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27.01.2020 Finanzen — Anhörung — hib 102/2020

Mitarbeiterbeteiligung attraktiver machen

Berlin: (hib/PST) Um internationale Spitzenkräfte für deutsche Technologie-Unternehmen zu gewinnen, ist eine lukrative Kapitalbeteiligung ein wichtiges Argument. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss am Montag deutlich. Anlass waren Anträge der FDP-Fraktion (19/14786) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/15118), in denen es insbesondere um Änderungen bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen geht. Beide argumentieren, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Mitbeteiligung in Deutschland sowohl im Vergleich mit den USA als auch innerhalb Europas besonders schlecht seien.

Tesla-Chef Elon Musk habe über eine Mitarbeiterbeteiligung beim Bezahlsystem PayPal sein erstes Geld gemacht, sagte der Gründer des Online-Touristikunternehmens GetYourGuide Deutschland, Johannes Reck. Wenn er internationale Talente anwerben wolle, sei die Beteiligung am Unternehmen das wichtigste Argument. Allerdings, fügte er an, sei eine solche Mitarbeiterbeteiligung „für uns doppelt so teuer wie im Silicon Valley“. Es gehe bei diesem Thema letztlich „um den politischen Willen, hier Champions aufzubauen“.

In den beiden zur Begutachtung stehenden Anträgen steht, dass die Steuerfreibeträge, die Arbeitnehmer für die Mitbeteiligung geltend machen können, im internationalen Vergleich sehr niedrig seien und deutlich angehoben werden sollten. Damit sei es aber nicht getan, erklärte Christian Vollmann vom Bundesverband Deutsche Startups. Im Erfolgsfall, etwa bei einem Börsengang, könnten sich leicht fünf- bis sechsstellige Beträge ergeben, bei denen dann auch ein höherer Freibetrag kaum mehr ins Gewicht falle. Ein weit größeres Problem sei, dass Mitarbeiterbeteiligungen nach dem Einkommenssteuer-Tarif versteuert werden, während für ihn selbst die Kapitalertragssteuer gelte. „Mitarbeiter zahlen höhere Steuern als ich als Unternehmer, das ist ungerecht“, sagte Vollmann.

Auf die unterschiedlichen Formen von Mitbeteiligung wies Heinrich Beyer vom Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung hin. Bei Großunternehmen würden Mitarbeiter in der Regel in Form von Aktien beteiligt und hätten damit auch dieselben Rechte wie andere Aktionäre. Es gebe in Deutschland rund 1,3 Millionen solche Belegschaftsaktionäre in rund 700 Unternehmen. Dazu kämen rund 2.000 mittelständische Unternehmen, bei denen Arbeitnehmer über meist stille Beteiligungen und Genussrechte beteiligt seien. Daneben gebe es, vor allen bei Start-Ups, sogenannte virtuelle Beteiligungen, das heißt Erfolgsbeteiligungen, die nicht mit Kapitalanteilen verbunden sind.

Generell seien Familienunternehmen heute aufgeschlossener für die Mitbeteiligung als früher, betonte Beyer. Dies hinge mit dem Wettbewerb um Führungskräfte zusammen, aber auch mit dem Generationswechsel in der Unternehmensführung und einer damit verbundenen neuen Denken.

Mehrere Sachverständige kritisierten, dass Arbeitnehmer eine Mitbeteiligung bereits dann versteuern müssen, wenn sie Anteile erhalten, und nicht erst, wenn sie diese verkaufen und zu Geld machen. Sie müssten also aus ihrem Lohn etwas versteuern, das sie noch gar nicht zur Verfügung haben. Diese sogenannte Zuflussbesteuerung mache die Mitbeteiligung für Arbeitnehmer weniger attraktiv, betonte Sylvia Mein vom Deutschen Steuerberaterverband. Sie stehe denn auch im Vergleich zu anderen Vergünstigungen „eher am Ende der Wunschliste von Arbeitnehmern“.

Rainald Thannisch vom Deutschen Gewerkschaftsbund lenkte den Blick auf das Risiko, das mit einer Mitbeteiligung verbunden ist. Bei einer Insolvenz des Unternehmens sei für die Mitarbeiter nicht nur der Job weg, sondern auch das Kapital. So sei es etwa den Mitarbeitern des Baukonzerns Holzmann ergangen. Thannisch wies auch darauf hin, dass 80 Prozent der Start-Ups nicht das dritte Jahr überlebten. Vor diesem Hintergrund mahnte er zur Vorsicht bei steuerlichen Erleichterungen. „Wir würden abraten, mit Steuergeldern einen Anreiz zu riskanten Anlagen zu geben“, erklärte der Gewerkschafter. Eine solche Risikoabwägung sei in den vorliegenden Anträgen „nicht angemessen berücksichtigt“, bemängelte Thannisch.

Björn Hinderlich von der Unternehmensberatung Mercer Deutschland kam allerdings zu der Ansicht, dass die Chancen der Mitbeteiligung solche Risiken überwiegen. Um das Insolvenzrisiko für die Arbeitnehmer weiter zu verringern, verwies Hinderlich auf die Möglichkeit eines Insolvenzschutzes über einen Pensions-Sicherungs-Verein oder die Verlagerung des Anlagerisikos auf eine Fondslösung.

Auf steuerrechtliche Unsicherheiten aufgrund der geltenden Rechtslage verwies Marc Schmitz vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Dies betreffe auf Arbeitnehmerseite die Abgrenzung zwischen Einkünften aus Kapitalvermögen und Einkünften aus Arbeit sowie den Zeitpunkt der Besteuerung. Es betreffe aber auch die Arbeitgeberseite. Denn Unternehmen könnten nur den Teil der eingeräumten Beteiligung als Betriebskosten geltend machen, der bei den Arbeitnehmern zu den Einkünften aus Arbeit zählt. Zur Überwindung dieser Unsicherheit sah Schmitz in den vorliegenden Anträgen richtige, aber noch nicht hinreichende Ansätze.

Peter Möllmann von der Anwalts- und Steuerberatungskanzlei Schnittker Möllmann Partners hielt allerdings keine grundlegende Änderung der Steuersystematik für notwendig. Es gebe bereits heute die Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung in Form von Genussrechten, die als Kapitaleinkünfte versteuert werden. Wenn aber die gesamte Mitarbeiterbeteiligung als Kapitaleinkünfte gerechnet werde, seien „die Probleme gelöst“.

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