Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 224. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 22. März 2017 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1: Befragung der Bundesregierung: Bericht der Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt – „Die deutsche Luft- und Raumfahrt – Innovation und Hochtechnologie für eine Welt im Wandel“; weitere Fragen Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22445 C Thomas Lutze (DIE LINKE) 22446 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22446 D Thomas Lutze (DIE LINKE) 22447 A Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22447 A Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) 22447 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22447 C Thomas Lutze (DIE LINKE) 22447 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22448 A Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22448 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22448 C Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22448 C Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE) 22449 B Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22449 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22449 C Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22449 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22449 D Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22449 D Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22450 A Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22450 B Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22450 B Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22450 B Michael Roth, Staatsminister AA 22450 D Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22451 A Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22451 B Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22451 B Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI 22451 C Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22451 D Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22451 D Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) 22452 A Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI 22452 B Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22452 C Brigitte Zypries, Bundesministerin BMWi 22452 D Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22452 D Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI 22453 A Tagesordnungspunkt 2: Fragestunde Drucksache 18/11554 22453 C Mündliche Frage 1 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Export von abgebrannten Brennelementen ins Ausland Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22453 D Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22454 A Mündliche Frage 2 Hubertus Zdebel (DIE LINKE) Vom „Renegade“-Vorfall im März 2017 betroffene Atomanlagen Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22454 C Zusatzfragen Hubertus Zdebel (DIE LINKE) 22454 D Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22455 B Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22455 C Mündliche Frage 5 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Einführung einer blauen Plakette für Dieselfahrzeuge Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22455 D Zusatzfragen Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22456 A Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22456 C Mündliche Frage 7 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verständigung innerhalb der Bundesregierung zu neuer Gentechnik Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22457 A Zusatzfragen Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22457 B Mündliche Frage 6 Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Position der Bundesregierung zur Neuzulassung von Glyphosat Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22457 D Zusatzfragen Harald Ebner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22458 A Mündliche Frage 8 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haushaltsmittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe für Nigeria, Südsudan, Äthopien, Somalia, Kenia und den Jemen Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMZ 22458 D Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22459 A Mündliche Frage 9 Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Haushaltsmittel für den sogenannten Marshallplan mit Afrika Antwort Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär BMZ 22459 D Zusatzfragen Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22460 A Mündliche Frage 27 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Aufenthalt des Leiters der Abteilung für Auslandsbeziehungen der Diyanet in Deutschland am 18. Februar 2017 Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22461 B Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22461 D Mündliche Frage 30 Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Europäische Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF 22462 D Zusatzfragen Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22463 A Mündliche Frage 32 Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Gespräche mit Vertretern der Kernenergiewirtschaft zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi 22463 C Zusatzfragen Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22464 C Mündliche Frage 34 Katrin Werner (DIE LINKE) Ausschluss von autistischen Schülern vom Unterricht Antwort Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin BMAS 22465 D Zusatzfragen Katrin Werner (DIE LINKE) 22466 A Mündliche Frage 35 Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Zivile Opfer eines Luftangriffs auf das syrische Dorf al-Matab im Rahmen der Operation Inherent Resolve Antwort Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär BMVg 22467 A Zusatzfragen Katja Keul (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22467 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22468 C Mündliche Frage 36 Katrin Werner (DIE LINKE) Abbau kommunikativer Barrieren im Gesundheitssystem für autistische Personen Antwort Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin BMG 22469 A Zusatzfrage Katrin Werner (DIE LINKE) 22469 C Mündliche Frage 38 Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ergebnisse der Schadensermittlungen der Bundesanstalt für Wasserbau an der Wehrbrücke in Herbrum Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI 22469 D Zusatzfragen Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22470 A Mündliche Frage 41 Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen für den Ausbau der Gäubahn Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI 22470 C Zusatzfragen Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) 22470 C Nächste Sitzung 22471 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 22473 A Anlage 2 Mündliche Frage 3 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Anteil der reinen Naturwälder am Gesamtwaldbestand Deutschlands Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22473 C Anlage 3 Mündliche Frage 4 Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) CO2-Emissionen in Deutschland im Jahr 2016 Antwort Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin BMUB 22473 D Anlage 4 Mündliche Frage 10 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Visaverweigerung für Schüler des Ghana Permaculture Institute durch die deutsche Botschaft Accra Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22474 A Anlage 5 Mündliche Frage 11 Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Anforderung ausländischer Hilfeleistungen durch die Taliban in Afghanistan Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22474 C Anlage 6 Mündliche Frage 12 Niema Movassat (DIE LINKE) Berücksichtigung der Interessen der geflüchteten Herero und Nama in den Verhandlungen mit Namibia zur Aufarbeitung des Völkermords Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22475 A Anlage 7 Mündliche Frage 13 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Unterstützung der Umsiedlung geflüchteter Rohingya auf die Insel Thengar Char im Golf von Bengalen Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22475 B Anlage 8 Mündliche Frage 14 Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Angriffe auf oppositionelle Studierende in Darfur Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22475 C Anlage 9 Mündliche Frage 15 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Unterstützung der kurdischen Partei der Demokratischen Union PYD durch die USA Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22475 D Anlage 10 Mündliche Frage 16 Sevim Dağdelen (DIE LINKE) Einsatz deutscher Waffen gegen Jesiden im Shengal-Gebirge im Irak durch Peschmerga-Kräfte Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22476 A Anlage 11 Mündliche Frage 17 Heike Hänsel (DIE LINKE) Beteiligung am Syria Recovery Trust Fund Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22476 C Anlage 12 Mündliche Frage 18 Heike Hänsel (DIE LINKE) Berücksichtigung der Menschenrechte bei den Verhandlungen zu einem Handelsabkommen zwischen der EU und Mexiko Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22476 D Anlage 13 Mündliche Frage 19 Andrej Hunko (DIE LINKE) Auswirkungen der Differenzen zwischen der Türkei und der EU auf die Zusammenarbeit innerhalb der NATO sowie auf das Flüchtlingsabkommen Antwort Michael Roth, Staatsminister AA 22477 B Anlage 14 Mündliche Frage 20 Andrej Hunko (DIE LINKE) Kompromittierung universitärer Infrastrukturen durch Hackergruppen im Jahr 2016 Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22477 C Anlage 15 Mündliche Frage 21 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Cyberangriff mutmaßlicher türkischer Hacker auf Twitteraccounts Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22477 D Anlage 16 Mündliche Frage 22 Ulla Jelpke (DIE LINKE) Eröffnung bzw. Verlängerung eines Bankkontos für Flüchtlinge ohne elektronischen Aufenthaltstitel Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22478 B Anlage 17 Mündliche Frage 23 Erika Steinbach (fraktionslos) Erstellung und Verbreitung von Filmen über das deutsche Asylverfahren in afrikanischen Sprachen Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22479 A Anlage 18 Mündliche Frage 24 Erika Steinbach (fraktionslos) Behördliches Vorgehen im Falle einer Fälschung von personenbezogenen Daten Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22479 B Anlage 19 Mündliche Frage 25 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Feststellung von Immobilieneigentum in Deutschland von Beschuldigten in ausländischen Verfahren Antwort Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI 22479 B Anlage 20 Mündliche Frage 26 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Feststellung von Immobilieneigentum bei sogenannten Strohmann-Konstellationen durch Ermittlungsbehörden Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22480 A Anlage 21 Mündliche Frage 28 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Durchschnittliche Vergütung der Vorstandsmitglieder der DAX-Unternehmen Antwort Christian Lange, Parl. Staatssekretär BMJV 22480 C Anlage 22 Mündliche Frage 29 Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) Vergütungen der Vorstandsmitglieder bzw. Präsidenten der Deutschen Bundespost, der Deutschen Bundesbahn und der KfW im Jahr 1993 Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF 22480 D Anlage 23 Mündliche Frage 31 Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gesetzentwurf zur steuerlichen Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen Antwort Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär BMF 22481 C Anlage 24 Mündliche Frage 33 Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Lieferung von Rüstungsgütern an die Türkei Antwort Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin BMWi 22481 D Anlage 25 Mündliche Frage 37 Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Verbreitung der Empfangstechnik DVB-T in Deutschland Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI 22483 C Anlage 26 Mündliche Frage 39 Herbert Behrens (DIE LINKE) Kosten der Vorarbeiten zur Ausschreibung der Pkw-Maut Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI 22483 D Anlage 27 Mündliche Frage 40 Herbert Behrens (DIE LINKE) Überplanmäßige Ausgabe für die Implementierung der Pkw-Maut Antwort Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin BMVI 22484 A 224. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 22. März 2017 Beginn: 14.30 Uhr Vizepräsidentin Petra Pau: Guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nehmen Sie bitte Platz. Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich noch eine Mitteilung zu machen. Interfraktionell ist vereinbart worden, dass die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung auf der Drucksache 18/11536 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Infrastrukturabgabengesetzes dem federführenden Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie zur Mitberatung dem Finanzausschuss und dem Haushaltsausschuss überwiesen werden soll. Des Weiteren soll die Unterrichtung der Bundesregierung über die Stellungnahme des Bundesrates auf der Drucksache 18/11560 zu dem bereits überwiesenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Verkehrsteuerungsänderungsgesetzes an den federführenden Finanzausschuss sowie zur Mitberatung an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen werden. Sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Befragung der Bundesregierung Die Bundesregierung hat als Thema der heutigen Kabinettssitzung mitgeteilt: Bericht der Koordinatorin der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt – „Innovation und Hochtechnologie für eine Welt im Wandel“. Das Wort für den einleitenden fünfminütigen Bericht hat die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Frau Brigitte Zypries. – Bitte. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Das Bundeskabinett hat heute den Bericht zur Lage und Zukunft der Luft- und Raumfahrtindustrie verabschiedet. Ich habe ihn hier, allerdings nur ein Exemplar. Ich gehe davon aus, dass Sie ihn in Kürze zugeschickt bekommen, ansonsten steht er auf unserer Website. Es ist der erste Bericht nach dem meines leider viel zu früh verstorbenen Amtsvorgängers Peter Hintze, der 2009 den letzten Bericht zur Lage der Luft- und Raumfahrt abgegeben hat. Sie können daraus erkennen, dass wir in diesem Bereich seit 2009 eine Menge angestoßen haben und dass auch in diesem Industriebereich eine Menge Veränderungen eingetreten sind. Die gute Nachricht zuerst: Die Branche ist auf Wachstumskurs. Die Anzahl der Beschäftigten ist deutlich gewachsen. Wir haben jetzt 106 000 direkt Beschäftigte. Damit arbeiten so viele Menschen in der Luft- und Raumfahrt wie noch nie zuvor. Die Branche macht einen Jahresumsatz von 35 Milliarden Euro und ist damit gut aufgestellt. Das Ganze liegt natürlich auch daran, dass der Flugverkehr weltweit zunimmt, und auch an den Entwicklungen in China. Mehr Mobilität fördert das Wachstum. Dazu kommt die technologische Revolution, die Digitalisierung, die uns in allen Bereichen der Gesellschaft und der industriellen Produktion beschäftigt und dementsprechend auch in der Luft- und Raumfahrt. Auch dort gibt es Industrie 4.0 und neue digitale Geschäftsmodelle. Diese Veränderungen werden auch die Luft- und Raumfahrt von morgen prägen. In den letzten Jahren, also in dieser Legislaturperiode, haben wir den Dialog mit der Industrie, der Forschung und den Bundesländern gesucht. Das umfasst selbstverständlich auch die Betriebsräte und die Gewerkschaften. Bei allen Plattformen, die das Bundeswirtschaftsministerium in dieser Legislaturperiode initiiert hat, hatten wir immer beide Sozialpartner am Tisch. So war es auch hier – ganz egal, ob es um den Branchendialog Luft- und Raumfahrt ging oder um den Runden Tisch Luftfahrtindustrie, eine Einrichtung, die ich ins Leben gerufen hatte, um die Zukunft der Branche gemeinsam zu besprechen. Aus der Vielzahl der Punkte, die Sie in diesem Bericht nachlesen können, möchte ich zwei herausgreifen: Erstens: die klare Fokussierung auf die Zukunftsthemen der Branche. Ich denke da vor allen Dingen an unsere Innovationsagenda Digitale Luft- und Raumfahrtforschung. Dazu gehört auch die Gründung von vier DLR-Instituten, die möglich werden konnte, weil der Deutsche Bundestag – das will ich ganz klar so sagen – dafür im Haushalt das entsprechende Geld bereitgestellt hat. Da geht es einmal um eine Gründung in Jena mit den Schwerpunkten Big and Smart Data und Internet der Dinge. Da geht es um die Gründung eines weiteren Instituts in Dresden mit den Schwerpunkten Softwareforschung und Simulation. In Hamburg, wo Airbus einen großen Standort hat, haben wir ein DLR-Institut mit den Schwerpunkten Wartung und Systemarchitekturen gegründet, in Augsburg ein Test- und Simulationszentrum für Gasturbinen. Daneben haben wir in unserem Luftfahrtforschungsprogramm LuFo, bei dem Unternehmen auf Antrag Fördermittel zur Verfügung gestellt werden können, eine Förderlinie Industrie 4.0 eingesetzt. Sie wird ausgesprochen gut angenommen. Wir haben 47 Millionen Euro für Industrie4.0-Themen eingestellt, und wir werden den Betrag mit der neuen Förderlinie steigern. Die Idee ist, dass Unternehmen gemeinsam mit der Wissenschaft an bestimmten Themen forschen, die der Entwicklung der Luftfahrt dienen. Zweitens: das Schlagwort „New Space“ in der Raumfahrt. Da geht es darum, dass man mit privaten Raumfahrtprojekten Geld verdienen kann. Sie kennen es aus den USA, wo es darum geht, Privatleute auf den Mars oder auch auf den Mond zu schaffen. Wir sind jetzt nicht ganz so weit, dass wir sagen würden, das wollen wir unterstützen. Aber wir haben erst einmal eine Studie zu New Space in Auftrag gegeben zu der Frage, was eine Kommerzialisierung der Raumfahrt eigentlich für Deutschland heißt. Eine Konsequenz aus dieser Studie ist unsere Initiative „Raumfahrt bewegt!“. Damit wollen wir die strategische Vernetzung der Raumfahrt mit anderen Mobilitätsbranchen voranbringen. Denn wir sind ganz sicher: Nur zusammen können unsere Unternehmen die Potenziale, die New Space birgt, auch tatsächlich entdecken und heben, und sie können dies vor allen Dingen nur gemeinsam mit den Start-ups. Auch in der Luft- und Raumfahrt – obwohl man es gar nicht denken sollte, weil es doch eine sehr hochtechnologische Industrie ist – gibt es sehr viele Start-ups. Wir haben in dem Bereich mit unseren StartUp Nights angefangen, und inzwischen gab es drei Veranstaltungen, bei denen etablierte Industrie und Start-ups zusammenkamen. Daraus haben sich durchaus gute Verbindungen ergeben. Unser Ziel ist klar – das können Sie auch in unserem Bericht nachlesen –: Wir wollen den Luft- und Raumfahrtstandort Deutschland nachhaltig stärken. Wir wollen ihn zum einen stärken, damit er auch morgen noch im Wettbewerb in der Welt bestehen kann. Wir wollen ihn zum anderen deshalb stärken, weil wir glauben, dass von der Luft- und Raumfahrt eine große Faszination ausgeht. Die Fragen, was da eigentlich im All ist, wie es eigentlich weitergeht, woher der Mensch kommt und wohin er geht, haben alle damit zu tun. Diese Faszination des Alls möchten wir gerne nutzen, um junge Menschen zu motivieren, sich mit den sogenannten MINT-Fächern zu beschäftigen – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik. Sie sollen, wenn möglich, Fächer aus diesem Bereich studieren. Das Gute ist, dass wir mit Alexander Gerst im Moment einen Botschafter für diese Themen haben, der Jugendliche auch mit seiner Social-Media-Arbeit ausgesprochen toll anspricht. Nachdem er einmal im Weltall war und dann zu den Schulen gefahren ist, wird er 2018 das nächste Mal ins All, auf die ISS, gehen und dort sogar Kommandant sein. Wir erhoffen uns davon auch noch einen weiteren Schub. – Frau Präsidentin, ich sehe leider keine Uhr. Deswegen bin ich unsicher, wie ich in der Zeit liege. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie müssen bitte zum Schluss kommen. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Dann höre ich auf. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich bitte, zunächst Fragen zu dem Themenbereich zu stellen, über den soeben berichtet wurde. Das Wort zur ersten Frage hat der Kollege Lutze. Thomas Lutze (DIE LINKE): Vielen Dank für den Bericht. – Mich interessieren zwei Punkte, was den Flugverkehr angeht. In der Luftfahrt wird zunehmend damit gearbeitet, dass die Pilotinnen und Piloten pro Flug bezahlt werden. Ich möchte wissen, wie die Einstellung der Bundesregierung zu dieser neuen Entwicklung ist; denn wir alle wissen, dass diese Entwicklung wesentliche Risiken, gerade wenn es um Krankmeldungen usw. geht, in sich birgt. Meine zweite Frage, die ich in diesem Zusammenhang habe: Es ist ein deutlicher Anstieg bei der Beschäftigung von Piloten als Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu verzeichnen. Wie schätzt die Bundesregierung diesen Trend ein? Planen Sie, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, damit diesem Unfug ein Ende bereitet wird? – Danke schön. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Herr Abgeordneter, ich bin die Koordinatorin der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. Ich bin – vielleicht leider – nicht für alle Bereiche zuständig. Die beiden Bereiche, die Sie angesprochen haben, fallen in die Zuständigkeit des Bundesverkehrsministers; ich weiß nicht, ob Frau Kollegin Bär etwas dazu sagen würde. – Aus meiner Kenntnis dieser Branche kann ich nur sagen: Die Bundesregierung sieht diese Entwicklung mit Sorge. Vizepräsidentin Petra Pau: Gibt es weitere Fragen zum Bericht? – Dann sind Sie sofort wieder dran, Kollege Lutze. Thomas Lutze (DIE LINKE): Okay, dann versuche ich es mit dem Thema Raumfahrt. In Deutschland wird gerade darüber diskutiert, dass der Etat für den Rüstungsbereich auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden soll. Meine beiden Fragen in diesem Zusammenhang sind: Gibt es Gedankenspiele der Bundesregierung in dem Sinne, dass Teile der Luft- und Raumfahrtförderung, die zurzeit unter „zivil“ verbucht werden, künftig unter „militärisch“ laufen? Die zweite Frage in dem Zusammenhang ist, wie Sie grundsätzlich die Entwicklung einschätzen. Wie sieht die Perspektive der zivilen Raumfahrt aus, was die Finanzierung angeht? Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Die Bundesrepublik ist bei der zivilen Raumfahrt in eine internationale Institution, in die ESA, die European Space Agency, eingebunden. Das heißt, wir bauen die Raketen nicht alleine, sondern gemeinsam mit noch 21 anderen Staaten. Herr Professor Wörner, ein Deutscher, ist jetzt Leiter der ESA. Es werden in regelmäßigen Abständen Ministerratskonferenzen abgehalten, auf denen festgelegt wird, welche Budgets welcher Länder in welche Projekte fließen. Koordiniert wird das alles entweder von der ESA oder, soweit es die Zuständigkeit der Europäischen Union betrifft, von der Europäischen Union. Galileo beispielsweise ist ein Projekt der Europäischen Union, aber die Ariane-Trägerraketen, die Satelliten ins All schießen, sind ein Projekt der ESA. Im Rahmen der letzten ESA-Ministerratskonferenz im Dezember letzten Jahres hat die Bundesregierung festgelegt, welche Gelder sie in den nächsten Jahren zur Verfügung stellen wird. Eine Verknüpfung von ziviler Raumfahrt mit militärischen Teilen kann ich erst einmal nicht erkennen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht überlegen, ob man nicht gegebenenfalls bestimmte Bereiche etwa der Grundlagenforschung, beispielsweise wenn es um Optik geht, gemeinsam finanzieren sollte. Das liegt allerdings noch in ferner Zukunft. In dieser Legislaturperiode ist das keine Realität und wird es auch keine mehr werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Frau Ministerin, wir haben wirklich ausgesprochen erfolgreiche Zeiten gerade im Bereich der Raumfahrt hinter uns; Sie haben darauf hingewiesen. Wir freuen uns, dass der deutsche ESA-Astronaut Alex Gerst erneut ins All fliegen und als ISS-Kommandant wirken wird. Ich bin mir sicher, dass er seine kommunikativen Fähigkeiten, die er bereits bei seinem letzten Aufenthalt im All deutlich unter Beweis gestellt hat, wieder einsetzen wird. Ich möchte eine Frage zu den Ergebnissen von Luzern stellen. Die Überlegung, wie wir uns vor Gefährdungen aus dem All, sowohl vor selbst erzeugten Gefahren als auch vor Gefahren durch Asteroiden, schützen können, wurde leider nicht behandelt. Ich sage es einmal so: Bruce Willis kommt langsam in ein Alter, wo wir uns nicht mehr darauf verlassen können, dass er das alleine macht. