Bessere medizinische Versorgung für Lipödem-Betroffene
Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss sieht die dringende Notwendigkeit, Patienten mit Lipödem-Erkrankung medizinisch stärker zu helfen. In der Sitzung am Mittwoch verabschiedete der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen sowie der Gruppe Die Linke die Beschlussempfehlung an den Bundestag, eine dahingehende Petition mit dem zweithöchsten Votum „zur Erwägung“ an das Bundesministerium für Gesundheit zu überweisen.
In ihrer aus dem Sommer 2022 stammenden öffentlichen Petition (ID 134514), die 64.292-mal mitgezeichnet wurde, fordert die Petentin, dass die Liposuktionsbehandlung (Absaugung von Fettzellen) im Falle eines Lipödems in allen Stadien der Erkrankung durch die Krankenkasse übernommen wird. Auch müsse die Aufgabe der Begutachtungen, die derzeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) wahrgenommen wird, von unabhängigen Gutachtern übernommen werden, die sich täglich mit der Erkrankung beschäftigen, verlangt sie. „Die beim MDK tätigen Personen sind nicht adäquat geschult, um sich auch nur annähernd auf dem Gebiet der Lymphologie auszukennen“, heißt es in der Petition. Da das Lipödem, „respektive die Lymphologie“, im medizinischen Studium nicht beziehungsweise kaum beachtet werde, müsse es eine Ausbildungsverpflichtung im Studium und in der Weiterbildung geben. Hausärzte, aber auch Fachärzte, wie etwa Gynäkologen, Kinderärzte und vor allem Dermatologen müssten die Krankheit frühzeitig erkennen können, betont die Petentin in ihrer Eingabe, die im September 2022 schon in öffentlicher Sitzung durch den Petitionsausschuss beraten worden ist.
In der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses heißt es, das Lipödem sei eine chronisch verlaufende Erkrankung, die durch eine Fettverteilungsstörung mit deutlicher Disproportion zwischen Körperstamm und Extremitäten gekennzeichnet ist. Diese entstehe aufgrund einer umschriebenen symmetrisch lokalisierten Unterhautfettgewebsvermehrung der Extremitäten. Betroffen von der Krankheit seien nahezu ausschließlich Frauen. Das Lipödem beginne in der Regel in einer Phase hormoneller Veränderungen wie Pubertät, Schwangerschaft oder Klimakterium. Die Ursache sei unbekannt.
Für eine Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes werde in Fachkreisen übereinstimmend die Liposuktion als derzeit insbesondere zur Vermeidung von Schäden am Lymphsystem bevorzugte operative Therapieoption benannt, schreiben die Abgeordneten. Eine Liposuktionsbehandlung umfasse in der Mehrzahl der Fälle mehrere Eingriffe. Im Rahmen eines Eingriffs könne die Absaugung an einer Extremität oder an mehreren vorgenommen werden. Sie werde empfohlen, „wenn konservative Therapiemaßnahmen nicht zu einem ausreichenden Erfolg geführt haben, das heißt wenn die Beschwerden unzureichend gelindert werden oder weiterhin eine Progredienz der Erkrankung vorliegt“.
Der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA), das höchste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, habe die Behandlungsmethode der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems bereits bewertet und im Ergebnis entschieden, „dass der Nutzen der Behandlungsmethode im Stadium I und II noch nicht hinreichend belegt ist“, heißt es weiter. Er habe daher am 18. Januar 2018 beschlossen, eine Erprobung durchzuführen, um die ihm noch fehlenden Erkenntnisse zur Bewertung des Nutzens gewinnen zu können. Die Beratungen über die Ergebnisse der Studie würden voraussichtlich 2025 abgeschlossen.
Für das Lipödem im Stadium III hingegen habe der G-BA im September 2019 beschlossen, die Fettabsaugung in die vertragsärztliche Versorgung befristet bis Ende 2024 aufzunehmen. Diese Befristung wurde inzwischen bis Ende 2025 verlängert.
Der Petitionsausschuss habe aufgrund der schwierigen Lebenssituation der Betroffenen für das vorgetragene Anliegen großes Verständnis und sehe die dringende Notwendigkeit, solchen Patienten medizinisch stärker zu helfen, heißt es in der Beschlussempfehlung. Vor diesem Hintergrund empfehlen die Abgeordneten, die Petition dem Bundesministerium für Gesundheit zur Erwägung zu überweisen, „weil die Eingabe Anlass zu einem Ersuchen an die Bundesregierung gibt, das Anliegen noch einmal zu überprüfen und nach Möglichkeiten der Abhilfe zu suchen“.