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25.04.2017 Inneres — Anhörung — hib 262/2017

Verwendung von Fluggastdaten umstritten

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (18/11501) wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer Anhörung des Innenausschusses deutlich. Die Richtlinie sieht eine verpflichtende Übermittlung von Fluggastdaten durch Luftfahrtunternehmen für Flüge vor, die von der Europäischen Union aus in einen Drittstaat oder von einem Drittstaat aus in einen Mitgliedsstaat der EU starten. Sie räumt den EU-Staaten zudem die Möglichkeit ein, auch Flüge zwischen den Mitgliedstaaten sowie Datenübermittlungen durch andere Wirtschaftsteilnehmer, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Reisen einschließlich Flugbuchungen erbringen, einzubeziehen. Von dieser Möglichkeit möchte die Bundesregierung in dem von ihr vorgelegten sogenannten Fluggastdatengesetz Gebrauch machen, um Sicherheitslücken zu schließen.

Positiv bewertete Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), den Gesetzentwurf. Das BKA, das laut der Vorlage als nationale Fluggastdatenzentralstelle fungieren soll, erhalte durch die operative Auswertung gespeicherter Fluggastdaten „ein weiteres Werkzeug für eine effektive Gefahrenabwehr und Strafverfolgung“, sagte der BKA-Präsident. Auch die von der Bundesregierung vorgesehene Einbeziehung der „Intra-Schengen-Flüge“ sei sinnvoll und notwendig. Die Erfahrungen, insbesondere aus dem Phänomenbereich des islamischen Terrorismus, hätten gezeigt, dass sich Gefährder sehr wohl des Schengenraumes und seiner Herausforderung für die Sicherheitsbehörden bewusst seien. In der vorgesehenen institutionellen Trennung von Erhebung und Speicherung, die durch das Bundesverwaltungsamt erfolgen soll, auf der einen Seite und der polizeilichen Verarbeitung durch das BKA auf der anderen Seite sah Münch eine „Stärkung des Datenschutzes“.

Von einer neuen Form der Rasterfahndung sprach hingegen Professor Clemens Arzt von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, der den Gesetzentwurf ablehnte. „Die Maßnahme dient einer anlasslosen Verdachts- und Verdächtigengewinnung gegen jede Person, die sich in Europa mit dem Flugzeug bewegt“, kritisierte Arzt. Die Fluggastdatenspeicherung sei letztendlich eine Anschlussmaßnahme an die Telekommunikations-Vorratsdatenspeicherung. Bei dieser müsse es aber immerhin einen konkreten Anlass geben, damit die Polizei die gespeicherten Daten abrufen kann. Bei der Fluggastdatenspeicherung sei das anders. Allein die Nutzung eines Flugzeugs reiche aus, damit das BKA nach selbst festgelegten Verdachtsmustern die Daten rastern könne. „Wir haben eine völlig neue Dimension anlassloser Massenüberwachung“, befand der Staatsrechtler.

Ähnlich bewertete das Alexander Sander von der Digitalen Gesellschaft Berlin. Sander sprach von einer „Profiling-Maßnahme, mit der Verdächtige kreiert werden“. Unbescholtene Bürger würden so ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Das Gesetz lasse auch nicht erkennen, warum es nötig sein soll, die Daten zu sammeln. Auch die Speicherdauer von fünf Jahren ist nach Ansicht Sanders „völlig aus der Luft gegriffen und nicht verhältnismäßig“. Völlig unklar sei auch, wer am Ende Zugriff auf die Datensätze erhält. Sicher sei hingegen, dass solche Datensätze „Begehrlichkeiten entwickeln und ein gewisses Missbrauchspotenzial mitbringen“. Sander gab sich davon überzeugt, dass die Fluggastdatenspeicherung gegen die europäischen Grundrechte verstößt, da die zu sammelnden Daten - E-Mails, Telefonnummern, Informationen über Mitreisende - das Privat- und Intimleben der Bürger umfassten.

Aus Sicht von Professor Ferdinand Wollenschläger von der Universität Augsburg ist die Fluggastdatenspeicherung hingegen „prinzipiell mit dem Unionsrecht vereinbar“. Es liege kein evidenter Verstoß gegen europäische Grundrechte vor, befand er. Auch dem deutschen Verfassungsrecht lasse sich kein prinzipielles Verbot der Fluggastdatenverarbeitung entnehmen, fügte er hinzu. Die in dem Gesetzentwurf genannten Ziele der Verhinderung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität seien anerkannte Ziele, um solche Grundrechtseingriffe, um dies es sich zweifellos handle, zu rechtfertigen, sagte Wollenschläger. Der Europarechtler machte zugleich deutlich, dass aus seiner Sicht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Telekommunikations-Vorratsdatenspeicherung nicht ohne weiteres auf die Fluggastdatenspeicherung übertragbar ist.

Matthias Knetsch als Vertreter von Sita, dem Informations- und Kommunikationsnetzwerk der Fluggesellschaften, machte deutlich, dass der Datenaustausch - auch wegen der unterschiedlichen Buchungssystem der Fluggesellschaften - nicht einfach sei. Für das Gelingen des Projektes sei eine frühzeitige und andauernde Zusammenarbeit mit den Fluglinien wichtig, betonte er. Knetsch sprach sich für die Auflage eines Pilotprojektes aus. Dies böte die Möglichkeit, „im kleinen Umfang das System, die Daten und den damit verbundenen Umgang zu testen, validieren und zu trainieren“.

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