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Bruce Willis“? – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU) Bleibt es für die Bundesregierung ein wichtiges Ziel, vor solchen Gefährdungen zu warnen? So etwas macht ja auch den Sinn der Raumfahrt sichtbar und kann die Leute überzeugen, dass es klug ist, dass wir in diesem Bereich etwas machen und das auf der Agenda haben. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Lieber Herr Kollege Willsch, ich habe es sehr bedauert, dass wir es in Luzern nicht geschafft haben, eine größere Menge an Staaten zusammenzubringen, die bereit sind, für dieses Projekt Geld zu geben. Die Idee war, quasi eine Asteroidenabwehr zu entwickeln, vielleicht in Form von Roboterarmen, die in der Lage sind, Asteroiden oder alte Satelliten – dazu gibt es ja vergleichbare Projekte – einzufangen. Das ist nicht geglückt. Wir haben nicht genug Staaten gefunden, die bereit waren, dafür Geld zu geben. Weil unklar war, wie die Entwicklung weitergeht, habe ich für Deutschland gesagt: Wir wollen uns nicht an einem Projekt beteiligen, das uns vielleicht in drei, vier oder fünf Jahren zu erheblichen finanziellen Verpflichtungen nötigt, weil das Projekt sonst eingestellt würde. Deswegen haben wir lieber, so schwer es uns auch gefallen ist, von vornherein Nein gesagt. Wir wollten nichts auf den Weg bringen, was nicht wirklich überlebensfähig ist. Wir machen jetzt Folgendes: Wir geben ein kleines Gutachten in Auftrag zu der Frage, wie es weitergehen könnte. Dafür haben wir genug Geld. Hinzu kommt ein bisschen Grundlagenforschung. Ich hoffe, dass wir das mit den anderen Staaten auf den Weg bringen können. In der Tat gibt es genug Länder, die Interesse an einem solchen Projekt haben. Insbesondere die Luxemburger drängen sehr darauf, dass das Projekt zustande kommt. Es müssten sich aber auch große Staaten wie Frankreich und andere daran beteiligen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt wieder der Kollege Lutze. Thomas Lutze (DIE LINKE): Ich komme noch einmal zurück zum Bereich der klassischen Luftfahrt. Es geht also nicht um die Raumfahrt. Weil Sie in Ihrem Ministerium auch für Fragen des Klimawandels, der Energiepolitik usw. zuständig sind, möchte ich Sie fragen, was die Bundesregierung jenseits der Maßnahmen im Bereich des Emissionshandels plant und für notwendig erachtet, um den CO2-Ausstoß durch die zivile Luftfahrt zu begrenzen. Es ist kein Geheimnis, dass im Verkehrsbereich diesbezüglich an allen Fronten verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Leider wird im Bereich der Luftfahrt relativ wenig gemacht. Mich würde Ihre Position interessieren. Wann werden wir in Deutschland und Europa endlich eine Kerosinsteuer bekommen? Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Die Bundesregierung versucht vor allem, dafür zu sorgen, dass erst gar keine Treibhausgase erzeugt werden, zum Beispiel dadurch, dass auf den Flughäfen mit Elektromobilität gearbeitet wird. Auf dem Frankfurter Flughafen und auf anderen Flughäfen laufen Projekte, bei denen es darum geht, die Flugzeuge mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in ihre Startposition zu bringen. Es gibt Projekte, bei denen es darum geht, dass Flugzeuge nach einem besonderen Anflugverfahren zur Landung kommen. Ziel ist es, zu verhindern, dass sie immer wieder Gas geben und bremsen müssen. Sie sollen quasi smooth einsegeln. Diese Art des Landeanflugs verringert, wenn ich es richtig im Kopf habe, den Ausstoß schädlicher Gase um 60 Prozent, und natürlich wird dadurch auch die Lärmbelastung verringert. Darauf legen wir, um ehrlich zu sein, unseren Schwerpunkt. Dafür vergeben wir auch Gelder aus dem Luftfahrtforschungsprogramm. Wir wollen auch, dass die Turbinen ertüchtigt werden, damit sie erstens leiser und zweitens verbrauchsärmer sind. Das ist das Ziel beim Bau von Flugzeugen: Je leichter ein Flugzeug ist, desto weniger Kerosin wird verbraucht, desto weniger wird in die Luft geblasen. Deswegen trachten wir auch beim Bau von Flugzeugen danach, die Flugzeuge leichter zu machen; Stichwort: 3-D-Druck. (Thomas Lutze [DIE LINKE]: Kerosinsteuer?) – Über die Frage, wie es beim Thema Kerosinsteuer weitergeht, wird innerhalb der Bundesregierung immer mal wieder diskutiert. Soweit ich das sehe, gibt es da in dieser Legislaturperiode keinerlei Änderungen. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Ministerin, für die Beantwortung der Fragen zu diesem Bereich. Wir kommen jetzt zu den Fragen zu anderen Themen der heutigen Kabinettssitzung. Die erste Frage stellt der Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich denke, heute ist ein guter Tag, weil das Kabinett etwas sehr Richtiges beschlossen und gezeigt hat, dass Deutschland ein souveräner Rechtsstaat ist, so wie Herr Bundespräsident Steinmeier vorhin auch gesagt hat, dass Demokratie davon lebt, dass sie eine Fehlerkultur zulässt und die Chance zur Selbstverbesserung bietet. Sie haben einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung und Entschädigung der Paragraf-175-Opfer verabschiedet. Allerdings ist mir bei den Entschädigungsregelungen aufgefallen, dass da meines Erachtens eine Lücke klafft. Sie entschädigen für das Strafurteil und für die Haftzeiten. Allerdings hatte damals, vor 1969, ein eröffnetes Ermittlungsverfahren nach § 175 StGB auch dann zur Vernichtung der sozialen Existenz geführt, wenn es aus Mangel an Beweisen zu einer Einstellung des Verfahrens oder zu einem Freispruch kam. Den Leuten wurde trotzdem gekündigt, sie wurden aus dem Beamtenverhältnis entlassen und verloren oftmals auch ihre Wohnung. Deshalb frage ich Sie: Was bekommt jemand, der auf diese Art und Weise mit der Vernichtung seiner sozialen Existenz bestraft wurde, weil ein Verfahren eröffnet wurde, ohne dass es zu einem strafrechtlichen Urteil kam, und warum sind die Berufs- und Rentenschäden, die Leute außerstrafrechtlich erlitten haben, anders als bei den Opfern des Nationalsozialismus nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz kein Anknüpfungspunkt für Entschädigungsleistungen? Vielleicht weiß das Herr Lange genauer. Vizepräsidentin Petra Pau: Zuallererst hat die Ministerin das Wort. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Dieser Gesichtspunkt ist heute im Kabinett nicht angesprochen worden, Herr Abgeordneter. Deswegen würde ich in der Tat den Kollegen Lange bitten, die Beantwortung der Frage zu übernehmen. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Kollege Beck, zunächst herzlichen Dank, dass Sie den Gesetzentwurf der Bundesregierung so würdigen. Sie wissen, Bundesminister Maas war es ein Herzensanliegen, hierzu auf jeden Fall in dieser Wahlperiode noch zu einem Ergebnis zu kommen. Zu Ihrer ersten Frage, was mit denjenigen passiert, die kein Strafurteil bekommen haben, aber deren Existenz trotzdem zerstört worden ist, und dies in vielfacher Hinsicht, worauf Sie zu Recht hingewiesen haben: Sie wissen, dass wir insbesondere, was ihre soziale Existenz und ihre Anerkennung in unserer Gesellschaft anbelangt, ein Verfahren der Kollektiventschädigung vorgesehen haben. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nützt denen aber gar nichts!) Dieses Verfahren der Kollektiventschädigung ist freilich nicht im Gesetz normiert, sondern in anderer Form. Deshalb darf ich Ihnen darauf wie folgt antworten: Ergänzend und parallel zum Gesetzentwurf der vorgesehenen Individualentschädigung ist diese Kollektiventschädigung vorgesehen. Für viele Betroffene steht der Wunsch nach einer Kollektiventschädigung im Vordergrund, während eine Individualentschädigung eher nachrangig betrachtet wird. Das haben wir insbesondere in vielen Gesprächen in Erfahrung gebracht, die wir geführt haben. (Zuruf von Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Außerdem haben auch ohne Verurteilung bereits die Existenz der Strafvorschrift und die damit verbundene Stigmatisierung, auf die Sie hingewiesen haben, zu einer Einschränkung der Lebensführung geführt. Die Kollektiventschädigung soll haushaltsrechtlich in Form einer institutionellen Förderung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erfolgen. Der Haushaltsgesetzgeber hat im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2017 vorgesehen, dass aus dem Haushalt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Jahr 2017 eine institutionelle Förderung der Magnus-Hirschfeld-Stiftung in Höhe von 500 000 Euro erfolgt. Es ist beabsichtigt, dass diese institutionelle Förderung auch in den Folgejahren in gleicher Höhe wie in 2017 fortgesetzt wird. Ziel der Förderung ist es, die Arbeit der Bundesstiftung langfristig zu stärken und auf eine gesicherte Grundlage zu stellen. Die Stiftungszwecke der Bundesstiftung erfassen gerade auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Strafverfolgung nach dem damaligen § 175 Strafgesetzbuch sowie die Durchführung von Bildungsprojekten zu diesem Thema. Die Bundesstiftung führt nicht nur eigene Projekte wie etwa ein Zeitzeugenprojekt durch, „Archiv der anderen Erinnerungen“ genannt, sondern fördert auch Projekte Dritter. Vizepräsidentin Petra Pau: Erst einmal eine Nachfrage. – Kollege Petzold, ist das auch zu diesem Themenbereich? Sonst würde ich dem Kollegen Beck für die Nachfrage das Wort geben. – Gut, dann machen wir erst mit dem Kollegen Petzold weiter und schauen, ob die Ministerin oder der Herr Staatssekretär weiterhelfen können. Harald Petzold (Havelland) (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich würde gerne noch einmal auf die Frage von Herrn Beck zurückkommen – Sie haben sie ja nicht beantwortet –, inwieweit für diejenigen, bei denen keine Verurteilung erfolgt ist, deren Lebenswege aber ebenfalls durch die durchgeführte Ermittlung zerstört worden sind – diese brachte bereits Nachteile mit sich, zum Beispiel die Kündigung von Arbeitsrechtsverhältnissen, die Kündigung der Wohnung, Einschränkungen in der Lebensqualität insgesamt –, Entschädigungen geplant sind. Diese Frage des Kollegen Beck haben Sie nicht beantwortet. Deswegen möchte ich sie gerne noch einmal stellen. Meine Frage hinsichtlich der Kollektiventschädigung haben Sie ja beantwortet; nicht zu meiner Zufriedenheit, aber zumindest haben Sie sie beantwortet. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Der Gesetzentwurf knüpft an ein Strafrechtsurteil an; das ist richtig. Aber wir haben eben auch Kollektiventschädigung für die Fälle vorgesehen, in denen wir ein solches Strafrechtsurteil nicht als Anknüpfungspunkt haben. Darauf habe ich ausdrücklich hingewiesen. Das ist die Antwort auf die Frage. Vizepräsidentin Petra Pau: Dazu, Kollege Beck, die Nachfrage? Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja. – Von der Kollektiventschädigung hat das Kollektiv etwas, aber naturgemäß eben nicht der individuell Betroffene. Ich glaube, Ihnen ist die Folge für das heutige Leben dieser Menschen nicht klar. Wer damals seine Karriere verloren hat, wer seinen Beamtenstatus verloren hat, der hat heute eine geringere Rente, weil er über Jahre hinweg keinen Anschluss an seine bürgerliche Existenz gefunden hat. Deshalb frage ich Sie noch einmal, ob Sie in den parlamentarischen Beratungen vielleicht der Überlegung nähertreten könnten, womöglich auch durch eine Formulierungshilfe des Hauses, dass man einen Härtefonds für die Fälle einführt, in denen das Ermittlungsverfahren zwar nicht zu einer Verurteilung geführt hat, aber die Existenz vernichtet wurde. Dies gilt auch für die Berufs- und Rentenschäden, die nicht zwingend mit einer strafrechtlichen Verurteilung zusammenhängen. Diese zwei Tatbestände, die wir sonst im Entschädigungsrecht der Bundesrepublik kennen, sind hier nicht berücksichtigt worden. Sind Sie in der Lage, dem vielleicht näherzutreten? Oder können Sie begründen, warum Sie finden, dass die Leute heute zu Recht geringere Renten bekommen? Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Herr Kollege Beck, im Respekt vor dem Deutschen Bundestag sage ich Ihnen, dass die Bundesregierung heute im Kabinett entschieden hat. Wir leiten diesen Gesetzentwurf dann im Anschluss dem Bundestag, also Ihnen, zu. Dann obliegt es den Fraktionen, darüber zu entscheiden, ob unser Gesetzentwurf Ihre Zustimmung findet oder nicht oder ob er ergänzt werden soll. Die Bundesregierung beteiligt sich an diesen Gesprächen immer sehr konstruktiv. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Kollegin Haßelmann hat noch eine Nachfrage. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Staatssekretär, darf ich noch einmal nachfragen? Das heißt, Sie haben für all die Personen, die damals mit Ermittlungsverfahren zu kämpfen hatten oder gegen die es Ermittlungsverfahren gab, die aber eingestellt wurden, nichts vorgesehen, auch keinen Härtefonds? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Herr Staatssekretär. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Frau Kollegin, ich habe ausgeführt, dass wir an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen und dass wir für alle anderen Fälle, die wir sehr wohl im Blick haben – so hatten wir es sowohl bei den Eckpunkten als auch in unseren öffentlichen Äußerungen dargestellt –, (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Im Blick“ heißt ja rechtlich nichts!) eine Kollektiventschädigung vorsehen. Vizepräsidentin Petra Pau: Gut. Ich denke, diese Debatte werden wir dann in der weiteren parlamentarischen Befassung fortsetzen. – Ich beende damit die Befragung zum Themenbereich der heutigen Kabinettssitzung. Wir kommen zu darüber hinausgehenden sonstigen Fragen wieder an die Ministerin. Dazu hat die Kollegin Brugger das Wort. Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Ich wollte insbesondere mit Blick auf die Presseberichterstattung, dass Rheinmetall eine Beteiligung an einer Panzerproduktion in der Türkei plant, fragen, ob das Thema „Rüstungsexporte in die Türkei“ in der Kabinettssitzung Thema war, vor allem auch, weil es eine widersprüchliche Berichterstattung darüber gibt, inwiefern die Bundesregierung in diesem Prozess eine Rolle gespielt hat oder nicht. Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Ministerin. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Kollegin, das Thema Rüstungsexporte hat heute keine Rolle in der Kabinettssitzung gespielt. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer weiteren Frage hat der Kollege Mutlu das Wort. Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe keine Frage zur Kabinettssitzung, Frau Präsidentin. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich hatte auch schon den dritten Teil der Regierungsbefragung aufgerufen. Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau. Ich wollte das nur sicherstellen, damit ich nicht dieselbe Antwort wie Frau Kollegin Brugger bekomme. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Wieso? Sie hat danach gefragt. Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Frage richtet sich an die Bundesregierung. Wir haben heute unseren Bundespräsidenten Steinmeier gehört. Er hat sehr prominent für die Freilassung des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel geworben. Wir alle wissen, dass Deniz Yücel inklusive Polizeigewahrsam nun schon seit 35 Tagen in Haft ist, ohne konsularische Betreuung. Man hat zwar über die Presse hin und wieder Entrüstung und Enttäuschung in Richtung Türkei geäußert. Aber ich frage die Bundesregierung: Was tut die Bundesregierung konkret, um mindestens die konsularische Betreuung des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel zu gewährleisten? Die zweite Frage ist: Wann wird Herr Maas in die Türkei bzw. nach Istanbul fliegen, um Herrn Yücel selbst zu besuchen? Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Präsidentin, Staatsminister Roth würde auf die Frage, welche Bemühungen das Auswärtige Amt unternimmt, antworten. Denn selbstverständlich unternimmt die Bundesregierung Bemühungen, um die konsularische Betreuung von Herrn Yücel zu ermöglichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Dann hat der Herr Staatsminister Roth das Wort. Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Lieber Herr Kollege, die Forderung des Bundespräsidenten ist auch die Forderung der gesamten Bundesregierung. Wir sind nach wie vor mit der türkischen Regierung und mit den türkischen Verantwortlichen im Gespräch. Wir sind aber irritiert darüber, dass die türkische Regierung bislang offenkundig nicht bereit ist, ihre konkreten Zusagen einzuhalten. Der türkische Premierminister hat gegenüber der Bundeskanzlerin und der türkische Außenminister gegenüber Außenminister Sigmar Gabriel deutlich gemacht, dass es für Herrn Yücel, der ja sowohl über die türkische als auch über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt, eine konsularische Betreuung gibt. Diese konsularische Betreuung ist derzeit zu unserem großen Bedauern noch nicht möglich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man am Wort des Premierministers oder auch am Wort des Außenministers derartige Zweifel hegen sollte. (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Teil zwei der Frage?) Vizepräsidentin Petra Pau: Ich bitte erst einmal alle, auf die Zeit zu achten. Wir haben verabredet: eine Minute Frage, eine Minute Antwort. Wenn Herr Roth sagt, dass er noch nicht fertig war, dann lasse ich das natürlich noch zu. (Michael Roth, Staatsminister: Nein, ich bin fertig!) – Sie waren fertig. Dann mache ich jetzt darauf aufmerksam, dass es noch fünf Wortmeldungen gibt. Ich bin, obwohl wir die Zeit schon ausgeschöpft haben, bereit, noch alle fünf sonstigen Fragen an die Bundesregierung aufzurufen. Ich bitte alle Fragesteller und natürlich auch die Antwortenden von der Regierungsbank, zu versuchen, sich an die verabredete Frage- und Antwortzeit zu halten, sodass wir den vorhandenen Fragebedarf noch abdecken können. Das Wort hat der Kollege Kekeritz. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. – Nach Auskunft von Stephen O‘Brien rollen wir gerade auf die größte humanitäre Katastrophe seit 1945 zu. Im Jemen sind 17 Millionen Menschen vom Hunger bedroht. Ursache dafür ist, dass dieses Land auch über das Meer völlig abgeriegelt wird. Diese Abriegelung erfolgt auch von Saudi-Arabien. Wir konnten letzte Woche in der Süddeutschen Zeitung lesen, dass der Bundessicherheitsrat oder das Wirtschaftsministerium – da bin ich mir nicht mehr ganz sicher; ich nehme an, das Wirtschaftsministerium – die Auslieferung von zwei Fregatten an Saudi-Arabien genehmigt hat. Die Begründung lautete wieder: Das sind ja keine neuen Genehmigungen; das sind alte Genehmigungen. Da musste man so handeln. – Heute Morgen habe ich im Deutschlandfunk gehört, dass Waffenlieferungen an die Türkei gestoppt worden sind. Auch hier hat es sich um alte Genehmigungen gehandelt. Wieso kann die Bundesregierung Fregattenlieferungen an Saudi-Arabien, die sicherlich auch zur hermetischen Abriegelung des Jemen dienen, nicht zurückhalten? Vizepräsidentin Petra Pau: Frau Ministerin, Sie haben das Wort. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Die Bundesregierung hat eine Genehmigungsentscheidung zu Altverpflichtungen getroffen, die schon länger bestehen – Sie haben es ja selber referiert; es war ein Paket von mehreren Booten, von denen jetzt zwei Patrouillenboote zur Auslieferung anstanden. Die Frage, was wir im Verhältnis zur Türkei machen, wird die Bundesregierung jetzt gesondert beraten. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Volker Beck. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Das Bundesministerium des Innern hat für die Bundesregierung am Freitag die Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion zum Thema „DITIB, Diyanet, Spionageaffäre“, Drucksache 18/11356, übermittelt. Vor dem Hintergrund der Kenntnis aller Teile der Antwort, insbesondere der Antworten zu Frage 4, frage ich die Bundesregierung: Warum hatte die Spionageabwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutz Mitte Dezember nicht die konkreten Erkenntnisse über die von der Diyanet angeordneten Spionageangriffe, die anderen Stellen der Bundesregierung in Ihrem Verantwortungsbereich bereits seit Wochen vorlagen? Sollten Sie das nicht unmittelbar beantworten können, was ja immer mal vorkommen kann, dann bin ich auch mit einer ausführlichen schriftlichen Nachbeantwortung zufrieden. Vizepräsidentin Petra Pau: Ich sehe, Staatssekretär Schröder ist bereit, hier zu antworten. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Vielen Dank für Ihre Frage. – Ich glaube, es ist vor allem notwendig, dass Sie mir die Frage einmal schriftlich geben, damit ich sie überhaupt verstehe und sehe, wo ein möglicher Widerspruch vorhanden ist, den Sie hier ja konstruieren. Von daher schlage ich vor, dass wir das auf dem schriftlichen Wege machen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich geht das so nicht! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich kann es erläutern!) Vizepräsidentin Petra Pau: Erläutern können wir diese Frage jetzt nicht mehr, Kollege Beck. Wir werden schauen, inwieweit die Frage übermittelbar ist oder ob sie noch einmal in anderer Form gestellt werden muss. – Die nächste Frage stellt die Kollegin Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Ich würde die Wirtschaftsministerin gerne noch einmal zu den Rüstungsexporten in die Türkei befragen. – Wir haben uns sehr gefreut, heute zu lesen, dass die Bundesregierung jetzt auch Genehmigungen nicht erteilt. Allerdings hat Rheinmetall gleichzeitig verkündet, dass die Bundesregierung nichts damit zu tun habe, wenn Rheinmetall ein türkisches Partnerunternehmen dabei unterstützt, dort eine eigene Panzerproduktion aufzubauen. Man fragt sich natürlich, wie das sein kann. Wird die Bundesregierung mit der Firma Rheinmetall darüber sprechen, und ist es richtig, dass dort keine Genehmigung erforderlich ist, obwohl das Know-how und die Technologie von Rheinmetall zur Produktion von Panzern in die Türkei transferiert werden? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Ministerin. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Kollegin Keul, die Bundesregierung kommt den strengen gesetzlichen Vorschriften im Bereich der Rüstungskontrolle nach. Deswegen wird jeder einzelne Export geprüft und über jeden einzelnen entschieden. In diesem Zusammenhang werden wir auch über die Exporte entscheiden, die in die NATO-Staaten gehen, weil auch sie genehmigt werden müssen; das ist völlig klar. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang auch über die NATO-Staaten reden. Zur Frage, wie es mit dem Unternehmen, das von Rheinmetall und anderen gegründet wurde, und dem, was dort gebaut werden soll, aussieht: Das ist zunächst einmal nicht Teil der Genehmigungspraxis. Wir werden uns aber selbstverständlich damit befassen. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Frage stellt der Kollege Willsch. Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Ich will noch einmal das Thema Yücel aufgreifen. – Er ist bei mir in der Nähe – Flörsheim ist 30 Kilometer entfernt – zur Welt gekommen und zur Schule gegangen. Dieser Fall zeigt ja die Schwierigkeiten und Probleme, die bei einer doppelten Staatsbürgerschaft zu gewärtigen sind. Ich fordere bei jeder Gelegenheit, dass Herr Erdogan aufhören soll, Journalisten einzusperren, und Deniz Yücel freigeben soll. Er hält mir aber natürlich entgegen: Das ist mein Türke; mit dem gehe ich um, wie ich es für richtig halte. Macht das Auswärtige Amt oder das BMI diesen Fall zum Thema, um Menschen, die denken, sie könnten sich aus beiden Staatsbürgerschaften das Beste herausziehen, hier darauf hinzuweisen, welche Gefahren damit verbunden sind? Es geht nicht nur darum, dem Wehrdienst zu entkommen. Das war häufig ein Thema, wenn die Menschen erklärt haben: Wir möchten auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. – Jetzt zeigt sich, dass das Ganze ein bisschen schwieriger und gravierender ist. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mein Gott! Bruce Willis! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jeder blamiert sich, so gut er kann!) Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Schröder. