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10.04.2019 Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit — Anhörung — hib 400/2019

Vom „Teufelskreislauf“ zum Kreislauf

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit haben sich am Mittwochmittag mit dem Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten befasst. Unter der titelgebenden Frage „Wie können wir Rezyklate aus Kunststoffverpackungen verstärkt im Kreislauf führen?“ diskutierten die Abgeordneten im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs mit vier geladenen Sachverständigen etwa, ob etwa eine Rezyklat-Quote ein Weg sein könnte, den Einsatz von und die Nachfrage nach den Sekundär-Rohstoffen zu erhöhen. Zudem wurde auch debattiert, inwiefern Anforderungen an die Haltbarkeit von Verpackungen angepasst werden könnten, um den Einsatz von recyclingfreundlicheren Materialien zu ermöglichen.

Isabell Schmidt (IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V.) sagte, die von ihrem Verband repräsentierten Verpackungs-Hersteller begrüßten die politisch angestrebte Schließung der Stoffkreisläufe. Die Branche habe sich das Ziel gesetzt, bis 2025 90 Prozent recycling- oder mehrwegfähige Verpackungen auf den Markt zu bringen, aktuell liege die Quote bei 75 Prozent. Zudem wolle die Branche bis dahin eine Million Tonnen Recycling-Kunststoffe oder nachwachsende Rohstoffe einsetzen, der Ist-Stand 2017 liege bei 400.000 Tonnen. Der Einsatz von Rezyklaten werde aktuelle durch die fehlende Eignung für den Lebensmittelkontakt, Qualitätseinschränkungen wie etwa Graufärbungen und mangelnde Liefersicherheit gehemmt. Zudem bestünden marktseitig Hemmnisse in der mangelnden Vermarktungsfähigkeit, fehlenden Qualitätsstandards sowie einer teils geringen Preistoleranz. Schmidt regte Verbesserung bei der Sammlung an sowie einen neuen Recyclingpfad beispielsweise für PET-Schalen. Zudem müsse darüber nachgedacht werden, Anforderungen an Mindesthaltbarkeit zu überdenken, um recyclinggerechteres Design („Design for Recycling“) zu ermöglichen.

Michael Wiener (DSD - Duales System Holding GmbH & Co. KG) verwies darauf, dass für Rezyklat-Hersteller vor allem die mangelnde Nachfrage ein großes Problem sei. Das verhindere Investitionen und technologische Weiterentwicklung. Zudem seien Rezyklate meist um 25 Prozent teurer als neue Kunststoffe (Primärkunststoffe), weil externe Kosten in letztere nicht eingepreist würden. Dies führe zu einem „Teufelskreislauf“, der die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe verhindere. Wiener forderte eine verbindliche dynamische Quote für den Einsatz von Rezyklaten. Demnach sollte für 2020 eine Rezyklateinsatz-Quote für Verpackungen und Produkte von 20 Prozent angesetzt werden, die bis 2025 auf 40 Prozent steigen sollte. Eine solche Quote würde den Markt „deutlich und verlässlich ankurbeln“. Dafür müssten allerdings auch Normen und Mindeststandards geschaffen werden. Wiener regte weiterhin an, die Forschung durch die Schaffung eines Recyclinginstituts zu stärken.

Eric Rehbock (bvse - Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V.) sagte, man müsse dahin kommen, dass der Nicht-Einsatz von Rezyklaten gerechtfertigt werden müsse. Dabei sei auch die Politik und die öffentliche Hand in der Pflicht, stellte Rehbock klar. Aktuell betrage der Rezyklatanteil an der verarbeiteten Kunststoffmenge in Deutschland 12,3 Prozent. Diese Rezyklate stammten aber zu 60 Prozent aus Abfällen, die bei Herstellung- und Verarbeitung anfielen.

Wie auch andere Sachverständige betonte Rehbock die Bedeutung des „Design for Recycling“. Insbesondere mehrlagige Folien stellten aktuell ein Problem dar, diese seien „nicht auseinanderzukriegen“. Würde man die Anforderungen an die Haltbarkeit reduzieren, könnte recyclingfähigeres Material eingesetzt werden. Zudem müssten Ansprüche je nach Einsatzart der Rezyklate unterschieden werden. So stellten sich unterschiedliche Anforderungen an Lebensmittelverpackungen, Verpackungen für Kosmetika oder eine Putzmittelflasche. Rehbock kritisierte, dass - obwohl die dualen Systeme dafür „fleißig bezahlen“ - die kommunale Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung gelitten habe. Zudem gebe es sehr kontraproduktive kommunale Systeme für die Restmüllsammlung, die zu einem hohen Verschmutzungsgrad bei der Sammlung von Verpackungsabfällen führten und zu Problemen in den Sortieranlagen.

Henning Wilts (Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH) sagte, dass in Deutschland Abfall noch zu wenig genutzt werde. So gebe es zwar eine hohe Verwertungsquote, die Nachfrage nach Rezyklaten sei aber gering. In der Kreislaufwirtschaft werde aktuell zu sehr auf die Optimierung der Einzelschritte fokussiert und zu wenig auf Kooperation. Einzelne Instrumente werden nach Wilts Auffassung nicht ausreichen, um den Einsatz von Rezyklaten zu erhöhen. Es brauche ein über das Abfallrecht hinausgehenden Instrumentenmix. Eine Rezyklatquote könne Anreize für Investitionen und Forschung liefern und zudem für eine verlässliche Nachfrage sorgen. Wilts mahnte zudem eine „Digitalisierung der Kreislaufwirtschaft“ an, etwa durch auf der Blockchain-Technologie basierende Pfandsysteme. Weiterhin regte der Sachverständige eine deutsche Kunststoffstrategie an.

Offen zeigte sich Wilts für eine Bepfandung von bestimmten Kunststoffverpackungen, wie es für PET-Flaschen schon üblich ist. Die Einführung des Pfandsystems für PET-Flaschen habe zu einer Standardisierung geführt und den Kreislauf geschlossen, führte Wilts aus. Skeptisch zeigte sich IK-Vertreterin Schmidt gegenüber eine Bepfandung abseits der PET-Flaschen. In diesem Bereich sei die Bepfandung erfolgreich, im restlichen Bereich sei man mit den dualen Systemen gut bedient, so Schmidt.

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