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17.01.2019 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 65/2019

Verhaltensauffälliger Amri beschrieben

Berlin: (hib/wid) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) hat ein Asylberechtigter aus Syrien über seine Begegnung mit dem späteren Attentäter Anis Amri in einer Flüchtlingsunterkunft in Emmerich berichtet. Sie beide seien am 18. August 2015 gleichzeitig dorthin verlegt worden und hätten etwa einen Monat lang in einem Vierbettzimmer zusammengewohnt, sagte Mohamed J. in seiner Vernehmung am Donnerstag. Seinen Zimmergenossen sei Amri bald als radikaler Islamist aufgefallen, dessen Verhalten ihnen dermaßen auf die Nerven ging, dass sie sich beim Heimleiter über ihn beschwerten.

Der heute 26-jährige Zeuge lebt nach wie vor in Emmerich und ist dort nach eigenen Worten bei einem Bauunternehmen beschäftigt. Amri habe er am ersten Tag seines Aufenthalts kennengelernt. Der Tunesier, der in Deutschland unter mehreren Alias-Identitäten unterwegs war und sich in Nordrhein-Westfalen als „Mohammed Hassa“ hatte registrieren lassen, habe sich ihm mit seinem richtigen Namen vorgestellt. Er sei auch in einer Liste der Heimleitung als „Anis Amri“ geführt worden. In Emmerich habe der spätere Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz das Leben eines Einzelgängers geführt, berichtete der Zeuge. Er habe Stunden in der Moschee beim Gebet verbracht und oftmals allein am Rhein gesessen.

Dass mit Amri etwas nicht stimmte, sei schon nach wenigen Tagen aufgefallen. Er habe den religiösen Lebenswandel seiner Mitbewohner zu zensieren versucht, ihnen etwa erklärt, dass es den Geboten des Islam widerspreche, Musik zu hören. Am Jüngsten Tag würden sie dafür von Gott zur Rechenschaft gezogen. Er habe sie auch ermahnt, sich von den Deutschen fernzuhalten und behauptet, einem frommen Muslim sei es gestattet, Ungläubige zu bestehlen. Amri habe den Islam nach eigenem Gutdünken interpretiert, sagte der Zeuge und fügte hinzu, er habe solche Leute, die offenbar einer Gehirnwäsche ausgesetzt gewesen sein, schon in Syrien gekannt.

Der Zeuge konnte auch feststellen, dass sich auf einer Tasche Amris ein Aufkleber mit dem Emblem des sogenannten Islamischen Staates (IS) befand. Mehrfach habe er ihn beim Videochat auf seinem Mobiltelefon mit IS-Kämpfern ins Syrien beobachtet. Es habe sich immer um dieselben vier bis fünf Personen gehandelt. Sie hätten Kalaschnikows bei sich gehabt, langes, verwildertes Haar getragen und einen Dialekt aus dem nordafrikanischen Maghreb gesprochen. Syrer seien sie jedenfalls nicht gewesen.

Seinen Mitbewohnern warf Amri immer wieder mangelnden Kampfgeist für den Islam vor und fragte sie, was sie als Syrer im Land der Ungläubigen zu suchen hätten. Sie hätten lieber zu Hause in den Dschihad ziehen und ihren „Brüdern zum Sieg verhelfen“ sollen. Auf die Gegenfrage, warum er denn selber in Deutschland sei, habe Amri geantwortet, er wolle hier soviel Geld wie möglich an sich bringen, um die Reise zum IS nach Syrien zu finanzieren. Er sei zuvor in Italien gewesen, wo er drei Jahre im Gefängnis gesessen habe. In Italien gebe es auch weniger finanzielle Leistungen für Asylbewerber. Deswegen sei er nach Deutschland gekommen.

In der italienischen Haftanstalt wirkte Amri an einer Gefängnistheatertruppe mit. Seinen Mitbewohnern zeigte er ein Video einer Aufführung. Er habe im Gefängnis in der Begegnung mit strengen Salafisten auch sein religiöses Erweckungserlebnis gehabt, habe Amri berichtet. Er habe das „sein Glück im Unglück“ genannt. Er habe hinter Gittern „gute Leute“ kennengelernt, die ihm „den wahren Weg gezeigt“ hätten.

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