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Zunächst einmal geht es darum, alles dafür zu tun, dass Herr Yücel freikommt; das ist selbstverständlich. Das Auswärtige Amt setzt alles dafür in Bewegung, um eine konsularische Betreuung zu organisieren. Aber selbstverständlich zeigt dieser Fall auch die Probleme einer doppelten Staatsbürgerschaft. Herr Yücel wird jetzt in der Türkei wie ein Türke behandelt. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sich jetzt die Auffassung in der Bundesregierung geändert?) Wir haben keinen Anspruch darauf, ihn konsularisch zu betreuen. Das sind die Gefahren, die mit der doppelten Staatsbürgerschaft zusammenhängen. (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Vielen Dank!) Vizepräsidentin Petra Pau: Jetzt hat die Kollegin Brugger das Wort zu einer Frage. Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Ministerin. – Noch einmal eine Frage mit Blick auf die geplante Panzerproduktion durch Rheinmetall in der Türkei. Der Chef von Rheinmetall hat gesagt, er sei in engen strategischen Gesprächen mit der Bundesregierung über dieses Vorhaben gewesen. Die Bundesregierung selbst hat erklärt, über presseöffentliche Informationen hinaus habe sie dazu keine Erkenntnisse. Gab es mit Blick auf die Beteiligung an der Panzerproduktion in der Türkei im Vorfeld durch die Bundesregierung eine Art Zustimmung, irgendeine Form von Austausch, irgendwelche Genehmigungen? Falls nicht: Sehen Sie dort nicht eine große Gesetzeslücke, wenn deutsche Unternehmen so die deutschen Rüstungsexportregeln umgehen? Vizepräsidentin Petra Pau: Bitte, Frau Ministerin. Brigitte Zypries, Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Abgeordnete, es ist, wie ich Ihnen schon sagte: Die Bundesregierung wird sich mit dieser Thematik befassen. Dann werden wir Ihnen dazu gerne Auskunft geben. Vizepräsidentin Petra Pau: Die letzte Frage in diesem Teil unserer Tagesordnung stellt die Kollegin Haßelmann. Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie die Frage zugelassen haben. – Über die Auskunftsfreudigkeit des Kollegen Schröder kann man ja nur staunen. Der Kollege Willsch stellte hier im Hinblick auf Doppelstaatlerinnen und Doppelstaatler in unserem Land, von denen es sehr viele gibt, eine Frage voller Unterstellungen. (Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Was habe ich denn unterstellt?) Und der Kollege Schröder nutzte die Antwort der Bundesregierung als Gelegenheit dazu, zu erklären: Es gibt erhebliche Probleme mit den doppelten Staatsbürgerschaften. – Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ich möchte jetzt einmal wissen, ob das die Auffassung der Bundesregierung ist. Ich weiß nicht, wen ich dazu befragen kann und ob dafür das Bundeskanzleramt zuständig ist. Es könnte zum Beispiel die Migrationsbeauftragte, Frau Özoğuz, oder wieder Herr Schröder antworten, der sich dann wieder ganz auskunftswillig zeigen und erklären wird, dass das alles nicht so gewesen ist. Wir alle haben es gerade gehört. (Manfred Grund [CDU/CSU]: Was haben wir gehört? Jeder hört das, was er will!) Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Frau Kollegin, das Bundesinnenministerium ist für das Staatsangehörigkeitsrecht zuständig. Von daher möchte ich gerne auf Ihre Frage eingehen. Es ist keine politische Meinung, die ich geäußert habe. Das sind rechtliche Tatsachen. Der Kollege Willsch hat gefragt, welche Auswirkungen die doppelte Staatsbürgerschaft für den Fall hat, dass ein Mensch die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat und beispielsweise in der Türkei strafrechtlich verfolgt wird. Es ist so, dass Herr Yücel dadurch, dass er beide Staatsbürgerschaften hat, in der Türkei als Türke behandelt wird. Wenn ein Deutscher auch die türkische Staatsbürgerschaft hätte, würden wir in Deutschland das übrigens ganz genauso machen. Darin liegt das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft im Fall Yücel: Die konsularische Betreuung von Herrn Yücel wäre selbstverständlich unproblematisch möglich, wenn er nur die deutsche Staatsbürgerschaft hätte. Die Türkei kann mit vollem Recht sagen: Dieser Mensch ist türkischer Staatsbürger. Wir behandeln ihn als Türken. Die deutsche Regierung hat über die Botschaft kein Recht, Herrn Yücel konsularisch zu betreuen, weil er türkischer Staatsbürger ist. (Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Das ist keine politische Auffassung, sondern das ist rechtliche Realität. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist außenpolitisch unverantwortlich! – Manfred Grund [CDU/CSU], an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Das ist Quatsch! Das passt in euer Bild nicht rein! Das ist die Wirklichkeit! – Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, der Mann hat die deutsche Staatsbürgerschaft! – Gegenruf des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU]: Ja, und? Das wird nicht anerkannt!) Vizepräsidentin Petra Pau: Auch diese Debatte wird uns erhalten bleiben. Aber ich beende jetzt die Befragung und bitte die Kollegen sowohl der Unionsfraktion als auch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wieder um Aufmerksamkeit. (Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Manfred Grund [CDU/CSU], an Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Wenn hier ein Oberseminarist sitzt, dann sind Sie es, Herr Beck!) – Kollegen, können wir weitermachen? Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf: Fragestunde Drucksache 18/11554 Ich rufe die mündlichen Fragen in der üblichen Reihenfolge auf. Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Zur Beantwortung steht die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter zur Verfügung, und – Entschuldigung, Frau Ministerin – ich hole das noch nach: Herzlichen Dank für die Auskünfte. Durch das etwas turbulente Ende des ersten Tagesordnungspunktes hatte ich es versäumt, diesen Dank auszusprechen. Wir beginnen mit der Frage 1 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl: Besteht aus fachlicher Sicht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die Notwendigkeit, die hierzulande angefallenen und lagernden grafithaltigen abgebrannten Brennelementkugeln zur Konditionierung ins Ausland zu exportieren, um sie in einem hiesigen tiefengeologischen Endlager endlagern zu können oder nicht (bitte mit ausführlicher Begründung), und kann das BMUB bestätigen, dass es bei Exportgenehmigungen für hochradioaktive Abfälle weiterhin für die Prüfung des atomrechtlichen Erfordernisses der schadlosen Verwertung und die Fachaufsicht zuständig ist (bitte ausführlich darlegen; vergleiche Pressemitteilung Nr. 190/10 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 6. Dezember 2010)? Bitte, Frau Staatssekretärin, Sie haben das Wort. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Danke, Frau Präsidentin. – Liebe Frau Kollegin Kotting-Uhl, die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für bestrahlte Forschungsreaktorbrennelemente bleibt infolge der derzeit im parlamentarischen Verfahren befindlichen Ausfuhrregelungen im Entwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Standortauswahlgesetzes und anderer Gesetze dann zulässig, wenn erst durch die Behandlung im Ausland die Herstellung von endlagerfähigen Abfallgebinden ermöglicht wird, die in Deutschland eingelagert werden sollen. Das BMUB hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies für die Endlagerung hierzulande angefallener und lagernder grafithaltiger abgebrannter Brennelementekugeln erforderlich ist. Das BAFA unterliegt bei der Ausfuhr von Kernbrennstoffen der Fachaufsicht des Bundesumweltministeriums und ist daher an die fachlichen Weisungen des Bundesumweltministeriums gebunden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Ausfuhr prüft das BAFA auch die sichere Behandlung der radioaktiven Abfälle und bestrahlten Brennelemente im Ausland. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Das ist ja eine der Ausnahmen, die jetzt im Standortauswahlgesetz festgeschrieben wird: zur Konditionierung ins Ausland transportieren, aber dann zur Endlagerung zurückholen. Meine erste Nachfrage: Ab wann kann aus Sicht des BMUB für einen solchen Transport eine Exportgenehmigung frühestens erteilt werden, und vor allem: Kann ein diesbezüglicher Exportantrag zwecks Konditionierung positiv beschieden werden, bevor das Endlager auf Basis des Verfahrens mit all seinen Kriterien usw. ausgewählt ist? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Frau Kotting-Uhl, Ausfuhrgenehmigungen zur Herstellung endlagerfähiger Gebinde können erst dann erteilt werden, wenn die Endlagerungsbedingungen des neuen Endlagers feststehen. Das ist erst mit Abschluss des Standortauswahlverfahrens der Fall. Insofern ist es dann eigentlich auch klar, dass es vorher keine Genehmigung gibt, weil die Bedingungen ja nicht klar sind. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gut, danke. Also nach Zielvorgabe frühestens 2031, wobei Sie ja wissen: Da gibt es unterschiedliche Auffassungen. Das wird wahrscheinlich eher später sein. Ich habe noch eine zweite Frage. In meiner Frage habe ich auf eine BMU-Pressemitteilung vom 6. Dezember 2010 Bezug genommen. Dies betraf den Rossendorfer Atommüll, der damals in das russische Majak verbracht werden sollte, was dann vom damaligen Bundesumweltministerium gestoppt wurde. Gab es für diesen Rossendorfer Atommüll nach dem 6. Dezember 2010 noch andere Exportanträge? Und falls ja, wann und mit welchem Bestimmungsziel? Und wie ging das Bundesumweltministerium damit um? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Nein, Es gab keine anderen Anträge auf Ausfuhr dieser Brennelemente. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Bitte. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 2 des Kollegen Hubertus Zdebel: Welche Atomkraftwerke und sonstigen Atomanlagen in Deutschland waren am 10. März 2017 von dem „Renegade“-Vorfall nach dem Abbruch des Funkkontakts zu einer Passagiermaschine der Air India betroffen (siehe zum Beispiel www.presseportal.de/pm/7899/3586471), und welche Schutz- bzw. Sicherungsmaßnahmen sind dort jeweils ergriffen worden? Bitte, Frau Staatssekretärin. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Lieber Kollege Zdebel, Grundlage der Maßnahmen in den Atomkraftwerken bei einem „Renegade“-Vorfall ist der „Renegade“-Rahmenplan KKW, und dieser Rahmenplan gilt ausschließlich für die Atomkraftwerke und legt die Einzelheiten der Warnung und Alarmierung fest. Am 10. März dieses Jahres wurden auf der Basis des „Renegade“-Rahmenplans KKW mit einem sogenannten Voralarm alle Atomkraftwerke, die über nukleares Inventar verfügen, über den „Renegade“-Vorfall informiert. Ein Voralarm ist die schnellstmögliche Information zur Einleitung vorsorgender Maßnahmen in den Anlagen. Zu diesen betreiberseitigen Maßnahmen, die nach einem Voralarm in der Anlage veranlasst werden, gehört unter anderem die Teilräumung der Gebäude. Die Maßnahmen bei Eingang eines Voralarms sind in den Betriebsvorschriften der jeweiligen Anlage festgelegt und werden in der Verantwortung der Anlage und unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation vor Ort veranlasst. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Danke für die Antwort, Frau Staatssekretärin. – Ich habe eine konkrete Nachfrage. Sie sprachen gerade davon, dass in dem Fall nur die Atomkraftwerke betroffen seien. Wie sieht das mit anderen Atomanlagen in Deutschland, zum Beispiel der Urananreicherungsanlage in Gronau oder der Brennelementefabrik in Lingen, aus? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Die Atomkraftwerke sind die nuklearen Anlagen in Deutschland mit dem höchsten Gefahrenpotenzial bei einem gezielten Flugzeugabsturz. Bei einer rechtzeitigen Warnung und Alarmierung können umfangreiche vorsorgende Maßnahmen zur Minderung eines Schadens eingeleitet werden. Es ist also so, dass das höchste Gefahrenpotenzial im Fokus steht. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Hubertus Zdebel (DIE LINKE): Danke, Frau Präsidentin. – Frau Staatssekretärin, wenn vom „Renegade“-Vorfall die Rede ist, ist für viele Menschen gar nicht nachvollziehbar, was das eigentlich ist. Der WDR hat dafür einen, glaube ich, ziemlich griffigen Begriff geprägt: Luftterroralarm. Auf gut Deutsch gesagt geht es um die Gefahr eines sogenannten Nuklearterrorismus. Nach meinen Informationen – das können Sie vielleicht bestätigen – hat es in den letzten Jahren sechs solcher „Renegade“-Vorfälle gegeben. Bei welchen dieser Vorfälle wurden ähnliche Maßnahmen wie jetzt am 10. März ergriffen? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: In den vergangenen fünf Jahren gab es acht Voralarme für die Atomkraftwerke. Mit einem Voralarm auf Basis des „Renegade“-Rahmenplanes KKW werden die Atomkraftwerke sowie die Lagezentren von Bund und Ländern informiert; sie treffen dann in eigener Verantwortung die entsprechenden Maßnahmen. Eine sofortige Information der Öffentlichkeit über die vorsorglich getroffenen Maßnahmen ist nicht vorgesehen. Ich will es noch einmal für diejenigen verdeutlichen, die noch nichts mit dem Begriff „Renegade“ anfangen können: Es ging darum, dass der Funkkontakt zu einer Passagiermaschine, einer Boing 787, verloren gegangen ist. Vizepräsidentin Petra Pau: Es gibt noch zwei weitere Nachfragen. Die erste stellt die Kollegin Kotting-Uhl. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, ein Punkt ist die Frage der Informationspolitik. Denn man könnte zumindest im Nachhinein über solche Vorfälle informieren. Mir ist völlig klar, dass man Sorge hat, Panik zu wecken. Aber da muss, glaube ich, die Bundesregierung eine Gratwanderung hinbekommen. Ich will aber auf den Hintergrund des Ganzen zurückkommen. Die europaweite Terrorgefahrenanalyse für AKWs nach Fukushima war nicht mehr als ein schlechter Scherz. Plant die Bundesregierung, eine Initiative zu ergreifen, um tatsächlich eine ernsthafte Terrorstresstestanalyse vornehmen zu lassen? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Das Thema Sicherheit insbesondere in Bezug auf das Gefahrenpotenzial ist immer wieder Thema in den jeweiligen Gremien. Vizepräsidentin Petra Pau: Die nächste Nachfrage stellt der Kollege Meiwald. Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank. – Frau Staatssekretärin, durch diesen Fall ist offensichtlich geworden, dass die Anlagen an sich einem solchen Terroranschlag nicht unbedingt gewachsen wären. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung jetzt daraus, was den Schutz der Zivilbevölkerung in der Umgebung angeht? Das Evakuieren der Mitarbeiter schützt vielleicht kurz den einzelnen Mitarbeiter für den Fall, dass etwas passiert, aber die Bevölkerung in der Umgebung hat dadurch keinerlei zusätzlichen Schutz erfahren. Gibt es Konsequenzen, die die Bundesregierung jetzt aus diesem Fall zieht? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Die Bundesregierung hat sich nicht nur mit dem Schutz der Mitarbeiter in den KKWs beschäftigt, sondern sie beschäftigt sich auch sehr intensiv mit dem Schutz der Bevölkerung und der Sicherheit der Anlagen. Insofern verweise ich auch darauf, dass die Aufsicht für die Sicherheit und die Sicherung der Atomkraftwerke bei den Ländern liegt. Vizepräsidentin Petra Pau: Die Fragen 3 und 4 des Kollegen Oliver Krischer sollen schriftlich beantwortet werden. Ich rufe die Frage 5 des Kollegen Matthias Gastel auf: Wird die Bundesregierung die Einführung einer blauen Plakette nun unterstützen, nachdem die EU-Kommission ausdrückliche Unterstützung bekundet hat (vergleiche Stuttgarter Zeitung vom 13. März 2017: „EU-Kommission ist für die Blaue Plakette“), und falls nein, welche kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte für die gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffe Stickoxid und Feinstaub schlägt die Bundesregierung vor? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, die Diskussion innerhalb der Bundesregierung über den Fortgang des Vertragsverletzungsverfahrens aufgrund der Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid dauert noch an. Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich einleitend darauf hinweisen, dass die Feinstaubgrenzwerte im letzten Jahr deutschlandweit mit nur einer Ausnahme – das war Stuttgart – eingehalten wurden. Was macht der Bund? Der Bund unterstützt flankierend auf verschiedene Weise eine umweltfreundliche Mobilität, zum Beispiel in Form der Förderung der Elektromobilität und des ÖPNV. Das kommt auch der NO2-Reduzierung in den Städten zugute. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Es ist eine alles andere als zufriedenstellende Antwort, dass die Bundesregierung hier noch immer keine einheitliche Linie gefunden hat; denn die Grenzwerte, die bei der Luftqualität überschritten werden, sind seit dem Jahr 1999 unverändert. Das heißt, wir haben seit vielen Jahren einen erkennbaren und immer dringlicher werdenden Handlungsbedarf zu verzeichnen. Wir reden in erster Linie über die Stickoxide, Frau Staatssekretärin, und nicht über die Feinstaubbelastungen; denn Letztere stellen nur an wenigen Orten ein Problem dar. Aber an sehr vielen Orten – von München bis hoch nach Kiel – gibt es ein großes Problem mit den Stickoxidbelastungen. Man fragt sich, ob die Bundesregierung die Wirkung der blauen Plakette leugnet bzw. abstreitet oder ob sie den Handlungsbedarf schlicht und ergreifend nicht sieht. Meine Frage an Sie lautet: Nachdem Herr Dobrindt auf eine schriftliche Frage geantwortet hat, die Länder und die Behörden der Länder könnten auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes selber handeln und die Dieselfahrzeuge aussperren – er hat dabei die Euronorm-6-Dieselfahrzeuge einbezogen –, stellt sich die Frage, ob es wirklich im Sinn der Bundesregierung ist, dass die Behörden der Länder jeweils eigene Regelungen erlassen, die festlegen, wer mit welchem Auto wo fahren darf, mit der Folge eines Flickenteppichs innerhalb Deutschlands. Liegt das im Interesse der Bundesregierung? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Sehr geehrter Herr Kollege Gastel, ich kann jetzt nicht für Herrn Minister Dobrindt oder das BMVI sprechen. Wie ich bereits gesagt habe, befinden sich mehrere Vorschläge in der Diskussion. Auch Baden-Württemberg hat eine entsprechende Initiative im Bundesrat gestartet. Aber dafür gibt es noch keine Mehrheit. Wir sind natürlich bemüht, hier eine Lösung zu finden, und sind uns dieser Problematik bewusst. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr lange haben Sie nicht mehr Gelegenheit, sich um eine Lösung zu bemühen; denn die EU-Kommission hat zum wiederholten Mal ein Mahnschreiben nach Berlin geschickt und hat Ihnen die Frist gesetzt, bis Mitte April darauf zu reagieren. Wenn Sie sich innerhalb der Bundesregierung gar nicht einig sind, was Sie von der blauen Plakette, die die EU-Kommission empfiehlt, halten: Was werden Sie denn dann der EU-Kommission bis Mitte April antworten? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Lieber Herr Kollege Gastel, die Europäische Kommission führt in der mit Gründen versehenen Stellungnahme – dem Subsidiaritätsgrundsatz folgend – aus, dass die Wahl der Maßnahmen zur Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt. Die Kommission schreibt die Einführung der blauen Plakette aber nicht verbindlich vor. Die Europäische Kommission ist in Bezug auf Deutschland der Auffassung, dass sich bislang die unter Rückgriff auf die 35. BImSchV eingerichteten sogenannten Umweltzonen als nicht ausreichend erwiesen haben, um den Zeitraum der Nichteinhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte so kurz wie möglich zu halten. Deshalb begrüßt sie die Diskussion in Deutschland über die Fortentwicklung der 35. BImSchV. Genau in der Diskussion darüber befinden wir uns momentan. Vizepräsidentin Petra Pau: Zu einer Nachfrage hat der Kollege Meiwald das Wort. Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe noch eine Nachfrage dazu. Sie sprachen die alternativen Maßnahmen an, die die Bundesregierung zum Beispiel in Form von Förderprogrammen ergreift. Wenn man sich den Bundesverkehrswegeplan vor Augen führt, fragt man sich, ob diese nicht sogar kontraproduktiv sind. Aber darum geht es jetzt nicht. Meine Frage lautet: Wie schätzen Sie ein, innerhalb welchen Zeitraums die von Ihnen angesprochenen Maßnahmen dazu führen werden, dass zukünftig die Grenzwerte der EU-Kommission an allen Messpunkten eingehalten werden? Wenn Sie selber sagen würden, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, damit die Grenzwerte zeitnah eingehalten werden, machen Sie sich dann als Bundesregierung den Vorschlag Baden-Württembergs, eine blaue Plakette einzuführen, auch wenn der bisher noch keine Mehrheit im Bundesrat hat, zu eigen? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Ich knüpfe am Ende an, Herr Kollege Meiwald. Wir werden schauen, bis wann Baden-Württemberg eine Mehrheit für den Vorschlag gefunden hat. (Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der erste Teil der Frage?) – Wir sind, wie gesagt, in der Diskussion über mehrere Maßnahmen, die es geben kann. Das betrifft einmal die blaue Plakette bzw. die Umweltplakettenverordnung, wie auch immer sie aussieht. Es gibt ferner die Differenzierung zwischen geraden und ungeraden Kennzeichen, und es gibt als dritte Möglichkeit die Differenzierung zwischen Dieselfahrzeugen und Benzinern. Darüber befinden wir uns in der Diskussion. (Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich möchte noch mal präzisieren!) Vizepräsidentin Petra Pau: Sie können jetzt leider keine Nachfrage mehr stellen. Wir kommen zur Frage 7 des Kollegen Harald Ebner: Wie ist der Wortlaut der Verständigung innerhalb der Bundesregierung zu neuer Gentechnik, die das BMUB am 16. Februar 2017 in einem Tweet erwähnt hat (vergleiche https://twitter.com/bmub/status/832234772302819329)? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Lieber Herr Kollege Ebner, der Tweet vom 16. Februar bezieht sich auf die Begründung, Teil A I., erster Absatz, im Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes, der vom Kabinett am 2. November beschlossen wurde. Der Wortlaut lautet: Die Bundesregierung geht davon aus, dass auch bei der Freisetzung und dem Inverkehrbringen von Organismen, die mittels neuer Züchtungstechniken wie CRISPR/Cas9 erzeugt worden sind, unter Zugrundelegung des Vorsorgeprinzips und des Innovationsprinzips ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet wird. Vorbehaltlich einer anderweitig bindenden Entscheidung auf EU-Ebene wird zu diesem Zweck im Rahmen von Einzelfallprüfungen im Gentechnikrecht eine prozess- und produktbezogene Betrachtung und Bewertung zu Grunde gelegt. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Uns wurde heute Morgen im Ausschuss gesagt, dass momentan zwei Feststellungsanträge zu mit neuer Gentechnik erzeugten Organismen bei der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit liegen. Inwieweit ist dies mit der Aussage, die in dem Tweet getroffen wurde, dass neue Gentechnik jeweils unter Gentechnikrecht zu bewerten sei, vereinbar? Momentan gilt das geltende Gentechnikrecht und nicht irgendein Entwurf, der im Nirwana hängt. Wenn die Entscheidung, ob es sich um Gentechnik handelt oder nicht, jetzt bei der ZKBS liegt, ist das doch ein Widerspruch. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Es liegen tatsächlich zwei Anträge zur Genehmigung des Anbaus von Pflanzen, die mit NZT erzeugt wurden, beim zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vor. Das Bundesamt für Naturschutz hat eine Stellungnahme zu den Anträgen abgegeben. Es hat sich in beiden Fällen für die Einstufung der Pflanzen als GVO ausgesprochen. Ein Bescheid des zuständigen Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zu den Feststellungsanträgen liegt noch nicht vor. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. – Ich übersetze für die Menschen draußen: NZT soll „neue Züchtungstechnologien“ heißen, was sie aber nicht sind, weil da nichts gezüchtet wird. Es geht vielmehr um Gentechnik, es ist neue Gentechnik. Wir haben heute Morgen im Ausschuss etwas Interessantes gehört. Wir wurden auf eine Veranstaltung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur neuen Gentechnik Ende April aufmerksam gemacht. Es hieß, es sei eine Dialogveranstaltung. Ich wollte fragen, ob das BMUB in diesen Dialog eingebunden ist – es wäre ja spannend, wenn die Ressorts auch miteinander sprechen –, wenn ja, in welcher Form, und, wenn nein, wie das BMUB sicherstellt, dass die in dem besagten Tweet genannte Verständigung, wonach neue Gentechnik unter Gentechnikrecht bewertet wird, so bestehen bleibt und der Wahrheit entspricht. