 34 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung aufgehoben werden.
Grüne: Ausweitung der strafrechtlichen Einziehung
Steueransprüche wie Taterträge aus Steuerhinterziehungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Paragrafen 375a der Abgabenordnung durch Verjährung steuerschuldrechtlich erloschen sind, sollen der strafrechtlichen Einbeziehung und auch der dafür geltenden 30-jährigen Verjährung unterliegen. Dies fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Gesetzentwurf (19/22113).
Die Fraktion weist darauf hin, dass durch im Zuge des zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes erfolgte Änderungen eine Einziehbarkeit von steuerschuldrechtlich durch Verjährung erloschenen Taterträgen aus Steuerhinterziehung auf alle am 1. Juli 2020 noch nicht verjährten Steueransprüche ausgeweitet worden sei. Bei Steuerhinterziehung verjähre die Steuerschuld regelmäßig nach zehn Jahren, während die Möglichkeit der Einziehung in 30 Jahren ab Tatbeendigung verjähre. Aufgrund dieser Diskrepanz drohe die Einziehung von Taterträgen aus zurückliegenden Steuerhinterziehungen in möglicherweise großem Umfang, etwa bei Cum/Ex-Fällen, zu scheitern. Das widerspreche dem Ziel der 2017 erfolgten Neuordnung des Einziehungsrechts, wonach – selbst wenn die Tat ungesühnt bleibe – der materielle Nutzen nicht beim Täter verbleiben solle, begründete Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihren Vorstoß. Die Maßnahme diene unter anderem der Einheit der Rechtsordnung. (hle/sas/09.10.2020)