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26.01.2017 1. Untersuchungsausschuss (NSA) — Ausschuss — hib 53/2017

Späte Informationen über BND -Praktiken

Berlin: (hib/WID) Im Bundeskanzleramt ist erst im März 2015 bekannt geworden, in welchem Umfang der Bundesnachrichtendienst (BND) Ziele mit Bezug zu Partnerstaaten in EU und Nato ausspioniert hatte. Dies bekräftigte der zuständige Geheimdienstkoordinator Günter Heiß am Donnerstag in seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschuss (NSA). Es habe bis dahin aber auch nie Anlass gegeben, Verdacht zu schöpfen und beim BND kritisch nachzufragen, betonte der Zeuge, der seit 2010 als Ministerialdirektor die mit der Rechts- und Fachaufsicht über die Nachrichtendienste des Bundes befasste Abteilung 6 im Kanzleramt leitet.

Vom Hörensagen schilderte Heiß die Umstände, unter denen die fragwürdigen Praktiken des deutschen Auslandsgeheimdienstes ans Licht gekommen waren. Auf einen Beweisbeschluss des Untersuchungsausschusses hin hatte der BND im März 2015 einen Ausdruck der „Ablehnungsliste“ von Suchmerkmalen vorgelegt, die die amerikanische National Security Agency (NSA) in die Abhöranlage in Bad Aibling eingespeist hatte, und die dort im Spätsommer 2013 aussortiert worden waren. Sie umfasste knapp 40.000 Selektoren, die sich zur Ausforschung „befreundeter“ Ziele eigneten.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) stattete daraufhin der BND-Zentrale in Pullach einen Besuch ab, um sich über den Fund informieren zu lassen. Gegen Ende der Unterredung habe Altmaier gefragt, ob „es noch etwas von ähnlicher Wichtigkeit“ gebe, berichtet der Zeuge, der selber an diesem Termin nicht teilgenommen hatte: „Da soll der Ausdruck 'Quarantäneliste' gefallen sein.“ Auf der „Quarantäne-“ oder „Gruppenliste“ waren rund 15.000 BND-eigene Selektoren zu etwa 3000 Zielen mit EU- und Nato-Bezug verzeichnet, die seit Spätherbst 2013 aus dem Verkehr gezogen waren: „Wir wähnten uns ja im Gegensatz zur NSA im Stande der Unschuld, und insofern waren wir von dieser Quarantäneliste wirklich überrascht,“ sagte Heiß.

Seit den ersten Veröffentlichungen des NSA-Enthüllers Edward Snowden im Juni 2013 sei seine Abteilung 6 überwiegend mit Anfragen zu Themen der Affäre befasst und mit dem BND in stetem Gesprächskontakt gewesen. Dabei sei angesichts der Mitteilungen Snowdens über Praktiken der NSA immer wieder die Frage aufgekommen: „Machen wir das auch?“ In der Berichterstattung des BND sei jedoch zu keinem Zeitpunkt ein Hinweis aufgetaucht, dass auch die deutsche Seite Partnerstaaten bespitzeln könnte.

Solche Hinweise ergaben sich allerdings am 28. Oktober 2013 aus einem Gespräch, das Heiß und der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) mit BND-Präsident Gerhard Schindler führten. Anlass der Unterredung waren nach Erinnerung des Zeugen Presseberichte, die NSA habe Botschaften befreundeter Länder überwacht. Die Runde habe wissen wollen: „Wie ist das eigentlich bei uns?“ Schindler habe „die Frage mitgenommen und bei einem der weiteren Treffen gesagt: Ja, es gibt bestimmte Fälle, da machen wir das auch.“

Nach Darstellung des BND-Chefs ging es darum, durch Lauschangriffe auf Botschaften von Partnerstaaten in Konfliktgebieten Informationen über die jeweilige Krisenregion zu gewinnen: „Es war gewissermaßen der kurze Weg, sowas abzuschöpfen. Natürlich hätten wir den Partner auch fragen können.“ Die Dreierunde sei sich einig gewesen: „Das lassen wir jetzt. Punkt,“ formulierte Heiß: „Wir haben das politisch so eingeschätzt, dass die Sache zu einer für den BND sehr unangenehmen öffentlichen Diskussion geführt hätte.“

Freilich habe Schindler ausdrücklich von einem „geringen Kreis von Einzelfällen“ gesprochen, betonte der Zeuge: „Als wir den wirklichen Umfang im März 2015 erfuhren, waren wir nicht besonders angetan über die Berichtfreudigkeit beim BND.“

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