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Lieber Kollege Ebner, mir ist von der Veranstaltung noch nichts bekannt; aber das will auch nichts heißen. Irgendwelche Informationen können ja irgendwo in der Post hängen geblieben sein – was auch immer. Ich werde noch einmal genau darauf schauen. Das zu diesem Punkt. Ich würde sagen: Wenn es ein Dialog ist, dann kann man die unterschiedlichen Positionen – vielleicht gibt es auch gemeinsame Positionen – mit Ihnen diskutieren. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen jetzt zur Frage 6 des Abgeordneten Harald Ebner: Wie steht das BMUB zur Aufforderung der französischen Umweltministerin Ségolène Royal nach der ECHA-Bewertung von Glyphosat, die europäischen Umweltministerinnen und -minister mögen sich auch weiterhin gegen eine Neuzulassung positionieren (vergleiche www.developpement-durable.gouv.fr/segolene-royal-condamne-decision-lecha-ne-pas-classer-cancerogene-probable-glyphosate-et-appelle)? Bitte, Frau Staatssekretärin. Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Herr Kollege Ebner, die Bundesregierung wird ihre Position zu einer Wiedergenehmigung von Glyphosat dann festlegen, wenn die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen entsprechenden Vorschlag zur Wiedergenehmigung vorlegt. Dies ist bisher allerdings noch nicht der Fall. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage, Herr Ebner. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesministerin hat sich am 15. März 2017 in der Deutschen Welle ja schon geäußert. Sie hat gesagt, falls der Stoff wieder zugelassen werde, gehe das nur mit strengen Anwendungsbestimmungen. Sie erwarte, dass die EU-Kommission einen Vorschlag mache, der das klar beachte. Deshalb meine Frage an Sie, Frau Staatssekretärin: Mit welchen konkreten Forderungen aus dem BMUB wird Deutschland in die Abstimmung auf der EU-Ebene gehen? Wie wird das BMUB ganz konkret sicherstellen, dass sich Deutschland auf der EU-Ebene entsprechend positioniert? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Gleich zu Beginn: Für uns sind die Auswirkungen von Glyphosat auf die biologische Vielfalt natürlich entscheidend. Wenn unvertretbare Auswirkungen aufgrund der Anwendung eines beantragten Mittels auf die biologische Vielfalt im Rahmen der Antragsprüfung ermittelt werden, dann müssen die Mitgliedstaaten dem entgegenwirken, zum Beispiel, indem sie Bedingungen für die Anwendung festlegen. Diese sollen die befürchteten Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittels so weit absenken, dass sie vertretbar sind; denn die Mitgliedstaaten dürfen ein Pflanzenschutzmittel nur dann zulassen, wenn keine unvertretbaren Auswirkungen zu befürchten sind. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die biologische Vielfalt, sondern für alle Arten von Auswirkungen auf die Umwelt. Wir denken, dass quasi das Bereithalten ökologischer Ausgleichsflächen ein geeignetes Instrument für eine hinreichende Risikominderung sein kann. Wir sind aber auch für jede Art eines anderen Instruments offen, das vorgeschlagen wird, sofern damit das Ziel erreicht wird, dass unvertretbare Auswirkungen auf die biologische Vielfalt hinreichend gemindert werden. Das heißt, wir wollen Bedingungen, die gewährleisten, dass der Schutz der biologischen Vielfalt bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ausreichend berücksichtigt wird. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Ebner, Sie haben das Wort zur zweiten Nachfrage. Harald Ebner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke, Frau Präsidentin. – Ich stelle fest: Das BMUB räumt jetzt schrittweise seine Position. Ich möchte jetzt noch auf einen anderen Aspekt zu sprechen kommen. Die Zeitungen Welt, Süddeutsche Zeitung und Frankfurter Rundschau sind derzeit voll mit Artikeln, in denen die Frage behandelt wird, wie manche Studien zustande kommen. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den aktuellen Enthüllungen zum Fall „Monsanto ghostwriting“? Es geht um von Monsanto geschriebene Studien, die mit, ich sage mal, den Namen scheinbar unabhängiger Wissenschaftler geschmückt wurden, die auch bei uns in Anhörungen zu Glyphosat saßen. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung dahin gehend, ob sie auf dieser Basis noch der Studiengrundlage des Glyphosat-Bewertungsverfahrens vertraut und ob überhaupt eine Neuzulassung auf so einer Basis erfolgen kann? Rita Schwarzelühr-Sutter, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Ich möchte erst einmal auf Ihre Eingangsbemerkung, dass wir unsere Position räumen, eingehen: Das tun wir keinesfalls. Wir haben von Anfang an in dieser Diskussion um Glyphosat in dem Bereich, wo wir zuständig sind, Wert auf den Schutz der biologischen Vielfalt gelegt; sie steht bei uns im Fokus. Beim BMG steht die Gesundheit im Fokus; wir sind für die biologische Vielfalt zuständig. Ich habe Ihnen gerade noch einmal erklärt, wo die Mitgliedstaaten einwirken werden, sollte es dazu kommen. Jetzt muss erst einmal der Vorschlag auf dem Tisch liegen, sodass wir wissen, wie er aussieht. Dann können wir über Bedingungen reden, an die es geknüpft werden soll. Schließlich kann die Umsetzung Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Im Übrigen verweise ich darauf, dass sich die Bundesregierung Studien anderer nicht zu eigen macht. Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Frau Staatssekretärin. – Wir sind damit am Ende Ihres Geschäftsbereichs. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel zur Verfügung. Wir beginnen mit der Frage 8 des Kollegen Uwe Kekeritz: In welcher Höhe wurden in den vergangenen drei Jahren im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe Mittel für die Länder Nigeria, Südsudan, Äthiopien, Somalia, Kenia und Jemen bereitgestellt (bitte nach Ländern auflisten), und hält die Bundesregierung ihre derzeitigen Beiträge vor dem Hintergrund der frühen Warnungen vor Dürre und Hungersnot (unter anderem durch den Brief der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth, Heike Hänsel und Niema Movassat an den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dr. Gerd Müller vom 10. März 2016) für angemessen? Bitte, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich hatte den Kollegen so verstanden, dass diese Frage schriftlich beantwortet werden soll. Aber sie soll jetzt doch behandelt werden. – Okay. Wir haben eine große Krise am Horn von Afrika. Deshalb haben wir bereits in den Jahren 2011 bis 2015 unsere Mittel merklich erhöht. Wir haben das auf diesem hohen Niveau 2016 fortgesetzt. Angesichts der großen Krise werden wir im Jahr 2017 Mittel in mindestens der gleichen Höhe zur Verfügung stellen. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke. – Es ist richtig; Sie haben die Frage heute Morgen schriftlich beantwortet. Aber ich habe darum nicht gebeten. Sie haben es gemacht; danke schön. Aber die Antwort wirft neue Fragen auf. Zum einen haben wir auch nach den humanitären Hilfen gefragt. Sie haben nur die EZ genannt. Ich wollte wissen, wie Außenministerium und BMZ zusammenarbeiten. Aber gut; das ist vielleicht ein anderes Thema. Zum anderen haben Sie gesagt, dass Sie die Mittel erheblich erhöht haben. Ich stelle fest, dass Sie, wenn man den Zeitraum 2014 bis 2016 betrachtet, die Mittel für Somalia gekürzt haben, die Mittel für den Jemen minimal gekürzt haben, die Mittel für Nigeria minimal erhöht haben, und für den Sudan sind die Mittel weggefallen. Aber: Die Erhöhung kommt daher, dass Sie den Betrag für Kenia um das Elffache erhöht haben. Es ist mir völlig schleierhaft, warum Kenia plötzlich das Elffache bekommt; denn Kenia ist sicherlich nicht das Hungerland. Woher kommt diese Erhöhung? Wenn man diese Erhöhung für Kenia abzieht, dann stellt man fest, dass die Mittel erheblich gekürzt worden sind. Woher also kommt diese Erhöhung für Kenia? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich komme nochmals auf das Gesamtvolumen zu sprechen; hier muss man das Ganze sehen. Ich möchte darauf hinweisen, dass diese Mittel erhöht wurden. Ich muss das auf die einzelnen Jahre und die einzelnen Länder herunterrechnen. Das kann ich jetzt in der Kürze der Zeit nicht. Das will ich aber gern nachholen. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben mir doch die Liste gegeben! Sie haben sie doch auch!) – Ja. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Elffache für Kenia!) Vizepräsidentin Petra Pau: Wir sind in der Fragestunde, nicht im Dialog. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, so ist das!) Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich gehe jetzt einmal die Liste für Kenia durch. Da betrug die bilaterale Hilfe 2014  20 Millionen Euro, im Jahr 2015  21 Millionen Euro. Dann hatten wir im Jahr 2016 für die bilaterale EZ die sehr hohe Summe von rund 225 Millionen Euro. – Ich weiß nur nicht, ob das in der Aufstellung hier im Einzelnen richtig erfasst ist. Das möchte ich gern schriftlich nachreichen. Vizepräsidentin Petra Pau: Dann können Sie jetzt noch eine zweite Nachfrage stellen. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann bedanke ich mich für das Nachreichen. Es kann natürlich ein Fehler sein. Aber nach den vorliegenden Zahlen haben Sie die Mittel gekürzt. Das möchte ich nur festhalten. Das Zweite, was mich interessiert: Minister Müller ist, was Public Relations angeht, Weltmeister. Das macht er hervorragend. Er fordert nur 10-Milliarden-Töpfe. Auch die letzte Forderung zum Thema Hungerbekämpfung war: 10 Milliarden US-Dollar. Inwieweit ist denn diese Forderung im Kabinett oder auf europäischer Ebene schon abgesprochen? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Herr Minister Müller ist sich darüber im Klaren, dass die Bewältigung der großen Herausforderungen, die am Horn von Afrika sichtbar sind, auch entsprechend finanziell unterlegt werden muss. Das kann sicher nicht Aufgabe Deutschlands allein sein; wir sind jetzt schon der zweitgrößte Geber überhaupt. Also müssen wir auf der europäischen Ebene vorstellig werden – das hat der Minister getan –, um die Mitgliedsländer der Europäischen Union für Beiträge zu gewinnen. Das muss auch in einer Weise auf den Weg gebracht werden, die flexible Handhabungen ermöglicht. Deswegen hat der Minister die Forderung erhoben, einen entsprechenden Fonds einzurichten. Er hat das auch im Entwicklungsministerrat vorgetragen. Vizepräsidentin Petra Pau: Wir kommen damit zur Frage 9 des Kollegen Kekeritz: Wie hoch sind die Haushaltsmittel, die laut dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen Dr. Michael Meister für den sogenannten Marshallplan mit Afrika zur Verfügung stehen (vergleiche die Antwort der Bundesregierung auf meine mündliche Frage 26, Plenarprotokoll 18/220), und nach welchen Kriterien werden die Partnerländer, die im Rahmen des sogenannten Marshallplans mit Afrika unterstützt werden sollen, ausgewählt? Bitte, Herr Staatssekretär. Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Bei dem Marshallplan handelt es sich um ein hochinnovatives Zukunftskonzept. Wir haben jetzt die Eckpunkte dieses Marshallplans fixiert. Das ist Voraussetzung für den Eintritt in die Diskussion. Wir wollen nämlich eine Umsetzung dieses Marshallplans – der einem Paradigmenwechsel der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit gleichkommen wird – erreichen. Auf diesem Wege werden wir anschließend – wenn wir das in die Wege geleitet haben – reformorientierte Partnerländer stärker als bisher unterstützen. In diesem Zusammenhang möchte ich bemerken, dass es sich hier um einen Plan mit Afrika und nicht für Afrika handelt. Das heißt, wir entwickeln das im Dialog und nicht irgendwie im Alleingang. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herzlichen Dank. – Für die Öffentlichkeit: Ich habe die Frage, wie viel Geld da hinterlegt ist, bestimmt schon siebenmal gestellt. Der Kollege Meister hatte mir versprochen, er würde schriftlich antworten. Ich habe keine Antwort bekommen. Sie haben es aber natürlich erklärt: Wir brauchen überhaupt kein Geld; denn wir haben ja ein innovatives Konzept, und dadurch wird das sicherlich kompensiert. Ich wollte wissen, welche Reformländer denn damit gemeint sind und welche Konsequenzen das denn eigentlich für Länder hat, die nicht ausgewählt werden. Insbesondere habe ich die Frage: Was passiert mit den LDCs bzw. mit den Menschen in diesen Ländern? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Zunächst einmal zum Geld: In dieser Zeit geht es darum, das Geld des Steuerzahlers besonders sorgfältig zu verwenden bzw. zweimal umzudrehen und präzise einzusetzen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich jetzt erst einmal darum, das Geld intelligenter als bisher einzusetzen. Das wollen wir quasi als Katalysator betrachten. Das heißt, wir brauchen im Augenblick keine weiteren ODA-Mittel, sondern wir möchten den ersten Schritt aus der Substanz heraus tun, um dann im Weiteren zu sehen, welche Entwicklung sich ergibt. Wir sehen da sehr gute Möglichkeiten, wenn wir eben auch andere Maßnahmen ergreifen. Ich möchte einmal nennen: Wir müssen beispielsweise mehr private Investitionen mobilisieren und Eigenmittel der Partner generieren. Das ist in der Vergangenheit viel zu wenig getan worden. Ich möchte dann darauf hinweisen, dass in dieser Hinsicht zum Beispiel auch die Frage zu bearbeiten ist, wie wir bessere Instrumente, Vorschriften und Rahmenbedingungen – beispielsweise durch die Bekämpfung illegaler Finanzströme oder die Beförderung von Steuermehraufkommen in Afrika – schaffen. Wir haben hier große Fragen zu stellen. Die Antworten müssen wir gemeinsam mit den Partnern erarbeiten. – Aus der so erzielten Substanz heraus kann dann wahrscheinlich mehr geschehen, als in der Vergangenheit durch das Gießkannenverfahren stattgefunden hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Danke schön. – Eine sinnvolle Verwendung von Geldern ist natürlich immer sinnvoll. Das ist per se richtig. Allerdings habe ich jetzt Ihrer Antwort entnommen, dass Sie die Gelder umschichten wollen. Das heißt, Sie wollen es aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Wasser und Sanitäres herausnehmen. Irgendwo muss es ja herkommen. Das wird dann natürlich in der Entwicklungspolitik fehlen. Kohärenz ist das zentrale Thema bei uns in der Entwicklungszusammenarbeit. Wie passt denn der Marshallplan mit den Plänen zusammen, die genau das Gleiche enthalten? Ich spreche hier vom External Investment Plan der EU. Damit soll genau so eine Investitionsinitiative gefördert werden. Schäuble will einen „Compact with Africa“ kreieren. Damit soll das Gleiche gemacht werden. Der Marshallplan fügt sich genau in diese Logik ein. Inwieweit kann man denn überhaupt noch von Transparenz und Kohärenz sprechen, wenn hier drei ganz, ganz große Initiativen parallel gestartet werden sollen? Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Erstens malen Sie da ein bisschen den Teufel an die Wand, wenn Sie vortragen, was dann überall nicht mehr passieren würde. Es gibt doch in jedem Jahr sehr viele Positionen, bei denen die Ansätze nicht voll ausgeschöpft werden. Das müssen wir uns einfach kritischer anschauen und darauf sehen, wo es im finanziellen Bereich verfügbare Substanzen gibt. Es kommt nicht überall zu Einsparungen bei Projekten, die laufen; vielmehr gibt es in einem Haushalt sehr vieles, das gestaltbar ist. Das als erste Bemerkung. Das Zweite. Sie dürfen davon ausgehen, dass Minister Müller und Minister Schäuble – beide kommen aus Süddeutschland – etwas von Zusammenführen von Geld und von Effizienzgewinnen verstehen. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo er recht hat, hat er recht! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das können Wessis auch, Kollege Fuchtel! Das können auch Ossis und Nordis!) Wir werden das so handhaben, dass wir ein Zusammenwirken der verschiedenen Instrumente durchführen. Wenn Sie diese Begriffe hier einführen, dann sage ich: Jawohl, das sind neue Begriffe in der Entwicklungspolitik, Begriffe, die dringend notwendig sind, um in Afrika besser voranzukommen, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine dritte Frage!) Vizepräsidentin Petra Pau: Eine dritte Frage sieht unsere Geschäftsordnung nicht vor. Deshalb sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. – Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär Fuchtel. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Die Fragen 10 und 11 des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Frage 12 des Abgeordneten Niema Movassat, die Fragen 13 und 14 des Abgeordneten Omid Nouripour, die Fragen 15 und 16 der Abgeordneten Sevim Dağdelen, die Fragen 17 und 18 der Abgeordneten Heike Hänsel sowie Frage 19 des Abgeordneten Andrej Hunko werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern. Die Frage 20 des Abgeordneten Andrej Hunko, die Fragen 21 und 22 der Abgeordneten Ulla Jelpke, die Fragen 23 und 24 der Abgeordneten Erika Steinbach sowie Frage 25 des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange zur Verfügung. Frage 26 des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick wird schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 27 des Kollegen Beck auf, den ich im Moment nicht sehe: Warum war der Bundesregierung und den ihr nachgeordneten Behörden (insbesondere GBA, BND und BfV) der Aufenthalt des Leiters der Abteilung für Auslandsbeziehungen der Diyanet, Halife Keskin, der mit Schreiben vom 20. September 2016 Konsulatsangehörige und Mitarbeitende der DITIB dazu aufgefordert hat, Berichte über Anhänger und Einrichtungen der Gülen-Bewegung anzufertigen und der türkischen Regierung zur Verfügung zu stellen, am 18. Februar 2017 in Deutschland nicht bekannt (vergleiche Antwort auf meine schriftliche Frage 25 auf Bundestagsdrucksache 18/11365; ergänzende Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf meine Nachfrage in der Regierungsbefragung vom 8. März 2017, Plenarprotokoll 18/220, S. 22016), obwohl der Generalbundesanwalt an diesem Tag per E-Mail und Fax über die Anwesenheit von Halife Keskin informiert worden ist und diese durch Fotobeweis belegt ist (vergleiche www.zeit.de/politik/deutschland/2017-03/ditib-spionage-tuerkei-beamter-halife-keskin-sicherheitsbehoerden-deutschland), und welche Konsequenzen hat die Ankündigung des türkischen Außenministers „Demnächst werden Religionskriege in Europa beginnen“ (www.bbc.com/turkce/39290288) für die Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam Konferenz? (Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] betritt den Plenarsaal) Der Herr Staatssekretär Lange hat zur Beantwortung das Wort. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege, zum ersten Teil Ihrer Frage kann ich Ihnen mitteilen, dass der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse zu einem Aufenthalt von Herrn Keskin in Deutschland am 18. Februar 2017 vorlagen. Das Bundeskriminalamt hat auf Nachfrage erklärt, dass es Abfragen in diversen Dateien durchgeführt hat, die seinerzeit keine Bestätigung eines Aufenthalts des Herrn Keskin in Deutschland erbrachten. Ihre E-Mail mit dem Hinweis zu einem Aufenthalt von Herrn Keskin in Deutschland am Samstag, 18. Februar 2017, ist am selben Tag zweifach beim Generalbundesanwalt eingegangen. Diese Nachrichten wurden jedoch am Morgen des Montags, des 20. Februar 2017, um 7.04 Uhr vom Mailkonto der Poststelle gelöscht, bevor das zuständige Ermittlungsreferat Kenntnis davon nehmen konnte. Zugang zu diesem Mailkonto haben nur die Mitarbeiter der Poststelle. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat den Generalbundesanwalt gebeten, diesen Vorkommnissen nachzugehen und für organisatorische Konsequenzen zu sorgen. Zudem sind diese Vorgänge Gegenstand dienstrechtlicher bzw. gegebenenfalls auch disziplinarischer Überprüfungen. Der Eingang Ihres Faxes desselben Inhalts konnte bislang trotz intensiver Recherchen beim Generalbundesanwalt nicht festgestellt werden. Wir haben Herrn Generalbundesanwalt Dr. Frank gebeten, noch heute Abend ins Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach Berlin zu kommen, um über den aktuellen Sachstand der Recherchen und Aufklärungen des Generalbundesanwalts hinsichtlich des Umgangs mit bei der Poststelle eingegangenen E-Mails und bezüglich der in Aussicht genommenen Konsequenzen zu berichten. Soweit Sie im zweiten Teil Ihrer Frage nach Konsequenzen der Äußerungen des türkischen Außenministers für die Mitgliedschaft der DITIB in der Deutschen Islam Konferenz fragen, weise ich darauf hin, dass diese am 14. März 2017 zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode getagt hat. Zur Fortführung und Zusammensetzung der Deutschen Islam Konferenz in der nächsten Wahlperiode wird abzuwarten sein, welche Vorstellungen eine neue Bundesregierung hierzu haben wird. Im Übrigen möchte ich zur grundsätzlichen Haltung der gegenwärtigen Bundesregierung auf die Antwort zu Frage 28 der Kleinen Anfrage Ihrer Fraktion vom 16. Februar dieses Jahres verweisen. Vizepräsidentin Petra Pau: Herr Kollege Beck hat das Wort zur ersten Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Zunächst einmal zum Aufenthalt von Halife Keskin in Köln, meiner Heimatstadt, am besagten Tage: Ist der Bundesregierung inzwischen bekannt, ob er sich zu diesem Zeitpunkt in Köln und wahrscheinlich auch in Oberhausen aufgehalten hat, nachdem er am Tag zuvor in Straßburg war und es Presseveröffentlichungen gibt, die auf einen entsprechenden Link bei Instagram verweisen, in dem ein DITIB-Funktionär oder Religionsattaché eine entsprechende Ablichtung – aufgenommen auf dem Dach der DITIB-Moschee – veröffentlicht hat? Wie beurteilt die Bundesregierung ferner den Umstand, dass man Strafverfolgungsorgane über solche Sachverhalte informiert, diese aber zwei Tage vertrödeln, offensichtlich Faxe in den Papierkorb legen und E-Mails im Posteingang einfach löschen? Dann ist man als Hinweisgeber natürlich irgendwie aufgeschmissen. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Zu Letzterem kann ich Ihnen sagen: Ich teile das; diese E-Mail hätte nie gelöscht werden dürfen. Das ist auch der Grund, warum das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zusammen mit dem Generalbundesanwalt diesen Vorkommnissen nachgeht und für organisatorische Konsequenzen sorgen wird. Zudem werden dienstrechtliche und gegebenenfalls auch disziplinarische Überprüfungen stattfinden. – Das ist das Erste. Das Zweite ist, dass mir der Generalbundesanwalt über das, was ich Ihnen gesagt habe, hinaus nichts mitgeteilt hat. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zu einer zweiten Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die zweite Nachfrage stelle ich – weil ich nur zwei habe – zum zweiten Antwortteil. – Ich würde schon gerne wissen, ob die Bundesregierung nicht meint, dass die Ankündigung durch den Außenminister der Republik Türkei „Demnächst werden Religionskriege in Europa beginnen“ Auswirkungen auf das Verhältnis zur DITIB haben muss. In der Antwort auf unsere Kleine Anfrage, auf die Sie sich gerade bezogen haben, drückt sich die Bundesregierung bewusst und vorsätzlich um eine Antwort auf diese Frage herum. Ich meine, dass es angesichts des gegenwärtigen Standes – die DITIB ist der türkischen Regierung unmittelbar unterstellt und sagt, dass die Imame mit dem deutschen Verein nichts zu tun haben, sondern Dienstvorgesetzter allein die Diyanet in Ankara ist, die ja auch ihre Löhne zahlt und mit ihnen Arbeitsverträge geschlossen hat – und vor dem Hintergrund der Spionageaffäre jetzt mal Zeit ist, zu sagen: Auf dieser Grundlage ist eine Kooperation mit der DITIB als gleichberechtigtem Partner in der Islamkonferenz nicht denkbar. – Es muss in allen Bereichen, übrigens auch in den Bereichen, in denen die DITIB weiterhin gefördert wird, unmittelbare Konsequenzen geben. Ich weiß nicht, auf wen Sie Rücksicht nehmen; aber offensichtlich kommt die Botschaft der Rücksichtnahme in Ankara gegenwärtig nur sehr rudimentär an. Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz: Herr Kollege, zunächst einmal will ich sagen, dass die neue Bundesregierung darüber entscheiden wird, wie mit der Islamkonferenz verfahren wird. Was das Thema der derzeitigen Projektförderung im Zusammenhang mit DITIB anbelangt, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zwei Projekte haben Sie eingestellt!) kann ich Ihnen, auch wenn dieser Bereich wie das gesamte Thema der Islamkonferenz in den Zuständigkeitsbereich des Bundesinnenministeriums fällt, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die Förderung macht das Familienministerium!) trotzdem Folgendes antworten: Die islamischen Verbände können einen wichtigen Beitrag zum Beispiel in den Bereichen der Integration oder der Prävention leisten. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn sie Religionskriege befördern?) Die Bundesregierung beobachtet diese Entwicklungen allerdings sorgfältig. Die weitere Zusammenarbeit mit DITIB im Bereich der Projektförderung wird angesichts der aktuellen Entwicklungen, insbesondere vor dem Hintergrund des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen aus der Türkei entsandte und in DITIB-Gemeinden tätige Imame, fortlaufend geprüft und überprüft. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist unglaublich! Was soll denn noch passieren?) Vizepräsidentin Petra Pau: Danke, Herr Staatssekretär. – Die Frage 28 der Kollegin Zimmermann soll schriftlich beantwortet werden. Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereiches. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Michael Meister zur Verfügung. Die Frage 29 der Kollegin Zimmermann soll schriftlich beantwortet werden. Ich rufe die Frage 30 des Kollegen Volker Beck auf: Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Schreiben der EU-Kommissarin für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität, Marianne Thyssen, vom 1. März 2017, in dem sie die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, den Bundesminister der Finanzen und die Bundesministerin für Arbeit und Soziales darüber informiert, dass die Kommission beschlossen hat, eine Änderung der europäischen Regelungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, die die Indexierung der Familienleistungen an das Lebenshaltungsniveau in den Aufenthaltsstaaten der Kinder ermöglichen würde, nicht einzuführen, und welche Auswirkungen hat dies auf den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines Gesetzes zur Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen vom 10. Februar 2017? Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Frau Präsidentin! Herr Kollege Beck, die Bundesregierung bedauert die ablehnende Haltung der EU-Kommissarin Thyssen zu dem Anliegen, mit einer Änderung der europarechtlichen Koordinierungsvorschriften eine Anpassung der Höhe des Kindergelds zu ermöglichen. Die mit Schreiben vom 13. Februar 2017 eingeleitete Ressortabstimmung über den Gesetzentwurf zur Anpassung kindergeldrechtlicher Regelungen konnte bislang noch nicht abgeschlossen werden. Vizepräsidentin Petra Pau: Sie haben das Wort zur ersten Nachfrage. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor dem Hintergrund, dass Sie es von der Europäischen Kommission schwarz auf weiß haben, dass dieser Gesetzentwurf europarechtlich nicht zulässig ist, frage ich Sie: Verfolgt die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren zu diesem rechtlichen Projekt in der aktuellen Situation tatsächlich weiter, und wie wollen Sie dies gegebenenfalls begründen, wenn es entgegen der Rechtsauffassung der Europäischen Kommission ist? Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Beck, die Bundesregierung wird die Ressortabstimmung zu dem eben erwähnten Gesetzentwurf weiterführen, und sie wird in geeigneter Weise auf die EU-Kommission zugehen, um eine Anpassung der europarechtlichen Koordinierungsvorschriften zum Kindergeld zu erreichen. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie wollen Sie mit Blick auf das gegenwärtig geltende Europarecht Ihren Gesetzentwurf begründen? Sie haben doch die Auffassung der Europäischen Kommission gehört, dass das nicht begründbar ist. Erklären Sie mir also Ihre konkreten Rechtsgründe, die Sie in der jetzigen Situation ins Feld führen. Das ist ja kontrafaktische Rechtspolitik, was Sie hier betreiben. Dr. Michael Meister, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe eben gesagt, dass die Bundesregierung auf die Kommission zugeht. Das hat sie mit dem Brief der drei Bundesminister getan, (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darauf haben Sie ja eine Antwort bekommen!) und das wird sie weiterführen, um dafür zu sorgen, dass das Europarecht so ausgelegt wird, dass dieser Gesetzentwurf umsetzbar ist. Insofern werden wir uns einerseits um eine europarechtliche Veränderung bemühen und andererseits auf nationaler Ebene als Bundesregierung an der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes weiterarbeiten. (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Willkommen in den Tiefen des kontrafaktischen Pragmatizismus!) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war die Frage 30. Die Frage 31 des Abgeordneten Kai Gehring wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Meister, Sie sind damit von weiteren Fragen befreit. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, und ich begrüße die Parlamentarische Staatssekretärin Iris Gleicke. Ich rufe die Frage 32 der Kollegin Sylvia Kotting-Uhl auf: Wann genau (jeweiliges Kalenderdatum bitte) gab es seit der Antwort der Bundesregierung vom 19. Oktober 2016 auf meine mündliche Frage 10, Plenarprotokoll 18/195, weitere Gespräche der Bundesregierung – insbesondere seitens des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und des Bundesministeriums der Finanzen – mit Vertretern der Atomkraftwerke betreibenden Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag (oder damit verbundenen Aspekten) zum Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung (bitte mit vollständiger Angabe aller jeweiligen Gesprächsparteien analog zur oben genannten Antwort der Bundesregierung)? Frau Gleicke. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Sehr geehrte Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Bundesregierung pflegt aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Unternehmen. Zu einer systematischen Erfassung dieser Kontakte ist die Bundesregierung nicht verpflichtet; sie hält diese auch nicht vor. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher grundsätzlich nicht übermittelt werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu Kontakten mit Unternehmensvertretern gekommen ist. Inwieweit dies tatsächlich der Fall war, kann aus den genannten Gründen nicht nachgehalten werden. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungsebene nachvollzogen wurden, wie gewünscht analog zu unserer früheren Antwort. In der Kürze der Zeit kann die Vollständigkeit der nachfolgenden Auflistung für die Beantwortung der Frage nicht garantiert werden. Die nachfolgenden Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Demnach hat die Bundesregierung seit dem 19. Oktober 2016 folgende Gespräche mit Vertretern der kernkraftwerkebetreibenden Energieversorgungsunternehmen im Zusammenhang mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß Artikel 9 § 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung oder anderer Aspekte im Zusammenhang mit diesem Gesetz geführt: Erstens. Am 25. Oktober 2016 wurde ein gemeinsames Gespräch des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, des Bundesministers der Finanzen, Dr. Wolfgang Schäuble, des Chefs des Bundeskanzleramts und Bundesministers für besondere Aufgaben, Peter Altmaier, des Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Rainer Baake, des Staatssekretärs im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Jochen Flasbarth, und folgenden Vertretern der Energieversorgungsunternehmen geführt: Dr. Johannes Teyssen, Vorsitzender des Vorstands der Eon SE, Dr. Leonhard Birnbaum, Mitglied des Vorstands der Eon SE , Dr. Rolf Martin Schmitz, Vorsitzender des Vorstands der RWE AG, Dr. Markus Krebber, Mitglied des Vorstands der RWE AG, Dr. Frank Mastiaux, Vorsitzender des Vorstands der EnBW AG, Thomas Kusterer, Mitglied des Vorstands der EnBW AG, Stefan Dohler, Mitglied des Vorstands der Vattenfall AB, Dr. Axel Pinkert, Mitglied der Geschäftsführung der Vattenfall GmbH, Dr. Florian Bieberbach, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke München GmbH. Zweitens. Vizepräsidentin Claudia Roth: Moment! Auch Sie haben eine Redezeit. Sie sind schon eine Minute drüber. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Präsidentin, als Parlamentarische Staatssekretärin und langjährige Abgeordnete des Deutschen Bundestages achte ich das Fragerecht der Abgeordneten sehr hoch. Die Frau Kollegin Kotting-Uhl fragt sehr detailliert nach. Ich kann diese Frage in 60 Sekunden nicht beantworten. Vizepräsidentin Claudia Roth: Sie hatten nicht 60, sondern 120 Sekunden und sind jetzt eine Minute drüber. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Ich bitte Sie. Vizepräsidentin Claudia Roth: Als Vizepräsidentin achte ich auf die herrschende Geschäftsordnung sehr gut. Ich habe mir erlaubt, auf die Redezeit, die auch Sie als Parlamentarische Staatssekretärin bindet, hinzuweisen. – Bitte schön. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Dann möchte ich mich im Namen der Bundesregierung bei der Frau Abgeordneten Kotting-Uhl entschuldigen. Ich kann Ihnen die Frage gerne schriftlich beantworten. – Ich bitte aber darum, dass das im Ältestenrat geklärt wird. Danke schön. Vizepräsidentin Claudia Roth: Dann bitte ich Sie, die Geschäftsordnung zu ändern. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Das macht aber nicht die Bundesregierung. – Entschuldige bitte. Ich kenne die Geschäftsordnung. Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Kotting-Uhl. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich hatte in der Tat nach allen Teilnehmern gefragt. Allerdings hatte ich ganz dezidiert nur nach den Gesprächen im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gefragt, der im Gefolge des Gesetzes ausgehandelt wurde, mit dem die Empfehlungen der KFK umgesetzt wurden. Ich nehme an, so viele Gespräche wird es dazu nicht gegeben haben. Herr Dr. Schäuble jedenfalls war bei dem Gespräch, das Sie eben genannt haben, dabei. Ich nehme an, dass er auch bei anderen Gesprächen, die in diesem Zusammenhang stattfanden, dabei war. Meine erste Nachfrage bezieht sich auf die Klage gegen die Brennelementesteuer oder Kernbrennstoffsteuer, wie die Koalition sie bezeichnet. Es gab einen klaren Auftrag des Parlaments, in den Verhandlungen über diesen Vertrag dafür zu sorgen, dass die Klage gegen diese Steuer ebenso wie die in Washington anhängige Klage zurückgezogen werden, also die beiden finanzrelevanten Klagen der EVUs, deren Rückzug bis dato nicht angekündigt ist. Meines Wissens hat auch das Finanzministerium in Gestalt von Herrn Dr. Schäuble den starken Wunsch geäußert, dass die Klage gegen die Brennelementesteuer zurückgezogen wird. Meine Frage lautet: Warum hat die Bundesregierung vorletzte Woche trotzdem, ohne entsprechende Zusage der EVUs, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen, also entgegen dem expliziten Wunsch des Bundestages und entgegen dem Wunsch des Finanzministeriums? Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Gleicke, bitte. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Frau Kollegin Kotting-Uhl, ich komme noch einmal auf das zurück, was ich vorhin gesagt habe: Es hat sechs Gespräche gegeben, und zwar mit einer ganzen Reihe von Betroffenen. Deshalb war die Liste auch so lang. Nach dem Gesetz hatten wir schließlich einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auszuhandeln. Daher waren diese Gespräche – das ist ganz klar – zu führen. Ich will daran erinnern, dass die sogenannte Trittin-Kommission empfohlen hat, dass Klagen zurückgezogen werden. Bis auf das Vattenfall-Schiedsverfahren, das in den USA anhängig ist, und die Klage gegen die (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Brennelementesteuer!) Kernelementesteuer – Sie wissen, was ich meine – wurden die Klagen zurückgezogen. Diese beiden Klagen wurden aber tatsächlich nicht zurückgezogen. Die KFK hat die Erwartung geäußert – das war ja auch Teil der parlamentarischen Debatte hier –, dass entsorgungsrelevante Klagen zurückgezogen werden, und die sind in der Tat zurückgezogen worden. Über die Empfehlungen der KFK hinaus, der sogenannten Trittin-Kommission, wurden sogar die sogenannten Moratoriumsklagen, also die Klagen auf Schadenersatz in dreistelliger Millionenhöhe, zurückgezogen. Insofern sind wir mit dem Ergebnis der Verhandlungen durchaus zufrieden. Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Kotting-Uhl, Ihre zweite Rückfrage. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Parlament ist aber vielleicht nicht so zufrieden. Der Rückzug der ganzen Klagen, die Sie jetzt aufgezählt haben, war schon angekündigt, bevor Sie die Verhandlungen über den öffentlich-rechtlichen Vertrag aufgenommen haben. Schon zuvor hatten sich die EVUs bereit erklärt, die Klagen, die mit dem Atomausstieg in Zusammenhang standen und die vom Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden waren – Moratorium usw. –, zurückzuziehen. In den Verhandlungen mit den EVUs ist insofern nichts erreicht worden; denn das war schon davor der Status quo. Bei den 20 Klagen, die zurückgezogen wurden, geht es ja, wie mal jemand sagte, nur um „Peanuts“. Die finanzrelevanten Klagen sind die Klage gegen die Kernbrennstoffsteuer und die Klage von Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht ICSID in Washington. Zu dieser zweiten Klage, zu der Klage von Vattenfall, möchte ich Sie jetzt Folgendes fragen: Nachdem in den Verhandlungen nichts erreicht wurde, ist jetzt die Bundesregierung selbst am Zug. Es gab die klare Bitte des Parlaments, dafür zu sorgen, dass diese Klagen vom Tisch kommen, um die KFK-Empfehlungen und die entsprechende Vereinbarung in der Gesellschaft mit geradem Rücken vertreten zu können. Gab es seit letztem Herbst Gespräche der Bundesregierung mit Vertretern Schwedens – Vattenfall ist ja ein Staatskonzern –, und, wenn solche Gespräche stattgefunden haben, welche Ergebnisse hatten sie? Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Gleicke, bitte. Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie: Dass das Parlament unterschiedlich zufrieden mit den Ergebnissen ist, die die Bundesregierung erreicht hat, kann ich nachvollziehen. Es ist gar keine Frage, dass Ihre Zufriedenheit vielleicht nicht so groß ist wie die anderer Teile des Parlaments. Ich will noch einmal deutlich machen, dass es bei den Empfehlungen, der Debatte und im Zusammenhang mit diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag um die entsorgungsbezogenen Klagen ging, und die sind zurückgenommen worden. Ich will noch einmal sagen: Ankündigungen sind das eine, Tun ist das andere. Insofern hat die Bundesregierung an dieser Stelle das Ziel erreicht. Darüber hinaus sind aber eben auch die Moratoriumsklagen zurückgezogen worden. Deshalb ist das, was die Bundesregierung über die Empfehlungen hinaus erreicht hat, die wir hier debattiert haben, ein sehr gutes Ergebnis. Die Frage nach Gesprächen konkret zum Vattenfall-Verfahren kann ich im Moment nicht beantworten. Dazu müsste ich eine Abfrage der verschiedenen Ressorts machen, wenn Sie das wollen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Ich sehe keine weiteren Fragen. Frage 33 des Abgeordneten Özcan Mutlu wird schriftlich beantwortet. Damit sind wir am Ende dieses Geschäftsbereichs. – Ich danke Ihnen, Frau Staatssekretärin. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. – Herzlich willkommen, Anette Kramme. Ich rufe Frage 34 von Katrin Werner auf: Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach einer nicht repräsentativen Studie des Bundesverbands zur Förderung von Menschen mit Autismus nahezu jeder fünfte Schüler/jede fünfte Schülerin im Laufe seiner/ihrer Lernbiografie mindestens einmal vom Unterricht ausgeschlossen wurde, dies sogar häufig über mehrere Monate, und welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern, um dieser Tatsache entgegenzuwirken? Frau Kramme, bitte. Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Werner, Ihre Frage müsste natürlich von den Ländern beantwortet werden. Sie wissen, dass die Ausgestaltung der Schulgesetze und die Organisation des Schulbetriebes sowie die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes den Ländern obliegt. Die Studie ist daher auch nicht offiziell an die Bundesregierung herangetragen worden. Ich kann Ihnen jedoch Folgendes berichten: Die Länder haben ihre Schulgesetze mit Blick auf inklusive Bildung aktualisiert und passen sie auch laufend an. Es gibt auch dazugehörige Verordnungen, die ständig und laufend angepasst werden. Der Bund mischt sich natürlich nicht in Kompetenzen der Länder ein; das würden sich diese auch verbitten. Der Bund fördert allerdings die schrittweise Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in vielfältiger Weise, begleitet diese mit bewusstseinsbildender Öffentlichkeitsarbeit und ebenso mit fachlichem Austausch, Transfer von Informationen zu guter Bildungspraxis und einer breiten Palette von weiteren Aktivitäten. Ich verweise an dieser Stelle auf den Nationalen Aktionsplan 2.0 der Bundesregierung. Im Übrigen ist es so, dass die Bundesregierung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Länder im Rahmen seiner Zuständigkeit durch Forschungsförderung unterstützt. Damit sichert das Bundesbildungsministerium eine valide Basis für die Entwicklung von Handlungsstrategien und Umsetzungsszenarien in der Bildungspraxis. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Frau Kramme. – Frau Werner. Katrin Werner (DIE LINKE): Danke schön, Frau Kramme. Danke auch für Ihren Hinweis. Mir ist schon klar, wer für welche Bereiche zuständig ist. Aber Sie kamen dann zum Ende Ihrer Beantwortung durchaus noch zu den wichtigen Punkten wie den Nationalen Aktionsplan. Ich erinnere auch noch an das Bundesteilhabegesetz und den Teilhabebericht. All das ist in den letzten Monaten diskutiert worden, all das diskutieren wir auch dieser Tage. Ich glaube schon, dass ein Ministerium, das mit diesem Thema sehr ausgiebig beschäftigt ist, Berichte zur Kenntnis nehmen sollte und dann auch die Möglichkeiten, die es hat, umsetzen kann. Natürlich geht es nicht darum, sich in andere Hoheiten einzumischen. Dennoch kann ein Bundesministerium den Ländern helfen, zum Beispiel in Bezug auf die Frage: Wie sensibilisiert man Arbeitskräfte? Wie ist die Zusammenarbeit, um Lehrerinnen und Lehrer zu sensibilisieren? – Insofern wäre vielleicht gezielter die Frage danach zu stellen, welche Schulungsmaßnahmen und Programme, welche Öffentlichkeitsarbeit, welche Sensibilisierungsmaßnahmen Sie anbieten. Sie haben ja im letzten Jahr eine große, sehr teure Kampagne für das Bundesteilhabegesetz gefahren und in den Antworten immer darauf hingewiesen, was Sie zusätzlich tun. Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Kramme, bitte. Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Frau Werner, wenn ich Ihre Fragestellung richtig verstehe, geht es darum, wie viele Gelder das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Ausbildung von Länderbeamten, nämlich für Lehrer, zur Verfügung stellt. Sie verstehen sicherlich, dass die Kompetenzen des Bundesministeriums an dieser Stelle nicht so weit reichen, dass wir für fachfremde Aufgaben Gelder ausgeben. Wie gesagt, wir sind im Bereich der Bewusstseinsbildung allgemein tätig. Dieser Aufgabe kommen wir nach. Die entsprechenden Handlungsverpflichtungen haben wir auch im Nationalen Aktionsplan niedergelegt. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Frau Werner, zweite Frage. Katrin Werner (DIE LINKE): Nun mögen ja viele Dinge der Länderhoheit unterliegen, aber, ich glaube, eine finanzielle Unterstützung vonseiten der Bundesebene – diese Debatte hatten wir beim Bundesteilhabegesetz immer wieder – kann auch ein Ministerium nicht ausschließen. Wenn etwas nicht explizit nur Ihr Ministerium betrifft, dann sind Sie für die übergreifende Öffentlichkeitsarbeit, die auch andere Ministerien betrifft, teilweise mitverantwortlich. Darauf wollte ich hinweisen. Ich glaube, wer sich im Bereich Autismus ein bisschen auskennt, wer sich damit beschäftigt oder Geschichten aus der Familie kennt, der weiß, dass wir Probleme haben und die Integrationshelfer viel zu oft wechseln. Wenn Kinder vom Schulunterricht ausgeschlossen werden – das alles mag sicherlich Länderhoheit sein –, zu sagen, dass uns das nichts angeht, finde ich, ehrlich gesagt, schlimm. Das ärgert mich, das reizt mich. Ich finde, die Bundesregierung muss schauen, welche Möglichkeiten sie hat und welche Ressourcen sie zusätzlich zur Verfügung stellen kann. Ich stelle jetzt keine Nachfrage, sondern ich nehme einfach zur Kenntnis, dass Sie sagen, dass Sie dafür nicht zuständig sind. Bei meiner weiteren Frage werde ich noch einmal auf diesen Punkt zurückkommen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Ich frage aber trotzdem, ob Sie, Frau Kramme, darauf antworten wollen. Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Ja. Vizepräsidentin Claudia Roth: Dann können Sie das gerne tun. Anette Kramme, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales: Ich würde das gerne kommentieren. – Frau Werner, wir dürfen schlichtweg kein Geld für Länderaufgaben verwenden. (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!) Die Haushälter dieses Hauses würden dem strikt widersprechen. Im Rahmen der Möglichkeiten machen wir Bewusstseinsarbeit. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wir sehen die Probleme autistischer Kinder, aber, wie gesagt, in diesem Bereich haben wir keine unmittelbaren Handlungsmöglichkeiten. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Dann sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Danke schön, Frau Kramme. Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Parlamentarische Staatssekretär hat sich schon erhoben. Willkommen, Dr. Brauksiepe. Ich rufe die Frage 35 der Kollegin Keul auf: Wie konnte es aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen des Bundeswehreinsatzes „Inherent Resolve“ in Syrien zu dem Tod von mindestens 14 Zivilisten bei einem Luftangriff auf das Dorf al-Matab kommen (vergleiche ntv.de vom 9. März 2017, „Luftangriff in Syrien tötet 14 Zivilisten“), und welche konkreten Maßnahmen wurden bzw. werden ergriffen, um solche zivilen „Kollateralschäden“ zukünftig zu vermeiden? Bitte. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung: Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Kollegin, ich antworte Ihnen wie folgt: Die Bundesregierung bedauert zutiefst jedes zivile Opfer militärischer Operationen. Zusätzlicher Maßnahmen bedarf es jedoch nicht, weil selbstverständlich schon jetzt alles Menschenmögliche unternommen wird, um das zu vermeiden, was Sie in Ihrer Frage „Kollateralschäden“ nennen. Zum Luftangriff im Bereich des Dorfes al-Matab in Nordsyrien, über den am 9. März 2017 durch n-tv berichtet wurde, liegen der Bundesregierung keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen vor. Alle Mitglieder der Anti-IS-Koalition gehen in Übereinstimmung mit den Vorgaben des humanitären Völkerrechts vor, auch wenn dies angesichts des Vorgehens des sogenannten „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer hervorzurufen, mit besonderen Anstrengungen zur Vermeidung ebensolcher Opfer verbunden ist. Die Verdichtung des Gesamtlagebildes, zu der die Aufklärungsflüge der deutschen Tornados im Rahmen der Operation Inherent Resolve beitragen, dient auch dem Zweck, durch Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Objekten zivile Opfer bei Lufteinsätzen der internationalen Anti-IS-Koalition zu vermeiden und damit die Zivilbevölkerung zu schützen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Herr Dr. Brauksiepe. – Frau Keul. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dieses Bemühen scheint offensichtlich nicht allzu gut zu gelingen, zumindest nicht in diesem Monat. Denn nachdem ich die Frage eingereicht hatte, gab es nicht nur den Vorfall am 9. März mit 14 Toten, davon sechs Kindern, sondern eine Woche später am 16. März die Bombardierung einer Moschee mit mindestens 42 Toten. In diesem Fall hatte das US-Zentralkommando die Verantwortung zunächst eingeräumt und einige Stunden später gesagt, die Moschee dürfte noch stehen, obwohl wir alle Schutt und Asche im Fernsehen betrachten konnten. Zu allem Überfluss gab es in der letzten Nacht – darüber konnten wir heute Morgen lesen – einen dritten Vorfall mit zivilen Opfern, für den unser Bundeswehreinsatz, unsere Koalition verantwortlich ist, nämlich die Bombardierung einer Schule, in der 40 Familien, die aus Aleppo geflüchtet waren, untergebracht waren, mit mehr als 30 Toten. Irgendetwas scheint dort schiefzulaufen. All diese Informationen haben wir übrigens von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die wir auch im Hinblick auf die russischen Luftangriffe immer als sehr glaubwürdig eingestuft haben. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Was tut die Bundesregierung im Rahmen des Bündnisses, um zu klären, was dort passiert ist? Wie kann der Verbindungsoffizier, der im gemeinsamen Hauptquartier in Kuwait sitzt, kontrollieren, dass das geltende Recht eingehalten wird, wenn Sie nicht nachfragen? Vizepräsidentin Claudia Roth: Herr Dr. Brauksiepe, bitte. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung: Frau Kollegin, zunächst einmal ist es eine Unterstellung, wenn Sie sagen, dass wir nicht nachfragen. Die gesamte Allianz bemüht sich, zivile Opfer zu vermeiden. Ich warne ausdrücklich davor, auf die zynische Taktik des sogenannten „Islamischen Staates“ in der Weise hereinzufallen, dass man unterstellt, hier werde unachtsam vorgegangen. Es gehört zur zynischen Taktik des sogenannten „Islamischen Staates“, Menschen als menschliche Schutzschilder einzusetzen und zivile Opfer bewusst in Kauf zu nehmen. Ich darf im Übrigen sagen: Das Ereignis vom 9. März kann sich nicht nach Einreichung Ihrer Frage zugetragen haben, da Sie ja in der Frage auf dieses Ereignis Bezug nehmen und vermutlich keine hellseherischen Fähigkeiten für sich in Anspruch nehmen. (Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sind drei!) – Darauf kann sich das jedenfalls nicht beziehen. Ich betone in Bezug auf alle Ereignisse: Es gehört zur Taktik des „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer in Kauf zu nehmen. Die Bundesregierung kann durch ihren Einsatz keine zivilen Opfer vermeiden, weil sie zwar im Rahmen der Aufklärung tätig ist, aber selber keine darüber hinausgehenden militärischen Maßnahmen unternimmt, jedenfalls Luftangriffe nicht selbst durchführt. Von daher kann es dadurch auch nicht zu Opfern kommen. Die Maßnahmen, die wir ergreifen, die Bilder, die wir liefern – das habe ich Ihnen eben schon gesagt; ich wiederhole es gerne –, dienen dazu, zivile Opfer zu vermeiden. Ich bitte, hier nicht Ursache und Wirkung zu verwechseln. Wir tun alles Menschenmögliche, damit klar ist, was zivile und was militärische Ziele sind. Die IS-Terroristen tun sehr viel, um genau das zu verhindern und zivile Opfer zu produzieren. Durch die Bundesregierung und die Bundeswehr ist es nicht zu irgendwelchen zivilen Opfern gekommen, weil wir uns an den eigentlichen Luftschlägen nicht beteiligen, sondern mit unseren Aktionen dazu beitragen, legitime militärische Ziele von zivilen Zielen zu unterscheiden. Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Keul, Ihre zweite Nachfrage, wenn Sie wollen. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich glaube, wir beide wissen, was ein multilateraler militärischer Einsatz ist und dass man die Verantwortung dabei nicht je nach Arbeitsteilung im Rahmen eines gemeinsamen Einsatzes aufteilen kann. Insofern sind alle, die sich daran beteiligen, in der Verantwortung. Ich habe auch keine hellseherischen Fähigkeiten, sondern ich habe gesagt: Nach dem 9. März gab es weitere Vorfälle, nämlich letzte Woche, am 16. März, und letzte Nacht, am 22. März. Das sind die Vorfälle, auf die ich mich beziehe. Zu meiner zweiten Nachfrage. Ich muss sagen: Dafür, dass Sie angeblich keine Erkenntnisse haben, was dort am Boden passiert ist, ist es erstaunlich, dass Sie sagen, es war der IS, der hier zivile Opfer verursacht oder vorgetäuscht hat. Davon haben wir bislang, jedenfalls öffentlich, überhaupt nichts vernommen; da haben Sie scheinbar mehr Informationen als die Öffentlichkeit. Hingegen lesen wir, dass es in der neuen US-Administration offensichtlich einen Strategiewechsel gibt, weil sich die Kommandeure des Pentagon beschwert haben, dass die Vorgängerregierung zu sanft vorgegangen ist, dass man bei der Planung keine Freiheit habe und dass man jetzt mehr Flexibilität im Kampf gegen den IS haben wolle. Von daher frage ich noch einmal: Gibt es Gespräche mit der neuen Administration über eine größere Flexibilität bei der Bombardierung in Syrien? Vizepräsidentin Claudia Roth: Herr Dr. Brauksiepe, bitte. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung: Frau Präsidentin, ich gebe zu: Es fällt mir schwer, die Fülle all dieser in diesem Tempo vorgetragenen und weit über die vorgesehene Zeit hinausgehenden Fragen zu beantworten. Vizepräsidentin Claudia Roth: Es waren zehn Sekunden; ich habe aufgepasst. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung: Ich sage für die gesamte Koalition noch einmal: Alle bemühen sich gemeinsam, zivile Opfer zu vermeiden. Wir verstecken uns hinter überhaupt niemandem. Ich habe auch nichts speziell zu dem Vorfall vom 9. März gesagt. Sie werden im Protokoll nachlesen können, dass Sie behauptet haben, er habe sich nach Einreichung Ihrer Frage ereignet. Das können Sie ja dann gegebenenfalls korrigieren. Ich wiederhole: Es ist eine von der internationalen Koalition leider seit Jahren zu beobachtende Taktik des „Islamischen Staates“, bewusst zivile Opfer hervorzurufen. Auf diese seit Jahren zu beobachtende und von uns zutiefst verurteilte Taktik habe ich mich bezogen. In Bezug auf den Vorfall vom 9. März habe ich ausdrücklich gesagt, dass der Bundesregierung keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen vorliegen. Ich verbitte mir deswegen die Unterstellung, ich hätte hier etwas anderes behauptet oder zusätzliche Informationen für mich in Anspruch genommen. Wir haben zu diesem Vorfall, wie bereits dreimal gesagt, keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Informationen. Wir sind dort aber seit Jahren zum Schutz der Menschen in der Region militärisch aktiv und kennen seit Jahren das menschenverachtende Vorgehen des „Islamischen Staates“. (Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Gute Antwort!) Vizepräsidentin Claudia Roth: Zusatzfrage vom Kollegen Kekeritz. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatssekretär, ich muss sagen, dass ich Ihre Argumentationskette nicht verstehe. Die Informationen über die Bombardements, die uns erreichen, kommen von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London; sie ist allgemein als höchst seriös anerkannt. Die Pressemeldungen bestätigen das darüber hinaus. Und Sie erklären uns dauernd, dass der „Islamische Staat“ dafür verantwortlich ist. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Die Moschee ist bombardiert und in Schutt und Asche gelegt worden. Daran waren definitiv US-Flugzeuge beteiligt. In der Schule, die heute Morgen bombardiert wurde, waren Menschen, die aus Aleppo geflohen sind. Wir alle wissen, was in Aleppo passiert ist. Diese Menschen kamen in die Schule, erhofften sich dort Sicherheit, und dann kamen Bomber und töteten über 30 Menschen. Das ist einfach unerträglich. Ich finde Ihre Argumentationsbasis, dass das mit dem „Islamischen Staat“ zu tun hat, irgendwie verwerflich. Sie müssen doch einfach einmal die Frage von Frau Keul beantworten, was diese Bundesregierung weiß. Wenn diese Bundesregierung nichts weiß – auch nicht, was mit den entsprechenden Bildern passiert –, dann frage ich mich, ob es gerechtfertigt ist, dass der Deutsche Bundestag der Bundesregierung die Kompetenz erteilt, an diesem Luftkrieg teilzunehmen, auch wenn es sich bloß um Bildaufnahmen handelt. Vizepräsidentin Claudia Roth: Danke schön. Das ist jetzt, glaube ich, klar. – Herr Brauksiepe, bitte. Dr. Ralf Brauksiepe, Parl. Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung: Herr Kollege Kekeritz, die Bundesrepublik Deutschland gehört neben Italien, Katar, Marokko, Neuseeland, Polen, Schweden und Singapur zu den Ländern, die am Informationsraum dieser Aktion beteiligt sind, selbst aber keine Luftschläge durchführen. An der Aufklärung solcher Ereignisse sind die beteiligt, die auch an den Luftschlägen beteiligt sind. Deswegen erhalten wir nicht alle Informationen, die diejenigen erhalten, die sich an den Luftschlägen beteiligen. Wir haben das gemeinsame Interesse, zivile Opfer zu vermeiden; das betone ich gerne ein weiteres Mal. Und ich betone auch ein weiteres Mal, dass wir sehr gute Gründe haben, zu sagen, dass zivile Opfer vom „Islamischen Staat“ bewusst in Kauf genommen werden. (Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen aber, dass es der IS war?) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Ich sehe keine weitere Frage an das Bundesministerium der Verteidigung und danke dem Staatssekretär. Wir kommen zum Bundesministerium für Gesundheit, und ich begrüße Ingrid Fischbach. Ich rufe die Frage 36 der Kollegin Katrin Werner auf: Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern ergreifen, um die im Teilhabebericht erwähnten kommunikativen Barrieren abzubauen, auf die Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Autismusspektrum im Gesundheitssystem stoßen und die eine angemessene medizinische Versorgung erschweren? Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Liebe Frau Werner, ich antworte Ihnen gerne auf Ihre Frage. – Der Bundesregierung ist bewusst, dass die Behandlung von Menschen mit Beeinträchtigungen aus dem Autismusspektrum alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellt, und ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die Frage jetzt stellen, kurz bevor wir am 2. April 2017 den Tag der Menschen, die an Autismus erkrankt sind, begehen, sodass wir noch einmal die Gelegenheit haben, darüber zu sprechen. Die Bundesregierung nimmt die im Teilhabebericht enthaltene Aussage des Wissenschaftlichen Beirats ernst und hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, die auch der Behandlung von Menschen mit Autismus dienen. So sieht der § 2a des SGB V ausdrücklich vor, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung den besonderen Belangen von Menschen mit Behinderungen Rechnung zu tragen ist. Daraus folgt, dass alle Verantwortlichen – Kostenträger und Leistungserbringer – bei ihrer täglichen Arbeit darauf zu achten haben, dass besondere Schwierigkeiten, die sich bei der Versorgung ergeben, berücksichtigt werden. Konkret sieht der mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingefügte § 119c SGB V die Einrichtung von Medizinischen Versorgungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen vor, die zur ambulanten Versorgung ermächtigt werden können. Diese Zentren sollen neben einer zielgruppenspezifischen Diagnose und Therapie auch eine zielgruppenspezifische Kommunikation durch geeignete Kommunikationsstrategien – einfache Sprache, Bilder und dergleichen – ermöglichen. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Frau Werner, bitte. Katrin Werner (DIE LINKE): Vielen Dank, Frau Fischbach, für die Antwort. Ich möchte einmal gezielt nachfragen, weil wir dieser Tage bei uns im Büro das Thema wieder besprochen haben. Aus dem Bundesrat gibt es einen Beschluss vom 10. Februar 2017 zum Thema Assistenzhunde. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, zeitnah einen Gesetzentwurf vorzulegen, um Assistenzhunde in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Gleichzeitig ging es auch darum, dafür die rechtliche Voraussetzung und bundesweit einheitliche Qualitätsstandards zu schaffen. Das ist nicht Teil meiner eigentlichen Frage. Aber vielleicht könnten Sie dazu kurz einen Fahrplan skizzieren oder sagen, ob Sie sich damit schon beschäftigt haben. Ich wäre sonst auch mit einer schriftlichen Antwort einverstanden. Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit: Sie haben es gerade gesagt: Das ist noch nicht lange her. Die Sitzung war erst im Februar dieses Jahres. Wir sind da noch in den Beratungen. Ich möchte Ihnen die Antwort gerne schriftlich nachreichen. (Katrin Werner [DIE LINKE]: Danke!) Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Werner, sind Sie mit Ihren Fragen durch? – Gut. Dann danke ich Ihnen. Auch Frau Fischbach danke ich. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Ich begrüße zur Beantwortung Dorothee Bär. Die Frage 37 der Kollegin Tabea Rößner wird schriftlich beantwortet. Damit kommen wir zur Frage 38 vom Kollegen Peter Meiwald: Welche Daten (Häufigkeit von Verkehrslasten durch welche Fahrzeugtypen) und welche Schäden wurden bisher an der Wehrbrücke in Herbrum (Landkreis Emsland) ermittelt, bei der die Bundesanstalt für Wasserbau seit 2014 eine indirekte Messung der Belastungen durchführt? Frau Bär, bitte. Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Lieber Herr Meiwald, ich beantworte die Frage 38 wie folgt: An der Wirtschaftswegebrücke Herbrum (Ems) werden durch die Bundesanstalt für Wasserbau im Rahmen eines Forschungsthemas Dehnungen und Temperaturverteilungen im Brückenträger sowie die dazugehörigen Belastungen, also auch Fahrzeuge, die die Brücke befahren, gemessen. Es handelt sich um Langzeitmessungen. Die Brücke Herbrum ist eine von sechs weiteren Brücken, an denen die BAW ebenfalls Messungen durchführt. Ziel ist der Bestandserhalt der nahezu schadensfreien Brücke. Die Messdaten werden derzeit noch ausgewertet. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Frau Bär. – Herr Meiwald. Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. – Eine kurze Nachfrage bezüglich der maximalen Belastung und der statischen Auslegung. Können Sie sagen, mit welchem Sicherheitspuffer bei der statischen Auslegung solcher Brücken gearbeitet wird? Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Ich kann Ihnen antworten, dass in der Nachrechnungsrichtlinie die formulierte Methodik zur Bestimmung des Ziellastniveaus auf Verkehrsmessungen an drei verschiedenen Autobahnbrücken beruht. Eine Übertragung auf untergeordnete Straßen und auf Brücken mit zweispurigem Verkehrsquerschnitt ist unter diesen Voraussetzungen zu hinterfragen. Genau deshalb hat die BAW im Rahmen des Forschungsthemas entsprechende Belastungsmessungen durchgeführt. Die Messungen spiegeln das momentane zufällige Belastungsbild der Brücke wider. Ausgehend von der gemessenen Verkehrscharakteristik können durch statistische Betrachtungen und durch Simulationen andere Verkehrsszenarien und Verkehrszusammensetzungen berücksichtigt werden und auch diese Auswirkungen analysiert werden. Daraus soll dann ein angenähertes und auf der sicheren Seite liegendes Verkehrslastmodell entwickelt werden, welches alle Beanspruchungsarten, beispielsweise die Querkraft, das Biegemoment, und die Bauteile, zum Beispiel die Längsträger, die Fahrbahnplatte und die Hänger, gleichermaßen abdeckt. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Frau Bär. – Herr Meiwald, Rückfrage? Bemerkungen? Peter Meiwald (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ganz kurz, damit ich planen kann, in welcher Zeit ich das Ingenieursstudium abschließen muss, um das alles zu verstehen: Bis wann dürfen wir mit den Auswertungsergebnissen rechnen? Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Also, wir planen mit der zweiten Jahreshälfte 2017. (Peter Meiwald [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Okay! Vielen Dank!) Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Rückfragen zur Frage 38. Die Fragen 39 und 40 des Kollegen Herbert Behrens werden schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 41 des Kollegen Matthias Gastel: Bis wann rechnet die Bundesregierung mit dem Abschluss konkreter Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG für den Ausbau der Gäubahn (Ausbaustrecke Stuttgart–Singen–Grenze D/CH), und bis wann kann nach Kenntnis der Bundesregierung mit dem Baubeginn gerechnet werden? Frau Bär, bitte. Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Herr Gastel, die Antwort lautet: Ein Termin für den Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen für die Ausbaustrecke Stuttgart–Singen–Grenze steht noch nicht fest. Auch ein möglicher Baubeginn ist derzeit nicht terminierbar. Für den Abschnitt Horb–Neckarhausen läuft gegenwärtig das Anhörungsverfahren. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank, Frau Bär. – Herr Gastel. Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin, ich hatte natürlich erwartet, dass es insbesondere für den Bauabschnitt, den Sie gerade genannt haben – er befindet sich bereits in der Planfeststellung und ist auf der Planungsebene schon relativ weit gediehen –, einen Finanzierungsvertrag gibt bzw. dass der Termin für die Unterzeichnung klar ist, damit die Finanzierungssicherheit gewährleistet ist. Es ist schade, dass das wohl noch nicht geschehen ist. Das ist nicht ganz nachvollziehbar. Ich habe eine Nachfrage an Sie: Für die Einhaltung des Vertrages von Lugano, bei dem es ja um die Reisezeitverkürzung von Stuttgart nach Zürich geht, muss der Bund auch auf den Einsatz von Neigetechnik setzen; sonst kann der Vertrag aus heutiger Sicht nicht eingehalten werden. Die Deutsche Bahn, die auf dieser Strecke fährt, hat sich von der Neigetechnik verabschiedet. Jetzt ist meine Frage an den Bund als Eigentümer des Bahnunternehmens: Wie gehen Sie damit um, dass Sie den Vertrag nur mit Neigetechnik erfüllen können, Ihr bundeseigenes Bahnunternehmen aber Neigetechnik nicht mehr einsetzt? Werden Sie Einfluss auf Ihr Bahnunternehmen nehmen, dass es sich doch wieder auf die Neigetechnik besinnt? Oder welchen Weg werden Sie hier einschlagen, um die Reisezeitverkürzung zu erreichen? Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Bär, bitte. Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Im Personenverkehr wurde ein Fahrplan zur Ermittlung der zweigleisigen Begegnungsabschnitte unterstellt, der auch den Einsatz von Neigetechnikfahrzeugen beinhaltet. Die DB AG verfolgt den Einsatz dieser Fahrzeuge aber nicht weiter. Im Moment gibt es aber Gespräche zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Schweiz, ob derartige Fahrzeuge zukünftig auch für die Gäubahn verfügbar sein werden. Diese Ergebnisse bitte ich abzuwarten. Vizepräsidentin Claudia Roth: Herr Gastel? Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist natürlich bedauerlich, dass das bundeseigene Unternehmen Deutsche Bahn AG sich trotz dieser Planungen und der Erfordernisse nicht wieder auf die Neigetechnik besinnt und damit dann aus dem Geschäft ist. Den Fahrgästen wird es am Ende egal sein, Hauptsache, sie bekommen ein attraktives Angebot. Ich möchte gern von Ihnen zweitens wissen, Frau Staatssekretärin: Was ist die Position der Bundesregierung zur sogenannten Singener Kurve? Es geht darum, möglicherweise einen Fernverkehrshalt nahe des ehemaligen Landesgartenschaugeländes zu errichten, was natürlich in Singen nicht unbedingt Freude auslöst, weil dies Auswirkungen auf die Fernverkehrsanschlüsse am Singener Bahnhof hätte. Das heißt, dieses Vorhaben ist strittig. Was ist die Position der Bundesregierung zu dieser Kurve bei Singen? Vizepräsidentin Claudia Roth: Frau Bär, bitte. Dorothee Bär, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur: Zur Singener Kurve kann ich Ihnen derzeit noch nichts Konkretes sagen. Das bleibt noch abzuwarten, aber sobald ich Ihnen etwas Konkretes sagen kann, teile ich es Ihnen gerne schriftlich mit. Vizepräsidentin Claudia Roth: Vielen Dank. – Ich sehe keine weiteren Fragen an Frau Bär. Dann sind wir am Ende der Fragestunde angekommen. Wir sind damit auch am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, 23. März 2017, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Restmittwoch. (Schluss: 16:37 Uhr) Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Albsteiger, Katrin CDU/CSU 22.03.2017 Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22.03.2017 Barthle, Norbert CDU/CSU 22.03.2017 Binder, Karin DIE LINKE 22.03.2017 Bosbach, Wolfgang CDU/CSU 22.03.2017 Bülow, Marco SPD 22.03.2017 Dröge, Katharina * BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22.03.2017 Gabriel, Sigmar SPD 22.03.2017 Hajek, Rainer CDU/CSU 22.03.2017 Heller, Uda CDU/CSU 22.03.2017 Jelpke, Ulla DIE LINKE 22.03.2017 Katzmarek, Gabriele SPD 22.03.2017 Klein, Volkmar CDU/CSU 22.03.2017 Kudla, Bettina CDU/CSU 22.03.2017 Lerchenfeld, Philipp Graf CDU/CSU 22.03.2017 Möhring, Cornelia DIE LINKE 22.03.2017 Mosblech, Volker CDU/CSU 22.03.2017 Müntefering, Michelle SPD 22.03.2017 Rüthrich, Susann * SPD 22.03.2017 Sarrazin, Manuel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22.03.2017 Schmidt, Dr. Frithjof BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22.03.2017 Stauche, Carola CDU/CSU 22.03.2017 Strebl, Matthäus CDU/CSU 22.03.2017 Tank, Azize DIE LINKE 22.03.2017 Tressel, Markus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 22.03.2017 Wagenknecht, Dr. Sahra DIE LINKE 22.03.2017 Wöhrl, Dagmar G. CDU/CSU 22.03.2017 *aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes Anlage 2 Antwort der Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 3): Wie viel Prozent der deutschen Wälder sind mittlerweile in reine Naturwälder umgewandelt (bitte aufschlüsseln nach prozentualer Zunahme in den vergangenen zehn Jahren), und wird die Bundesregierung das Ziel von 5 Prozent Naturwälder der deutschen Wälder bis 2020 noch erreichen (bitte begründen)? Die Nationale Biodiversitätsstrategie (NBS) hat unter anderem zum Ziel, dass im Jahr 2020 der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 Prozent der Waldfläche Deutschlands beträgt. Wie ein diesbezügliches Forschungsvorhaben zeigte, waren 2013 etwa 2 Prozent der Waldfläche dauerhaft rechtlich gesichert einer natürlichen Waldentwicklung überlassen. Derzeit wird die Bilanz in einem weiteren Forschungsvorhaben fortgeführt und Perspektiven und Potenziale für die Entwicklung eines kohärenten NWE-Systems aufgezeigt. Die Ergebnisse werden mit Abschluss des Vorhabens voraussichtlich 2019 vorliegen. Auch weitere nutzungsfreie Waldflächen ohne einen dauerhaften rechtlichen Schutzstatus können relevante Beiträge zur Erhaltung der Biodiversität im Wald leisten. Das Thünen-Institut schätzt auf der Basis der Ergebnisse der Bundeswaldinventur 2012, dass derzeit unter Einbezug nicht begehbarer Flächen bis zu 5,6 Prozent der Waldfläche Deutschlands nutzungsfrei sind. Hinzu kommen ungenutzte Kleinflächen, die mosaikartig über die Waldfläche verteilt vorhanden, aber nur schwer erfassbar sind. Anlage 3 Antwort der Parl. Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf die Frage des Abgeordneten Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 4): Wie hoch waren nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung die CO2-Emissionen in Deutschland im Jahr 2016, und teilt die Bundesregierung die Auffassung des Kanzleramtsministers Peter Altmaier („Ich bin fest davon überzeugt, dass der Weg nationaler Ziele falsch ist“, siehe https://www.welt.de/wirtschaft/article162762773/Bundesregierung-gibt-Alleingaenge-im-Klimaschutz-auf.html), dass es in Zukunft keine nationalen Klimaschutzziele mehr geben soll? Laut einer ersten Schätzung des Umweltbundesamtes lag der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland im Jahre 2016 bei etwa 906 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Davon entfielen etwa 796 Millionen Tonnen auf das Treibhausgas CO2. Im Übrigen kommentiert die Bundesregierung Meldungen wie die in der Frage angesprochene über einzelne Äußerungen ihrer Mitglieder grundsätzlich nicht. Die Haltung der Bundesregierung zu Klimaschutzzielen ist im Klimaschutzplan 2050 dargelegt. Anlage 4 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 10): Wie erklärt die Bundesregierung die erneute Visaverweigerung für vier junge erwachsene Schüler des Ghana Permaculture Institute (GPI) durch die Botschaft Accra am 25. bzw. 28. November 2016, die den Schüleraustausch mit der Schule für Erwachsenenbildung (SFE) Berlin – mit dem Deutschen Schulpreis 2016 ausgezeichnet – verhindert unter anderem mit der Begründung, ein Schüler stamme aus „einer Region ..., die als wirtschaftlich schwach anzusehen ist“ (Bescheid vom 25. November 2016, GZ: RK 516 E 84674), wie erklärt sie also, dass der Besuch der deutschen Schüler in Ghana zwar inzwischen stattfand, der Rückbesuch der ghanaischen Schüler in Deutschland im Rahmen des Entwicklungspolitischen Schulaustauschprogramms ENSA des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aber unmöglich ist, obwohl er vom BMZ finanziert ist und nachgeforderte Unterlagen nachgereicht wurden, und wie gedenkt die Bundesregierung, dem entgegenzuwirken, dass der Austausch mit jungen Schülern aus Ländern des Südens, die eine Verwurzelung wegen ihres familiären Status und des erst beginnenden Arbeitslebens naturgemäß äußerst schwer nachweisen können, durch eine solche Visapraxis faktisch komplett eingestellt werden könnte? Grenzüberschreitende Jugendarbeit und interkultureller Austausch sind wichtige Anliegen, die das Auswärtige Amt selbstverständlich im Rahmen des Visumverfahrens unterstützt. Bei der Erteilung eines Schengen-Visums für einen Kurzaufenthalt sind die Auslandsvertretungen jedoch an die europarechtlichen Vorgaben des Visakodex gebunden, wonach die Feststellung einer positiven Rückkehrprognose zu den Erteilungsvoraussetzungen gehört. Bei der Beurteilung der Rückkehrbereitschaft handelt es sich um eine komplexe Bewertung jedes Einzelfalles. Dabei werden die Unterlagen betrachtet, mit denen die Verwurzelung im Heimatland belegt werden kann. Üblicherweise werden dabei die familiären, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen des Antragstellers/der Antragstellerin in seinem/ihrem Heimatstaat berücksichtigt. Entscheidend ist, dass der Antragsteller/die Antragstellerin eine konkrete und glaubwürdige Rückkehrperspektive im Heimatstaat angibt bzw. darlegen kann. Entsprechende Tatsachen muss er/sie schlüssig und glaubhaft vortragen und gegebenenfalls durch geeignete Unterlagen und Angaben nachweisen. Maßgeblich ist stets die Betrachtung aller im Einzelfall ersichtlichen Umstände unter Berücksichtigung der spezifischen Gegebenheiten im Herkunftsstaat. Da es Regionen mit höherem Migrationsdruck gibt, muss die Auslandsvertretung die Rückkehrbereitschaft in diesen Fällen besonders genau prüfen. Im Rahmen des sogenannten Remonstrationsverfahrens konnten Visa für zwei Personen der Reisegruppe erteilt werden. Bei den übrigen vier Reisenden war dies leider nicht möglich, da auch die im Remonstrationsverfahren vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, um eine ausreichende Rückkehrwilligkeit der Antragsteller zu belegen. Anlage 5 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 11): Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung in Afghanistan – insbesondere für einen Verhandlungsprozess – daraus, dass Taliban inzwischen ausländische Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen zur Hilfeleistung im Land aufgefordert haben sollen, während der IS offenbar gezielt Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen wie dem IKRK angreift und tötet wie Anfang 2017 im Norden (dpa vom 8. Februar 2017), und welche Städte und besiedelten Regionen in Afghanistan bewertet die Bundesregierung aus welchen Gründen als dauerhaft sicher, in die bedenkenlos aus Deutschland Flüchtlinge abgeschoben werden können (bitte begründen)? Die Taliban haben sich bereits in der Vergangenheit mehrfach positiv zu internationalen humanitären Einsätzen in Afghanistan geäußert. So wurden Talibankämpfer in früheren Festtagsbotschaften der Talibanführung zum Schutz humanitärer Helfer und Zivilisten aufgerufen. Der Bundesregierung liegen jedoch keine Erkenntnisse darüber vor, ob Übergriffe auf Helfer durch Talibankämpfer von der Talibanführung sanktioniert werden. Urheber und Motiv des Anschlags auf Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in der Provinz Jowzjan am 8. Februar sind nach bisheriger Kenntnis der Bundesregierung nicht geklärt. Dem IKRK liegen Informationen vor, die auf Machtkämpfe lokaler Gruppen als Hintergrund für den Anschlag hindeuten könnten. Die Bundesregierung unterstützt auch weiterhin die Bemühungen der afghanischen Regierung und der internationalen Gemeinschaft um einen afghanisch geführten Friedens- und Versöhnungsprozess. Hinsichtlich Ihrer Frage nach Rückführungen bleibt festzuhalten: Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil und ist regional unterschiedlich. Pauschale Bewertungen können nicht vorgenommen werden, da das Gefährdungsrisiko in jedem Einzelfall unter Einbeziehung sämtlicher individueller Umstände wie Ethnie und Herkunftsregion, Konfession, Familienstand und Herkunft geprüft werden muss. Anlage 6 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Niema Movassat (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 12): Inwiefern erkennt die Bundesregierung an, dass aufgrund des Völkermordes an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908 im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika und seiner Folgen viele Herero und Nama fliehen mussten und deshalb heute in der Diaspora (zum Beispiel Botswana, Südafrika, USA) leben, und inwiefern werden vor diesem Hintergrund in den bilateralen Regierungsverhandlungen zwischen Deutschland und Namibia zur Aufarbeitung des Völkermordes die Bedürfnisse und Interessen der Herero und Nama, die nicht in Namibia leben und (zum Teil) keine namibischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind, berücksichtigt? Die Bundesregierung hat von Beginn der Verhandlungen an auf eine Beteiligung der besonders betroffenen Volksgruppen durch die namibische Regierung gedrungen. Die namibische Regierung hat ein beratendes sogenanntes Technisches Komitee eingesetzt, das allen Ethnien Namibias offensteht. Einige Vertreter der besonders betroffenen Ethnien Herero und Nama machen von dieser Möglichkeit Gebrauch, andere nicht. Bei den Verhandlungen sind Vertreter der Herero/Nama aufseiten der namibischen Delegation mit einbezogen. Ob die namibische Regierung Herero und Nama, die nicht in Namibia leben, in die Verhandlungen einbezieht, liegt allein in ihrer Zuständigkeit. Anlage 7 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 13): Inwiefern plant die Bundesregierung, wie beim Treffen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit der Ministerpräsidentin von Bangladesh Sheikh Hasina in München (vergleiche www.thedailystar.net/frontpage/hasina-seeks-global-support-relocate-rohingyas-noakhali-1363342) angesprochen, die Umsiedlung geflüchteter Rohingya auf die Insel Thengar Char zu unterstützen, und inwiefern hält sie eine solche Umsiedlung für realistisch? Bei dem Gespräch der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit der bangladeschischen Premierministerin Sheikh Hasina am 18. Februar in München wurde die Situation der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch thematisiert. Die menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge stellt eine große Herausforderung für das arme und überbevölkerte Land dar. Bangladesch hatte zuletzt Pläne für eine in den nächsten Jahren geplante Umsiedlung auf eine bisher unbewohnte Schwemmlandinsel bekannt gegeben. Die Bundeskanzlerin brachte ihre Besorgnis über eine mögliche Umsiedlung der Flüchtlinge zum Ausdruck und forderte Bangladesch auf, die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge in enger Zusammenarbeit mit den einschlägigen internationalen Organisationen unter Wahrung der internationalen menschenrechtlichen Standards zu gewährleisten. Anlage 8 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 14): Inwiefern verfügt die Bundesregierung über eigene Kenntnisse zu den von Amnesty International dokumentierten Angriffen auf oppositionelle Studierende in Darfur (https://www.amnesty.org/en/latest/news/2017/01/sudan-must-end-politically-motivated-attacks-on-darfuri-students/), und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus für ihre Zusammenarbeit mit der sudanesischen Regierung? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist das von Amnesty International dokumentierte Vorgehen gegen oppositionelle Studierende aus Darfur im Allgemeinen zutreffend. Die Zustände sind besorgniserregend. Zu den aufgeführten Einzelfällen liegen der Bundesregierung jedoch keine Informationen vor. Oppositionelle Gruppierungen im Sudan stehen unter kritischer Beobachtung des Geheimdienstes und leiden unter Einschüchterung, willkürlichen Festnahmen und Übergriffen. Dies gilt auch für oppositionelle Studierende, wobei Studentenvereinigungen von Darfuris besonders betroffen sind. In Gesprächen mit der sudanesischen Regierung werden diese Missstände regelmäßig von der Bundesregierung angesprochen, auch gegenüber Außenminister Ghandour und Geheimdienstpräsident Atta. Zudem begleiten die Botschaften der EU-Mitgliedstaaten in Khartoum im Rotationsverfahren kritische Gerichtsverfahren. Aktuell wird zum Beispiel der Fall von Asim Omer beobachtet, einem Studenten aus Darfur, der 2016 verhaftet wurde und dem der Mord an einem Polizisten vorgeworfen wird. Die Bundesregierung unterstützt den Friedensprozess im Sudan aktiv durch Mediation zwischen Regierung und bewaffneter sowie politischer Opposition. Anlage 9 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 15): Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis (auch nachrichtendienstliche) über die Unterstützung der Partei der Demokratischen Union (PYD) einschließlich ihres bewaffneten Arms – den Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ – durch die USA (Ausbildung, Ausrüstung und militärstrategische Zusammenarbeit im Kampf gegen die Terrororganisation IS), und hat die Bundesregierung vor dem Kennzeichenverbot durch Erlass des Bundesministeriums des Innern Konsultationen mit internationalen Partnern (USA, UNO, EU etc.) diesbezüglich gehabt? Die USA unterstützen nach Kenntnis der Bundesregierung die Syrian Democratic Forces (SDF), denen auch Kämpfer der Volksverteidigungseinheiten YPG angehören, im Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“. Die Unterstützung erfolgt – soweit der Bundesregierung bekannt ist – durch Materiallieferungen, Ausbildung, Beratung und Luftunterstützung. Es erfolgten keine Konsultationen hinsichtlich des Kennzeichenverbots. Darüber hinaus verweise ich auf die Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke mit der Arbeitsnummer 3/54. Anlage 10 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Sevim Dağdelen (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 16): Welche eigenen Nachforschungen (auch nachrichtendienstliche) hat die Bundesregierung vorgenommen, um den schwerwiegenden Vorwurf, Peschmerga-Kräfte der Barzani-Regierung (KDP) hätten von Deutschland an diese gelieferte Waffen gegen Jesiden im Shengal-Gebirge an der Grenze des Irak zu Syrien eingesetzt (www.bild.de/politik/ausland/jesiden/kaempfe-in-sinjar-peschmerga-gegen-jesiden-50684882.bild.html), zu untersuchen, und inwieweit hält die Bundesregierung die Verbalnote des Amtes für Außenbeziehungen der Regionalregierung Kurdistan-Irak vom 9. März 2017, wonach das Peschmerga-Ministerium der Regionalregierung Kurdistan-Irak den Einsatz von deutschen Waffen seitens der Peschmerga-Kräfte untersucht und versichert hätte, dass keinerlei deutsche Waffen in irgendeinem Gefecht außer im Kampf gegen die IS-Terroristen eingesetzt worden sind, für ausreichend unabhängig als Beweis? Die Bundesregierung nimmt Vorwürfe, dass Material und Waffen umgeleitet würden, stets sehr ernst und geht ihnen nach. Dies haben wir auch in vorliegendem Fall getan. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe hat die Bundesregierung die vorliegenden Informationen auf Faktengehalt geprüft. Zudem führte die Bundesregierung in Berlin und Erbil Gespräche mit den zuständigen Vertretern der Regionalregierung Kurdistan-Irak. Diese Gespräche wurden geführt auf Grundlage der verbindlichen Endverbleibserklärungen, die den Nutzungsrahmen für die militärische Ausrüstung, die im Rahmen der deutschen Ausstattungshilfen geliefert wurden, abschließend festlegen. Darin hat die Regionalregierung Kurdistan-Irak zugesichert, das Material ausschließlich für den Kampf gegen IS zu verwenden und nicht weiterzugeben. Vor dem Hintergrund der dargestellten Prüfungen und Gespräche lässt sich zusammenfassen: Es liegen derzeit keine Hinweise darüber vor, dass in Khana Sur stationierte Rojava-Peschmerga am 2. und 3. März 2017 deutsche Waffen gegen jesidische Kräfte eingesetzt haben. Daher hat die Bundesregierung keinen konkreten Anlass, den Inhalt der Verbalnote des Amtes für Außenbeziehungen der Regionalregierung Kurdistan-Irak vom 9. März 2017 anzuzweifeln. Anlage 11 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 17): Hält die Bundesregierung die Beteiligung am Syria Recovery Trust Fund aufrecht, und in welchen Regionen Syriens wird das Geld im Jahr 2017 eingesetzt? Die Bundesregierung ist als Erstgeber des Syria Recovery Trust Fund (SRTF) dauerhaft an den Gremien des Funds beteiligt. Der SRTF ist auch im Jahre 2017 in Regionen tätig, in denen Verwaltungsstrukturen existieren, die sich in Verbindung mit der Nationalen Koalition und der syrischen Interimsregierung organisiert haben. Hierzu zählen derzeit Teile der Provinzen Idlib, Aleppo, Hama, Daraa und Kuneitra. Ob im Jahre 2017 weitere Mittel in den Fund eingezahlt werden, ist noch nicht entschieden. Dies hängt maßgeblich davon ab, wie viele Projekte unter den schwierigen politischen Bedingungen des Syrien-Konflikts umgesetzt werden können. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage der Abgeordneten Heike Hänsel (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 18): Gedenkt die Bundesregierung, bei der im April 2017 in Brüssel beginnenden Runde der Neuverhandlung des globalen Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Mexiko sich dafür einzusetzen, dass verbindlich überprüfbare Regeln im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenrechte (DS1036/17, Entwurf EU-Mexiko-Abkommen, Kapitel II, Demokratische Prinzipien, Menschenrechte und Gesetzesregeln) vereinbart werden? Mexiko befindet sich in einer Krise und ist auf der Suche nach Partnern, um sich stärker zu diversifizieren. Das Globalabkommen mit der EU ist hierfür ein wichtiges Instrument. Ein Dialog zu Handel und Investitionen mit Mexiko ist sinnvoll, gerade um auch einen kritischen Dialog zum Thema Menschenrechte zu führen. Die Neuverhandlungen werden von der Europäischen Kommission geführt. Die Bundesregierung hat sich bereits im Vorfeld für die Passagen im Entwurf des Globalabkommens eingesetzt, die Menschenrechte betreffen. Die Diskussion über den Entwurf in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen ist aber noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung hatte sich bereits bei der Abstimmung der Verhandlungsrichtlinien explizit für ein klares Bekenntnis zur Zusammenarbeit zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit eingesetzt. Der Bezug zu Rule of Law findet sich im Entwurf auch mehrfach wieder. Der vorliegende Entwurf enthält bereits jetzt im Kapitel II sehr konkrete Aussagen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, wie zum Beispiel die Stärkung nationaler und lokaler Menschenrechtsinstitutionen. Das Globalabkommen wird zudem eine sogenannte Menschenrechtsklausel enthalten. Diese soll jeder Vertragspartei erlauben, „angemessene Maßnahmen“ zu ergreifen, falls die andere Partei gegen Menschenrechte oder rechtsstaatliche Prinzipien verstößt. Eine Überprüfung der Umsetzung des Kapitels II kann dann im Rahmen des von der EU mit Mexiko geführten Menschenrechtsdialogs stattfinden. Darüber hinaus sieht Kapitel IV des EU-Globalabkommens allgemeine Mechanismen zur Überprüfung bei der Durchführung des Abkommens vor (Joint Council und Komitees). Anlage 13 Antwort des Staatsministers Michael Roth auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 19): Hinsichtlich welcher Zusammenarbeitsformen trifft es, wie von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in ihrer Onlineausgabe vom 15. März 2017 unter dem Titel „Türkischer Minister stellt Flüchtlingsabkommen in Frage“ berichtet, zu, dass der „Streit zwischen Europa und der Türkei“ Folgen auch für die NATO habe, da die türkische Regierung beispielsweise die militärische Zusammenarbeit der 28 NATO-Länder mit Partnerstaaten aus Europa, Asien und ehemaligen Sowjetrepubliken behindere, und welche Auswirkungen haben die Anschuldigungen der türkischen Regierung gegenüber europäischen Regierungen auf das sogenannte Flüchtlingsabkommen mit der Europäischen Union, zu dem auch die Patrouillen der NATO-Flotte unter Leitung der Deutschen Marine in der Ägäis gehören? Die zitierten Berichte betreffen die NATO-Partnerschaftsprogramme mit Drittländern wie Österreich. Diese sind ein wichtiger Beitrag zur kooperativen Sicherheit und damit einer der drei Grundpfeiler der Allianz, wie sie im Strategischen Konzept der NATO niedergelegt sind. Sie liegen nicht nur im Interesse der Allianz, sondern auch im türkischen Sicherheitsinteresse. Deshalb geht die Bundesregierung davon aus, dass eine nachhaltige Behinderung dieser Kooperation von keiner Seite angestrebt wird. Hinsichtlich der EU-Türkei-Erklärung vom 18. März 2016 liegen der Bundesregierung keine Hinweise darauf vor, dass es in den vergangenen Wochen zu einer Änderung in der Umsetzungspraxis gekommen ist. Anlage 14 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Andrej Hunko (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 20): Welche „universitäre Infrastruktur“ wurde im Jahr 2016 mutmaßlich durch die „Kampagne“ APT 29 oder andere „Russland“ zugeordneten Gruppen oder „Kampagnen“ kompromittiert und dabei als Command-and-Control-Server für angebliche Angriffe „zweckentfremdet“ (vergleiche Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke auf Bundestagsdrucksache 18/11106), und mit welchen Ermittlungen oder welchem Prüfvorgang sind Behörden der Bundesregierung oder der Länder hierzu befasst? Im Jahr 2016 wurde beobachtet, wie universitäre Infrastruktur kompromittiert und als C&C-Server (Command-and-Control-Server) zweckentfremdet wurde. Der Angriff wird der Angriffskampagne APT 29, auch Cozy Bear genannt, zugeordnet. Die Beantwortung der Frage, um welche universitäre Infrastruktur es sich handelt, kann aus Gründen des Staatswohls nicht in offener Form erfolgen. Die Zusammenarbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz mit Betroffenen setzt die Einhaltung von Vertraulichkeit voraus. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass Betroffene sich im Falle eines Cyberangriffs nicht mehr an das Bundesamt für Verfassungsschutz wenden. Dies würde Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit der Auftrag des Nachrichtendienstes, die Sammlung und Auswertung von Informationen über geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht – § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) –, nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung solcher Informationen ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung des Bundesamts für Verfassungsschutz jedoch unerlässlich. Beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) sind keine Erkenntnisse vorhanden zu russischen, nachrichtendienstlich gesteuerten Angriffen im Jahr 2016 auf „universitäre Infrastrukturen“ unter Nutzung dortiger Rechner mit dem Ziel, diese als C2-Server zu gebrauchen. Dementsprechend ist der GBA weder mit Ermittlungen noch mit Prüfvorgängen befasst. Anlage 15 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 21): Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Hintergründe des Cyberangriffs offenbar türkisch-nationalistischer Hacker auf Twitteraccounts unter anderem von Persönlichkeiten, Institutionen und Vereinigungen in Deutschland wie dem Fußballverein Borussia Dortmund und dem Fernsehsender ProSieben, über die gegen Deutschland und Holland gerichtete Parolen sowie Bilder des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Hakenkreuze verbreitet wurden, und inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen der Hacker zu türkischen staatlichen Stellen (https://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article162894125/Tuerkische-Hacker-twittern-Naziparolen.html)? Am 15. März 2017 verschafften sich politische Aktivisten Zugang zu einer Vielzahl von Twitter-Konten. Hierüber veröffentlichten sie gleichlautende Mitteilungen mit Bezug auf die aktuellen diplomatischen Verwerfungen zwischen der Türkei und den Niederlanden bzw. Deutschland. Der nicht autorisierte Zugriff erfolgte dabei nach aktuellen Erkenntnissen über eine Sicherheitslücke bei dem Onlinedienst Twitter Counter. Bei Twitter Counter handelt es sich um die Anwendung eines Drittanbieters, mit der Nutzer ihre Twitter-Konten verwalten und unter anderem Nutzerstatistiken generieren können. Um Anwendungen von Drittanbietern zu nutzen, müssen Twitter-Nutzer diese für den Zugriff auf das eigene Twitter-Konto berechtigen. Im Fall des Onlinedienstes Twitter Counter umfasst diese Berechtigung auch das Veröffentlichen von Twitter-Meldungen unter dem jeweiligen Konto. Der Vorfall ist vergleichbar mit einem sogenannten Defacement. Beim klassischen Defacement wird der Inhalt von Internetseiten derart verändert, dass statt des eigentlich sichtbaren ein modifizierter, den Interessen des Angreifers entsprechender Inhalt angezeigt wird. Defacements als Mittel zur Verbreitung beispielsweise politischer, extremistischer oder verfassungsfeindlicher Positionen durch politische Aktivisten sind bereits seit vielen Jahren bekannt. Der aktuelle Vorfall zeigt, dass Angriffe dieser Art zunehmend auch auf den Bereich sozialer Medien übertragen werden. Mittels prominenter Accounts mit einer großen Followerzahl kann die Reichweite eines solchen Defacements mitunter signifikant vergrößert werden. Zu den Hackerangriffen auf Twitter-Konten hat sich die Gruppe Cyber Warrior bekannt. Wir nehmen den Sachverhalt ernst. Die deutschen Sicherheitsbehörden bemühen sich um Aufklärung des Sachverhalts und der Täter einschließlich der Frage einer etwaigen staatlichen Steuerung. Anlage 16 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 22): Wie beurteilt die Bundesregierung die von zahlreichen Beratungsstellen beobachtete Praxis einiger Banken, eine Kontoeröffnung oder die Verlängerung eines bereits bestehenden Basiskontos bei Asylsuchenden mit einer Aufenthaltsgestattung oder bei Personen, deren Flüchtlingseigenschaft festgestellt wurde, die jedoch zunächst – bis zur Ausstellung des elektronischen Aufenthaltstitels – nur eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Absatz 3 Satz 1 bzw. § 25 Absatz 1 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes erhalten haben, zu verweigern, weil diese Aufenthaltstitel nicht ausdrücklich in § 1 Absatz 2 der Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung aufgeführt werden, und welche Initiativen wird die Bundesregierung gegebenenfalls ergreifen, um diese nach meiner Einschätzung nicht gewollte Lücke bei der Ermöglichung eines Basiskontos für alle in Deutschland lebenden Personen zu schließen (zum Beispiel klarstellende Hinweise an die Banken, Klarstellung der Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung usw.)? Die Fragestellung um die Kontoeröffnung von Flüchtlingen im Bundesgebiet ist im Bundesministerium des Innern (BMI) bekannt. Das Thema wurde bereits mit den Ländern erörtert. Verbraucher haben gemäß § 31 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) einen Anspruch auf Abschluss eines Basiskontovertrages. Berechtigt sind alle Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Asylsuchenden sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können. Der Abschluss eines Basiskontovertrages darf nur aus eng begrenzten Gründen abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund besteht gemäß § 36 Absatz 1 Nummer 3 ZKG, wenn ein verpflichtetes Institut andernfalls seinen Sorgfaltspflichten im Interesse der Geldwäscheprävention nicht nachkommen kann. Zu diesen Sorgfaltspflichten gehört unter anderem die Überprüfung der Identität des Vertragspartners anhand eines geeigneten gültigen Lichtbildausweises. Hierzu zählen zum einen ein gültiger amtlicher Ausweis, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, insbesondere ein inländischer oder nach ausländerrechtlichen Bestimmungen anerkannter oder zugelassener Pass, Personalausweis oder Pass- oder Ausweisersatz (§ 4 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Geldwäschegesetzes). Zum anderen sind auch die in § 1 Absatz 2 Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung genannten Dokumente der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (Ankunftsnachweis) und der Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) zur Überprüfung der Identität einer nach dem Geldwäschegesetz (GwG) zu identifizierenden Person zugelassen, wenn der Ausländer nicht im Besitz eines der in § 4 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 GwG genannten Dokumente ist. Personen, die in Deutschland Asyl suchen, haben grundsätzlich bereits während des Asylverfahrens einen Anspruch auf Abschluss des Basiskontovertrages. Das ist mit dem Ankunftsnachweis (§ 63a des Asylgesetzes [AsylG]) oder der Aufenthaltsgestattung (§ 64 AsylG) möglich. Das geschieht in den allermeisten Fällen. Wird die Eröffnung des Basiskontos zu Unrecht abgelehnt, können Verbraucher sich gemäß § 48 ZKG an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wenden und ihren Anspruch in einem vereinfachten Verwaltungsverfahren durchsetzen. Sollte bis zum Abschluss des Asylverfahrens noch kein Konto eröffnet worden sein, können sich Betroffene danach mit dem Reiseausweis für Flüchtlinge entsprechend ausweisen. Aufgrund der praktischen Zeitabläufe in den Ausländerbehörden bei der Ausstellung von Dokumenten entstehen mitunter Überbrückungszeiten. Nach Kenntnis des BMI konnten bislang in enger Absprache zwischen den Ausländerbehörden und den regionalen Geldinstituten für die Betroffenen befriedigende Lösungen gefunden werden (zum Beispiel in Berlin). Mit den Ländern ist abgesprochen, die Umsetzung dieser Verordnung in die Praxis und die auftauchenden Fragen weiter zu beobachten und auszuwerten. Anlage 17 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Erika Steinbach (fraktionslos) (Drucksache 18/11554, Frage 23): Wer hat seitens der Bundesregierung veranlasst, dass Filme über das Asylverfahren in mehreren afrikanischen Sprachen hergestellt und in Herkunftsländern der Migration verbreitet wurden (https://www.welt.de/politik/deutschland/article145792553/Der-Werbefilm-fuer-das-gelobte-Asylland-Germany.html)? Es gibt keine Weisung im Sinne der Fragestellung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat keine Filme mit dem Ziel erstellt, sie in Herkunftsländern von Asylsuchenden zu verbreiten. Die vom BAMF entwickelten Informationsmaterialien dienen ausschließlich dem Zweck, die bereits im Land befindlichen Asylbewerber sowie ehrenamtlich Engagierte über den Ablauf des Asylverfahrens zu informieren. Anlage 18 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage der Abgeordneten Erika Steinbach (fraktionslos) (Drucksache 18/11554, Frage 24): Wer hat seitens der Bundesregierung veranlasst, dass nach mir vorliegenden Informationen Mitarbeiter deutscher Behörden dahin gehend informiert oder instruiert werden, dass bei Auffinden oder Vorlage von gefälschten oder verfälschten personenbezogenen Dokumenten keine Anzeigen, Ermittlungen oder Strafverfolgungen eingeleitet werden oder wurden? Es gibt keine Vorgaben im Sinne der Fragestellung. Bei Feststellung gefälschter Dokumente im Rahmen des Asylverfahrens informiert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die jeweils zuständige Ausländerbehörde und die Polizeibehörden in den Ländern. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden alle in Deutschland festgestellten Urkundendelikte zur Anzeige gebracht. Anlage 19 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Günter Krings auf die Frage des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 25): In welcher Art und Weise ist deutschen Ermittlungsbehörden, insbesondere dem BKA in seiner Funktion als nationale Vermögensabschöpfungsstelle (Asset Recovery Office – ARO), gemäß Beschluss 2007/845/JI des Rates die Feststellung von Immobilieneigentum in Deutschland von Beschuldigten in ausländischen Verfahren ohne nähere geografische Angaben möglich, und wie steht die Bundesregierung zu der auf EU-Ebene im Rahmen der Überarbeitung der 4. AMLD – Anti-Money Laundering Directive – diskutierten Einrichtung eines zentralen Immobilienregisters? Eine bundesweite Recherche nach Immobilieneigentum kann vom Bundeskriminalamt (BKA) in seiner Eigenschaft als nationale Vermögensabschöpfungsdienststelle im ARO-Netzwerk entweder über Anfragen an die Polizeien der Länder (Landeskriminalämter) oder an die Landesvermessungsämter der 16 Länder erfolgen. Immobilieneigentum kann in den Grundbüchern, welche in jedem Land von den bei den Amtsgerichten eingerichteten Grundbuchämtern geführt werden, festgestellt werden. Der Zugriff hierauf kann nicht nur vor Ort im Grundbuchamt, sondern auch im Wege des elektronischen Abrufverfahrens erfolgen, worauf grundsätzlich auch die Polizeibehörden Zugriff haben. Eine weitere Option ist die Recherche in den Datenbeständen der Vermessungsämter. Es handelt sich hier um das Amtliche Liegenschaftskataster-Informationssystem (ALKIS) bzw. das Vorgängersystem „Automatisiertes Liegenschaftsbuch (ALB)“, welche auch Eigentümerangaben enthalten. Nach Informationen der Bundesregierung ist eine aktuelle landesweite Abfrage aus dem Liegenschaftskataster nicht in allen Bundesländern möglich. Die Polizeien der Länder haben teilweise einen Onlinezugriff auf ALKIS/ALB-Datenbestände. Die Bundesregierung hält es grundsätzlich für wünschenswert, dass Ermittlungsbehörden in elektronischer Form auf Immobilienregister zu ihrer Aufgabenerfüllung zugreifen können. Im Jahr 2013 wurden mit dem Gesetz zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung eines bundeseinheitlichen Datenbankgrundbuchs geschaffen. Bei dem Vorhaben handelt es sich um ein ehrgeiziges gemeinsames Projekt aller Bundesländer. Die Arbeiten an der Entwicklung und Einführung des Datenbankgrundbuches sind inzwischen weit fortgeschritten. Die bundeseinheitliche Datenbank wird neue Recherche- und Auskunftsmöglichkeiten zulassen. Damit werden sich auch Recherchen durch die Ermittlungsorgane effektiver gestalten. Im Rahmen der laufenden Verhandlungen zur Änderung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie lehnt die Bundesregierung die vom Europäischen Parlament aufgebrachte Forderung nach Einführung eines zentralen Immobilienregisters ab. Denn die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie wird nicht etwa insgesamt überarbeitet, sondern soll im Nachgang zu den Terroranschlägen gezielt und schnell an erkannte Risiken angepasst werden. So sehen es der Aktionsplan der Kommission für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates dazu vom Februar 2016 vor. Vor einer weitreichenden Neuregelung wie der Verpflichtung zur Einführung eines zentralen Immobilienregisters müssen die europäischen Institutionen geprüft haben, ob diese zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet, erforderlich und angemessen ist. Dafür bedarf es einer gründlichen Folgenabschätzung, die auch die mit der Einführung eines solchen Registers verbundenen Kosten und den erwarteten Nutzen untersucht. Eine solche Prüfung ist bislang nicht erfolgt. Anlage 20 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage des Abgeordneten Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 26): Wie ist unter der derzeitigen Rechtslage das Immobilieneigentum festzustellen, das beispielsweise durch Einsatz von sogenannten Strohleuten als Käufer und Eintragung eines lebenslangen Wohnrechts des Täters in Abteilung II bzw. als Grundschuldgläubiger in Abteilung III verschleiert wird, und welche Schritte erwägt die Bundesregierung, um die Feststellung bei sogenannten Strohmann-Konstellationen zu verbessern? Die Frage zielt auf Anforderungen an das Grundbuch ab, denen dieses aufgrund seiner Aufgabe und Funktionsweise nur schwerlich gerecht werden kann: Im Grundbuch sind die Grundstücke, die grundstücksgleichen Rechte (zum Beispiel Erbbaurechte) sowie die hieran bestehenden Eigentumsverhältnisse und die damit verbundenen Belastungen verzeichnet. Das Grundbuch ist mit der gesetzlichen Vermutung der Richtigkeit versehen (§ 891 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]). Damit wird vermutet, dass demjenigen ein Recht zusteht, für den es im Grundbuch eingetragen ist. Zugleich ist das Grundbuch kraft Gesetzes (§ 892 BGB) mit öffentlichem Glauben versehen. Damit gilt zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht durch Rechtsgeschäft erwirbt, der Inhalt des Grundbuchs als richtig. Diese Annahmen sind im Interesse eines rechtssicheren Grundstücksverkehrs von herausragender Bedeutung. Derjenige, zugunsten dessen das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht eingetragen ist, gilt als Inhaber dieses Rechts. Nach der derzeitigen Rechtslage können Angaben zu sogenannten wirtschaftlich Berechtigten, also zu Personen, die wirtschaftlich hinter dem eingetragenen Rechtsinhaber stehen, nicht in das Grundbuch aufgenommen werden. Die Bundesregierung prüft, ob es in diesem Bereich gesetzgeberischen Änderungsbedarf gibt. Feststellungen dazu, dass der aus dem Grundbuch ersichtliche Rechtsinhaber möglicherweise bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht der wahre Berechtigte ist, müssen außerhalb des Grundbuchs erfolgen, etwa durch die jeweils geldwäscherechtlich Verpflichteten im Rahmen einer Immobilientransaktion (zum Beispiel Makler, Rechtsanwälte, Banken und Notare). Bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften, die ebenfalls im Grundbuch (beispielsweise als Eigentümer) eingetragen sein können, sind deren Eigentümer/Gesellschafter regelmäßig aus dem Handelsregister ersichtlich. Zusätzlich kann ein etwaig davon abweichender wirtschaftlich Berechtigter zukünftig aus dem Transparenzregister ersehen werden. Anlage 21 Antwort des Parl. Staatssekretärs Christian Lange auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 28): Wie hoch lag nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Vergütung der Vorstandsmitglieder der DAX-Unternehmen, und wie war das Verhältnis zum durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1993 sowie im letzten dokumentierten Jahr? Die Bundesregierung erhebt selbst keine Daten zum Verhältnis der Vorstandsvergütung zur durchschnittlichen Arbeitnehmervergütung in DAX-Unternehmen. Auskunft über das Verhältnis können die Angaben in den Geschäftsberichten der DAX-Konzerne geben. Auf diese Angaben stützen sich externe Studien, wie etwa der öffentlich zugängliche „Manager to Worker Pay Ratio“-Report der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahre 2016. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in den Geschäftsberichten der Unternehmen nicht zwischen der Vergütung von Arbeitnehmern im Inland und der Vergütung von Arbeitnehmern im Ausland unterschieden wird. Auf europäischer Ebene ist allerdings künftig eine zusätzliche Erweiterung der Information der Öffentlichkeit und der Aktionäre vorgesehen. Mit der Änderung der Aktionärsrechte-Richtlinie, die wahrscheinlich noch im März 2017 verabschiedet wird, wird die Hauptversammlung in Zukunft über die Vergütungspolitik der Vorstände abstimmen. Dazu werden die Unternehmen auch die Entwicklung der Vergütung des Vorstands im Verhältnis zur Belegschaftsvergütung in den letzten fünf Jahren vor der Abstimmung in einem Vergütungsbericht darstellen und auf ihrer Homepage veröffentlichen müssen. Anlage 22 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau) (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 29): Wie hoch lagen nach Kenntnis der Bundesregierung die jährlichen Vergütungen der Vorstandsmitglieder bzw. Präsidenten der Deutschen Bundespost, der Deutschen Bundesbahn und der Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw. ihrer Nachfolgeunternehmen im Jahr 1993 sowie im letzten dokumentierten Jahr, und welche Verbindung sieht die Bundesregierung zwischen der Performance der genannten Unternehmen und den Bezügen ihrer Vorstände? Trotz intensiver Recherche waren die Vergütungen für die Bereiche der ehemaligen Deutschen Bundespost und Deutschen Bundesbahn in der gegebenen Zeit nicht zu ermitteln. Im Einzelnen: Erstens ehemalige Deutsche Bundespost Postdienst, heute Deutsche Post AG, sowie ehemalige Deutsche Bundespost Telekom, heute Deutsche Telekom AG. Die Vergütungen der Vorstandsmitglieder der Deutschen Bundespost Postdienst aus dem Jahr 1993 konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. Eine spezifische Aussage zur Vergütung der Vorstände des Unternehmens Deutsche Bundespost Telekom bzw. die Angabe der Höhe der Gesamtvergütung des Vorstands für das Jahr 1993 ist aus Gründen der hierfür notwendigen zeitintensiven Archivanalyse kurzfristig nicht möglich. Soweit ersichtlich, ist davon auszugehen, dass die Vergütung eines Vorstandsmitgliedes mit Fachressort beim Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom im Jahre 1993 je nach Amtszeit und Zielerreichung insgesamt einen unteren bis mittleren sechsstelligen Betrag in DM betrug. Die Vergütung des Vorstands der Deutschen Post AG wird alljährlich im Geschäftsbericht entsprechend den geltenden Vorschriften individualisiert veröffentlicht, aktuell im Geschäftsbericht 2016. Die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder wird vom Aufsichtsrat im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Aktiengesetzes und des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) festgelegt. Die Vorstandsvergütung orientiert sich an der Größe und der globalen Ausrichtung des Unternehmens, seiner wirtschaftlichen und finanziellen Lage sowie an den Aufgaben und Leistungen des jeweiligen Vorstandsmitglieds. Die Vergütung ist so bemessen, dass sie im internationalen und nationalen Vergleich wettbewerbsfähig ist und damit einen Anreiz für engagierte und erfolgreiche Arbeit bietet. Die Bezüge der Mitglieder des Vorstands der Deutschen Telekom AG für das Geschäftsjahr 2016 werden im Geschäftsbericht des Unternehmens mit insgesamt 16,7 Millionen Euro ausgewiesen. Einzelheiten können dem öffentlich zugänglichen Geschäftsbericht des Jahres 2016 entnommen werden. Unabhängig von den konkreten Angaben können die damaligen Vorstandsvergütungen nicht mit der aktuellen Situation oder der jeweiligen „Performance“ verglichen werden, da es damals um die Führung einer Monopolverwaltung ging und heute um die Leitung eines im nationalen und internationalen Wettbewerb befindlichen DAX-Unternehmens. Rechtsgrundlage für die Zahlungen waren ferner im Jahre 1993 öffentlich-rechtliche Amtsverhältnisse gegenüber dem Bund, während es sich heute um rein privatwirtschaftliche Anstellungsverträge handelt, die durch den Aufsichtsrat für das Unternehmen nach den Vorgaben des Aktienrechtes und des DCGK geschlossen werden. Zweitens ehemalige Deutsche Bundesbahn, heute Deutsche Bahn AG. Die Vergütungen aus dem Jahr 1993 konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. Inwieweit eine Veröffentlichung der Vergütungen rechtlich zulässig ist, müsste geprüft werden. Die Gesamtbezüge des Vorstands der Deutschen Bahn AG (DB AG) können dem Geschäftsbericht der DB AG für das Geschäftsjahr 2015 entnommen werden. Die derzeitige Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder ist im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Aktiengesetzes und des Public Corporate Governance Kodex (PCGK), wie er am 1. Juli 2009 von der Bundesregierung verabschiedet wurde. Darin wird der Bezug der Vergütung zur persönlichen Leistung und der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft vorgeschrieben. Drittens Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Bezüge aller Mitglieder des Vorstands werden im jährlichen Corporate-Governance-Bericht bzw. im Geschäftsbericht der KfW veröffentlicht. Sie betrugen 1993 rund 3,7 Millionen DM und 2015 rund 3,9 Millionen Euro. Die KfW ist eine der führenden und größten Förderbanken der Welt. Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung setzt sich die KfW im Auftrag des Bundes und der Länder erfolgreich dafür ein, die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lebensbedingungen weltweit zu verbessern. Die Vergütung der Mitglieder des Vorstands ist in Relation zur Größe der KfW und ihren vielfältigen Aufgaben als angemessen zu betrachten. Dies wurde auch durch entsprechende vom Verwaltungsrat bzw. vom Vergütungskontrollausschuss der KfW in Auftrag gegebene externe Gutachten (Marktvergleich) bestätigt. Anlage 23 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Michael Meister auf die Frage des Abgeordneten Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 31): Inwiefern plant die Bundesregierung, in der laufenden Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur steuerlichen Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu erarbeiten und einzubringen? Die Bundesregierung setzt weiterhin auf die bewährte technologiespezifische und technologieoffene Projektförderung, prüft aber auch, wie eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung als Ergänzung zur Projektförderung eingeführt werden kann. Die Bundesregierung wird einvernehmlich über die weitere Umsetzung dieser steuerlichen Förderung beraten und entscheiden. Anlage 24 Antwort der Parl. Staatssekretärin Iris Gleicke auf die Frage des Abgeordneten Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 33): In welchem Umfang liefert Deutschland seit dem 1. Januar 2016 dem NATO-Partner Türkei Rüstungsgüter (Art der Güter, Anzahl und Wert pro Jahr), und inwiefern erwägt die Bundesregierung in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in der Türkei, diese Waffenlieferungen zu stoppen? Daten über tatsächlich erfolgte Ausfuhren in die Türkei liegen nicht vor. Die Bundesregierung hat seit dem 1. Januar 2016 bis einschließlich 16. März 2017 die Ausfuhr von Gütern der Ausfuhrliste Teil I A in die Türkei wie folgt genehmigt. Im Jahr 2016: Ausfuhrlistenposition Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in Euro A0001 Handfeuerwaffen 19 374 614 A0002 großkalibrige Waffen 2 28 045 A0003 Munition 5 551 159 A0004 Bomben, Torpedos, Flugkörper 9 1 445 322 A0005 Feuerleitanlagen 15 835 380 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 17 2 392 418 A0007 ABC – Schutzausrüstung, Laborchemikalien 6 4 040 885 A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 18 5 037 A0009 Kriegsschiffe 32 1 729 266 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 25 57 931 128 A0011 militärische Elektronik 31 7 669 140 A0013 ballistische Schutzausrüstung 1 * A0014 Ausbildungs-/Simulationsausrüstung 1 * A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 8 2 363 351 A0016 Halbzeug zur Herstellung von bestimmten Rüstungsgütern 3 241 952 A0017 verschiedene Ausrüstungen 4 89 059 A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgütern 3 120 883 A0021 militärische Software 15 780 767 A0022 Technologie 16 252 155 Summe 213 83 900 411 Im Jahr 2017 bis einschließlich 16. März 2017 – es handelt sich hierbei um vorläufige Angaben, die sich durch Änderungen und Fehlerkorrekturen noch verändern können –: Ausfuhrlistenposition Güteroberbegriffe Anzahl der Genehmigungen Wert in Euro A0001 Handfeuerwaffen 8 14 924 A0003 Munition 1 * A0004 Bomben, Torpedos, Flugkörper 2 **17 988 386 A0005 Feuerleitanlagen 8 108 055 A0006 militärische Ketten- und Radfahrzeuge 1 * A0007 ABC – Schutzausrüstung, Laborchemikalien 1 * A0008 Explosivstoffe und Brennstoffe 1 * A0009 Kriegsschiffe 14 828 473 A0010 militärische Luftfahrzeuge/-technik 1 * A0011 militärische Elektronik 7 286 570 A0013 ballistische Schutzausrüstung 1 * A0015 Infrarot-/Wärmebildausrüstung 1 * A0017 verschiedene Ausrüstungen 1 * A0018 Herstellungsausrüstung zur Produktion von Rüstungsgütern 1 * A0021 militärische Software 4 55 951 A0022 Technologie 4 58 500 Summe 54 21 808 890 * Die Bundesregierung sieht gemäß dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Oktober 2014 (BVerfGE 137, 185) von Angaben zum Auftragsvolumen ab, wenn diese in Kombination mit Angaben zu Stückzahlen Rückschlüsse auf Einzelpreise zuließen. ** Der Genehmigungswert betrifft im Wesentlichen Waffensysteme für den Marinebereich (Marineschiffe) zum Schutz gegen anfliegende Flugkörper. Die Summe der aufgezählten Genehmigungen für die jeweiligen Ausfuhrlistenpositionen kann von der Gesamtanzahl der erteilten Genehmigungen abweichen, da eine Genehmigung Güter von unterschiedlichen Ausfuhrlistenpositionen enthalten kann. Die Türkei ist Mitglied der NATO. Nach den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung aus dem Jahr 2000 gilt für EU-, NATO- und NATO-gleichgestellte Länder Folgendes: „Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in diese Länder hat sich an den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Bündnisses und der EU zu orientieren. Er ist grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist.“ Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen. Genehmigungen nach dem Putschversuch vom Juli 2016 erfolgen nach außen- und sicherheitspolitischer Prüfung durch die Bundesregierung und im fortlaufenden Abgleich mit der Genehmigungspraxis der EU-Mitgliedstaaten, unter besonderer Berücksichtigung des Risikos eines Einsatzes im Kontext interner Repression oder des Kurdenkonflikts. Für jeden Fall findet eine differenzierte und sorgfältige Einzelfallprüfung statt. Aktuelle Entwicklungen werden in die Entscheidungsfindung einbezogen. Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000, auf EU-Ebene der „Gemeinsame Standpunkt … des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ und der Vertrag über den Waffenhandel. Anlage 25 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage der Abgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 18/11554, Frage 37): Wie viele Haushalte in Deutschland nutzen laut Erkenntnis der Bundesregierung aktuell Hörfunk und Fernsehen über DVBT, und ist der Bundesregierung bekannt, wie viele dieser Haushalte noch keine passende Empfangstechnik für den Empfang von DVBT2 besitzen? Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Datenerhebungen zur Nutzung von Hörfunk und Fernsehen. Sie stützt sich auf Veröffentlichungen der Medienanstalten und der Deutschen TV-Plattform. Obwohl technisch möglich, werden keine Hörfunkprogramme mit Hilfe des Standards DVBT im Regelbetrieb verbreitet. Nach dem Digitalisierungsbericht 2016 der Medienanstalten empfangen 9,0 Prozent oder 3,433 Millionen Haushalte Fernsehen terrestrisch über DVBT, davon nutzen etwa 2 Millionen Haushalte die Terrestrik als einzigen Empfangsweg. Nach der Deutschen TV-Plattform vom 2. Februar 2017 wurden von Anfang 2016 bis Ende Januar 2017 insgesamt 503 000 DVBT2-Set-Top-Boxen verkauft. Die Deutsche TV-Plattform geht davon aus, dass bis Ende Januar 2017 zusätzlich etwa 500 000 Fernsehgeräte von den betroffenen Haushalten gekauft wurden, die DVBT2 empfangen können. Anlage 26 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 39): Ist es zutreffend, dass der Bundesregierung umfangreiche und detaillierte Vorarbeiten für die Ausschreibung der Pkw-Maut vorliegen (,,Pkw-Maut: Kompliziert und teuer“, Handelsblatt vom 15. März 2017), und wenn ja, zu welchen Kosten wurden diese Vorarbeiten erstellt (bitte unter Angabe des jeweiligen Auftragnehmers aufführen)? Bei den Vorarbeiten handelt es sich um Zwischenstände im Entwurfsstadium, die überarbeitet werden. Es handelt sich hierbei um einen laufenden Prozess, sodass noch keine abschließenden Aussagen zu den Kosten getroffen werden können. Anlage 27 Antwort der Parl. Staatssekretärin Dorothee Bär auf die Frage des Abgeordneten Herbert Behrens (DIE LINKE) (Drucksache 18/11554, Frage 40): Wie begründet die Bundesregierung die Notwendigkeit einer überplanmäßigen Ausgabe bis zur Höhe von 10 Millionen Euro „für die Wiederaufnahme der Arbeiten zur Vorbereitung der Ausschreibung und anschließenden Implementierung des Infrastrukturabgabensystems“ (Drucksache des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages 18 (8) 4180 vom 22. Februar 2017) angesichts bereits erfolgter Vorarbeiten zur Ausschreibung der Pkw-Maut, und welche konkreten, durch diese überplanmäßige Ausgabe ausfinanzierten Aufträge sollen ausgeschrieben und vergeben werden? Der Antrag an den Haushaltsausschuss auf Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe wird für die Weiterführung der bestehenden Beraterverträge benötigt. 22456 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 224. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 22. März 2017 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 224. Sitzung, Berlin, Mittwoch, den 22. März 2017 22457 Plenarprotokoll 18/224